Imminent Danger - Drohende Gefahr - Kapitel 8: Traum oder Realität?
von Paddy_4
Das silberne Leuchten des Vollmondes schimmerte leicht im Glanze der kleinen zierlichen, silbernen Linien auf der alten Schatulle, die einst Lily gehört hatte.
Harry lag in Sirius’ Bett und betrachtete nachdenklich den Nachlass seiner Mutter.
Während er das Kästchen langsam in seinen Fingern drehte, seufzte Hermine neben ihm auf.
Langsam drehte sie sich um, legte einen Arm um Harrys Brust und kuschelte sich tiefer in die vielen Decken ein. Sie schlief tief und fest.
Harry strich ihr mit einer Hand durchs weiche Haar, bevor er die Schatulle in eine Schublade des kleinen Nachttischchens auf seiner Seite des Bettes legte, die Lampe löschte, seine Brille abnahm und sich schließlich erschöpft und hundemüde in sein großes Kissen sinken ließ.
Hermine klammerte sich fester um ihn und legte den Kopf neben seinen. Der Wind, der durchs offene Fenster sanft hereinwehte, trieb den süßlichen Duft ihrer Haare tief in seine Nase. Er zog die Decken etwas höher. Es war noch immer ziemlich kalt, doch war das starke Regengewitter einem leichten Nieselregen gewichen.
Der vergangene Abend war sehr amüsant gewesen. Da Neville und Luna angekommen waren, war es in dem großen Haus nun nicht mehr so einsam und still.
Sie hatten sich alle vor dem großen Kaminfeuer im Salon des Grimmauldplatzes versammelt und sich dort unterhalten. Neville hatte ihnen nochmals alles vom letzten Schuljahr erzählt, während sie eine köstliche Steak – und Nierenpastete verspeisten, die ihnen Kreacher während seines täglichen Putzdurchgangs im Kühlschrank hinterlassen hatte.
Es musste die wahre Hölle gewesen sein. Schüler wurden verprügelt, gefoltert und erniedrigt, während die Carrows wie Könige auf ihren Stühlen am Lehrertisch gesessen hatten. Nicht einmal vor Erstklässlern hatten sie Halt gemacht.
Hermine hatte mehrmals wütend mit ihren Zähnen geknirscht.
Nachdem sie alles runter geschlungen hatten, hatte Harry aus einem alten, verstaubten Holzschrank eine Flasche Elfenwein geholt. Ein sehr edler Wein der magischen Welt.
Nun begann Luna zu erzählen. Sie erzählte von ihrem Vater. Gemeinsam mit Nevilles Großmutter hatten sie es geschafft Xenophilius aus Askaban zu holen.
„Er sah gar nicht gut aus.“, sagte Luna nachdenklich. Ihre Wangen waren schon leicht rot vom Elfenwein. „Es tut ihm alles so Leid, wisst ihr?“
Harry nickte und Hermine schüttelte langsam den Kopf.
„Es braucht ihm nicht Leid zu tun. Wer hätte nicht so gehandelt?“, sagte sie verständnisvoll.
Luna strahlt sie beruhigt an. „Naja, er kann es kaum erwarten unser Haus wieder aufzubauen. Er sucht in den Trümmern nach dem Horn des Schrumpfhörnigen Schnarchkacklers.“
Hermine stutzte entsetzt. „Aber Luna, das war ein Erumpent- Horn, das war kein…!“
Doch Harry unterbrach sie hastig.
„Und...Neville, wie war’s bei deiner Großmutter?“, fragte Harry drängend.
Nach ein paar weiteren Stunden voller Gelächter und angetrunkener Heiterkeit waren sie schließlich hundemüde vom vielen Lachen. Also gingen sie alle zu Bett. Neville und Luna würden in dem Zimmer schlafen, indem Harry und Ron einst geschlafen hatten und nach einer erfrischenden Dusche, waren auch Harry & Hermine ins Bett gegangen.
