von giveMEaREASON
Ich saß zusammengekauert in der großen Halle. Mein Gesicht war leichenblass.
Die allgemeine Stimmung hatte den Nullpunkt erreicht nachdem Dumbledore erzählt hatte, dass Lavender schwer verletzt wurde. Näheres gab er nicht bekannt und da Ron, Harry und ich versprochen hatten zu schweigen, war den Schülern völlig unbewusst in welcher Gefahr sie schwebten.
Dass ein ganzer Aurorentrupp zur Sicherheit das Schloss und die Ländereien bewachte wussten sie selbstverständlich auch nicht.
Parvati Patil schluchzte zum 100 Mal und Tränen flossen unablässig über ihre Wangen. Mit bebender Stimme sprach sie ihre Trauer aus, die sie seit der schlimmen Nachricht empfand. Kurzweilig starrte sie zu mir, wütend, dass ich ihr nicht auch tröstend über den Rücken streichelte und mein Mitleid aussprach. Ich saß stumm und stocksteif auf der Bank und aß keinen Bissen.
Die Kälte, die auf meinem Rücken lastete war nicht zu bändigen. Ab und zu hatte ich das Gefühl ich würde gleich kollabieren.
Vielleicht wirkte es unfreundlich, dass ich mich nicht auch am Trauerkreis von Gryfinndor beteiligte, aber eigentlich hätte ich eine tröstende Hand eher nötig als Parvati.
Denn im Moment stürzte meine Welt ein.
Alles gerat aus den Fugen und falls der grausame Gedanke, der sich in meinem Kopf eingenistet hatte, der Wahrheit entsprechen sollte...Ich wagte nicht daran zu denken.
Ryan, verdammt noch mal! Wo bist du?
Gestern war ich einfach so losgerannt um ihn zu suchen. Ich hatte mir vorgenommen zur Lichtung zu rennen. Natürlich völliger Schwachsinn bei so einem langen Marschweg, noch dazu nachts.
Ron konnte mich mit letzter Kraft zur Vernunft bringen. Aber seit dem Morgengrauen wusste ich, dass heute meine letzte Chance war.
Ich musste ihn finden, bevor Dumbledore ihn fand. Unbedingt. Nur so konnte ich ihn zur Rede stellen, ohne ein vorzeitiges Urteil, beruhend auf Dumbledores Ansicht, zu fällen. Und ehrlich gesagt, wenn ich wissen würde dass (nur angenommen natürlich) er dieses blutrünstige Monster war, dass Lavender gebissen hat, ich würde mich nicht trauen ihm in die Augen zu blicken.
Also, was blieb mir schon übrig?
Meine Entscheidung war getroffen. Aber ich brauchte noch einen Plan. Durch Harry hatte ich erfahren, dass die Auroren ein undurchdringliches Schutzschild an der Grenze zum Wald errichtet hatten. Aber irgendwie müssen ja die internen Aurorengruppen, die im Wald nach den Vampiren jagten, hindurchgelangen. Also musste es ein Schlupfloch geben, und dieses Schlupfloch war meine einzige Chance.
Ich erhob mich von meinem Platz und verließ die Große Halle schnurstraks, vorbei an Harry und Ron, die mir nachblickten.
Ich hatte gerade erst den Gang erreicht und schon wusste ich, dass sie mir folgten. Dämmlicher männlicher Beschützerinstinkt.
Harrys Stimme ertönte wie vermutet hinter mir. 'Warte Hermine. Wohin gehst du?'
Ich wandte mich um und antwortete kurz und bündig, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt: 'Spazieren.'
Harry zog ungläubig eine Augenbraue hoch.
'Unter den aktuellen Umständen ist es keine gute Idee, alleine draußen spazieren zu gehen', erwiderte Ron kühl. Ich fragte mich ob er Harry bereits erzählt hatte, dass ich schon früher Kontakte mit den Vampiren pflegte.
'Komm, wir begleiten dich.' So, wie Harry das sagte, war es eher Forderung als Vorschlag.
'Ich kann auf mich selbst aufpassen', entgegnete ich giftig.
'Ja, ich weiß.'
'Dann kannst du ja wieder beruhigt gehen.'
Man konnte deutlich sehen dass es ihm widerstrebte das zu tun, doch mit einem letzten Seufzen gab er nach.
Harry hatte den Gang schon verlassen, Ron hingegen stand noch immer da und hatte trotzig die Arme vor seiner Brust verschränkt.
'Suchst du ihn?' In Rons Stimme verbarg sich so viel Abscheu, wie er sie sonst nur Malfoy entgegenbrachte. Vielleicht sogar mehr.
Ich antwortete nicht. Aber keine Antwort ist auch eine Antwort.
'Ich lass dich nicht alleine gehen Hermine', beschloss er mit ernster Stimme.
'Du kannst es dir vielleicht nicht vorstellen, aber nicht alle Vampire sind grausame Bestien', flüsterte ich mit fast lautloser Stimme.
Ron blickte mir tief in die Augen. Ich konnte mit Harry und Ron schon immer ohne Worte kommunizieren. Ein wunderbarer Vorteil an dieser langjährigen Freundschaft. Jetzt übermittelten mir seine meerblauen Augen seine Sorge und die Warnung. Und ich war mir zu 100% sicher, dass er in meinen Augen las, dass ich nicht auf ihn hören würde.
Seine Warnung löste sich auf, stattdessen flammte in seinen Augen etwas Neues auf. Leid.
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