von Paddy_4
Wow! Endlich bin ich mit Kapitel 16 meiner FF fertig. Ich hatte in letzter Zeit einiges zu tun und auch zu verarbeiten. Die Schreiberei hat darunter gelitten und wurde nur noch zum Dahinwandern bei Langeweile, was eher unproduktiv ausging und weswegen ich auch einiges wieder neu schreiben musste. Aber jetzt bin ich fertig! Es ist mein bisher längstes Kapitel und ist entscheidend für weitere. Ich bin ziemlich stolz drauf, und ich hoffe auf eure Loyalität und dass es euch gefällt!
Es ist das Kapitel vor der Abreise nach Australien.
Lasst mir viele Kommentare da, als Geschenk!!! ;)
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Heißer Atem und ein fernes Gemurmel an seinem Ohr kitzelten ihn langsam wach.
„Aufwachen, Harry.“, flüsterte Hermine und streichelte ihm über die Wange.
Langsam öffnete er die schweren Lider und kniff sie im selben Moment wieder zusammen.
Gleißendes Sonnenlicht tränkte den Raum in ein stechend blendend, helles Weiß.
„Ist es schon Morgen?“, fragte er, streckte die Glieder und gähnte ausgiebig.
„Es ist bereits Mittag. Molly ist in die Winkelgasse gegangen um einen neues Kessel fürs Kochen zu kaufen, Arthur ist im Ministerium und Neville, Luna, Lavender und Ginny stehen in der Küche und bereiten das Mittagessen zu.“, berichtete Hermine.
„Seit wann bist du wach?“, fragte Harry und wandte sich ihr zu. Bereits gänzlich angezogen, hatte sie sich neben ihn ins Bett gelegt, wo sie sanft zu ihm herunter lächelte.
„Vor ein paar Stunden bin ich aufgestanden um zu duschen. Im gegenüberliegenden Raum ist das Badezimmer von Fleur und Bill.“, sagte sie, während sie durch seine Haare strubbelte.
„Hättest du mich nicht mitnehmen können?“, fragte er und ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht auf.
„Ich wollte dich nicht aufwecken, du sahst so müde aus…“, meinte Hermine, doch plötzlich versteinerte sich ihre Miene. Mit großen Augen blickte sie auf ihn herab.
„Alles in Ordnung?“, fragte Harry stirnrunzelnd. Er hob eine Hand und wollte ihr über die Wange streicheln, doch sie wich ihm nach hinten aus. Ängstlich zeigte sie auf seine Hand.
Da sah er es.
Scharlachrotes Blut benetzte seine Handfläche und glitzerte unheimlich im hellen Sonnenlicht. Verteilt bis hinauf zu seinen Fingerspitzen tropfte es langsam auf die Seidendecke. Verstört zog er die andere Hand unter der Bettdecke hervor.
„Was zur…!?“, stöhnte Harry entsetzt, als er auf seine rechte Hand hinabstarrte, die ebenfalls voll mit hellem Blut war. Fassungslos riss er die Decke von seinem Körper.
Die Innenseite der Seidendecke war übersät von roten Handabdrücken.
Erschrocken und mit weit geöffneten Augen wich Hermine weiter von ihm ab. Fassungslos starrte Harry die blutigen Handabdrücke, die verschmiert, die innere Seite der Decke zierten.
„Wie ist das möglich!?“, flüsterte er.
„Komm da raus, Harry!“, befahl Hermine. Schnell schlüpfte er aus dem Knäuel und stieg aus dem Bett. Hermine eilte hastig an seine Seite. Ängstlich griff sie seine Hände und begutachtete sie ausgiebig. „Nichts…“
„Hey!“
Ohne Gehör für mögliche Widerworte entknotete sie Harrys Morgenmantel. Ihre kalten Hände tasteten sich seine nackte Brust hinauf und hinterließen eine leichte Gänsehaut.
„Was machst du denn da?“, fragte Harry mit leichter Empörung in der Stimme, während ihre Fingerspitzen vorsichtig über die weich, vernarbte Haut strichen, die damals von Voldemorts Todesfluch getroffen worden und von Umbridges Zauber verbrannt worden war.
„Nichts…“, murmelte sie ein weiteres Mal, doch ihre Finger wanderten bereits über die Bandagen um seinen Bauch. Unwirsch schlug sie den Morgenmantel beiseite um bessere Sicht zu haben.
Ein lautes, erleichterndes Stöhnen ließ Harry die Kehle zuschnüren. Wenn das Blut nicht seins war, dann musste es von ihr stammen. Was stimmte bloß nicht mit ihm?
„Wieder nichts…du blutest nicht und bist nicht verletzt.“, berichtete Hermine mit einiger Erleichterung in ihrer Stimme. Doch als sie zu ihm aufblickte, sah er ängstliches Misstrauen in den großen Rehaugen. „Harry, was…?“
„Ich geh unter die Dusche.“, unterbrach er sie mit den Gedanken in seinem Traum gefangen. Außerdem hatte er nicht sonderlich Freude an einem Gespräch über sein gestörtes Wesen.
Schnell raffte er den Mantel enger um seine Hüften und ging an ihr vorbei. Ein leichtes Zucken durchlief noch immer seine Wunde, doch der Schmerz hat über Nacht nachgelassen.
Hermine schnappte nach seinem Handgelenk und zwang ihn dazu sie anzusehen.
„Ich hab jetzt wirklich keine Lust dazu, ja?“, sagte Harry mild. „Ich will nur dieses Zeug von meinen Händen waschen und mich anziehen.“
Zornig funkelte sie zu ihm auf. „Bist du verrückt geworden!?“, zischte sie aufgebracht. „Du wachst auf, mit Blut an den Händen, das dir nicht gehört und das einen Tag, nachdem du fast umgebracht wurdest und es stört dich nicht einmal!?“
„Hör zu,“, begann er mit müder Stimme. „Es ist…“
„Nichts!?“, erwiderte Hermine mit lauter werdender Wut.
„Ja, nichts!“, sagte Harry widerwillig. „Und sei leiser, ja? Müssen ja nicht alle hören, dass ich spinne. Außerdem ist das meine Angelegenheit, Hermine. Nicht deine.“
„Da ist er wieder, nicht wahr!?“, schnaubte Hermine und Verbitterung schwang durch ihre Stimme. Tränen füllten ihre Augen.
„Wer ist wieder da?“, fragte Harry mit neugieriger Missbilligung.
„Der alte Harry!“, flüsterte Hermine und wischte sich die übergequollenen Tropfen vom Gesicht.
„Was meinst du damit?“
„Ich dachte, ich hätte es endlich geschafft…nein verdient, nachdem ich immer an deiner Seite war, dass du mich an dich ranlassen würdest.“
„Ich lass dich ja ran.“, entgegnete Harry gereizt und so unangemessen es auch war, amüsierte in die Zweideutigkeit.
„Das meine ich nicht!“, rief Hermine und schleuderte seine Hand von ihrer. „Ich habe es verdient durch deinen bescheuerten Panzer gelassen zu werden, den du jedes Mal aufziehst, wenn etwas passiert!“
Wütend erwiderte er ihren Blick. Er wusste, dass sie Recht hatte, doch das kümmerte ihn nicht. „Könntest du dich bitte zusammenreißen? Man hört uns noch.“, sagte Harry hinter zusammengebissenen Zähnen.
„Darüber machst du dir Sorgen?“, sagte Hermine unglaubwürdig. Rasch klemmte sie sich die glänzenden Haare hinter die Ohren, die während ihres Wutanfalls in ihr Gesicht gefallen und an ihren Wangen hängen geblieben waren. Harry sagte nichts mehr.
Schweigen gesellte sich unter die geladene Atmosphäre.
Ohne weitere Worte wandte sich Harry von ihr ab. Er nahm sich eines der alten Handtücher, die Molly ihnen ins Zimmer gebracht hatte, wischte sich so gut es geht, das kalte Blut von den Händen, und taumelte zum Schrank mit den vielen Quidditchaufklebern, griff nach Unterwäsche, Jeans und Pullover und ging zur Tür.
„Du hast wieder geträumt, nicht wahr?“, sagte Hermine, die noch immer starr am Bettgestell stand und mit verschränkten Armen zu ihm blickte. Die Wut in ihrem Gesicht war Enttäuschung und Müdigkeit gewichen. Harry seufzte.
„Hör auf…es hat keinen Zweck.“, murmelte er schließlich, der Müdigkeit nachgebend.
Offenbar unschlüssig, was sie darauf antworten sollte, trat sie von einem Fuß, auf den anderen.
Annehmend, dass ihr Streit vorüber war, wandte sich Harry erneut der Zimmertür zu.