~
Harrys Gedanken verloren sich in einem wirren Traum, als ihm schließlich vor Müdigkeit die schweren Augenlider zugefallen waren.
Ein schreckliches Kreischen ließ ihn aufhorchen.
Verzweifelt kroch er durch die Dunkelheit über den schmutzigen Steinboden.
„Nein…“, hauchte er immer wieder erschöpft. Seine ausgestreckte Hand umfasste kaltes, glitschiges Metall. Er war zu den Gitterstäben vor ihm gelangt. Er blickte hoch.
Auf der anderen Seite der kleinen Zelle stand, auf einer kleinen Kiste, eine Lampe, die ihm spärliches Licht schenkte.
Seine ausgestreckte Hand rutschte ab und er sackte mit einem lauten Schrei wieder zu Boden. „NEIN!“, schrie er so laut er konnte.
Polternde Schritte. Sie kamen wieder.
„Halt den Mund!“, rief eine tiefe Stimme ihm wütend zu. Ein Blitz zuckte aus dem Zauberstab des großen Mannes, direkt auf seine Brust zu.
Wieder schrie er auf, als der Zauber durch seinen Körper strömte wie ein Stromschlag. Zuckend wand er sich auf dem Boden umher, die Hand auf seine Brust gepresst.
Der Zauber hatte ihn genau da getroffen, wo einst Umbridges Fluch ihm die Haut versengt hatte.
Der große Mann lachte ein polterndes Lachen, spuckte vor sein Gefängnis und ging die Treppe hoch.
„Bitte! Bitte!“, flehte er laut, als er ein weiteres Mal versuchte aufzustehen. Vergeblich.
Die Ketten an seinen Fußgelenken glühten auf und verbrannten ihm ein weiteres Mal die Knöchel. Die Hitze brannte sich tief in seine Haut und Blut tropfte über die Ketten.
Er versuchte sich wieder an den Gitterstäben hochzuziehen. Seine Hände waren voller Schnitte und scharlachrotem Blut gemischt mit Schmutz und Dreck.
Wieder ein lauter Schrei.
„MISTKERLE!“, schrie jemand aus dem Gefängnis gegenüber, der laut fluchend mit einem großen Stein gegen die Gitterstäbe schlug.
„Bitte! NEIN!“, flehte er schreiend und Tränen der Verzweiflung rannen ihm die Wangen herunter und vermischten sich mit dem Schmutz auf seinem Gesicht.
Die Tür der Treppe, die herunterführte schlug mit einem lauten Krachen auf.
„IHR VERDAMMTEN MISTKRÖTEN!“, fluchte derselbe Mann, der gerade schon da war.
Als er an der Lampe vorbeieilte konnte man durch das schwache Licht kurz sein Gesicht erkennen.
Es wurde von vielen Narben gekennzeichnet, die sich um seine große Nase und seinen breiten Hals schlangen. Die gefährlich silbernen Augen blitzen kurz auf, als ein lautes Knurren den Raum erfüllte. „CRUCIO!“
Wieder flog der Fluch direkt auf seine Brust zu.
Der Kerker war von lautem Geschrei erfüllt, das von den Wänden mit zehnfacher Intensität zurückgeschleudert wurde und ihm schmerzhaft durch den Kopf dröhnte.
~
Eine saftige Ohrfeige ließ ihn aus seinem Traum aufschrecken. Er schlug die Augen auf und richtete sich hastig auf. Er war schweißgebadet und sein ganzer Körper zitterte heftig.
„Harry!?“, rief Hermine panisch beim Anblick ihres verstörten Freundes, der ohne jegliche Orientierung mit den Händen um sich schlug, als ob er nach irgendetwas greifen wolle.
Harry konnte nichts erkennen. Ein helles Licht hatte seine Augen stark geblendet, sodass er im Moment nur Schwarz sehen konnte.
„Harry! Harry…beruhig dich.“, rief Hermine und versuchte seine Arme fest zu halten. „Es ist alles in Ordnung! Hey, hör mir zu!“
Harry hielt kurz inne und lauschte der süßlichen Stimme Hermines, die gerade noch vor Schmerzen geschrieen hatte. „Hermine?“, fragte er verzweifelt.
