von mia.winchester
„Da bist du ja!“ Ehe Andromeda erkennen konnte, wer dort aus der Dunkelheit hervorsprang, hing diese Person ihr schon am Hals, küsste sie und drückte sie fester, als es ihr lieb war. Ted.
„Ich habe dich gesucht.“, sagte er. „Wo warst du?“
Einen Moment lang überlegte Andromeda, ob sie ihm von der fragwürdigen Begegnung mit ihrer Schwester auf den Länderein erzählen sollte, aber sie schüttelte den Kopf und sagte: „Bloß draußen. Nicht so wichtig.“
Ted hob prüfend die dichten Augenbrauen. „Geht es dir auch ganz sicher gut?“, fragte er.
„Ja.“, sagte sie. „Einigermaßen.“
„Ich kann verstehen, dass dich das alles mitnimmt. Ich will dich nicht anlügen. Wenn du doch lieber mit deinen Schwestern,-“
Statt ihn ausreden zu lassen, drückte Andromeda Ted einen innigen Kuss auf die Lippen.
„Nein.“, sagte sie, als sie sich wieder von ihm löste. „Das hier ist das, was ich will. Du. Und die Freiheit.“
Sie ignorierte das Ziehen ihres Magens und blinzelte die Tränen weg, die ihr in die Augen stiegen, wann immer das verzweifelte Gesicht von Bellatrix oder der kalte, leere Ausdruck im Gesicht von Narzissa vor ihrem inneren Auge aufleuchtete.
„Lass uns wieder auf den Ball gehen.“, sagte sie. „Und lass uns ein bisschen tanzen.“
Ted lächelte, griff Andromedas Hand und drückte sie ganz fest. „Ich liebe dich.“, sagte er. Und er meinte es so. Aus seinem Mund klangen jene Worte wie die Wahrheit und Andromeda senkte den Kopf, um zu verstecken, dass eine einzelne Träne es geschafft hatte, auszutreten und sich den Weg ihre Wange hinab zu bahnen.
Lucius wippte von einem Bein auf das andere. Die große Standuhr am Buffet verriet, dass es nicht mehr allzu lange bis Mitternacht war. Sein Blick huschte immer wieder zu den Lestrange-Brüdern. Würden sie aufbrechen, würde auch er sich auf den Weg machen. Das heute Nacht würde etwas ganz großes, ganz besonderes werden. Wenn er sich auch ein wenig fürchtete.
„Mr Malfoy!“, lallte eine altbekannte Stimme.
Lucius wirbelte herum und sah Professor Slughorn auf sich zutorkeln.
„Professor.“, sagte er, bemüht, nicht allzu herablassend zu klingen.
„Mr Malfoy.“, wiederholte Slughorn wieder und ließ sich auf den freien Stuhl neben ihm fallen. Narzissa, die beiden gegenüber saß, konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Professor.“, wiederholte auch Lucius.
„Wieso schwingen sie nicht das Tanzbein, Mr Malfoy?“, fragte Slughorn. „Gefällt ihnen di Musik nicht? Soll ich vielleicht etwas anderes spielen lassen? Sie sollten sich amüsieren.“
„Das tue ich.“, log Lucius. „Und ohnehin tanze ich nicht sonderlich gerne.“
„Äußerst bedauerlich.“, bemerkte Slughorn. „Vor allem für ihre Begleitung.“
Er zwinkerte Narzissa zu.
„Oh, nein, Sir.“, sagte diese rasch. „Ich tanze ebenso wenig gern.“, log sie.
„Schade.“, seufzte Slughorn. „Als ich jung war... Ihr hättet mich sehen müssen. Ich war der beste Tänzer in ganz England, Schottland, Irland. Vielleicht auf der ganzen Welt, aber ich will nicht zu großspurig sein. Jedenfalls, da war dieses Mädchen, Georgia Singer. Und nie hat sie mit mir tanzen wollen. Bis auf das eine Mal, und dann habe ich sie über das Parkett gewirbelt, das hättet ihr sehen sollen, sag ich euch. Sie sah aus wie eine Veela. Ein bisschen wie sie, Miss Black.“
Narzissa lächelte Slughorn unsicher an. Weder sie noch Lucius hatten Lust auf seine Geschichten.
„Wieso so angespannt, Mr Malfoy?“, fragte Slughorn. „Sie sollten wirklich nicht so angespannt sein.“ Er zwirbelte seinen Walrossbart und stieß Lucius in die Seite.
„Sir.“, sagte Lucius drohend. Slughorn fiel ihm ungemein auf die Nerven. „Bitte, Sir.“
„Ich verstehe schon.“, sagte Slughorn und zwinkerte erst Lucius, dann Narzissa zu. „Ich bin schon wieder weg.“
Lucius sah Slughorn nicht an, Narzissa jedoch lächelte entschuldigend. Slughorn war betrunken und würde sich am nächsten Tag nicht mehr an die Unfreundlichkeit erinnern. Selbst wenn, sobald Lucius ihm das nächste Mal kandierte Ananas brachte, wäre jede Unstimmigkeit vergessen.
„Wissen sie“, sagte Slughorn, nachdem er aufgestanden und sich eigentlich schon zum Gehen umgewandt hatte, „sie erinnern mich an einen Schüler, den ich vor langer Zeit hatte. Tom Riddle.“
Beim Klang seines Namens gefror Lucius das Blut in den Adern. Verglich Slughorn ihn gerade wirklich mit jenem unfassbar mächtigen, unbestreitbar starken Lord Voldemort? Ehrfürchtig sah Lucius in das alte, freundlich leuchtende Gesicht seines Zaubertränkelehrers.
