von giveMEaREASON
Hermines Sicht
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'R.A.B.!'
Harry und Ron starrten wie gebannt auf die Lettern an der Tür.
Harry keuchte vor Verwunderung, auch ich atmete schwer. Haltsuchend umklammerte Ron meinen Arm.
'Was hat das zu bedeuten?'
'Regulus Arcturus Black', wiederholte Harry. Einen Moment lang stand er reglos vor der Tür, dann wandte er den Kopf zu den Treppen und sprang, drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter.
'Harry, warte!', rief ich ihm nach. Dann folgten auch Ron und ich seinem Beispiel. Unter knorrigem Geknarre ließen wie die Treppe hinter uns und traten in das Arbeitszimmer des Grimmauldplatz.
Harry stand mit dem Rücken zu uns. Sein zerstrubbeltes, schwarzes Haar stand wirr in alle Richtungen ab. 'Hier!', rief er uns zu und wies auf den hölzernen Schreibtisch. 'Erinnert ihr euch? Als wir vor zwei Jahren alle hier aufgeräumt haben, hat Mrs Weasley die Schublade nicht öffnen können. Warum? Weil...'
'...sich ein komisches Medaillon darin befand', beendete Ron den Satz. 'Das nicht zugelassen hat, dass die Schublade aufsprang.'
'Genau! Der Horcrux war hier!', rief Harry laut aus. 'Aber wir haben ihn weggeräumt, vielleicht sogar entsorgt!'
Einen Moment lang herrschte gebannte Stille. So schnell nach unserer Flucht waren wir einem Horkrux wieder erschreckend nahe. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als würde der Hauch des Madaillons noch in der Luft liegen, fast greifbar. Eine Euphorie erfasste uns alle drei, als wir uns dem richtig bewusst wurden.
'Kreacher!', rief Harry mit seiner autoriären Stimme und gleichzeitig so energiegeladen wie nie zuvor. Er nahm die Dinge selbst in die Hand und bewies einmal mehr seine hervorragenden Führungsqualitäten, die er sich nicht eingestehen wollte.
Der Hauself landete mit einem Plopp vor seinen Füßen.
'Weißt du etwas über das Medaillon. Das Medaillon, das sich hier in dieser Schublade befand?' Harry wies erneut zum Schreibtisch.
Kreachers tennisballgroße Augen glänzten vielversprechend.
'Antworte!', befahl Harry lautstark.
Kreacher erzählte uns die Geschichte wie sein ehemaliger Hausherr den Horkrux hier unterbrachte. Zwar musste Harry dem Hauself so einiges aus der Nase ziehen, doch allmälich kam er in einen Redefluss und sprach von den Folgen. Als er fertig war, wechselten Harry, Ron und ich einen bedeutsamen Blick.
'Mundungus hatte es also zuletzt', schloss Harry. Kreacher nickte unterwürfig. 'Und hat es an eine Minesteriumsfrau verkauft. Wie sah sie aus?'
'Sie war etwas rundlich, klein und hat nur Kleidung in der Farbe Rosa getragen', antwortete Kreacher mit erinnerungsgetrübtem Blick, als würde dieses Ereignis schon so lange zurückliegen, dass er Mühe hatte die Erinnerung wieder hervorzurufen. Damit beschrieb er unwissend ziemlich treffend Dolores Jane Umbridge, unsere frühere verhasste Lehrerin und Großinquisatorin Schrägstrich erste Untersekräterin des Zauberminesteriums.
'Gut, mehr müssen wir nicht wissen', sagte Harry abschließend und entließ Kreacher, der betont langsam den Raum verließ und uns argwöhnisch anstarrte.
Als er außer Hörweite war ergriff Harry wieder das Wort.
'Wir wissen, was zu tun ist.'
'Das ist riskant', hauchte Ron und verzog die Mundwinkel zu einer Unheil erwartenden Grimasse. Ich konnte es ihm nicht verübeln, denn auch ich spürte ein undefinierbares schwummriges Gefühl.