„Ja. Es ist alles in Ordnung.“, hauchte sie nun etwas leiser. Harry hatte sich etwas beruhigt.
Sie drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück in die Kissen und blickte besorgt von oben auf ihn herab.
Er atmete schwer und das Grün in seinen Augen hatte an Farbe verloren.
Plötzlich keuchte er mit schmerzverzerrtem Gesicht auf.
„Arghhh!“, stöhnte er laut und griff sich mit der Hand fest auf die Brust.
Hermine blickte auf seine Brust. „Oh mein Gott!?“
Scharlachrotes Blut strömte durch seine Hand, seine Brust herunter und auf das von Schweiß durchnässte Bettlacken. Hermine reagierte instinktiv.
Sie nahm eine Ecke ihrer seidenen Decke zwischen die Zähne und riss ein großes Stück davon ab, presste es Harry auf die blutende Wunde und zückte schließlich rasch ihren Zauberstab.
…
Die Wunde hatte sich langsam geschlossen und neue Haut spannte sich darüber.
Harry hatte aufgehört zu keuchen und atmete wieder etwas ruhiger.
Hermine beugte sich über ihn und blickte ihn liebevoll an.
„Es ist alles gut.“, flüsterte sie und strich ihm durch die schweißnassen Haare. Er war glühend heiß und schrecklich blass. Hermine machte sich große Sorgen.
„Alles in Ordnung, mein Schatz.“, sagte sie liebevoll, doch jagte ihr der teilnahmslose Ausdruck in seinen schwachgrünen Augen Angst ein.
Als Hermine schließlich das viele Blut mit ihrem Zauberstab von dem Lacken, ihrer Hand und von Harry aufgesogen hatte, legte sie sich wieder dicht neben ihn. Vorsichtig legte sie ihre warme Hand auf seine frisch verheilte Wunde.
Er zitterte immer noch.
„Ein Traum?“, fragte sie ängstlich und blickte mit ihren rehbraunen Augen zu ihm hoch.
Er nickte halbherzig und stotterte dann mit erschöpfter und krächzender Stimme:
„Ja… nur ein Traum.“ Er lachte ein leises, verbittertes Lachen.
„Versuch zu schlafen, ja?“, sagte sie mit ernster Stimme. Er nickte.
Hermine lag noch eine Weile wach und musterte ihn besorgt. Er war kreidebleich und er atmete schnell, doch nach wenigen Stunden fiel sie in den Schlaf.
~
Harry war schon lange wach, als sich Hermine neben ihm rekelte und sich in der Wonne des Sonnenlichts badete, das durchs offene Fenster hereinstrahlte.
Verschlafen richtete sie ihren Blick auf Harry.
„Guten Morgen.“, flüsterte er ihr zu. Sie lächelte ihn zaghaft an, bevor sie auf ihn zu krabbelte und ihren Kopf auf seine Brust legte und dem steten Trommelklang des Lebens horchte, das regelmäßig gegen seine Brust schlug.
„Ein Traum?“, fragte Hermine, als wäre seit der letzten Nacht keine Sekunde vergangen.
Harry stöhnte müde auf, doch er wusste, dass es nichts nützen würde Hermine etwas vorzulügen. Sie kannte ihn. Murrend erzählte er ihr alles.
…
„Und du meinst die Person, die gefoltert wurde, war ich?“, fragte Hermine ruhig, als er mit leiser Stimme geendet hatte. „Meinst du nicht, du hattest so etwas wie ein Déjàvu? Von damals… in Malfoy’s Manor.“
Harry lachte kalt und strich über seine Brust. Es schmerzte noch immer.
„Ich konnte alles perfekt wahrnehmen, Hermine. Den Geruch des vermoderten Steinbodens und meines eigenen Bluts. Ebenso die Flüche und diese seltsamen Ketten.“, sagte er mit grauenerfüllter Stimme, bei der Erinnerung an ihre wehklagenden Schreie.
