von mia.winchester
Das Land, das am Fenster vorbeiflog, war nur noch ein weißer Lichtschwaden. In der Scheibe spiegelte sich Bellatrix' verhärtetes Gesicht. Starr und ohne wirklich hinzusehen, schaute sie nach draußen. Andromeda wusste nicht, woran sie dachte. Früher hatte sie oft erraten können, was im Kopf ihrer Schwester vorging. Jetzt war sie ihr fremd, auch, wenn sie genau wie immer, im selben Abteil, am selben Platz saß und die gleichen Süßigkeiten auf dem Schoß verteilt wie immer.
Narzissa saß zum ersten Mal bei einer Fahrt im Hogwarts-Express nicht bei ihnen, sie war in einem Abteil mit Lucius Malfoy und einigen anderen Drittklässlern. Wäre sie da gewesen, wäre es Andromeda vielleicht ein weing leichter gefallen, zu atmen. Sie hielt es kaum aus auf so engem Raum mit dieser Fremden zu sein. Sie verfluchte sich dafür, dass es ihr so erging, und zwang sich immer wieder, Bellatrix' Spiegelbild ein Lächeln zu schenken, aber das erwiderte es nicht. Also sah sich Andromeda ihr eigenes Spiegelbild im Fenster an, was dem von Bellatrix so ähnlich gewesen war. Jetzt konnte sie keinen ihrer Züge mehr darin erkennen.
Andromeda grub ihr Gesicht in ihren kratzigen Schal und weiß wurde zu schwarz. Für den Rest der Fahrt fiel sie in einen ruhigen, traumlosen Schlaf.
Seit jeher feierten die Blacks ihr Weihnachtsfest im Hause ihrer Ahnen. Der Grimmauldplatz Nr. 12 besaß ein Zimmer, dessen Wände bis zur Decke mit dem Stammbaum der Familie geschmückt waren. Hier hatten die meisten ihrer Vorfahren gelebt und neben den Gärten der Rosiers war dies der Ort, an dem die Black-Schwestern den größten Teil ihrer Kindheit verbracht hatten. Als sie vor zwei Tagen für die Ferien heimgekehrt waren, hatten sie bloß ihre Koffer in ihre Zimmer daheim geworfen und waren sofort durch den Kamin hierhergekommen.
In dem sonst so dunklen und kalten Haus herrschte weihnachtlichen Wärme, die Decken waren mit goldschimmernden Fäden geschmückt und es duftete nach Zimtplätzchen, die ganz sicherlich von Großcousine Lucretia stammten. Sie war eine begnadete Köchin und es war eine Schande, dass sie und Onkel Ignatius keine Kinder hatten, an die ihre Kunst vererbt hätte werden können.
Andererseits war das laut Druella und Walburga, den Tratschweibern der Familie, wiederum doch nicht allzu schlimm, auf Gefahr hinaus, dass die Kinder von Ignatius Prewett denen seines Bruders glichen: Mit den milchgesichtigen Rotschöpfen der Prewett-Familie wollte niemand etwas zu tun haben. Ignatius wurde im Hause Black nur geduldet, weil sein Blutstatus hervorragend und sein Einkommen beim Ministerium hoch genug war, um Bedeutsames zur Familienkasse der Blacks beizutragen.
Cygnus hatte seine Töchter nach dem ersten Halbjahr in Hogwarts stolz zu Hause empfangen. Hervorragende Zensuren wie immer, und allesamt sahen sie schön und gesund aus. Bis auf Andromeda, welche ihm furchtbar blass erschienen war. Allerdings war Cygnus Black nicht die Art von Mann, der sich seine Töchter zur Seite nimmt und auf den Schoß setzt und mit ihnen über ihre Probleme spricht und versucht, ihnen mehr Freund als Vater zu sein. Es war ihm schwer genug gefallen, zu akzeptieren, dass seine Frau ihm keinen männlichen Nachkommen schenkte und er war froh, dass seine Töchter in ihrer Entwicklung aus dem Gröbsten raus waren. Solange sie hübsch aussahen und später gut heirateten, um nicht wie seine verschrobene alte Tante Cassiopeia zu enden, sollte er glücklich sein.
