Sie verließen zusammen das Schloss und gingen durch den Gemüsegarten, hinunter zu den Gewächshäusern, wo die Zauberpflanzen gezüchtet wurden.
Vor ihnen gingen Harry, Ron und Hermine, weshalb sie es sich nicht verkneifen konnten, sie schließlich mit einem hämischen Grinsen zu überholen und sich laut über fliegende Autos zu unterhalten.
Die Drei schienen das zu ignorieren, aber Mina entging etwas anderes nicht.
„Woher hat die blöde Kuh auf einmal so tolle Haare?“, zischte Hermine.
Mina fuhr herum, blieb stehen und setzte Hermine den Zeigefinger auf die Brust. Sie war froh, dass sie die Nägel gestern noch einmal gefeilt hatte. Außerdem genoss sie es, dass sie Hermine um ganze fünf Zentimeter überragte.
„Jetzt hör mal gut zu, du Dummtorte.“
Blaise brach in Lachen aus.
„Erstens: Ich habe einen Vornamen.
Zweitens: Alles, was mit mir oder meinem Körper zu tun hat, geht dich nichts, aber auch überhaupt gar nichts an und drittens und letztens: Soll ich noch mal dieses tolle Wort aus den Ferien wiederholen? Ich muss zugeben, dass es eigentlich Spaß gemacht hat.“
„Brauchst du nicht. Denn solltest du es tun, werde ich zu Professor McGonagall gehen.“
„Ja, genau. Du kannst dich ja nicht selber wehren. Musst alles petzen, du armes, kleines, dummes Ding.“
Hermine öffnete den Mund.
„Ach, bevor ich’s vergesse … Versuch erst mit Intelligenz und Worten an mich ranzugehen, bevor du dich der Zauberei gegen mich zuwendest … Was meine Haare angeht, werde ich dir ein einziges Mal etwas dazu sagen. Sie sind gewachsen. Das ist alles.“
„Schön, aber wenn du mich fragst …“
Mina lachte hell und böse auf: „Womit wir wieder bei Punkt zwei wären. Das geht dich nichts an, nicht wahr … Schätzchen? Außerdem frage ich dich ja nach gar nichts, weil deine Meinung mich nicht interessiert.“, sie tätschelte Hermines Wange.
Hermine starrte sie an.
„Sonst noch was? Nein? Gut, bis dann.“, und damit drehte sie sich auf dem Absatz herum, warf Hermine ihr schwarz, glänzendes Haar ins Gesicht, und stolzierte zu den beiden Wartenden.
Blaise kicherte immer noch.
Mina lächelte ihn freundlich an.
„Wieso lachst du?“
„Dummtorte. Das Wort gefällt mir. Nur … „Torte“. Das solltest du noch mal überdenken … Immerhin sind Torten süß â€¦ und dieses Mädchen ist genau das Gegenteil.“ Er beugte sich vor und flüsterte den beiden Mädchen zu: „Ich meine, schaut euch diese Vorderzähne an … Ich dachte, ihre Eltern seien Zahnärzte?“
Mina und Daphne brachen in Lachen aus und noch immer kichernd erreichten sie schließlich die Gewächshäuser, wo schon die andere Klasse auf sie wartete.
Professor Sprout kam gerade über das Gelände geschritten, den Arm voll Mullbinden und Blaise und seine Mädchen konnten es sich nicht verkneifen, erneut zu lachen, als Harrys Blick zur Peitschenden Weide schweifte, die an etlichen Zweigen Bandagen hatte. Die Begleitung von Professor Sprout gefiel Mina allerdings überhaupt nicht. Gilderoy Lockhart.
Die zwei Lehrer konnten unterschiedlicher nicht sein. Professor Sprout war eine untersetzte kleine Hexe mit einem Flickenhut und windzerzaustem Haar; meist hatte sie eine ganze Menge Erde auf den Kleidern, und Mina dachte beim Anblick ihrer Fingernägel an eine sofortige Maniküre, die benötigt wurde. Ein Stilberater würde dieser Frau mal ganz gut tun.
Tadellos gekleidet dagegen war Gilderoy Lockhart mit seinem wehenden türkisfarbenen Umhang. Sein goldenes Haar schimmerte unter einem perfekt sitzenden türkisfarbenen Hut mit Goldrand hervor.
„Ich sehe die Steigerung eines Pfaus. Das ist ja grässlich.“, murrte Daphne und hielt sich die Hand vor die Augen, als ob sie geblendet wäre oder befürchtete zu erblinden.
Blaise versuchte, nicht schon wieder in lautes Lachen auszubrechen.
„Oh, hallo, hallo!“, rief Lockhart und strahlte die versammelten Schüler an. „Hab eben kurz Professor Sprout erklärt, wie man eine Peitschende Weide richtig verarztet! Aber ich möchte nicht, dass ihr jetzt denkt, ich sei besser in Pflanzenkunde als sie! Auf meinen Reisen sind mir nur zufällig einige dieser Exoten begegnet …“
„Ich wusste überhaupt nicht, dass Schwuchteln was von Pflanzen verstehen …“, knurrte Blaise.