Das heiße Wasser durchzuckte ihn, wie tausend kleine Stromschläge. Es belebte seine Sinne und gab ihm das Gefühl den Schmutz loszuwerden. Energisch wusch er sich mit Seife über die Handflächen und nach und nach verschwand das übrig gebliebene dunkle Blut von seiner Haut. Vorsichtig glitten seine Finger über die nassen Bandagen.
Er duschte nur kurz. Nachdem er sich die Haare gewaschen hatte, schnappte er sich ein Handtuch, trocknete sich ab und schlüpfte in seine Klamotten. Die alten, warf er in eine geschickte kleine Luke, versteckt unter einem von Fleurs Orchideensträußen, die ihr Ende in dem engen Nebenraum fand, in dem Molly die Wäsche erledigte.
Er mied den Blick in den ovalen Spiegel an der sperrigen Holzwand, strich sich durchs nasstrockene Haar und trat hinaus in den Gang.
Als Harry erneut das Schlafzimmer betrat, saß Hermine auf dem Bett, das sie zuvor frisch bezogen hatte. Die blutige Seidendecke lag auf dem Hügel aus zerknäuelten Laken, Kissenbezügen und Decken. Harry schloss die Tür.
Kurz wandte sich ihr Gesicht ihm zu. Er mied den Blickkontakt und trottete zum Schrank, um sich ein paar Socken zu holen.
„Soll ich dir helfen?“
Schüchtern und mit steifem Gesichtsausdruck kam Hermine ums Bett, auf ihn zu. Er hatte sich auf Hermines Seite gesetzt und scheiterte an dem einfachen Prozedere, sich Socken über die kalten Zehen zu streifen. Die nassen Bandagen schnürten ihm tief in die Haut, doch alleine konnte er sie nicht auswechseln. Sie machten es ihm unmöglich, sich herabzubeugen, ohne ein schmerzhaftes Kratzen, von kaltem, gebrauchten Stoff zu provozieren.
Etwas ungläubig blickte er zu ihr auf. Kurz huschte ein Lächeln durch ihr Gesicht.
„Es sind die Bandagen, oder?“, fragte sie und trat vor ihn. Er nickte still.
„Du brauchst neue. Ich hab welche hier.“
Sie zog an der Schublade ihres Nachttisches und zog weißen elastischen Stoff, Zauberband und Salbe heraus. Ohne weitere Worte zu wechseln, zog Harry den Pullover aus und stellte sich aufrecht hin. Mit zittrigen Fingern fummelte Hermine an dem zugeklebten Ende.
„Lass mich das machen.“, sagte Harry, als er ihren hitzigen Atem an seiner Halsbeuge spürte.
Grob riss er an dem Ende, bis die Bandagen schließlich auf den Boden trudelten.
„Arme hoch.“, meinte Hermine. Er hob die Arme. „Warte…“
Flink hastete sie aus dem Zimmer. Mit einem leicht nassen Lappen aus dem Badezimmer in der Hand, kehrte sie zurück.
Langsam und mit behutsamer Zärtlichkeit tupfte sie über die Wunde an seiner Seite, die bereits eine blau-lila Farbe angenommen hatte und bereits begonnen hatte, sich zu verschließen. Nach einer Minute war bereits alles erledigt und mit geröteten Wangen richtete Hermine sich auf.
Ihre Augen trafen sich abermals. Grün in sattes Braun.
„Es tut mir Leid…“, sagte Harry, hypnotisiert von der Trauer in Hermines Gesicht.
Ihre Mundwinkel zuckten. „Du kannst die Arme jetzt wieder runter nehmen.“
Langsam senkte er die Arme, doch legte er sie nicht an seine Seiten, sondern um Hermines Schultern. Perplex starrte sie zu ihm auf.
„Es tut mir Leid.“, sagte er ein weiteres Mal, während er sie näher an sich zog, bis ihre Haare auf seiner Brust umherkitzelten.
„Ich weiß.“
„Es tut mir Leid…es tut mir Leid.“
Halb belustigt und halb verärgert blickte Hermine ihn an. „Was soll das? Ich weiß…“
„Nein. Es tut mir Leid.“, wiederholte er abermals mit ernstem Blick.
„Hör auf dich zu wiederholen.“, sagte sie störrisch, während ihre Hände sich sanft auf seiner Brust niederließen. Ihre großen Augen durchforsteten sein Gesicht. Er öffnete den Mund.
„Hör auf damit!“, sagte sie mit unterdrücktem Grinsen. Harry erwiderte das Grinsen, jedoch versteinerte sich seine Miene im nächsten Moment und Hermine blickte erneut in sein ernstes Gesicht.
„Weshalb streiten wir uns andauernd?“, fragte er mit leiser Stimme. Nachdenklich wickelte er einen Finger um eine Locke in ihrem Haaransatz. „Was ist los mit uns?“
Hermine seufzte. Sanft klopfte sie auf seine Brust. „Es sind schwere Zeiten. Für uns alle.“
Ihre Hände wanderten hinauf und legten sich um seinen Hals. Leicht stellte sie ihre nackten Füße auf Harrys, um ein wenig höher zu erscheinen. Sie reckte ihr Kinn und Harry durchlief ein gespanntes Kitzeln, als ihre weichen Lippen nur noch wenige Millimeter von den seinen entfernt waren. Doch sie hielt inne.
„Küss mich.“, flehte Harry mit zusammengezogenen Augenbrauen. Eine rasche Hitze ließ sein Gesicht erröten. Fester drückte seine Handflächen gegen Hermines Rücken.
Ihre Mundwinkel zuckten.
Ihre schmale Nase berührte die Spitze seiner Nase und frischer Pfefferminzgeschmack, gemischt mit einem blumigen, holzigen Geruch vernebelte ihm die Sinne. Er ließ seine Hände ihren Rücken hinauf gleiten, bis seine Daumen sanft gegen ihren Hals drückten. Er wollte sie küssen, doch sie ließ es nicht zu. Er stieß auf Widerstand.
„Hermine.“, quengelte er mit drängender Sehnsucht.
„Schließ deine Augen.“, sagte sie nur, und ihre Lippen rückten wieder ein Stück näher, bis nur noch ein Staubkorn zwischen ihnen Platz gefunden hätte. Wärme übertrug sich auf Harrys Lippen, die begierig zuckten. Er schloss die Lider.
Sämtliche seiner anderen Sinne schienen schärfer zu werden, während das ungnädige Warten, Harry fast verrückt machte. Und plötzlich spürte er die weiche Oberfläche ihrer Lippen, die nur ganz leicht seine Oberlippe anstupste. Ihm entfuhr ein jammerndes Seufzen.
„Schscht“
Er roch ihr Parfum, spürte eine Gänsehaut unter seinen Fingern, die langsam Hermines Nacken hinauf strich und hörte ihren Atem, der schnell und stoßweise zwischen ihren wohl leicht geöffneten Lippen hindurchrauschte. Da riss seine Geduld.
Rasch spitze er die Lippen und beugte sich nach vorne.
„Nicht…“
Hermine war unter seiner Hand abgetaucht, von seinen Füßen gestolpert und nach hinten ausgewichen. Er öffnete die Augen und blickte in ein amüsiertes Gesicht.
„Nanana, Mr. Potter!“, flüsterte sie mit gespieltem Tadel, während sie zwei weitere Schritte in Richtung Tür machte. „Das sollte erst mal genügen.“
Auf ihrem schönen Gesicht breitete sich ein bezauberndes Lächeln aus.
Ihre Hand glitt zum Türknauf.
Harry reagierte schnell.
„Na warte, du kommst nicht einfach so davon!“
Schnell hechtete er an ihre Seite und schlang einen Arm um ihre Taille. Den anderen schwang er unter ihre Kniekehlen. Schallendes Gelächter ertönte an seinem Ohr.
Ein Lachen, das ihn glücklich machte.
„Harry!“, lachte sie vorwurfsvoll, als er sie weg vom Türknauf zerrte.
Er wankte zum Bett und warf sie auf die weiche Matratze.
Er blickte in ihre strahlenden Augen, und erwiderte ihren Blick mit einem breiten Grinsen.
Und vorerst blieb Harrys Pullover auf dem Boden liegen.
„Hallo, Harry!“, begrüßte ihn Luna mit zufriedener Miene, als er und Hermine die Treppe, hinab ins Wohnzimmer gestiegen waren. Neville, Ginny und Lavender lächelten zu ihnen auf.
„Hallo.“, erwiderte er. Hermine ließ seine Hand los und gesellte sich zu den anderen in die Küche, die dabei waren Gemüse zu schneiden, Fleisch zu braten und Soße zu kochen.
„Molly ist noch nicht wieder da?“, fragte sie an Ginny gewandt, während sie sich eine zerschlissene alte Schürze umband und ein Messer schnappte. Sie stellte sich neben Ginny und fing an Schnittlauch zu schnippeln.
„Nein, beim Kesselkaufen ist sie unglaublich wählerisch.“, sagte Ginny und verdrehte die Augen. Harry stapfte die letzten Stufen hinab und rüber an den alten Holztisch.