Narzissa konnte die Verwandheitsgrade der vielen Menschen, die sich am Weihnachtsabend im Grimmauldplatz Nr. 12 einfanden, nicht im Geringsten aufzählen. Ihre Familie bestand aus edel aussehenden Hexen und Zauberern mit ernsten Gesichtern, die für die Erhaltung ihres reinen Blutes sogar untereinander geheiratet hatten. So war Tante Walburga doch die Cousine zweiten Grades ihres Ehemannes Orion, worüber sich Narzissa mit Andromeda nicht selten das Maul zerrissen hatte.
„Das ist beinahe, als müsste ich Sirius heiraten.“, hatte sie kichernd geflüstert.
Ihre Cousins mit den strubbeligen schwarzen Haaren waren einige Jahre jünger als Narzissa und doch das einzige, worauf sie sich an diesem Weihnachtsfest freute. Sie hatte nicht nach Hause fahren wollen, jetzt, wo sie zum ersten Mal Freunde auf Hogwarts gefunden hatte.
Freundenstrahlend stürzten sie ihr entgegen, als sie Sirius' Zimmer betrat.
„Zissy!“, rief Regulus und fiel ihr als erster um den Hals. Sirius hielt sich erst im Hintergrund, konnte dann aber auch nicht mehr warten und landete in einer stürmischen Umarmung mit Narzissa fast auf dem Boden. Trotzdem fragte er sogleich nach Andromeda. Seit jeher war sie seine Lieblingscousine gewesen. Man konnte ihnen die Verwandtschaft auch tatsächlich ansehen. Als Sirius noch kleiner gewesen war, hatte Andromeda stets auf ihn aufgepasst. Für sie war sie immer der kleine Bruder gewesen, den sie sich vielleicht statt Narzissa gewünscht hatte. Früher war diese deswegen immer neidisch gewesen, aber inzwischen hatten Altersunterschied und Vernunft dazu geführt, dass auch sie Sirius und Regulus wie kleine Brüder behandelte. Auch, wenn Sirius mit seinen zehn Jahren schon so groß geworden war, dass er Narzissa beinahe um einen Kopf überragte.
„Dro ist unten und hilft Lucy beim Backen.“, erklärte Narzissa und sofort stürmte er an ihr vorbei die Treppe hinunter.
„Zissy!“, lachte Regulus wieder. „Was schenkst du mir zu Weihnachten?“
„Das verrate ich dir doch jetzt noch nicht!“, entgegnete Narzissa. Wie jedes Jahr hatte sie reichlich im Honigtopf eingekauft, um ihren kleinen Cousins eine süße Freude zu machen.
„Aber ich bin mir sicher, dass es dir schmeckt.“, fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu. Regulus riss erstaunt die Kinderaugen auf und wusste genau, was Narzissa meinte.
„Hurra!“, rief er und umarmte sie erneut.
„Was ist denn hier los?“, fragte eine vertraute Stimme hinter Narzissa. Sie drehte sich um und sah in das Gesicht ihrer Mutter. „Hier wird aber nicht verraten, was es zur Bescherung gibt!“
„Nein nein, Tante Druella!“, lachte Regulus.
Dann wurde das Gesicht der schönen Frau ernst. „Regulus, such doch mal deinen Bruder, ja?“
Ohne ein weiteres Wort rauschte der Junge aus dem Zimmer und ließ Mutter und Tochter alleine.
„Mum, was ist los?“, fragte Narzissa unsicher. Nur selten hatte sie in ihrem Leben einmal mit Druella unter vier Augen gesprochen. Alle vertraulichen Gespräche, die andere Mädchen mit ihren Müttern führten, hatte sie mit ihren älteren Schwestern geführt. Und diese wiederum hatten zugegeben, dass auch sie nie das gewöhnliche Vertrauen zu ihrer Mutter hatten schöpfen können, dass man als Mädchen eigentlich haben sollte. Sie hatten in ihrer Kindheit mit Lucretia gekocht und gebacken, mit ihrer Großmutter Ausflüge gemacht und Großtante Dorea ihre Sorgen anvertraut. Druella Rosier hatte sich selbst nie in der Lage gesehen, eine aufopfernde Mutter zu sein, weswegen sie es nie versucht hatte. Sie liebte ihre Töchter, ohne Frage, aber alles, was sie an ihnen liebte war das, was sie von sich in ihnen wiedererkannte. Ab und zu werden Menschen geboren, welche sich ihr Leben lang nur um sich selbst und niemanden sonst kümmern, und Druella Rosier zählte zu dieser Art Mensch. Dennoch hatte sie bemerkt, dass eine ihrer Töchter nicht ganz wohlauf zu sein schien.
