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Drei Schwestern - Epilog- Drei Schwestern

von mia.winchester

35 Jahre später



Manchmal bildete sich Andromeda ein, im Gesicht des kleinen Jungen die Züge seines Großvaters zu erkennen. Er trug seinen Namen, und jedes Mal wenn Andromeda nach ihrem Enkelsohn rief, hoffte sie, ihr Mann würde mit seiner warmen, freundlichen Stimme antworten. Vielleicht würde er sie verstellen, um lustig zu sein, wie so oft, vielleicht würde er bloß ihren Namen erwidern. Dromeda, wie er sie stets genannt hatte.
„Du wirst einmal genau so ein guter Mann wie dein Großvater.“, flüsterte sie dem kleinen Jungen ins Ohr. „Und so mutig wie dein Vater. Und so wunderschön wie deine Mutter.“
Sie spürte eine einzelne Träne an ihrer Wange hinab rinnen.
„Nicht wieder weinen, Oma.“, sagte Teddy Lupin und strich seiner Großmutter eine Träne aus dem Gesicht. „Denk daran, was du mir gesagt hast.“
Andromeda nickte.
„Sie sind alle hier.“, flüsterte das kleine Kind und drückte die Handfläche auf Andromedas Brustkorb. „In deinem und in meinem Herzen.“
Andromeda nickte.
„Und eines Tages“, fuhr Teddy fort. „Werde ich das alles verstehen. Stimmt das, Oma?“
Wieder nickte Andromeda. „Das stimmt, Teddy. Du wirst verstehen, was passiert ist. Warum das alles passiert ist, kann ich dir bis heute nicht sagen. Aber ich verspreche dir eines, alles wird gut.“
„Aber es ist doch schon gut.“, sagte Teddy und kletterte vom Schoß seiner Großmutter. „Du hast gesagt, der Krieg ist längst vorbei. Mein Patenonkel Harry hat alle Bösen besiegt.“
„Das hat er.“, flüsterte Andromeda und stand auf. Sie strich ihrem Enkel über das vorübergehend blaue Haar. „Wir sollten nicht an den Krieg denken, er ist längst vorbei.“
„Aber du denkst jeden Tag an den Krieg.“, sagte Teddy mit bedrückter Stimme. „Richtig?“
„Richtig.“, gab Andromeda zu. „Aber wie ich es dir gesagt habe, eines Tages wirst du es verstehen.“
Sie wusste nicht, ob Teddy je fähig sein würde, zu akzeptieren, dass seine eigene Großtante seine Mutter ermordet hatte. Sie wusste nicht, ob sie selbst je fähig sein würde, ihm dies zu sagen. Wie sollte sie diese grausame, unglaubliche Wahrheit über die Lippen bringen? Als sie erfahren hatte, was mit ihrer Tochter geschehen war, waren all die Narben, die sie über so viele Jahre nicht gespürt hatte, wieder aufgerissen. Von der Hand der eigenen Tante ins Grab getragen. Sie hatte schon damals, als sie sich gegen die Familie gewandt hatte, gewusst, dass Bellatrix zu den schlimmsten Dingen fähig war. Dass sie allerdings so kalt und grausam war, hatte sie bis zu dem Tag der Schlacht von Hogwarts nicht glauben wollen. Der Schmerz über den Tod ihres Mannes alleine hatte sie in tausend Stücke zerrissen. Nun über den Verlust ihrer Tochter und deren Mann hinwegzukommen erschien Andromeda selbst sieben Jahre später wie ein unmögliches Unterfangen. Und die alte Schuld und die Frage, ob sie all das hätte verhindern können, wenn sie Bellatrix und die Machenschaften der Todesser bereits in ihrer Schulzeit an Dumbledore verraten hätte, keimten wieder in ihr auf.