Mina grinste: „Abgesehen davon, heißt es Kräuterkunde.“, sagte sie übertrieben laut. „Ich hasse solche Idioten, die sich noch nicht mal den Namen eines fremden Unterrichtsfaches merken können.“
„Wetten, der weiß nur halb so viel, wie er tut?“, flüsterte Daphne.
„Gewächshaus drei heute, Freunde!“, sagte Professor Sprout, die nicht, wie sonst immer fröhlich, sondern unverkennbar miesepetrig dreinsah.
Ein neugieriges Gemurmel lief durch die Umstehenden. Bisher hatten sie nur in Gewächshaus eins gearbeitet – Gewächshaus drei beherbergte viel interessantere und gefährlichere Pflanzen. Professor Sprout nahm einen großen Schlüssel von ihrem Gürtel und schloss die Tür auf. Der Geruch von feuchter Erde und Dünger drang in ihre Nasen, vermischt mit dem schweren Parfümduft einiger riesiger, schirmartiger Blumen, die von der Decke herabhingen.
Harry wollte gerade eintreten, als Lockhart ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn zurück riss.
„Harry! Ich wollte kurz mit Ihnen sprechen. Sie haben doch nichts dagegen, wenn er ein paar Minuten später kommt, nicht wahr, Professor Sprout?“
Professor Sprouts Stirnrunzeln nach zu schließen, hatte sie eine Menge dagegen, doch Lockhart sagte „Wunderbar“, und schlug ihr die die Gewächshaustür vor der Nase zu.
Die Slytherins kicherten, während Professor Sprout einfach nur wütend den Kopf schüttelte.
Einige Minuten später, als sie sich um die Tische herum versammelt hatten und das Gemurmel langsam abstarb, öffnete Harry die Tür und glitt herein.
Professor Sprout stand mittlerweile hinter einer aufgebockten Holzplatte mitten im Gewächshaus, auf der etwa zwanzig verschiedenfarbige Ohrenschützer lagen.
„Welche Farbe Mädels?“
„Grün oder Schwarz.“, antwortete Mina.
„Rot oder Schwarz.“, antwortete Daphne.
Harry stellte sich zwischen Ron und Hermine, gegenüber.
„Heute werden wir Alraunen umtopfen. Nun, wer kann mir die Eigenschaften der Alraune nennen?“
Professor Sprout musste sich zwischen Minas und Hermines Hand entscheiden. Sie entschied sich für Minas.
Mina strahlte: „Die Alraune oder Mandragora, ist eine mächtige Rückverwandlerin“, sagte sie, und es klang nicht einmal so, als hätte sie irgendein Buch verschluckt. „Sie wird verwendet, um Verwandelte oder Verfluchte in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.“
Blaise schwenkte imaginäre Fähnchen, als Mina geendet hatte, Hermine versuchte zwanghaft, nicht in ihre Richtung zu starren.
„Wunderbar. Zehn Punkte für Slytherin“, sagte Professor Sprout. „Die Alraune bildet einen wesentlichen Bestandteil der meisten Gegengifte. Freilich ist sie auch gefährlich. Wer kann mir sagen, warum?“
Hermines und Minas Hand schossen in die Luft. Hermines Hand verfehlte nur knapp Harrys Brille.
Diesmal kam Hermine an die Reihe: „Der Schrei der Alraune ist tödlich für jeden, der ihn hört“, antwortete sie blitzschnell.
„Genau. Das sind auch zehn Punkte für Gryffindor“, sagte Professor Sprout.
„Nun sind die Alraunen, die wir hier haben, noch sehr jung.“
Sie deutete auf eine Reihe tiefer Kästen und alle hasteten mit neugierigem Blick nach vorne. Dort wuchsen aufgereiht etwa hundert kleine, büschelige Pflanzen von grüner Farbe mit einem Hauch Purpurrot. Harry machte ein Gesicht, als könne er nicht verstehen, was an dieser scheinbar unscheinbaren Pflanze so gefährlich sein sollte.
„Jetzt nimmt sich jeder ein Paar Ohrenschützer“, sagte Professor Sprout.
Blaise stürzte vor, ergatterte für die beiden Mädchen Ohrenschützer in der gewünschten Farbe und sich selber ein rosa flauschiges, wobei er freilich einige blutige Nasen verteilte.
Mina und Daphne grinsten ihn an.
„Bist du schwul?“, fragte Daphne kichernd.
„Ja. Unter anderem. Problem?“, sein Blick glitt zu Malfoy und er winkte ihm, der in einer für die Malfoys untypischen Geste antwortete. Er hob den Mittelfinger.
