
von Mille_Casanova
Ein paar Tage später saß ich mit Ronja und Chris zusammen am Ufer des Sees. Es war Samstag Vormittag und die meisten schliefen noch, wodurch es hier draußen fast gespenstigruhig war.
Meine beiden Begleiterinnen spielten Zauberschach, während ich um mich herum Zettel und Notizen verteilt hatte. Momentan brütete ich über der Skizze eines Quidditchfeldes, denn Roger hatte mich gebeten, die Strategie für unsere nächsten Spiele zu überarbeiten. Eigentlich war unsere alte ja gar nicht mal schlecht, doch da unsere Sucherin um ihren verstorbenen Freund trauerte, sich nebenbei für einen anderen interessierte und ihre konzentration auf dem Nullpunkt angelangt war, hatten wir momentan unsere Probleme. Sagte man zumindest. Ich verstand davon nichts, nicht das Geringste. Quidditch war mir ein Rätsel und dass ich nun eine Strategie ausarbeiten sollte, war wie der Kampf gegen Voldemort und Grindelwald zur gleichen Zeit für mich. Also einfach unmöglich. Jeder Troll würde das besser hinbekommen als ich, und zwar um Welten.
Roger hatte mir einige Perghamenteund Notizen gegeben, auf ihnen Zeichnungen, Auflistungen von Stärken und Schwächen, Positionen und wusste der Teufel was noch alles. Wahrscheinlich konnte man eher einem Esel das Zaubern beibringen, als mir dieses verfluchte Spiel. Das würde um einiges besser funktionieren.
"Schach matt!" Ronja ließ einen Laut des Sieges ertönen, während sich Chris geschlagen gab. Natürlich war voraussehbar gewesen, wer gewann.
"Das ist so unfair! Du warst die ganzen letzten Jahre im Schulteam! Gegen dich kann man einfach nicht gewinnen!"Christina tat gespielt beleidigt und packte dieFiguren und das Brett weg.
"Tjja, dein Problem. Du wusstest auf was du dich eingelassen hast." Ich lachte kurz auf. Noch nie hatten die beiden ernsthaft gegen einander gespielt. Dann wäre nämlich chris´Ego schon länger zerstört gewesen.
Ich schubste mit einem lauten Seufzendie Papiere von meinem Schoß und legte mich auf dem Rücken. Nie im Leben würde ich dieses Quidditch kapieren, geschweige denn, eine Strategie dazu entwickeln. Zusehen war ja ganz nett und auch noch eine realistische Sache, aber es zu verstehen war ein Ding der Unmöglichkeit.
"Verdammt! Roger weiß ganz genau, dass ich davon nichts verstehe. Hätte er nicht irgendwen anderes fragen können?" Meine Haare vielen mir unangenehm ins Gesicht, deshalb fuhr ich mit den Händen durch, während mich die beiden Mädchen mitleidig musterten.
"Tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen. In diesem Punkt sind wir uns ausnahmsweise mal genau so ähnlich, wie es Zwillinge normalerweise sind." Ronja zog die Notizen für einen kurzen Moment zu sich heran, bevor sie sie mit einem Kopfschütteln wieder hinlegte. "ein einziges Fachchinesisch."
"Sag ich doch", meinte ich, richtete mich wieder auf und stützte stattdessen den Kopf in meine Hände. Roger musste sich seine Strategie von irgendwo anders besorgen. Ich konnte so etwas unter Garantie nicht.
"Ach mach dir nichts draus. So gut wie kein Mädchen versteht, was an Quidditch so toll sein soll. Und die Regeln verstehen wir auch nicht." Chris wandte sich uns zu und tätschelte mir leicht den Arm.
"ich bin aber kein Mädchen", knurrte ich und warf ihr einen bitterbösen Blick zu.
"Nein, aber du bist der Zwillingsbruder von einem. Das zählt auch." Mein einziger Kommentar dazu war ein 'Hmpf'. Dass ich jetzt nicht mal mehr als Kerl zählte, nur weil ich kein Quidditsch mochte. Ich war ein Mann, verdammt noch mal! Ich hatte alle Merkmale eines Mannes! Breite Schultern, kantige Gesichtszüge, Muskeln und -verdammt noch eins- ich hatte einen Penis! aber das zählte scheinbar neben diesem verfluchten Sport nicht! Scheiß Sport!
Wenn ich schon nicht mehr als richtiger Mann gezählt werden würde, dann bitte aber aus einem nachvollziehbaren Grund! Einem richtigen Grund!
Zum Beispiel, dass ich gerade dabei war, mich in einen anderen Kerl zu verlieben. Ja, ich entwickelte Gefühle für George und ich hatte keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Die ganzen letzten Nächte hatte ich damit zu gebracht, von ihm zu träumen. Egal, ob ich jetzt wach war oder seelig schlummerte. Sobals ich gerade nicht gefordert und gebraucht wurde, war er in meinen Gedanken und machte mich verrückt.