„Wo ist Ron?“, fragte er.
„Der schläft noch.“, sagte Lavender. Mit verträumtem Lächeln wusch sie sich die Hände sauber und trat an seine Seite. „Wie geht’s dir?“ Ihre blauen Augen strahlten zu ihm auf, während ihre vollen, geschwungenen Lippen sich seltsam kräuselten. Harry runzelte die Stirn.
„Ähm…ganz gut.“, antwortete er.
„Wirklich?“, sagte sie und hob die Augenbrauen. Ihr Blick wanderte zu der ungefähren Stelle unter seinem Pullover. „Ich meine, du hast ziemlich schlimm ausgesehen. Alles verheilt?“
„Mir geht’s gut. Ehrlich.“, sagte er. Ihre Fragen machten ihn nervös und verärgert zugleich.
„Schön.“, säuselte sie mit blitzenden Zähnen. Sie schob eine Hand unter dem Lappen hervor und legte sie auf seinen Unterarm.
„Danke…“, murmelte Harry. Unbeholfen wandte er seinen Blick Hermine zu. Sie stand mit dem Rücken zu ihm gewandt und unterhielt sich gerade mit Neville, der den Kessel begutachtete und ab und zu umrührte.
„Hermine.“, rief er. Lavender nahm ihre Hand von ihm.
„Ja?“, fragte sie, als sie sich zu ihm umdrehte.
„Kann ich irgendwas tun?“
„Du kannst schon mal den Tisch decken, Harry.“, sagte Neville. Die Kratzer und Beulen auf seinem Gesicht waren schon beinahe verheilt, doch Harry amüsierte sich über den leicht schielenden Blick, der ihm noch immer im Gesicht stand. Dankbar nickte er ihm zu. Er eilte um den Tisch und griff nach Teller und Gläser.
„Ich werd dann mal Ron aufwecken gehen.“, verkündete Lavender. Ihre schillernden Locken hüpften auf und ab, als sie die Treppe hinaufstieg. Harry blickte ihr nach.
„Das war wirklich köstlich, Neville!“
Herzhaft lächelnd beugte sie Molly zur Seite und klopfte Neville anerkennend auf die Hand.
Neville wurde rot und senkte den Kopf. Luna kicherte verhalten.
„Isch hatt ja kene Ahnung, dasch du koschen kanscht“, schmatzte Ron mit der Gabel im Mund.
„Und ich hatte keine Ahnung, dass man solche Manieren am Tisch zeigt!“, rügte ihn Molly mit fassungsloser Miene. „Iss gefälligst anständig, Ron.“
„Wieso?“, warf Ginny ein. „So isst er in Hogwarts immer.“
„Immer?“, fragte Molly mit großen Augen.
„Immer.“, bestätigten sie alle, wie aus einem Munde. Hermine kicherte leise.
Rons Mundwinkel weiteten sich ebenfalls zu einem Lächeln. Molly seufzte, ehe sie sich erhob und die Hände in die Hüften stützte. „So, da wir nun fast alle (ihr Blick wanderte zu Ron, der sich einen weiteren Teller genehmigte) fertig sind, würde ich vorschlagen, dass ich hier Ordnung schaffe und ihr euch draußen ein wenig die Füße vertretet. Es ist ein so schöner Tag, und den sollte man nicht drinnen vergeuden.“
„Gut, wie wärs mit Quidditch?“, fragte Harry und nahm Hermines Hand. Er blickte sie an, begegnete jedoch einem, recht misstrauischem Blick.
„Was?“
„Ich mag Fliegen nicht sonderlich.“, sagte sie mit gequältem Gesichtsausdruck. „Außerdem wäre es vielleicht besser, wenn du noch nicht auf einen Besen steigen würdest.“
Harry runzelte die Stirn, doch er wusste worauf sie hinaus wollte. „Hermine. Behandle mich bitte nicht, wie ein rohes Ei, ja? Ich hab schon Schlimmeres überstanden, als das.“
„Trotzdem“, warf Molly vom anderen Ende des Tisches ein. „Ich denke, Hermine hat Recht.“
„Na schön.“, raunte Harry mit missmutiger Miene. Er stand auf, Hermine an der Hand, und lief Richtung Tür. Alle, bis auf Lavender, die noch auf Ron wartete, folgten ihnen hinaus.
Draußen war es angenehm warm. War der Frühling erst unterwegs gewesen, so war der Sommer, ihm dicht auf den Fersen. Ginny ging voran und scheuchte die fetten Hühner aus dem Weg. Neville legte den Arm um Lunas Schultern, doch sie schnappte ihn und vollführte eine Drehung.
„Wie geht das?“, sagte Harry ruhig gen Wieselkopf blickend. „Immer fröhlich zu sein?“
Hermine kicherte leise. „Keine Ahnung.“
Harry imitierte die Drehung, doch bewies er dabei seine fehlenden Tanzkünste, indem er über seinen eigenen Fuß stolperte und zur Seite fiel. Hermine schrie kurz auf, als sie beide im trockenwarmen Trampelweg landeten, der zum Garten hinausführte.
„Tschuldige.“, schnaufte Harry. Doch Hermine lachte nur leise. Sie kroch zu seinem Gesicht und küsste ihn.
„Nehmt euch ein Zimmer.“
Ron und Lavender kamen zur Tür hinaus. Ron grinste frech, als er die beiden sah.
Harry rappelte sich auf.
„Also ein bisschen Quidditch?“, fragte Ron.
Hermine stand auf und blickte ihn mit anklagender Miene an. „Deine Mum…“
„Steht in der Küche und macht den Abwasch. Also, Harry?“
„Klar!“
Unbeeindruckt von Hermines vorwurfsvollem Blick, gingen er und Ron an ihr vorbei in Richtung Pferdekoppel hinter dem Haus.
„Wird auch mal Zeit, oder?“, murmelte Ron, während die anderen ihnen hinterher hasteten, auch Hermine, wenn auch etwas widerwillig.
„Ja. Es ist Zeit für ne Partie Quidditch.“, erwiderte Harry mit begeisterter Stimme.
Sie standen nun am Rand des improvisierten Feldes. Harry folgte Ron in Richtung Schuppen.
„Das meinte ich nicht.“
„Ach ja?“, fragte Harry verdutzt. Ron seufzte genussvoll, als er den Schuppen öffnete und nach einem der Shooting-Stars griff. Er reichte ihm Harry und zwinkerte dann. „Endlich mal ein klein wenig Freiheit.“ Sein Blick fiel auf Lavender, die unsicher auf von einem Fuß auf den anderen tänzelte, als würde sie auf etwas warten. Dann blickte sie zu Ron und Harry. Ihre Wangen wurden knallrot.
„Ach, das meinst du.“, sagte Harry. Schelmisch lächelte er zu Ron auf. „Geht sie dir etwa schon wieder auf die Nerven? Ich dachte, dass hätte sich erledigt.“
„Dacht ich ja auch, Alter.“, sagte Ron und reichte ihm drei der Besen. „Naja, ständig hängt sie an mir dran, wie eine Snargaluffpflanze. Und sie…ähm, will ständig…du weißt schon.“
Er blickte ihn bedeutend an. Harry begriff.
„Deswegen schläfst du solange?“, grinste Harry und hob die Augenbrauen. Ron erwiderte sein Grinsen. Grob warf er ihm einen weiteren Besen zu, der ihm gegen den Kopf knallte.
„Und bei dir?“, fragte Ron, während er ihm noch einen der alten Besen gab und jetzt nach der vekratzten Holzkiste griff. „Wie läuft es mit Hermine? Muss anstrengend sein.“
„Weshalb?“
„Naja, sie muss immer Recht haben, ist übervorsorglich und besitzergreifend.“
„Deswegen hast du dich in sie verliebt?“, fragte Harry herausfordernd, bereute es jedoch sofort. Immerhin hatte er Ron die Freundin ausgespannt.
Rons Miene verhärtete sich, als er fortfuhr. „Jeder macht Dummheiten.“
Harry wusste nicht, was er sagen sollte. Ron schleifte die Kiste aus dem Schuppen und richtete sich auf.
„Dummheit?“, fragte Harry nervös. „Glaubst du das wirklich?“
Ron schloss die Schuppentür. „Ist doch unwichtig. Also wie läuft es bei euch?“
Harry war etwas verwirrt. „Ähm…gut.“
Ron schnaubte, was Harry wütend machte. „Du klingst ja begeistert.“
„Was willst du von mir hören, Ron?“, erwiderte Harry aufgebracht.
„Ganz ruhig, Kumpel. Es ist nur…ich hab euch streiten gehört. Heute Morgen. Klang ziemlich heftig.“ Harry blickte zu Hermine, die mit verdrießlicher Miene zu den Torringen aufsah.