'Wir müssen aber an das Medaillon kommen', beharrte Harry und seine Überzeugungskraft war nicht nötig um uns die Notwendigkeit dieses Schrittes vor Augen zu führen.
'Voldemort tötet immer mehr Menschen während wir hier herumsitzen!'
Mit seiner Hand berührte er fahrig seine Blitznarbe. Das Zeichen, das ihn in diese Geschichte verwoben hatte. Sein komplettes Leben hatte er auf diese Aufgabe hingearbeitet. Jetzt war offensichtlich, dass dies unsere einzige Chance war.
'Wenn wir hineingelangen wollen, sollten wir uns genauere Pläne des Minesteriums besorgen', ergänzte ich, jetzt da ich meine Stimme wiedergefunden hatte. Meine vorübergehende Sprachlosigkeit war wie weggeblasen und ich verknüpfte meine Gedankengänge eifrig. Mein Kopf rauchte. Unser Gespräch kreiste nun um ein Thema.
Das Eindringen in das Zauberminesterium.
Wir setzten uns zusammen. Und diskutierten. Stundenlang. Doch keinen Moment lang verloren wir diesen neu gewonnenen Kampfgeist. Die Euphorie, die über uns einbrach, steigerte meinen Puls. Aufgeregt unterhielten wir uns.
Über das Gebäude, Sicherheitspersonal, Vielsafttrank, Abteilungen, Umbridge, den Tarnumhang, Illusionierungszauber, Personalkontrollen und alles andere was uns helfen oder aber uns gar zum Verhängnis werden könnte.
'Es ist kompliziert alles im Voraus zu planen. Wir können nicht mit jedem möglichen Zwischenfall rechnen, deswegen brauchen wir eine Tarnung, die hieb- und stichfest ist, also bei Kontrolle unsichtbar bleibt.'
'Aber wenn wir uns alle unter den Tarnumhang zwängen, wie sollen wir dann Umbridge suchen? Es ist zu umständlich, wenn wir sozusagen nichts berrühren können, sonst rutscht der Umhang hinunter und dann war's das mit der Tarnung', bedachte Ron meinen Einwand.
'Ich meinte aber gar nicht den Tarnumhang, Ronald', entgegnete ich wiederum belehrend.
Ich öffnete die kleine perlenbesetzte Tasche und zog ein Kästchen heraus. Schweigend öffnete ich den verchromten, glänzenden Verschluss, hob den Deckel an und gab den Blick auf neun oder zehn kleine Phiolen frei. Allesamt gefüllt mit dem ekligen, schlammigen, wabernden Gesöff, dass wir all zu gut kannten.
'Fragt mich nicht wie ich daran gekommen bin. Das Schmuggeln von Vielsafttrank ist schwer genug.'
Ron und Harry betrachteten mich argwöhnisch und verwundert, wie damals im dritten Schuljahr, als ich Malfoy einen festen Schlag ins Gesicht verpasst hatte. Aber auch diese spezielle, schelmische Bewunderung lag darin, die sie immer an den Tag legten wenn ich irgendwelche Regeln brach oder etwas in der Art.
'Wir benutzen also Vielsafttrank. Zwar haben wir dann ein Zeitlimit, aber es ist eine nicht nachweisbare Tarnung', schlussfolgerte Harry richtig.
'Dann müssen wir uns Minesteriumsmitarbeiter schnappen. Am besten bevor sie das Minesterium erreichen', fügte Ron hinzu.
'Genau das hatte ich mir überlegt', pflichtete ich bei. 'Wir überwältigen ein paar ahnungslose Minesteriumsmitarbeiter, schocken sie, sperren sie weg und zupfen uns ein Haar von ihnen, dass wir dann für den Vielsafttrank und unsere neue Identität verwenden.'
Besorgt runzelte ich die Stirn.
'Das ist doch nicht kriminell oder?'
'Du meinst, nicht krimineller als alles andere? Wir verstoßen sowieso gegen sämtliche Regeln. Ich wette wir drei sind im Moment die meistgesuchtesten Zauberer Englands', entgegnete Ron.
Zähneknirschend ließ ich den Gedanken fallen. Ron hatte Recht.