Noch immer konnte ich spüren, wie sein Kuss auf meinen Lippen brannte, noch immer fühlte ich, wie seine Hände auf meiner Haut lagen. Kaum dachte ich daran, wie er mich berührte, strömte mir sämtliches Blut gen Süden. So wie auch im Moment.
Ich saß hier, sollte eigentlich über Strategien für die neue Saison nachdenken und bekam stattdessen einen Ständer, weil sich einer der Weasley-Zwillinge in meine Gedanken schlich.
"Verfluchte Scheiße!" ich sprang auf und tigerte neben Chris und Ronja auf und ab.
"Komm, so schlimm ist es jetzt auch nicht, dass du nicht so bist, wie die anderen Jungs. Quidditch ist nicht die Welt und du wirst nicht in der Nahrungskette nach unten wandern, weil du es nicht magst." Ronja legte mir einen Arm auf die Schulter und drückte mich wieder zurück ins Gras.
Wenn es doch nur so einfach wäre, dachte ich. Seit unserem kleinen Ausflug auf die Toilette hatte ich George nicht mehr gesehen. Naja, gesehen zwar schon aber nicht so richtig. Natürlich war ich ihm immer wieder in den Gängen auf dem Weg zum Unterricht kurz über den Weg gelaufen, aber ich hatte nicht mehr so wirklich mit ihm gesprochen. Leider.
Aber heute Abend sollte wieder eine kleine Party am Waldrand stattfinden und ich hoffte, ihn dort zu treffen. Als Weasley würde er sich das doch sicher nicht entgehen lassen. Bestimmt fiel es nicht groß auf, wenn wir uns für eine Halbestunde oder so abseilen würden.
"Du kannst heute Abend alles vergessen. Amüsier dich mit kim und dieser bescheuerte Sport wird keine Rolle mehr spielen."
"Ichweiß nicht, ob ich mich überhaupt je wieder mit ihr amüsieren will." Mein Murrmeln war so leise, dass ich glaubte, keine meiner beiden Begleiterinnen würde es hören, doch da hatte ich mich getäuscht. Ronja sog überrascht die Luft ein und Chris stieß einen kleinen Laut aus, der von ihrer Freude zeugte.
"Du willst dich nicht mehr mit ihr amüsieren? Das heißt du willst Schluss machen", rief die beste Freundin meiner Schwester aus und umarmte mich stürmisch. Warum sie sich so darüber freute, wollte ich wohl besser nicht genauer wissen.
"Nun ja, ich kann so auf jeden Fall nicht weiter machen. diese Beziehung ist einfach keine Beziehung mehr."
"Na, da bin ich aber froh." Hinter mir erklang eine männliche Stimme und ich wirbelte schnell herum. Da stand George. In der einen Hand hielt er eine kleine Schüssel mit Erdnüssen, in der anderen einige Papiere. Etwas umständlich ließ er sich neben mir nieder und stellte seine Sachen ab.
Beigeistert streckte Chris die Hand nach der Schüssel aus, doch mein Fast-Freund schlug ihr auf die Finger.
"Iss die besser nicht. Ich präsentiere die neuste Nasch-und-schwänz-Leckerei: Nervenzusammenbruch-Nüsse!"
Neugierig blickte ich auf die Erdnüsse in der Schale. Sie sahen ganz gewöhnlich aus. Keine schrillen Farben oder irgendetwas, das davor warnen könnte, dass der Inhalt nicht gesund für die psychische Gesundheit wäre.
"Das ist also das Ergebnis aus Kims Nervenzusammenbruch."
"Kim hatte einen Nervenzusammenbruch?" Interessiert blickte Ronja erst zu mir, dann zu George. Ich rieb mir den Nacken, peinlich berührt, dass es so offensichtlich war, dass da etwas im Busch war.
"Lange Geschichte. Erzähl ich dir vielleicht mal wann anders."
"Okay." Sie grinste. "Hauptsache du erzählst mir, was ihr so erlebt habt."
Um vom Thema abzulenken wandte ich mich lieber wieder George zu. "Was führt dich eigentlich zu uns und das schon so früh am Morgen?"
"Ich brauche deine Hilfe. Die Nüsse sind noch nicht ganz ausgereift und da weder Fred noch ich bei Snape jemals wirklich etwas verstanden haben, brauchen wir unterstützung. Dafür helfe ich auch dir."
"Wobei denn?" Verwirrt schüttelte ich den Kopf. George nickte kurz zu dem Papieren hin, die auf dem Boden verstreut lagen und grinste.
"Ich helfe dir mit der Strategie und wenn du besonders gute Arbeit leistest, bekommst du noch zusätzlich eine Belohnung." Ein fettes Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Oh ja, so eine Belohung wäre bestimmt gut.
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