„Jede Beziehung hat ihre Schwierigkeiten.“, murmelte er steif.
„Schon klar, Harry. Die Versöhnung hab ich auch gehört.“
Mit einem Ruck hob Ron die Kiste an und schlurfte davon. Harry schulterte die vielen Besen und folgte ihm. Er spürte, wie sein Gesicht rot wurde und wie zugleich Wut in ihm hoch kochte.
„Über was habt ihr solange geredet?“, wollte Lavender wissen, als sie die Kiste und die Besen in die Mitte der Gruppe legten. Hermine trat an Harrys Seite.
„Ach nichts.“, sagte Ron beiläufig. Sein Blick wanderte durch die Runde. „Also, Aufstellung, wie beim letzten Mal?“
„Kann ich nicht der Schiedsrichter sein?“, flehte Hermine.
„Klar.“, meldete sich Luna. „Von oben habe ich eine bessere Aussicht. Vielleicht kann ich ja einen der Gernumbli Gardensi finden, die ihr über den Zaun geworfen habt.“
Ihr vorwurfsvoller Blick galt Neville, Ron und Harry.
Erleichtert stöhnte Hermine auf. „Dann brauch ich mir ja keine Sorgen um dich zu machen.“, sagte Harry und lächelte zu ihr herunter. „Ich werd das Feld verhexen, dann kann’s losgehen.“, sagte sie und drückte kurz seine Hand, ehe sie ihren Zauberstab zückte und übers Feld wanderte. „Gut, also dann.“, sagte Ron und griff nach einem der Besen.
„Ginny pass auf!“, brüllte Ron von weiter unten, als sie und Harry durch die Luft, weiter nach oben, sausten. Vor ihnen, der kleine goldene Ball der verzweifelt mit den Silberflügeln schlug, während ihre Hände nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt waren. Sie boten sich einen erbitterten Kampf, während unten Luna und Lavender eine spannende Partie spielten. Wie sich herausstellte war Luna eine tadellose Jägerin. Sobald sie auf dem Besen saß, verstummte sie und richtete ihre klaren, blauen Augen auf den verbeulten Quaffel, den Hermine, mithilfe ihres Zauberstabes, in die Lüfte schwingen ließ.
„Diesmal schnapp ich ihn mir!“, zischte Harry mit vollster Konzentration. Sie schossen weiter in die Höhe, bis die anderen außer Hörweite waren. Er streckte die Finger aus. „Fast…nur noch ein kleines Stück…“
„Hättest du wohl gerne.“, kam es von Ginny und im nächsten Moment rammte sie ihn mit sanfter Gewalt, sodass er leicht zur Seite abknickte und der Schnatz außer Reichweite war.
Ginny pirschte voran. Harry fletschte die Zähne und kämpfte sich nach vorne. Die kämpferische Natur war eine der Seiten von Ginny, in die er sich damals verliebt hatte. Sie nahm nicht so viel Rücksicht und behandelte ihn nicht wie ein rohes Ei, so wie es Hermine tat.
Ginny gewann an Vorsprung, während er anstatt sich zu konzentrieren über anderes nachdachte. „Schon müde geworden, Harry!?“, rief Ginny durch den milden Frühsommerwind. Ihr schelmischer Blick riss ihn aus seinen Gedanken. Er beugte sich tiefer über den Besenstiel und rückte wieder näher an sie heran.
Plötzlich, als die Luft bereits anfing feucht zu werden und die Wolken scheinbar zum Greifen nahe waren, legte der Schnatz einen steilen Sturzflug hin, dem Ginny nicht gerecht werden konnte. Doch Harry jagte ihm hinterher. Hinab in die Tiefe, durch den peitschenden Wind, der ihm die Haare zu Bergen stehen ließ und ihm eine angenehme Gänsehaut verpasste. Mit dem Shootingstar, war es zwar nicht dasselbe, wie mit seinem alten Feuerblitz, doch das kümmerte ihn nicht weiter. Es war einzig und allein das Gefühl des Windes in seinen Haaren und des Adrenalins in seinen Adern, das er so schmerzhaft vermisst hatte.
Ein weiteres Mal streckte er die Hand aus. Diesmal würde er ihn kriegen.
Die Umrisse der anderen wurden allmählich schärfer, während seine Finger nur noch ein winziges Stück vom Schnatz entfernt waren. Lavender hatte soeben ein weiteres Tor für Ginnys Team geschossen. Neville war verzweifelt nach dem Quaffel gehechtet, doch verlor er dabei beinahe die Kontrolle über seinen Besen, sodass er fast auf den Boden geknallt wäre. Luna schien abgelenkt und einige Meter vom Fuchsbau entfernt, fand Harry den Grund dafür. Eine Gruppe von Gnomen hatte sich soeben unter dem Zaun hindurch, in den Garten gemogelt.
„Mach schon, Ginny!“, feuerte Ron, als sie und Harry immer näher kamen. Harry sah aus den Augenwinkeln, wie Hermine gebannt auf und ab tänzelte. Er lächelte breit und feuerte seinen Besen an einen Sprung nach vorne zu tun. Hinter ihm hörte er das wütende Zischen Ginnys. Und im nächsten Moment schlossen sich seine Finger fest um den goldenen Schnatz.
„Gewonnen!“, jubelte Harry und steuerte Richtung festen Grund.
„Schönes Spiel.“, sagte Ron, als er und Harry die Kiste und die Besen zurück zum Schuppen brachten. Er ließ die Kiste in die hinterste Ecke krachen und legte die Besen, die ihm Harry gab, drauf. Er schloss die Tür und wandte sich Harry zu.
„Also, was meinst du?“, sagte er und steckte die Hände in die hinteren Hosentaschen. Harry runzelte die Stirn bei Rons nachdenklichem Blick. „Naja, ihr hattet ja ziemlichen Stress. Hat sich jedenfalls so angehört.“, fügte er hinzu. Harry nickte leicht.
„Naja…also, ich hab mir gedacht.“ Er kratzte sich am Hinterkopf. „Ich glaube, Hermine und…du, ihr braucht ein wenig Zeit für euch.“ Harry hob die Augenbrauen. „Es ist einfach zu voll hier. Wie wärs mit einem Essen oder so?“
Jetzt war Harry völlig vor den Kopf gestoßen. „Seit wann machst du dir Gedanken um so etwas?“ Doch Harry kam nicht drum herum, dass er Recht hatte. Tatsächlich hatte Harry, bereits an so etwas gedacht, doch es schien ihm nicht möglich, bei allem, was in letzter Zeit passiert war.
„Das hört sich jetzt bestimmt dämlich an, aber als Hermine und ich noch…“ Kurz huschte sein Blick zu Harry. „Nun ja, das wäre das erste gewesen, dass ich geplant hätte. Einfach etwas Zeit alleine, auch wenn es nur ein Abend gewesen wäre.“
Harry blickte zu ihm auf. „Danke.“, sagte er leise, doch Ron verstand es und nickte.
„Kommt ihr jetzt!?“
Ungehalten winkte Lavender ihnen zu.
Ron klopfte ihm auf die Schulter und ging an ihm vorbei. Harry folgte ihm und begegnete dabei Hermines Blick, die ihn von weitem anlächelte. Harry lächelte zurück.
Als sie gemeinsam in Richtung Haus davon stapften, griff Harry nach Hermines Hand und zog sie etwas näher an seine Seite.
„Wie wärs mit einem Abendessen?“, flüsterte er leise. „Nur wir beide. Wo ist egal, ich will nur etwas mit dir alleine sein.“ Harry sah sie an und traf auf ein Lachen, voll perlweißer Zähne. Sie nickte wild. „Ja, das wäre schön.“
Harrys Finger kreuzten sich mit ihren. „Gut. Aber vorher, müssen wir Neville und Luna erzählen, dass wir früher los wollen, als geplant.“
Es wurde langsam Abend, während sie den restlichen Nachmittag zusammen im Wohnzimmer verbrachten. Hermine hatte sich dicht an Harrys Seite geschmiegt, nachdem sie schnell hoch gesaust war und eines ihrer alten Bücher über Arithmantik geholt hatte. Konzentriert las sie das dreizehnte Kapitel, während Harry ungeduldig mit dem Fuß wackelte.
„Kannst du das mal lassen?“, fragte Hermine und durchbrach die Stille. Molly blickte von dem Strickwerk in ihren Händen auf und blickte zu ihnen rüber. Harry setzte ihr einen bedeutsamen Blick zu und seufzend klappte sie ihr Buch zu und legte es auf den Tisch.
Sie hatten beschlossen, es allen zu sagen, doch Hermine machte sich Sorgen darum, was Molly wohl dazu sagen würde. Sie schien so glücklich, während der letzten Zeit. Es schien alles wieder in Ordnung zu kommen. Harry wusste, dass Hermine dabei an Fred dachte.
