Mina war von Blaise und Daphne herzlich empfangen worden.
„Mina! Du bist ja doch noch hier!“
„Wie hast du es geschafft … Ah, warte, sag nichts … du hast deinen Charme spielen lassen?“
„Na damit wäre ich bei Professor Snape wohl nicht weit gekommen. Nein, er klärte mich darüber auf, dass er mich, wenn er mich schon nicht rausschmeißen würde, dann wenigstens mit irgendeiner Strafarbeit wieder … ich sage … mal zu Sinnen kommen lassen sollte…“
„Und?“
„Nichts. Er gibt mir keine Strafarbeit, und ich bleibe…“
„Das ist super!“
„Daphne,“ meinte Blaise tadelnd. „Benutze bitte ein mehr euphorisches Wort, so was wie … oh…“
„Oh?“
„Nein, nicht oh. Oh, schaut mal, wer da fehlt.“
„Wer denn?“
„Na, Minchens Retter, Potter und das Weaselby.“
„Stimmt. Ich habe Potter und Weaselby auch schon nicht am Hogwarts-Express gesehen.“
Blaise nahm hinter den Fensterscheiben eine Bewegung war.
„Kommt, wir gehen mal draußen gucken.“
Die Mädchen zuckten mit den Schultern und folgten dem kurzhaarigen Jungen. Langsam schlichen sie im Schatten vorwärts, Blaise voran und die Mädchen hinterher.
Sie waren schon auf dem Gelände, als Blaise schließlich ein dumpfes Geräusch von sich gab das klang wie: „Maupf!“
„Maupf?“, wiederholte Mina im Flüsterton.
„Was willst du uns jetzt damit sagen, Blaise?“, fragte Daphne düster.
Die Antwort kam jedoch nicht von Blaise selber. Jemand hatte sich umgedreht, einen blass leuchtenden Zauberstab erhoben und sah sie an.
„Mr. Zabini? Miss Greengrass? Miss Circeni? Was in aller Welt machen Sie drei hier draußen?“ raunte Snapes weiche Stimme.
„Wir suchen Schlotter und Weaselby.“, antwortete Blaise, während er an seiner Nase herumstupste um zu kontrollieren, ob nichts gebrochen war. Sein Gesicht sprach eindeutige Bände, was er von einer gebrochenen Nase halten würde: Bitte nicht. Das kommt meiner Schönheit nicht zu Gute.
„Hä?!“, machte Snape.
Blaise stockte in seiner Bewegung und sah Snape mit großen Augen an und schlug die Hände an die Wangen: „Sie haben „Hä“ gesagt. Sie sind ja richtig menschlich, Professor.“
Snape sah verwirrt drein: „Ja … ich … wen wollten Sie drei gleich suchen?“
„Potter und Weasley, Sir.“
„Nun. Die sind da vorne. Wenn Sie unbedingt mitwollen, sollten sie mir jetzt leise und ohne jedes Geräusch folgen. Ach ja … bevor ich es vergesse und Sie drei sowieso gerade hier sind, das neue Passwort ist Reinblüter.“
Mina kam es so vor, als ob er diese Worte ganz besonders an sie richtete und sogar ein wenig aufmunternd lächelte. Es sah sogar so aus, als würde er bedauernd mit den Schultern zucken. Mina lächelte zurück, obwohl ihr gar nicht danach war.
Blaise murrte etwas von wegen: „Sie müssen nicht sagen, dass ich leise sein soll, ich weiß das auch so.“
Sie huschten in den gegenüberliegenden Schatten und gingen noch ein wenig näher an die Schemen im Schatten.
„Guck mal …“, zischte Harry gerade zu Ron. „Dort am Lehrertisch ist ein freier Platz … Wo ist eigentlich Snape?“
„Vielleicht ist er krank!“, sagte Ron hoffnungsvoll.
„Naja, nicht wirklich.“, murmelte Blaise leise.
„Vielleicht hat er gekündigt“, entgegnete Harry, „weil er wieder nicht Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichten darf!“
Mina bemerkte, dass Snape begann, ein wenig zu zittern vor Wut. Sie kaute nervös auf einer Haarsträhne herum, die nach vorne gerutscht war.
„Oder sie haben ihn rausgeschmissen!“, spekulierte Ron gerade begeistert. „Immerhin kann ihn ja keiner ausstehen -“
Jetzt wurde es Snape zu bunt. Er trat aus dem Schatten und seine Stimme war eisiger, als zuvor in dem Klassenzimmer, als er mit Mina geredet hatte.
„Oder vielleicht, wartet er darauf, von euch zu hören, warum ihr nicht mit dem Schulzug gekommen seid.“
Sie sahen Harry herumwirbeln. Und dann starrten er und Ron gebannt Severus Snape an, der da vor ihnen stand, sein schwarzer Umhang in der kalten Brise flatternd, dünn, groß, fahlhäutig mit Hakennase und schwarzem, glänzendem Haar. Er lächelte in diesem Augenblick auf eine Weise, die den beiden Verspäteten sagte, dass sie in gewaltigen Schwierigkeiten steckten. Mina, Daphne und Blaise konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Kommt.“, sagte Snape.