„Er war genial. Klug, stark, mächtig.“, fuhr Slughorn fort. „Ein vielversprechender Jungzauberer.“
Wenn Lucius etwas mochte, dann war es Lob. Er setzte sich gerade hin und ließ Slughorns Worte über sich rieseln wie einen warmen Schauer.
„Ich mochte ihn.“, fügte Slughorn hinzu. „Ich mochte ihn wirklich. Und sie mag ich auch, Mr Malfoy.“
Lucius lächelte stolz. Narzissa kniff die Augen zusammen und zischte etwas unverständliches.
„Aber wissen sie was?“, fragte Slughorn. „Das ändert nichts daran, dass Mr Riddle ein hochnäsiger, unfreundlicher und blasierter Junge war. Genau wie sie, Mr Malfoy. Wenn sie nicht sogar noch schlimmer sind. Weil das, was Riddle an Mut und Kühnheit hatte, ihnen vollkommen fehlt und durch Eigenschaften wie unbegründeter Arroganz und einer ungesunden Portion Narzissmus ersetzt wird. Gute Nacht, Mr Malfoy. Bitte kommen sie nie wieder zu einem meiner Feste.“
Lucius blieben die Worte, die er Slughorn in diesem Moment zu gerne an den Kopf geworfen hätte, im Halse stecken. Er fühlte sich, als hätte ihn jemand mit der Ganzkörperklammer belegt. Er kochte vor Wut und gleichermaßen kam er sich bloßgestellt und verraten vor. Er wagte es nicht, Narzissa ins Gesicht zu schauen. Doch ganz sicher würde er jetzt nicht aufstehen und gehen. Er würde sitzen bleiben, bis es Zeit war, mit den Lestrange-Brüdern den jämmerlichen Schauplatz dieses idiotischen Balles zu verlassen um in den Wald zu ziehen und dem Idioten Slughorn, sowie dem Rest der Zaubererwelt zu beweisen, dass er, Lucius Malfoy sehr wohl mutig, kühn und vor allem mächtig war. An der Seite von Lord Voldemort würde er nach ganz oben in deiner Riege der Magier kommen und Männer wie Slughorn würden ihm die Füße küssen.
Noch immer ganz zittrig saß Sian den restlichen Abend gegenüber von Gideon an ihrem Tisch und redete mit ihm über die verschiedensten Dinge. Der Kuss benetzte ihre Lippen noch immer wie Zucker und sie ertappte sich dabei, wie sie ab und zu vorsichtig mit der Zunge darüber fuhr, als könne sie Gideon dort noch immer schmecken. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass sie an jenem Abend so ein Glück haben würde.
Aber dann endete der Abend abrupt und es wurde ernst. Eine halbe Stunde vor Mitternacht verließen die Lestrange-Brüder von den übrigen Ballgästen unbemerkt den Saal. Lucius Malfoy folgte ihnen und nach und nach liefen noch andere Slytherins und sogar einige Schüler anderer Häuser hinter ihnen her aus dem Kerker. Es waren viele, doch nicht genug, um dass dem Rest der versammelten Gäste auffiel, dass jemand fehlte. Selbst Professor McGonnagall, die inzwischen eingetroffen war und sich ausgelassen mit einem Geist unterhielt, den Sian noch nie gesehen hatte, bemerkte nichts von dem Verschwinden der Schüler.
„Ich muss gehen.“,sagte Sian plötzlich und stand auf.
Gideon sah sie fragend an. Gerade hatten sie über seinen letzten Urlaub in Rumänien gesprochen, wo er mit seiner Familie einen waschechten Vampir getroffen hatte.
„Was?“, fragte er. „Wieso?“
„Das erkläre ich dir später.“, sagte Sian. „Oder auch nicht... Ist auch egal.“
Gideon stand anstandshalber ebenfalls auf. „Ich will nicht, dass du gehst.“, sagte er.
„Ich muss.“, drängte Sian. „Es tut mir Leid, Gideon, wirklich. Aber ich kann nicht länger hierbleiben.“
Gideon nickte. „Gut. Ich will dich zu nichts zwingen, was du nicht willst, aber ich verstehe deinen plötzlichen Sinneswandel nicht. Gefällt dir der Abend nicht?“
Sians Brustkorb zerrte. „Doch...“, flüsterte sie gerührt. „Gideon glaub mir, das war der schönste Abend meines Lebens.“
„Wieso bleibst du dann nicht noch?“ Er griff ihre Hände. „Es könnte doch noch schöner werden.“
„Tut mir Leid. Es geht nun mal nicht. Es gibt da etwas, was ich tun muss. Du wirst noch davon erfahren, das verspreche ich dir.“ Sie lächelte ihn ermutigend an. Ihr Herz raste, der Brustkorb zerrte noch immer und sie konnte ihren Worten selbst kaum Glauben schenken. Inzwischen hatte sie eine unglaubliche Angst vor dem, was sie nun im Stande war, zu tun.
„Was meinst du?“, fragte Gideon.
„Auf mich wartet ein Abenteuer.“, sagte Sian lächeln. Dann löste sie sich aus Gideons Griff und lief, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen, aus dem Kerker hinaus in die Dunkelheit.
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