„Alles in Ordnung, Liebes?“, fragte Molly, als Hermine sich aufrecht hinsetzte und in die Runde blickte. Jetzt richteten sich auch alle anderen Gesichter ihnen zu.
„Es ist…“ Sie hielt inne und blickte zu Harry. Er schwieg.
„Ja?“, sagte Molly. Hermine fuhr fort. „Harry und ich, wir…würden gerne früher abreisen.“
Hermine verstummte und Harry spürte, wie sich ihr Körper anspannte.
Mollys Mund war leicht geöffnet, als würde sie etwas sagen wollen, doch sie schwieg.
„Wieso?“, fragte Neville.
„Wir glauben, es wäre besser, wenn wir Hermines Eltern so schnell wie möglich wieder zurückholen.“, meldete sich Harry zu Wort. „Wenn ihr damit einverstanden seid, dann würden wir gerne morgen Abend abreisen.“
„Morgen Abend schon?“, sagte Ron und wand sich aus Lavenders Griff.
„Wir sind dabei.“, meinte Neville, nach einem kurzen Blickwechsel mit Luna.
„Habt ihr Kingsley Bescheid gesagt?“, fragte Ginny, die auf dem Boden saß und gebannt ein Magazin über ihre Lieblingsquidditchmannschaft, die Holyhead Harpies, gelesen hatte.
Hermine zuckte zusammen. „Du meine Güte.“ Sie wandte sich Harry zu. „Ich muss ihm sofort schreiben.“
Sie machte Anstalten aufzustehen, doch ein plötzliches Schniefen ließ sie erstarren. Ihre Blicke wandten sich zu Molly, die mit einem vergilbten Taschentuch über ihre Wange tupfte.
Doch zur Überraschung aller, lächelte sie breit, als sie bemerkt hatte, dass sich alle Augenpaare ihr zugewandt hatten.
„Molly?“, stammelte Hermine scheu. „Alles in Ordnung?“
„Mach dir keine Sorgen, Liebes.“, sagte sie und tat ihre Besorgnis mit einer Handbewegung ab. „Mir geht’s gut. Ich freue mich, dass du bald deine Eltern wieder sehen kannst. Versprecht mir aber, schnell und gesund wieder hier zu sein.“
Mollys Blick wanderte zu Harry. „Klar.“, sagte er und nickte lächelnd.
Laut seufzend, stemmte sich Molly aus dem Sessel. Sie sah auf die beiden magischen Uhren in der Küche. „Arthur wird bald zurück sein und ich brenne schon darauf den Kessel zu benutzen, den ich gekauft habe. Der alte war eine Katastrophe!“
Harry erwiderte Hermines zögerlichen Blick, als Molly in die Küche stapfte.
„Du kannst dir zwei Teller sparen, Mum.“, rief Ron laut. Harry sah zu ihm. Ron grinste ihm zu, doch der Ausdruck in seinen Augen verunsicherte ihn. Kalt und leer.
„Was meinst du damit?“, fragte Molly.
„Harry und Hermine wollen Essen gehen.“
Harrys Herz fiel Richtung Magen. Angespannt spähte er zu Molly.
„Oh...natürlich!“, sagte sie.
„Macht es dir was aus?“, fragte Harry sofort. „Wir können auch…“
„Oh nein! Nein, Harry.“, unterbrach sie ihn rasch. „Wohin wollt ihr denn?“
„Das wissen wir noch nicht.“, sagte Harry und wechselte einen Blick mit Hermine.
„Wie wärs denn mit Hogsmeade?“, schlug Ginny vor.
Plötzlich schien sie ganz euphorisch. Ihre Augen wanderten zu Hermine. Kurzes Schweigen.
Harry meinte zu sehen, wie Hermine kurz nickte.
„Klar, wieso nicht?“, sagte Hermine. Ginny blickte zu ihm auf.
„Ja…wieso nicht.“, stammelte Harry vollkommen überfordert.
Ginny grinste breit. Was ging hier vor? „Wieso grinst du denn so?“, fragte Ron misstrauisch. Ginnys Grinsen verpuffte rasch. Sie stand auf und streckte ihm die Zunge raus.
„Mum?“, sagte Ginny. Sie schien aufgeregt. „Könnte ich Harry und Hermine nach Hogsmeade begleiten?“
„Was?“, fragte Molly überrascht. „Wieso denn das?“
„Ich…will mich mit ein paar Freundinnen treffen.“ Molly hob eine Augenbraue.
„Bitte.“, flehte Ginny im verzweifelten Versuch, ihre Mutter zu erweichen, die streng ihre Tochter beobachtete.
„Na gut.“, seufzte Molly. „Meinetwegen.“ Ginny machte einen kleinen Luftsprung.
„Natürlich nur, wenn Harry und Hermine nichts dagegen haben.“, setzte Molly nach.
„Nein.“, sagte Hermine schnell. Auch sie lächelte breit. Harry fühlte sich übergangen.
„Schön, dann wird es heute eine eher kleinere Essensrunde.“, sagte Molly, krempelte sich die Ärmel hoch und griff nach einem der Kochbücher.
„Was war das denn gerade?“, fragte Harry, als er die Tür zu ihrem Zimmer öffnete.
Hermine ging voran. Sie öffnete den Schrank und begann darin herumzuwühlen.
„Hermine?“
„Hmm?“
Harry stöhnte. Genervt schlurfte er hinter sie. Doch sie konzentrierte sich auf die Auswahl der Klamotten.
„Was meinst du?“, murmelte Hermine gedankenverloren. „Eher elegant oder schlicht?“
„Kann man in Hogsmeade überhaupt irgendwo Essen gehen?“
Harry legte das Kinn auf Hermines Schultern. Ihre Hände hielten kurz inne.
„Weißt du…Madam Puddifoot ist gar nicht mal so schlecht.“
Ungute Erinnerungen drängten sich in sein Bewusstsein.
„Ich hasse den Laden.“, sagte Harry säuerlich. „Das weißt du doch! Du weißt, dass mit Cho…“
„Aber Ginny meinte, dass es wirklich nicht so schlimm sei. Abends wird warmes Essen serviert und es spielt romantische Musik. Ginny und Dean hatten eine Verabredung dort.“
„Wieso denn unbedingt Hogsmeade?“, fragte Harry misstrauisch.
„Stört dich das etwa?“, fragte Hermine. „Ich dachte wir wollten essen gehen. Ist es da nicht egal, wo wir hingehen? Und so können wir Ginny noch einen Gefallen tun.“
Sie nahm ihre Hände aus den Regalen und wandte sich zu ihm um. Tief blickten ihre Augen in die seinen. Wärme kroch sein Gesicht hinauf.
„Wir sind ihr etwas schuldig.“, flüsterte Hermine. Harry seufzte und nickte schließlich.
„Du hast Recht. Tut mir Leid.“
„Danke, Liebling.“ Ihre geschwungenen Lippen umspielte ein Lächeln.
Schnell legte Harry eine Hand in ihren Nacken. Er zog sie an seine Brust und legte einen Finger unter ihr Kinn. Sie hob ihren Kopf. Sie sahen sich einen Moment lang an, dann küsste er sie sanft.
„Hmm...“, stöhnte Hermine, als sich ihre Lippen voneinander lösten. Als Harry die Augen wieder öffnete, sah er ein breites Lachen auf ihrem Gesicht.
„Ich glaub ich hab was gefunden!“
„Ich komme mir lächerlich vor, mit den Klamotten in Hogsmeade aufzutauchen.“, seufzte Harry, als er sein Spiegelbild betrachtete. Er trug den Umhang, den sie neulich in der Winkelgasse gekauft hatten.
„Du siehst wahnsinnig gut aus.“ Ein leises Klick-Klack kündigte Hermine an, die gerade den Gang durchquerte und ins Badezimmer kam. Harrys Blick wanderte zu ihrem Spiegelbild, das hinter ihm aufgetaucht war. Er wandte sich ihr zu.
„Was meinst du?“, fragte sie und blickte mit rosa Wangen an sich herab. Das Cocktailkleid aus Milanosatin schmiegte sich perfekt an ihre Hüften und fand sein Ende an ihren unverschämt schlanken Oberschenkeln. Passend dazu trug sie schwarze Schuhe mit Absätzen, die sie beinahe auf seine Größe beförderten. Ihr Haar hing in glänzenden Wellen über ihren freien Schultern. Harrys Atem geriet ins Wanken.
„Du siehst…“, stotterte er, vergeblich nach Worten ringend. Sein Blick haftete an ihren Oberschenkeln. Er schluckte. „…unglaublich aus.“
Sie kicherte beim Anblick seines Gesichts. „Danke, das reicht mir schon. Komm mal her.“
Sie ging auf ihn zu und fing an, an seinen Haaren herumzuwerkeln.
„So.“, sagte sie. Harry lachte über ihre ansteckend gute Laune.