Harry und Ron wagten nicht noch einmal, sich Blicke zuzuwerfen und folgten Snape die Stufen hoch in die ausladende, von Echos durchzogene und fackelbeleuchtete Eingangshalle. Sie sahen, dass Snape die Beiden weg von Licht und Wärme eine schmale Steintreppe in die Kerker hinunterführte.
Blaise rieb sich die Hände: „Wer will wissen, wie es weitergeht?“
Er hätte überhaupt nicht fragen brauchen. Wie drei kleine Schatten huschten sie ebenfalls in die Kerker und sahen gerade noch, wie sich die Tür von Snapes Büro schloss. Langsam fragte Mina sich, wie viele Eingänge zu seinem Büro es noch geben sollte. Alleine hier war einer, dann vor dem Schlafsaal einer, einer durch das Zaubertranklabor und einer durch einen Gang, hinter dem Zaubertranklabor. Wie groß war dieses Büro?
Sie drückten sich in den Schatten an eine Wand und lauschten.
„Soso“, sagte Snape gerade leise. Es war schwer, ihn durch die Tür zu verstehen, „Der Zug ist nicht gut genug für den berühmten Harry Potter und seinen treuen Kameraden Weasley. Wollten hier in großem Trara ankommen, nicht wahr, die Herren?“
„Nein, Sir, die Absperrung in King’s Cross, sie …“, begann Harry.
„Ruhe“, sagte Snape kühl. „Was habt ihr mit dem Wagen gemacht?“
Die drei kleinen Schatten runzelten die Stirn. Wagen? Sie hatten kein Auto gesehen.
„Man hat euch gesehen“, zischte Snape und sie hörten Papier rascheln. „FLIEGENDER FORD ANGLIA VERSETZT MUGGEL IN AUFREGUNG,“ las er die Schlagzeile vor.
„Ah, der Abendprophet.“, murmelte Blaise.
Snape las den Artikel vor: „Zwei Londoner Muggel sind felsenfest überzeugt, dass sie einen alten Wagen über den Turm des Postamtes fliegen sahen … Als Mrs Hetty Bayliss in Norfolk um die Mittagszeit ihre Wäsche aufhängen wollte … Mr Angus Fleet aus Peebles schilderte der Polizei … Sechs bis sieben Muggel insgesamt. Ich glaube, dein Vater arbeitet in der Abteilung für den Missbrauch von Muggelsachen? Meine Güte … sein eigener Sohn …“
„Weaselby.“
„Bitte?“, fragten Blaise und Daphne.
„Weaelbys Vater …“
„Ach so …“
„Wie ich bei einem kurzen Kontrollgang durch den Park feststellen musste, scheint eine sehr wertvolle Peitschende Weide schwer beschädigt worden zu sein.“, fuhr Snape gerade fort.
„Meine Güte, ist der Kerl flink.“
„Allerdings.“
„Der Baum hat uns mehr zugesetzt, als wir ihm!“, sprudelte es aus Weasley heraus.
„Ruhe!“, fuhr Snape ihn an. „Zu meinem größten Bedauern gehört ihr nicht zu meinem Haus, und die Entscheidung, euch von der Schule zu weisen, ist nicht meine Sache. Ich werde jetzt gehen und die Leute holen, die das Glück haben, befugt dazu zu sein. Ihr wartet hier.“
Mina, Blaise und Daphne drückten sich ein wenig mehr gegen die Wand, als sich die Tür öffnete. Snape ging an ihnen vorbei, ohne sie zu bemerken.
Blaise ließ die angehaltene Luft mit einem leisen Pfeifen entweichen.
„Wow. Ein Glück, dass Professor Snape unser liebes Minchen so gern hat.“
„Allerdings“, erwiderten Mina und Daphne düster.
Zehn Minuten später kam Snape in Begleitung von Professor McGonagall zurück. Selbst Mina hatte diese Frau noch nie so wütend gesehen und Professor McGonagall wurde in regelmäßigen Abständen wütend, wenn sie in Verwandlungen wieder einmal wie der letzte Idiot da stand.
„Setzten Sie sich.“, sagte sie , nachdem sich die Tür geschlossen hatte. Das Knistern eines Feuers drang herein.
„Oh, dass haben sie nicht verdient, verdammt …“, murmelte Blaise.
„Ich wünsche eine Erklärung“, sagte sie.
„Schon besser“, murmelte Blaise.
Ron begann ihre Erlebnisse zu schildern und begann bei der Absperrung, die sie nicht hatte durchlassen wollen.