'Aber was ist, wenn die von ihrem Schock erwachen? Vielleicht schaffen sie es dann alles zu vermasseln', äußerte Harry nachdenklich.
Ron rieb sich grüblerisch das Kinn. 'Wir müssten sie dauerhaft außer Gefecht setzen.'
'Oder wir verabreichen ihnen ein paar von Fred und George's Kotzpastillen. Dann sind sie zu krank um zur Arbeit zu erscheinen oder sich zu befreien.'
'Ja, gute Idee Mine', lobten Ron und Harry wie aus einem Munde.
'Aber wir müssen uns die Umgebung noch genau ansehen. Die Pläne studieren, nach dunklen Gassen oder toten Winkeln Ausschau halten', setzte Harry hinzu.
Ron und ich nickten bestätigend.
Die nächste Woche verbrachten wir damit, uns die Details rund um das Minesterium anzusehen und genauestens zu untersuchen. Abwechselnd apparierten wir in Zweier-Teams vor die Schwelle des Minesteriums und begannen die Gegend auszukundschaften. Selbstverständlich durch den Tarnumhang unsichtbar für ungebetene Beobachter. Besonders Ron war eine große Hilfe. Da sein Vater in einer der Abteilungen arbeitete, konnte er uns mit reichlichen Informationen und Einzelheiten versorgen. Er kannte das Innere des Minesteriums fast so gut wie die Gänge Hogwarts'. Nach ein paar Tagen, fanden Harry und ich einen dunklen Verschlag in einer alten, vergilbten Fabrikwand. Auf der weißen Wandfläche war in großen geschwungenen, giftgrünen Lettern ein Firmenname aufgedruckt. Mosby and Grent. In dem Buchstaben n, direkt unter dem Bogen dieses Konsonanten befand sich eine Tür. So unscheinbar, dass wir sie nur durch Zufall entdeckten. Harry lehnte gedankenverloren an der Fabrikwand und spürte das kühle Eisen unter hinter seinem Tarnumhang. Durch Glück beflügelt nutzen wir die Chance. Die schwere Eisentür, die wir magisch öffneten, führte in einen kleinen staubigen und unbenutzen Lagerraum. Rund 250 Meter vom Eingang des Minesteriums entfernt. Hier könnten wir Angestellte vorzeitig abfangen und wegsperren - der perfekte Ort.
Wir beschlossen am Montag das gewagte Mänover zu wagen. Ein Einbruch in das Minesterium schien beängstigend, doch uns erfasste Zuversicht nach der langen Planung. Das Wochenende verbrachten wir ruhig und schweigsam. Wir fokussierten uns voll und ganz auf das bevorstehende Abenteuer.
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Am Sonntag Abend holte mich dann doch die Nervosität ein, die die letzten Tage lang immer fern geblieben war. Wir hatten nur noch eine Nacht, dann war es soweit.
Auch wenn Harry es nicht zugeben wollte, ich wusste, dass seine Narbe wieder entsetzlich brannte. Mein nervöses Gemüt beruhigte dies keineswegs. Mehrmals am Tag verschwand er mit verzerrtem Gesicht im Badezimmer und jedes Mal zuckte ich erneut zusammen. Dass er keine Okklumentik erlernt hatte, würde ihm noch zum Verhängnis werden auch wenn er darauf beharrte, dass es Vorteile hatte. Er konnte auch in Voldemorts Geist eindringen, aber zu welchem Preis?
Ron bemerkte ebenfalls, dass mit Harry etwas nicht stimmte und dass damit ein Teil meiner Nervosität verbunden war.
Diesen Abend rieb Harry sich erneut seine Blitznarbe und entschuldigte sich bei uns, ehe er sich wieder verdrückte und seine Stirn gegen die geflieste Wand im Badezimmer lehnte und versuchte den Schmerz zu lindern. Ron strich mir über die Schulter. Ich wusste, er wollte mich beruhigen und war ihm dankbar dafür, doch es war leider keine große Hilfe.