„Stimmt etwas nicht mit Andromeda?“, fragte sie.
„Was?“ Narzissa Stimme überschlug sich. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie ihrer Mutter von der seltsamen Stimmung zwischen ihren Schwestern erzählen sollte, aber dann sagte sie: „Nicht, dass ich wüsste.“
Und das genügte Druella. Mit dem Gefühl, ihre Pflicht erledigt zu haben, drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ Narzissa mit einem unguten Gefühl im Bauch im Kinderzimmer ihres Cousins zurück.
Charis und Caspar hatten dieses Jahr eigenhändig in Muggelwäldern einen Truthahn geschossen, wenn auch mit einem einfachen Todesfluch. Diesen schob Lucretia jetzt in den Ofen. Dann griff sie eine große Schale herrlich duftener Zimtgebäcke und reichte sie, welche sie an ihren Mann Caspar weitergab. Leider bestand keine große Chance, dass er sie an jemand anderen gab, denn Caspar glich einem überdimensionalen Quaffel und war stets bemüht, sein Körpervolumen noch zu erweitern.
„Das ist das beste Weihnachtsfest aller Zeiten!“, sagte Regulus. Wie jedes Jahr.
Andromeda hatte sich mit Sirius in dessen Zimmer zurückgezogen, um ein wenig mit ihm zu spielen. Als sie eingetreten war, hatte sie Narzissa vorgefunden. Blass, mit bebenden Lippen.
„Alles gut mit dir, Zissy?“, hatte sie gefragt. Narzissa hatte den Kopf geschüttelt und war gegangen. Am Türrahmen hatte sie gesagt:
„Es wird immer schlimmer.“
Diese vier Worte hatten sich in Andromedas Fleisch gehoben wie Axtschläge und sie konnte kaum ein freundliches Gesicht für ihren Cousin aufsetzen, als der mit einer Kiste Bausteine aus Erumpentknochen auf sie zukam und sie dazu aufforderte, mit ihm Hogwarts nachzubauen.
„Nächstes Jahr“, sagte er mit kindlicher Aufregung in der Stimme, „komme ich auch nach Hogwarts. Bist du dann noch da, Dro?“
„Ja, ich bin dann in meinem letzten Jahr, Sirius.“, erklärte sie mit traurig belegter Stimme. Es war ein furchtbares Gefühl, von fröhlich pochenden Herzen umgeben zu sein, wenn das eigene nicht mehr im richtigen Takt schlug.
„Schade! Aber du zeigst mir doch alles, oder? Die Geheimgänge und,-“
„Ganz ruhig. Es ist verboten, die Geheimgänge zu benutzen, du Räuber.“ Mechanisch stupste sie den schwarzgelockten Jungen an. „Und außerdem weiß ich nicht einmal, wo die alle liegen.“
„Das finde ich raus.“, erklärte Sirius. „Ich finde alle Geheimgänge in ganz Hogwarts.“
„Du bist ja ganz schön aufgeregt, was?“
„Oh ja. Ich freue mich auf Hogwarts wie ein Hauself über Kleider.“ Sirius lachte laut über seinen eigenen Witz und Andromeda stimmte gezwungenermaßen mit ein.
„Weißt du schon, in welches Haus du kommen willst?“, fragte sie und schaute auf den Erumpentknochen, den sie seit Minuten in der Hand drehte.