„Was soll der Schwachsinn? Daphne und ich sind doch auch reingekommen …“, murmelte Blaise.
„ … also hatten wir keine Wahl, Professor, wir konnten den Zug nicht erreichen.“
„Warum haben Sie uns keinen Brief per Eule geschickt? Ich glaube, Sie haben eine Eule?“
„Ich … ich habe nicht gedacht …“, antwortete Harry bestürzt.
„Das“, sagte Professor McGonagall, „ist mir klar.“
Mina spürte einen Ellenbogen in ihrer Hüfte. Sie verzog das Gesicht und sah Blaise vorwurfsvoll an. Er nickte zur Tür und Mina, die seinem Blick folgte, zuckte zusammen. Dumbledore auch noch?
Er sah wenigstens ungewöhnlich ernst aus, als ein Snape öffnete, der so gut gelaunt wie sonst nie wirkte.
Ein langes Schweigen entstand hinter der geschlossenen Tür. Dann sagte Dumbledore:
„Bitte erklären Sie mir, warum Sie das getan haben.“
Seine Stimme spiegelte maßlose Enttäuschung wieder.
Harry wiederholte die ganze Geschichte noch einmal, allerdings log er diesmal in Bezug auf den Wagen und sagten, sie hätten ihn so vor dem Bahnhof gefunden, ungewöhnlich leise.
„Wir holen unsere Sachen“, sagte Ron mit matter Stimme, als Harry geendet hatte.
„Was reden Sie da, Weasley?“, blaffte McGonagall.
„Sie werfen uns doch raus, oder?“, sagte Ron.
„Nicht heute, Mr Weasley“, sagte Dumbledore. „Doch ich muss Ihnen nachdrücklich einschärfen, dass Ihr Handeln ein schwerer Fehler war. Ich werde noch heute Abend euren Familien schreiben. Ich muss Sie auch davor warnen, noch einmal etwas derartiges zu tun, denn dann werde ich keine andere Wahl haben, als sie von der Schule zu weisen.“
Die drei Slytherins verzogen das Gesicht.
„Mann, ich habe gedacht, wir werden Sankt Potter los.“, murrte Blaise.
Snape räusperte sich und sagte: „Professor Dumbledore, diese Jungen haben die Vorschriften zu Einschränkung der Zauberei Minderjähriger gebrochen und einen wertvollen alten Baum schwer beschädigt … gewiss müssen derlei Taten …“
„Es ist eine Sache von Professor McGonagall, über die Strafen für die Jungen zu befinden, Severus“, sagte Dumbledore gelassen. „Sie gehören zu ihrem Haus und stehen in ihrer Obhut. Ich muss zurück zur Feier, Minerva, und ein paar Dinge ansagen. Kommen Sie, Severus, da steht eine köstliche Senftorte, die ich gerne mal probieren möchte …“
Snape und Dumbledore verließen das Büro. Snapes Gesicht war eine Mischung aus Hass und Enttäuschung. Weihnachten würde für ihn dieses Jahr wohl unter den Tisch fallen.
„Sie gehen in den Krankenflügel, Weasley, Sie bluten ja.“
„Nicht schlimm“, sagte Ron hastig. „Professor, ich wollte eigentlich zusehen, wie meine Schwester den Sprechenden Hut aufsetzt -“
„Die Auswahlfeier ist vorbei“, sagte Professor McGonagall. „Ihre Schwester kommt ebenfalls nach Gryffindor.“
„Wohin sonst?“, knurrte Blaise. Zum allerersten Mal war seine Stimmung auf dem Nullpunkt.
„Oh gut.“, sagte Ron.
„Und da wir gerade von Gryffindor sprechen …“, sagte sie scharf, wurde aber von Harry unterbrochen.
„Professor, als wir den Wagen nahmen, hatte das Schuljahr noch gar nicht begonnen, also … also sollten Gryffindor eigentlich keine Punkte abgezogen werden, oder?“, schloss er.
„Ich werde Gryffindor keine Punkte abziehen“, sagte sie mit der Spur eines Lächelns. „Aber ihr werdet beide Strafarbeiten bekommen.“
Die jungen Slytherins grinsten hämisch.
„Ihr esst hier und geht dann gleich in euren Schlafsaal“, sagte Professor McGonagall. „Ich muss zurück zur Feier.“
Die Tür öffnete und schloss sich und McGonagall entschwand die Treppe hoch ihren Blicken.
Mina, Daphne und Blaise gingen noch einmal kurz in die Große Halle, um Dumbledores Rede zu lauschen und ein wenig zu essen, beschlossen jedoch, erst am nächsten Tag irgendetwas besonderes zu machen, falls sie dazu kommen sollten.
Somit verabschiedeten sie sich schließlich voneinander, wünschten sich eine geruhsame Nacht und fielen in ihre Betten. Mina zog die Vorhänge zu, um das helle Mondlicht auszuschließen und schlief ein.
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