„Was ist mit dem Brief an Kingsley?“, fragte er, als sie an ihm vorbeigegangen und vor den Spiegel getreten war.
„Schon fertig.“, sagte sie und griff in eine Schublade des weißen Schränkchens, das neben dem Waschbecken stand. Heraus holte sie einen Lippenstift aus weichem Pfirsich. Ihr Blick wechselte kurz zu seinem Spiegelbild. Sie lächelte. „Würdest du Pig holen gehen?“
„Ähm…klar. Du kommst dann runter?“
„Ja.“
„Gut. Bis gleich.“, murmelte Harry, ging ins Schlafzimmer und schnappte sich den Brief, der an Kingsley adressiert war. Er blickte auf den feinen, leicht schrägen Schriftzug und seufzte kurz. Er kehrte dem Schreibtisch den Rücken zu und ging zu dem Nachttisch auf seiner Seite des Bettes. Seine Finger zögerten, ehe sie den Griff umfassten und daran zogen.
Er atmete tief aus, ehe er die schwarze Schatulle nahm und in die Innentasche seines Umhangs gleiten ließ.
„Nicht schlecht, Harry!“, grinste Ron, als Harry in sein Zimmer gestapft kam. Lavender saß im Schneidersitz auf dem Boden. Sie schmunzelte leicht, als sie zu ihm aufsah.
„Pig ist da drüben“, sagte Ron und zeigte auf den winzigen Käfig auf dem hölzernen Fenstersims. Offenbar ahnte Pig, dass er gebraucht wurde. Er fiepte laut und knabberte hektisch an den dünnen Gittern herum. Sobald der Käfig offen war, hüpfte er auf Harrys Arm und erschwerte es ihm durch heftiges Flügelflattern, den Brief an sein karges Beinchen zu binden.
„Das ist er also?“, fragte Ron mit eisernem Blick auf den Brief. „Ihr meint es ernst? Ihr wollt morgen abreisen?“ Harry öffnete das Fenster. Es klickte leise und schon war Pig auf und davon.
Harry blickte ihm nach. „Ja, morgen geht’s los.“
„Wisst ihr, wo Hermines Eltern wohnen?“
„In Sydney, mehr wissen wir noch nicht. Das Ministerium in Canberra stellt einen Portschlüssel zur Verfügung, der uns nach Sydney bringen wird.“, erklärte er.
„Und wie lange werdet ihr fort sein?“
„Solange, wie es nötig ist.“, sagte Harry, verschloss das Fenster und richtete sich Ron zu.
Etwas Seltsames lag in seinem Gesicht. Er schien nachzudenken. Er blickte Harry ins Gesicht, dann lächelte er mit leichtschrägen Mundwinkeln. Harry nickte und ging zur Tür.
„Viel Spaß.“, rief Ron ihm nach. Harry drückte die Türklinke. „Danke.“
„Oh, seht ihr gut aus!“, strahlte Molly, als er und Hermine die Treppe herunterkamen. Sie legte die Hände vor den Mund und wartete bis sie vor ihr standen.
„Wo bleibt denn Ginny?“, fragte sie und blickte an ihnen vorbei zur Treppe hoch.
„Sie ist noch oben.“, antwortete Hermine. Sie blickte kurz zu Harry und als dieser den Blick erwiderte, bildeten ihre Lippen ein sanftes Lächeln. Ihre Augen leuchteten.
Molly folgte dem Blickwechsel und musste schmunzeln. Es folgte ein peinliches Schweigen.
Nach wenigen Minuten wurde es unterbrochen. Sie wandten sich um.
Für einen normalen Abend mit Freunden, hatte Ginny, Harrys Meinung nach, deutlich zu tief in Schrank und Tasche gegriffen. Ihm kam ein leiser Verdacht.
Sie trug ein schulterfreies, luftiges Oberteil aus dunklem Rosa und eine enge, dunkelblaue Jeans, die ihre langen Beine zur Geltung brachten. Ihre Wimpern warfen lange Schatten auf ihre leicht mit Rouge geschminkten Wangen. Ihr Haar lag offen und glatt gekämmt über ihren freien Schultern. Es schimmerte leicht im Licht der Wohnzimmerlampen.
Auf der letzten Treppenstufe hielt sie inne.
„Weshalb siehst du so aus?“, kam es von Molly. Harry hob die Augenbrauen.
Ginny biss sich auf die Lippen. „Was meinst du damit, Mum?“
„So geht man nicht aus dem Haus, wenn man sich mit ein paar Schulfreundinnen trifft.“
Ginnys Blick traf den von Harry, wechselte jedoch hastig zu ihrer Hand, die auf dem Treppengeländer lag. „Mum, ich wollt einfach hübsch aussehen, okay?“
Sie senkte den Kopf, doch es folgten keine weiteren Fragen. Sie spickte einige Male.
Hermine kehrte Ginny den Rücken zu. Harry blickte über die Schulter.
„Schön.“, sagte Molly. „Dann beeilt euch mal besser, bevor es draußen noch kalt wird. Ihr seid sowieso schon viel zu leicht angezogen.“ Harry grinste. Ginny seufzte erleichtert und hüpfte zu ihnen.
„Danke, Mum!“, rief sie, als sie an ihrer Mutter vorbeirauschte. Sie küsste sie kurz auf die Wange und folgte Hermine zur Tür hinaus, die Harry ihnen aufhielt.
„Hier.“, sagte Molly, als Harry gerade zur Tür hinauswollte. Sie eilte zu dem vollkommen überfüllten Kleiderständer und zog an dem Klamottenhaufen in den Haken.
Heraus kamen Hermines und Ginnys Mäntel. „Sie werden sie noch brauchen, glaub mir.“
Harry griff nach den Mänteln. „Danke, Molly.“, bedankte er sich leise. Sie lächelte.
„Seid vorsichtig.“
Harry schloss die Tür. Die Sonne war fast gänzlich verschwunden und weit entfernte Sterne malten Lichter an den Abendhimmel. Ein frischer Wind wehte ihm durchs Gesicht und verschaffte ihm eine angenehm, belebende Gänsehaut. Er atmete tief ein und aus.
„Nimm meine Hand.“ Hermine streckte ihm ihre Hand entgegen. Ginny hielt die Andere.
Harry griff nach ihren Fingern und verkreuzte sie mit den seinen.
„Hier nehmt die.“, sagte er und reichte die Mäntel weiter. Als Ginny ihren entgegennahm und ihr Blick kurz zu ihm hoch wanderte, lächelte er verschmitzt. Sie blinzelte kurz und schien irritiert. Schon spürte er das bekannte Ziehen in der Magengegend.
Sie landeten inmitten einer Menschenmenge. Darunter einige Dorfbewohner, deren Gesichter man einigen vergangenen Dorfbesuchen zuschreiben konnte. Viele von ihnen schienen schon etwas zu tief ins Glas geschaut zu haben und trudelten von einem kleinen Pub zum Nächsten. Vereinzelt sah man auch bekannte Gesichter aus Hogwarts. Schüler, die die Volljährigkeit bereits erreicht hatten, liefen paarweise durch die Straßen und hielten an einigen der Schaufenster inne.
Harry hatte sich wohl in der Annahme, dass man in Hogsmeade nicht sonderlich ausgehen konnte, geirrt. Es war beinahe mehr los, als an den Mittagen, die die Schüler von Hogwarts hier verbrachten.
„Ziemlich viel los hier.“, sagte er. Sein Blick blieb an einem älteren Mann haften, der lauthals grölend im Eingang zum Drei Besen, nur wenige Meter gegenüber, verschwunden war.
„Sie feiern.“, sagte Hermine. Sie ließ Ginnys Hand los. Harrys Hand hielt sie weiterhin fest umklammert. „Feiern?“, fragte er verdutzt. Hermine blickte ihn mit argwöhnischer Miene an.
„Den Sieg über die Todesser.“
„Oh.“, erwiderte er perplex. Er blickte durch die Menge an Leuten. Die Straßen von Hogsmeade waren nur spärlich beleuchtet, also würden sie nicht groß auffallen. Plötzlich sah er, wie ein junger Mann, die Frau neben ihm anhielt und den Finger hob.
„Wir sollten dann mal los.“, sagte Harry hastig und wandte sich Hermine zu. Ihr Blick wanderte zu dem Mann und der Frau, die jetzt große Augen machte und in ihre Richtung starrte.
„Oh!“, kam es von Ginny. Sie stand auf den Zehen und blickte über die Köpfe der anderen hinweg. Offenbar schien sie fündig geworden sein. „Ich glaub, ich hab eben ein Mädchen aus meiner Stufe gesehen!“ Ihre Stimme schwang eine Oktave höher. Sie schien aufgeregt.
Harry hob die Augenbrauen.