„Aber ich würde dich niemals unbeschützt lassen.“, fügte er mit knurrender Stimme hinzu und blickte grimmig geradeaus.
Sie hob ihren Kopf und blickte ihn besorgt an. Langsam beugte sie sich vor und küsste ihn sanft auf seine eiskalten Lippen. Wärme tänzelte langsam durch sein Gesicht, als ihre kleinen Locken an den Spitzen ihrer Haare ihn im Gesicht kitzelten.
Plötzlich hielt sie inne und mit angsterfülltem Blick starrte sie ihn an.
„Was ist los?“, fragte Harry angespannt.
„Mal angenommen diese Träume sind nicht normal.“, begann sie leise und stupste ihn vorsichtig auf seine verheilte Wunde. „Vielleicht hat das alles mit…“
Ihre Augen wurden größer und sie blickte ihn erschrocken an.
„Was ist, wenn das alles mit meinen Eltern zu tun hat?“, schloss sie mit ängstlicher Stimme.
„Was ist, wenn meinen Eltern etwas zugestoßen ist!? Vielleicht haben sie die Todesser ja doch gefunden!?“
Harrys Magen spannte sich unangenehm an, doch fuhr er mit beruhigender Stimme fort:
„Nein, das glaube ich nicht. Ihnen geht es bestimmt gut. Und wie sollten die Todesser sie auch gefunden haben.“, sagte er und blickte ihr dabei tief in die Augen.
„Vielleicht hab ich nach all den Jahren ja doch nen Knall.“, lachte er halbherzig und tatsächlich schien sie etwas beruhigter.
...
Nachdem Hermine noch einmal einen genauen Blick auf seine Wunde geworfen hatte, zogen sie sich schließlich an und gingen nach unten in die Küche.
„Wenn ich’s dir doch sage. Da war ein Nargel in dem verdorrten Strauch neben der Tür.“, sprach eine glockenklare Stimme erzürnt.
Als sie eintraten, saßen Luna und Neville sich, bereits fertig angezogen, am großen Esstisch gegenüber und aßen Spiegeleier mit Toast.
„Wenn du meinst.“, gab sich Neville lächelnd geschlagen, während er versuchte das Spiegelei mit einem stumpfen Messer zu zerteilen.
Harry begrüßte sie und setzte sich mit schweren Schritten neben Neville. Hermine holte etwas Kürbissaft aus dem Kühlschrank.
„Guten Morgen!“, begrüßte Luna sie freudestrahlend. „Du siehst aber gar nicht gut aus, Harry.“
Harry lächelte ihr zu und hielt sich die Brust. Plötzlich hüpfte Luna von ihrem Stuhl hoch und schnappte sich einen Umschlag, der auf einem Fenstersimsen lag. Draußen schien die Sonne.
„Hier das ist für dich.“, beantwortete sie seine stumme Frage, als er sie mit fragendem Blick angeschaut hatte.
„Für mich?“, stutzte Harry und öffnete mit einem Küchenmesser den lila Umschlag, der mit einem blutroten Wachssiegel verschlossen war.
Ein kleines Blatt Papier mit großer, säuberlicher Schrift fiel aus dem Umschlag heraus.
Harry begann laut vorzulesen.
Harry und Hermine,
wenn ihr Zeit für mich finden würdet, so könntet ihr heute jederzeit ins Zaubereiministerium kommen. Mein Büro befindet sich in den oberen Stockwerken, doch ich bin sicher ihr kennt den Weg noch von eurem letzten Besuch.
Ich werde euch zeigen, wie ihr sicher und schnell nach Australien gelangen könnt.
Seid gespannt.
Ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen,
Kingsley Shacklebolt,
Zaubereiminister
„Super!“, sagte Harry und blickte zu Hermine auf.
Beruhigt atmete sie auf und machte sich schließlich daran ein paar weitere Spiegeleier für alle zu kochen.
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