„Slytherin!“, sagte Sirius voller Euphorie. „Was sonst?“
„Ja, da hast du Recht. Schließlich ist die ganze Familie in Slytherin. Da wäre es ein Unding, wenn du aus der Reihe fallen würdest, oder?“ Sie konnte die Ironie in diesem Satz nicht verbergen und hoffte nur, dass Sirius sie nicht verstand. Doch seine glänzenden Augen verengten sich und er vergewisserte sich, dass seine Zimmertür zu war, ehe er sagte:
„Ich weiß, das darf auf keinen Fall passieren. Ich habe schreckliche Angst, dass ich nicht nach Slytherin komme. Andererseits... Ich weiß nicht, Dro. Ich habe da drüber nachgedacht und um ehrlich zu sein finde ich nichts Schlimmes daran, ein bisschen anders zu sein.“ Wie er das sagte, mit seiner so ernst klingenden Kinderstimme und als hätte er mit dieser Erkenntnis die Entdeckung seines Lebens gemacht, rührte es einen wunden Punkt in Andromedas Seele.
„Jetzt verrate ich dir mal was“, sagte sie leise. Es war, als würde sie nur für Sirius so tun, als handele es sich dabei um ein Geheimnis, aber in Wirklichkeit hatte sie tatsächlich noch keiner Menschenseele davon erzählt. Ihr Puls beschleunigte sich. „Als ich vor sechs Jahren den Sprechenden Hut aufgesetzt bekam, weißt du, was der da gesagt hat?“
„Slytherin natürlich.“, sagte Sirius leise. „Oder?“
„Ja, doch. Er hat Slytherin gesagt. Er hat mich nach Slytherin geschickt. Und weißt du auch, warum?“
„Weil du da hingehörst, wie jeder Black.“, erklärte Sirius. „Und wie ich auch. Ist doch klar.“
„Du irrst dich.“, flüsterte Andromeda. „Er hat mich nach Slytherin geschickt, weil ich ihn darum gebeten habe.“
„Der Sprechende Hut nimmt Wünsche an?“ Sirius Augen weiteten sich. „Das ändert doch auch nichts. Ich wünsche mir doch, nach Slytherin zu kommen.“
„Gut möglich, und das ist wahrscheinlich auch richtig so. Schließlich wollte ich es auch. Und ja, wenn es dir wirklich wichtig ist, nimmt er deinen Wunsch an. Aber das Entscheidende kommt noch, Sirius, hör gut zu.“
„Was, Dro?“ Sirius hing an den Lippen seiner Cousine, starrte gebannt in ihr angespanntes Gesicht. Er merkte, dass sie Schwierigkeiten hatte, übers Herz zu bringen, das folgende zu sagen.
„Er hat gesagt, dass ich nicht nach Slytherin gehöre. Als ich ihm sagte, wie wichtig es mir sei, nach Slytherin zu kommen, hat er gesagt, dass es dumm von mir ist, nach etwas zu streben, wonach ich einzig und allein um des Namens wegen strebe. Nach Slytherin zu kommen, nur, um in Slytherin zu sein, hat den selben Effekt wie Kapitän der Quidditch-Mannschaft zu werden, ohne überhaupt Quidditch spielen zu können. Verstehst du?“
Sirius nickte. „Wo wollte er dich hinstecken, Dro?“, fragte er.
„Warte noch.“, sagte sie. „Die Geschichte geht weiter. Ich habe ihm gesagt, dass es wegen meiner Familie ist, und er hat gesagt, er kennt diese Familie sehr wohl. Er hat mir erzählt, dass er seit Jahrhunderten auf den Black'schen Köpfen ruht und in ihre Seele blickt und erkannt, dass die meisten von ihnen nach Slytherin gehören.“
„Er hat sie auch alle nach Slytherin geschickt, Dro.“, sagte Sirius mahnend. „In unserer Familie war niemals jemand in einem anderen Haus als Slytherin.“
„Ja, aber was, wenn nicht sie nicht selten auch darum gebeten haben, um der Ehre und der Tradition willen?“ Andromeda lächelte Sirius an und er riss vor Erstaunen den Mund auf.
„Gute Überlegung.“, gestand er ihr zu.