„Viel Spaß!“, sagte Hermine breit lächelnd. Sie blickte zu Harry auf, der sie misstrauisch beäugte. Ginny nahm keine Kenntnis von ihrem Blickwechsel.
„Danke!“, sagte sie. Sie strich mit zwei Fingern durch ihre Haare und schmiegte ihre Lippen aufeinander. Dann setzte sie ein Lachen auf und machte sich auf den Weg durch die Menge.
„Ähm…warte!“, rief Harry ihr nach. „Wann treffen wir uns?“ Doch sie war bereits außer Hörweite. Ihr roter Haarschopf verdunkelte sich im Schatten der umhertaumelnden Menschen. Sie verschwand in Richtung des Drei Besen.
„Keine Sorge, sie kommt ohne uns zurück zum Fuchsbau.“, erklärte Hermine.
Jetzt fing es langsam an, Harry auf die Nerven zu gehen.
„Sag mal.“, fing er an. „Kann es sein, dass ihr mir was verschweigt?“
Hermines Miene wurde ausdruckslos. Sie versuchte eine Unschuldsmiene aufzusetzen, doch ihre Wangen verrieten sie, ebenso, wie ihre Finger, die anfingen in Harrys Handfläche umherzukratzen.
„Also…“, summte er zufrieden, über die Wirkung, die seine Frage hatte. Doch Hermine biss sich auf die Lippe und blitzte zu ihm auf. „Das geht dich gar nichts an.“ Sie streckte ihm die Zunge raus und rempelte ihn leicht an. „Komm schon, bevor dem Kerl da drüben die Augäpfel ausfallen.“ Etwas grob führte sie, ihn die Hauptstraße hinunter. Weniger Betrunkene kreuzten ihren Weg, jedoch schlenderten mehr Pärchen an ihnen vorbei.
An Schreiberlings vorbei, bogen sie in die Seitenstraße ab, in der Madam Puddifoot lag, ein kleines dampfiges Lokal, dass ein Magnet für alle Pärchen war. Nur Harry hielt lieber so weit wie möglich Abstand von dem Laden. Es hatte ihn seine damalige Beziehung zu Cho Chang gekostet. Doch als er das freudige Leuchten in Hermines Augen sah, verschwanden alle Zweifel. Es war nicht wichtig. Nur sie war wichtig.
„Meinst du, wir bekommen einen Platz?“, fragte er, als sie sich regelrecht durch die kleine Seitenstraße quetschten, denn nicht nur sie waren auf die Idee gekommen, einen Abend im Madam Puddifoot zu verbringen.
„Wenn nicht, verhex ich zwei, die uns ihren Platz gutmütig anbieten werden.“, sagte Hermine mit ernster Miene. Diese konnte sie allerdings nicht lange aufrechterhalten, da Harry leise gluckste. Sie kicherte und lehnte sich an seine Seite. Er legte den Arm um ihre Schultern und hob ihr Kinn an. Sie blickte zu ihm auf.
„Ich liebe dich. Das weißt du hoffentlich.“, flüsterte Harry sanft.
„Ich weiß.“, erwiderte sie. Ihre Lippen berührten sein Kinn und wanderten hinauf zu seinen.
Sie küsste ihn zärtlich. Als ihre Lippen sich von seinen lösten, blickte er hinab in ihr schönes Gesicht. „Und du willst mir immer noch nicht sagen, was du und Ginny verheimlicht?“
Sie lachte laut, als er die Tür zu Madam Puddifoot aufstieß.
Sie fanden noch Platz. In der hintersten Ecke des überfüllten, kleinen Lokals war noch ein Tisch, in der Nähe eines kleinen Fensters, frei gewesen. Gedeckt mit einer rosa Spitzentischdecke, einem ebenfalls rosa Tischlämpchen und einer Porzellanvase mit einer roten Rose darin. Kaum hatten sie sich gesetzt, kam auch schon Madam Puddifoot, eine stämmige Dame, herbeigetänzelt. Die aufgedrehten Locken in ihrem schwarzen Haar tanzten fröhlich auf und ab, als sie vor ihrem Tisch Halt machte. „Was darf’s denn sein, meine Lieben?“, fragte sie und zückte ihren Zauberstab und einen kleinen Notizblock mit (Harry wurde schlecht) rosa Blättern, auf denen ein großes Herz in der rechten, oberen Ecke aufleuchtete. Hermine sah wohl den hilfsbedürftigen Ausdruck in seinen Augen, griff nach der Speisekarte und übernahm die Bestellung.
„Wir hätten gern eine Flasche Holunderblütenwein und einen Teller der Blätterteigpastete.“
„Gut gewählt.“, sagte Madam Puddifoot, stupste mit ihrem Zauberstab gegen den Notizblock, woraufhin sich dieses von selbst abriss und geradewegs über den Tresen, ins Küchenfenster flog. Sie schwang den Zauberstab und mit einem leisen Plopp! landeten zwei Weingläser auf ihrem Tisch, die sich langsam mit dem bestellten Wein füllten.
Daneben die Flasche mit dem Holunderblütenwein, die bis zur Bauchmitte gefüllt war.
„Eure Blätterteigpastete kommt in wenigen Minuten.“, sagte sie strahlend. „Ich wünsche euch zweien einen wunderschönen Abend.“
Und mit diesen Worten und einem letzten Lächeln drängelte sie sich durch die Reihen an einen anderen Tisch.
„Glaubst du sie ist verheiratet?“, fragte Harry mit amüsierter Miene.
„Nein, ganz sicher nicht.“, kicherte Hermine. „Sie liebt es von Pärchen umgeben zu sein.“
Harry gluckste. Eigentlich war es ziemlich bemitleidenswert, dennoch konnte er nicht anders.
„Es ist schön, endlich mal wieder allein zu sein.“, sagte Hermine und lächelte ihn über den Tisch hinweg an. Harry legte seine Hand offen auf den Tisch. Sie legte ihre in seine Handfläche. Er schloss seine Finger um ihre warme Hand und streichelte sanft darüber.
Er erwiderte ihren Blick. „Du bist wunderschön.“
„Das liegt nur an dem Laden hier und dem ganzen Make-up, das ich aufgetragen hab.“, sagte sie, und doch erröteten ihre Wangen. „Das beeinflusst dich.“
„Da liegst du falsch, Hermine.“, sagte er mit fester Entschlossenheit.
Sie verdrehte die Augen. „Du bist hoffnungslos kitschig.“
Harry verzog die Miene. Er hatte schon viel über sich gehört, doch das hatte noch niemand zu ihm gesagt. „Ich bin kitschig?“
„Ein wenig.“, kicherte sie mit einem hämischen Grinsen. „Aber das ist niedlich.“
Harry zog die Augenbrauen zusammen. Er grinste in sich hinein, legte die Finger um den Stiel des Weinglases und hob es an. Hermine tat es ihm gleich und blickte ihn vergnügt über den Rand des Glases weg an. Sie nippte kurz am Glas, während Harry einen Schluck wegschlürfte.
Ein Rauschen über ihren Köpfen ließ sie aufschauen.
Ein großer Teller, voll beladen mit dampfender Blätterteigpastete schwebte über ihren Köpfen und wartete, bis die Vase mit der Rose, die Kerze und die Speisekarte beiseite gehüpft waren, bis er schließlich mit leichten Kreisbewegungen in der Mitte ihres Tisches landete. Besteck folgte hinterher. Mit dem Teller waren auch einige Augenpaare zu ihnen rüber gewandert. Schnell senkte er den Blick.
„Das sieht lecker aus.“, sagte Hermine und griff nach Gabel und Messer. Geschickt teilte sie die Pastete in zwei Stücke, dann häufte sie etwas auf ihre Gabel und streckte es ihm entgegen.
„Komm her.“, sagte sie vergnügt. Harry verdrehte die Augen, machte jedoch seinen Oberkörper lang und öffnete den Mund. Es hatte keinen Zweck zu protestieren, das wusste er. Er spürte die Blicke der anderen Gäste auf ihn eindrücken, doch es störte ihn nicht sonderlich, denn er war zu abgelenkt von dem Strahlen in Hermines Augen, als er brav den Mund öffnete und Hermine ihm die Gabel in den Mund steckte. Heiße Soße tropfte über sein Kinn und ließ Hermine leise kichern.
Sie legte die Gabel auf den Teller, zückte eine Serviette und beseitigte das Missgeschick.
„Das gefällt dir richtig, nicht wahr?“, fragte Harry mit einem vorwurfsvollen Grinsen.
Sie nickte mit geschürzten Lippen und fröhlicher Miene.
Die Pastete war wirklich, ziemlich lecker und während sich die Weinflasche, sowie auch der Teller nach und nach leerte und ihre Wangen allmählich einen hellen, rötlichen Schatten annahmen, verloren sich die beiden in einem Gespräch über die vergangenen paar Wochen.