Trotz seiner brennenden Narbe, schaffte Harry es, mir das Gefühl zu geben, er beobachtete mich. Ich wusste nicht wirklich ob sein Blick nur zufällig auf mir lag, aber dennoch machte es mich nervös. Erneut schien sein Blick auf mir zu ruhen und ich glaubte etwas wie Sorge darin zu erkennen. Sorge? Kein gutes Zeichen. Fahrig wanderte meine Hand durch mein zerzaustes Haar und ich wandte den Blick ab, um Harry nicht länger ausgesetzt zu sein.
Die schweigsamen letzten Tage ließen mir Freiraum für Gedanken an Ryan. Ich ertappte mich dabei, wie ich bernsteinfarbene Augen sah, egal wohin ich blickte.
Selbst in meinen Träumen war ich nicht sicher vor dem brennenden Blick.
Ein Traum, wiederholte sich immer wieder. Haftete wie Kaugummi in meinem Unterbewusstsein und ich wurde jede Nacht erneut von ihm heimgesucht. Es war wahrhaftig ein Albtraum.
Es begann jedes Mal mit einem düsteren Wald und endete jedes Mal mit Dunkelheit, oder besser gesagt mit einem undurchdringlichen Nichts.
Dabei sind es eigentlich nur Traumfetzen, die mir sinnlos aneinander gereiht erscheinen.
Ich sah Askaban mitsamt Dementoren. Ihre leeren Gesichter ohne Augen schwebten bedrohlich nah an einer Person. Ryan. Ein Stich genau in mein Herz machte das Atmen zu einer Qual. Und jedesmal wenn sie sich ihm näherten, wirkte er lebloser. Eingefallen und schutzlos. Und umso schlimmer war der Schmerz.
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Erneut schüttelte mich der Traum wach.
Schweißgebadet richtete ich mich auf. In Erinnerung an das altbekannte Augenpaar seufzte ich und rieb mir noch verschlafen meine Augen. Ron bedachte mich mit einem Seitenblick. 'Alles in Ordnung?'
Ich nickte, aber mein schreckensstarrer Blick sprach für sich und selbst der unsensible Ron merkte dass etwas nicht stimmte.
'Du bist ganz bleich. Schlecht geträumt?'
Ich nickte erneut, diesmal auf Ehrlichkeit bedacht. Es war fast wie im Traum. Auch jetzt fehlte mir meine Stimme.
Ron rückte an mich heran und legte einen Arm um meine Schultern.
'Möchtest du darüber reden?'
Das wäre wohl die schlechteste Idee, die ich haben könnte. Ron würde wohl wenig Verständnis dafür zeigen, wenn ich ihm erzählte dass Ryan in meinen Gedanken eine große Rolle spielte. Für einen Moment fragte ich mich, ob ich ihm nicht sagen sollte, dass er unschuldig war. Dass ich überzeugt davon war. Doch den Gedanken verwarf ich wieder.
'Nein', lehnte ich ab und riss mich von seiner Hand los.
'Denk dran, wir müssen gleich los!', rief er mir nach als ich im Badezimmer verschwand.
Ich wollte gerade mein Gesicht waschen, da ertönte Harrys Stimme hinter mir.
'Du hast Glück dass Ron schnarcht.'
Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich um. In der Badewannennische hockte Harry. Ich konnte erraten dass der Schmerz seiner Narbe ihn wieder hierhin gebracht hatte. Aber er sah nicht erschöpft aus wie es sonst immer der Fall war, wenn er versuchte das Ziehen in seiner Stirn zu kühlen.
'Was meinst du?', fragte ich völlig perplex.
Harry erhob sich langsam. Sein smaragdgrüner Blick lastete auf mir.
'Du murmelst ihm Schlaf Hermine. Ron kann es vielleicht überhören, aber ich bemerke es.'
Mein Herz setzte aus. Dann pochte es mit voller Wucht in meinem Hals. Ich fühlte mich dem Bersten nahe. Der Groschen fiel mit voller Wucht.
'Was ist mit Ryan, Hermine?'
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KOMMIS!!!!!!!!!!!!!!
g.M.a.R.
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