„Jedenfalls flüsterte der Hut mir ins Ohr, dass es ab und zu vorkommt, dass er sich unsicher ist, in welches Haus ein Schüler gehört, weil er etwas Besonderes in ihren Köpfen sieht, was sich in kein Bild schieben lässt. Und da lässt er ihn entscheiden. Er hat mir gesagt, dass ich etwas in mir trage, was er durchaus bei so einigen meiner Familienmitglieder gesehen hat, dann aber auch etwas, was nicht zum Muster zu passen scheint. Verrückt, oder?“
Sirius nickte gebannt und Andromeda fuhr fort: „Da habe ich ihm umso flehentlicher zugeflüstert, dass er mich doch bitte nach Slytherin lässt. Aber er hat gesagt, dass er sich bei mir eigentlich gar nicht unsicher ist. Er sagte, er weiß, in welches Haus ich gehöre, und es ist nicht Slytherin.“
„Welches Haus, Dro, welches Haus?“, drängte Sirius. Schließlich gab Andromeda nach.
„Gryffindor.“, flüsterte sie, aber das mit einer solchen Kraft, dass es den ganzen Raum zu erfüllen schien.
„Ehrlich?“
„Ja, ehrlich. Er hat mir zugeflüstert, dass ich nach Gryffindor gehöre. Ich wollte das nicht wahrhaben. Ich meine, es ist nichts Schlimmes daran, ein Gryffindor zu sein. Wirklich, ich kenne keinen Gryffindor, mit dem man sich nicht verstehen könnte. Außerdem waren Godric Gryffindor und Salazar Slytherin gute Freunde. Sie waren gar nicht so unterschiedlich. Beide Häuser stehen für starke Persönlichkeiten und Macht. Wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Aber ich wollte nicht nach Gryffindor. Aus dem selben Grund, weswegen du auch unbedingt nach Slytherin willst, flehte ich ihn an, mich dorthin zu schicken.“
„Das tat er dann ja auch.“, sagte Sirius.
„Ja, das tat er. Aber glaub mir, ich musste wirklich lange bitten und betteln. Die ganze große Halle hat mich angestarrt, weil ich den Hut so lange aufbehielt. Aber dann gab der Sprechende Hut nach und alles war, wie es sein sollte.“
Sirius schwieg und ließ das eben Gesagte auf sich wirken. Andromeda hatte von ihrer eigenen Geschichte gefesselt so fest auf den Erumpentknochen gedrückt, dass er schmerzliche Abzeichnungen in ihren Handflächen hinterlassen hatte.
„Dro?“, fragte Sirius schließlich.
„Ja, Sirius?“
„Es ist gut, dass du in Slytherin bist, oder?“
„Ja. Ich denke, ich hatte Recht mit meiner Entscheidung.“ Aus irgendeinem Grund zweifelte sie plötzlich ihre eigenen Worte an. Teds Gesicht flammte vor ihrem inneren Auge auf und versetzte ihr einen scharfen Stich in den Magen. „Weißt du...“, begann sie, „Es geht nicht darum, was die Anderen sagen. Es geht darum, was du sagst. Und darum, was du willst. Du findest heraus wer du bist, indem du Entscheidungen triffst.“
Sie sagte diese Worte, als sollten sie Sirius dazu ermutigen, sich für seine Sortierung nach Slytherin einzusetzten. Aber eigentlich meinte sie damit das völlige Gegenteil. Sie wollte nicht, dass sich ihr Cousin solche Gedanken darum machte, wie er in der Familie dastehen würde, wenn er sich als etwas Besonderes erweist. Als anders. Sie wollte, dass es ihm gut ging, als die Person, die er war. Und das wollte sie auch für sich selbst. Was sie hier versuchte war, ihren inneren Kampf zu rechtfertigen: Die Gedanken an Ted im Gegensatz zu ihrer Vernunft, der sich anbahnende Streit mit ihrer Schwester, die Angst, verraten zu werden oder bereits verraten worden zu sein. Sie musste sich selbst Mut machen, um nicht an all diesen Gefühlen zu Grunde zu gehen. Sie musste sich selbst Mut machen, einfach das zu tun, was sie selbst sich sagte. Wie vor einer Woche im Wald, als sie Ted den Kuss abverlangt hatte. Doch schaffte sie es, so eine Willenskraft im gesamten Leben aufzubringen?
„Andromeda?“, fragte Sirius und weckte sie aus ihren wirren Gedanken. „Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Ich glaube, ich weiß, wie ich auf mich selbst höre und meinen Willen durchsetzen kann.“
Sein kleines Gesicht wurde weich und einfühlsam. Er blickte ihr tief in die Augen. Dann holte er tief Luft und fragte:
„Aber weißt du das auch?“
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