„Glaubst du, wir haben uns richtig entschieden?“, fragte Hermine, die nachdenklich mit ihrer Gabel in den Überresten der Pastete umherscharrte und seltsame Linien zeichnete. „Als wir Ron und Ginny verlassen und uns in einander verliebt haben.“ Ihr Blick wanderte zu seinen leicht geöffneten Lippen. „Meinst du, das war richtig?“
Harrys Hand wanderte erneut zum Weinglas. Er nahm sich einen guten Schluck und blickt dann auf in ihr Gesicht. „Keine Ahnung. Ich glaube schon.“, sagte er milde.
„Schön.“, lachte sie. „Ich glaube auch. Ich könnte mir niemand anderen mehr vorstellen. Du bist meine Zukunft.“ Harrys Blick schnellte zu ihr auf. Sie blickte ihm direkt in die Augen. Stille.
Doch schon im nächsten Moment, fing Hermine an den Kopf zu schütteln. „Tut mir Leid, dass war ziemlich kitschig. Der Wein…“
„Was?“, unterbrach sie Harry vollkommen perplex. „Nein, gar nicht. Das war…“ Er versuchte Hermines Worte zu rekonstruieren. Das Gewicht der Schatulle, im Innern seines Umhangs, schien plötzlich ums Hundertfache anzusteigen. Er schluckte ein paar Mal.
„Alles in Ordnung?“, fragte Hermine besorgt. Harrys Herz machte einen Hüpfer.
„Was? Äh…ja.“, murmelte er benommen, von dem Adrenalin, das plötzlich durch seine Adern strömte. Seine Hände begannen leicht zu schwitzen.
„Bist du dir sicher?“, sagte Hermine misstrauisch. „Du siehst etwas nervös aus.“
„Ich muss nur kurz…“ Harrys Blick wanderte an Hermine vorbei, zur Eingangstür. „Etwas frische Luft schnappen. Mir ist nur warm.“ Er hoffte inständig, dass Hermine den Schwindel nicht durchschaute.
„Willst du, dass ich mitkomme?“
„Nein, ich bin gleich wieder da.“, wies Harry sie zurück. Er richtete sich auf, und drängte sich an seinem Stuhl vorbei in einen der engen Durchgänge. Im Vorbeigehen, küsste er Hermine etwas ungeschickt auf die Wange. Er spürte ihren Blick in seinem Nacken, umso erleichterter war, als er die Tür aufstieß und hinaus in die kalte Nachtluft ging.
Jetzt war es endgültig dunkel geworden. Sterne strahlten am Horizont und der Mond leuchtete in der Form einer abnehmenden Sichel.
Noch immer war die Seitenstraße schwer besetzt. Harry drängte sich an weiteren Pärchen vorbei, die verzweifelt auf einen freien Platz warteten. Hoffnungsvoll blickten sie an ihm vorbei, ob ihm ein Mädchen folgte, das einen freien Platz bedeuten würde. Er ignorierte ihre enttäuschten Mienen, als sie bemerkten, dass er alleine raus kam.
Er tastete sich an der Fassade des kleinen Lokals entlang, bis er zum hintersten Fenster gelangte. Er stoppte davor. Hinter dem dünnen Glas, saß Hermine.
Harry atmete tief durch. Fast automatisch wanderten seine Finger, die leicht zitterten, in die Innentasche seines Umhangs. Mit überhitztem Gesicht blickte er auf die kleine Schatulle hinab. Er ließ den Verschluss klicken und blickte hinein.
„Reiß dich zusammen.“, flüsterte er, als er den Verlobungsring seiner Mutter begutachtete, der im schwachen Licht der Mondsichel schimmerte. Sein Herz schlug schneller, womöglich schneller, als es jemals geschlagen hatte.
Eigentlich hatte er den Ring ohne absehbaren Grund mitgenommen. Oder etwa nicht? Jedenfalls hatte er das angenommen. Wieso also, war er so aufgeregt? Wollte er sie wirklich fragen? Er wusste, es war gegen jeden vernünftigen Gedanken, aber hatte Hermine nicht eben gesagt, er sei ihre Zukunft. Sollte er es versuchen?
Die schweren Regentropfen, die vom plötzlich aufgefegten Wind, gegen sein warmes Gesicht gepeitscht wurden, bemerkte er gar nicht.
War er dazu bereit? Er wusste es nicht, doch ein drängendes Gefühl engte ihm die Kehle ein, wenn er auch nur daran dachte, Hermine mit einem anderen am Altar zu sehen.
Wollte er nicht, dass sie diejenige war, die sein zukünftiges Kind in den Armen hielt?
Also, was sollte er tun?
„Da bist du ja wieder.“, sagte Hermine und lächelte zu ihm auf, als er an ihr vorbeistolperte.
„Ich hab schon bezahlt. Draußen sieht es ziemlich übel aus. Hast du die Wolken gesehen?“
Harry setzte sich, doch es fühlte sich an, als würde er auf Kohlen sitzen. Er nickte.
„Harry, du verheimlichst mir doch irgendetwas.“, sagte Hermine ungehalten. Ihre Unterlippe schob sich vor die obere und ihre Augen verfinsterten sich.
„Ich dachte, dass sollte ein schöner Abend werden.“, meinte sie vorwurfsvoll. „Harry, das von heute Morgen kann ich noch ertragen, aber wenn du weiterhin Geheimnisse vor mir hast, dann weiß ich nicht, was ich noch tun soll. Ich meine…ich liebe dich. Harry, ich liebe dich! Und ich dachte, du hättest genug Vertrauen zu mir, dass du mir nichts verschweigst. Und jetzt…“
„Willst du mich heiraten?“
Die Frage, kam wie eine Pistole. Im Innern seines Kopfes hörte er sie nachhallen. Drang, Bitte, Liebe, Sehnsucht und Hoffnung sirrten sekundenschnell durch die Atmosphäre.
Langsam hob er den Blick. Er wanderte über Hermines vor Überraschung geöffneten Lippen, die ihre weißen Zähne preisgaben. Über ihre Nase, die von ihren roten Wangen umrandet war. Und schließlich sah er in die rehbraunen Augen, die sein Leben bedeuteten.
Er sah Tränen aufquellen und über ihre langen Wimpern fließen.
Haarsträhnen fielen in ihr Gesicht. Sie zitterte.
Harrys Hand, die zu einer Faust geballt, auf dem Tisch lag, öffnete sich langsam.
In seiner Handfläche lag die Schatulle. Offen.
Der kleine, silberne Diamant reflektierte das rosa Licht der Tischlampe auf ihre beiden Gesichter. Für einen Moment schien die Welt inne zu halten.
Endlich öffnete Hermine den Mund, doch heraus kam nur ein Stottern. „W-w-wa-was?“
Jetzt oder nie, dachte sich Harry. Er stand auf und für jemanden, dem das Adrenalin durch sämtliche Sinne rauschte, bewegte er sich ziemlich ruhig und sicher.
Er ließ den Stuhl und die Tischkante hinter sich. Hermine blickte ihn fassungslos an, als er vor ihr inne hielt. Erneut Stille. Harry wusste, dass sämtliche Gesichter im Lokal auf sie gerichtet waren. Was sonst, würde diese teuflische Stille erklären.
Dann, nach einem tiefen Atemzug, ging er auf die Knie. Er sah, wie sich Hermines Mund weiter öffnete. Eine Träne tropfte von ihrer Oberlippe auf ihre Hand, die die Stuhllehne umklammert hielt.
„Hermine Jean Granger. Ich liebe dich, mehr, als du dir jemals vorstellen kannst.“
Ein Schnauben entwich seiner Kehle. Sie hatte wirklich keine Ahnung, wie sehr.
„Willst du mich heiraten und mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?“
Die Luft wich aus seinen Lungen. Er spürte das Knistern, in der Luft um sie herum. Die Augen über ihm, zogen ihn in den Bann. Da ihr Mund sich nicht bewegte, erhoffte er die Antwort in seinen Augen zu finden. Doch, schon im nächsten Moment verschwammen sämtliche Züge zu einem seltsamen Farbenspiel. Seine Augen suchten nach einem greifbaren Bild.
Er spürte einen Windhauch an sich vorbeiziehen. Er hörte ein Tor leise klicken, und er sah, weiche, glänzende Haare zur Tür hinauseilen.
Regen prasselte gegen das kleine Fenster am Tisch. Kälte durchdrang seinen Körper und umschloss sein Herz. Die Tür schloss sich. Er war allein. Sie war geflüchtet.
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Ich hoffe es hat euch gefallen! ;) Ich weiß, der Schluss wird für die/den ein oder anderen nicht schön zu lesen gewesen sein, doch ich hab noch was anderes geplant. Es wird euch gefallen, aber bis dahin dauerts noch ne Weile :) Schreibt fleißig Kommentare, als Nahrung für meine Kreativität!! Bis bald, Pat.
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