Blaise lachte: „Er mag mich.“
Daphne und Mina sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an und zuckten mit den Schultern.
„Wenn ich sage, ihr sollt sie aufsetzen, dann passt auf, dass eure Ohren vollständig besetzt sind“, sagte Professor Sprout. „Wenn ihr sie gefahrlos wieder abnehmen könnt, zeige ich mit dem Daumen nach oben. Also, Ohrenschützer aufsetzen.“
Sie klemmten sich die Ohrenschützer über den Kopf und auf einmal war die ganze Welt um sie herum frei von Geräuschen. Professor Sprout setzte sich ein rosafarbenes, flauschiges Paar auf die Ohren, rollte die Ärmel ihres Umhangs hoch, packte mit festem Griff eine der büscheligen Pflanzen und zog kräftig daran.
Harry riss erstaunt Augen und Mund auf.
Mina war sich ziemlich sicher, dass er aufgeschriehen hatte.
Statt einer Wurzel, kullerte ein kleines, schlammüberzogenes und äußerst hässliches Baby aus der Erde. Die Blätter wuchsen aus dem Kopf heraus. Es hatte blassgrüne, gefleckte Haut und schrie ganz eindeutig aus Leibeskräften.
Professor Sprout zog einen großen Blumentopf unter dem Tisch hervor, steckte die Alraune hinein und begrub sie mit dunkler, feuchter Komposterde, bis nur noch die büscheligen Blätter zu sehen waren. Dann rieb sie sich die Erdkrümel von den Händen, zeigte mit den Daumen nach oben und nahm ihre Ohrenschützer ab.
„Da unsere Alraunen noch Setzlinge sind, würden ihre Schreie euch noch nicht umbringen“, sagte sie gelassen, als ob sie gerade nichts Aufregenderes getan hätte, als eine Begonie zu gießen. „Allerdings würden sie euch mehrere Stunden außer Gefecht setzen, und da sicher keiner von euch den ersten Schultag im neuen Jahr verpassen will, achtet darauf, dass eure Ohrenschützer richtig sitzen, während ihr arbeitet. Ich gebe euch ein Zeichen, wenn es an der Zeit ist, einzupacken.
Jeweils vier von euch an einen Kasten – hier sind genug Töpfe – Komposterde ist in den Säcken dort drüben – und passt auf die Venemosa Tentacula auf, sie beißt.“
Bei diesen Worten verpasste sie einer dornigen, dunkelroten Pflanze, deren lange Fühler sich still und leise über ihre Schulter gestohlen hatten, einen heftigen Klaps, und die Fühler wichen rasch zurück.
Zu Blaise, Mina und Daphne trat ein braunhaariger Junge von den Slytherins, mit dem Mina sich bisher noch nicht unterhalten hatte.
„Vaisey“, sagte Blaise gut gelaunt und schüttelte dem Jungen die Hand.
„Hi, Blaise. Wie geht’s?“
„Ganz gut.“
„Das sind deine Mädels?“ er wandte sich Mina zu. „Du bist Mina Circeni und du hast Granger letztes Jahr geschlagen. Du warst Jahresbeste … und du … Du bist Daphne Greengrass. Freut mich, euch kennen zu lernen …“
„Ebenfalls.“, murmelten Mina und Daphne.
„Dieser Lockhart ist doch ein toller Kerl oder?“, sagte er munter, während sie Drachendungkompost in ihre Blumentöpfe füllten.
„Findest du?“, antwortete Mina kalt.
„Ja. Er ist unglaublich mutig. Habt ihr seine Bücher gelesen? Ich meine … ich wäre vor Angst gestorben, wenn mich ein Werwolf in einer Telefonzelle belagert hätte. Aber er ist ruhig geblieben und –zapp – einfach phantastisch.
Meine Mutter hält nicht sonderlich viel von ihm, sagt, er wäre ein Idiot und so, aber ich finde ihn einfach nur genial …“
„Soll ich ganz ehrlich sein. Deine Mutter hat Recht. Lockhart ist ein Volltrottel. Und noch dazu ein verdammt ekelhafter.“, erwiderte Mina und setzte ihre Ohrenschützer auf.
Während Vaisey Blaise noch verwirrt anschaute und dieser einfach nur grinsend mit den Schultern zuckte, konzentrierten sie und Daphne sich auf die Alraunen.
Bei Professor Sprout hatte es ganz einfach ausgesehen, aber das war es nicht. Die Alraunen mochten zwar überhaupt nicht gerne aus der Erde, doch zurück in die Erde wollten sie dann schon gar nicht. Sie wanden und krümmten sich, ballten ihre spitzen kleinen Fäuste, schlugen um sich und knirschten mit den Zähnen. Mina beobachtete, wie Harry ganze zehn Minuten brauchte, um eine besonders fette Alraune in einen Topf zu zwängen. Am Ende der Stunde waren alle schweißnass, voller Erde und die Arme taten ihnen weh.
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