Als sie erfahren hatte, dass auch Bellatrix in der Schlacht gestorben war, hatte sie bloß resignierend genickt. Es war abzusehen gewesen, dass sie in diesem Kampf, wenn das Gute sich tatsächlich durchsetzen konnte, ihr Leben lassen würde. Sie stand und fiel mit dem Dunklen Lord. All die Jahre über war sie ihm treu geblieben, und sie war für ihn gestorben. Wenigstens, das war der kleine, nicht einmal nötige Trost für Andromeda, die nicht eine Träne um ihre tote Schwester vergossen hatte und trotzdem nicht ohne einen ungewollten Schmerz um des Prinzips willen geblieben war.
Sie brauchte viel Trost nach dem Krieg.
Doch allein der Anblick ihres Enkelsohns, der es schaffte, trotz allem unbedarft glücklich zu sein, spendete Andromeda diesen.
„Gib dir selbst keine Schuld.“, hatte das Mädchen mit den wilden Locken gesagt. Hermine war ihr Name gewesen, Hermine Granger. „Manchmal tun wir Dinge, weil wir es eben nicht besser wissen. Das beweist nicht, dass wir dumm sind, sondern, dass wir einfach bemüht sind, stets das Beste zu tun. Und egal, wie es jetzt ist, damals hast du das Beste getan. Du hast auf dein Herz gehört. Und das ist immer das Richtige.“
Ihre Worte hatten Andromeda an die flüchtige Bekanntschaft erinnert, die sie während der Zeit des Abbruchs mit ihrer Familie in Hogwarts kennengelernt hatte. Sian Somerset. Seitdem dachte sie wieder oft an das Mädchen, vielleicht als einzige Seele auf dieser Welt überhaupt. Auch das spendete ihr Hoffnung. Es gab überall Hoffnung, an jeder Ecke. Hoffnung in den Augen ihres Enkels, Hoffnung in den Augen von Hermine, als sie ihr dies kurz nach dem Krieg gesagt hatte. Als sie gesehen hatte, wie Hermine ihren Freund Ron Weasley ansah und er sie, hatte sie sich teils schmerzlich, teils von einem unbeschreiblichen Glück befallen an die ersten Jahre mit Ted erinnert gefühlt. Liebe war Hoffnung, Hoffnung war Liebe. Und obwohl sie innerlich endgültig zerbrochen war, stand Andromeda seit einiger Zeit wieder lächelnd auf. Einfach, weil sie stets hoffte, dass sie eines Tages wieder lächeln konnte und es auch wirklich so meinte, selbst wenn sie immer älter und die Tage kürzer wurden.


Auch an diesem Morgen war sie lächelnd aufgestanden. Wie immer hatte sie über die leere Seite des Bettes, wo sonst Ted gelegen und stets zu lange geschlafen hatte, gestrichen. Dann war sie in das Zimmer von Teddy gegangen, das über und über mit Bildern von Wölfen tapeziert war, hatte ihn geweckt und ihm ein herrliches Frühstück gezaubert. Dann hatte sie sich ins Wohnzimmer gesetzt und hatte genäht. Sie nähte jeden Tag und stellte zahlreiche, wunderschöne Kleider her, die sie an jene erinnerten, die sie in der Jugend getragen hatte. Sie wusste, dass Sian Somerset sich das Kleid, was sie am Abend ihres Todes getragen hatte, ebenfalls selbst genäht hatte. Andromedas Kleider waren ähnlich schön. Sie verkaufte oder verschenkte sie. Letzteres an Mädchen wie Hermine Granger, die ja inzwischen Weasley mit Nachnamen hieß, oder an deren Schwägerin Ginny Potter. Auf ihre alten Tage hatte sie sich mit ihren schönen Kleidern einen Namen in der Zaubererwelt gemacht. In der Winkelgasse hatte sie im letzten Jahr einen kleinen, schmucken Laden eröffnet, in den sie in der Regel gegen Mittag fuhr.
Dafür war es auch jetzt Zeit.
„Komm, wir müssen los.“, sagte Andromeda. Sie überprüfte Teddys Äußeres. Seine Haare waren inzwischen hellblond und ziemlich zersaust. „Steht dir.“, sagte sie. „Vielleicht solltest du bei dieser Farbe bleiben.“
„Mum ist auch nie bei einer Farbe geblieben.“, sagte Teddy trotzig.
„Das stimmt wohl. Du hättest sie sehen sollen.“, erwiderte sie mit einem traurigen Lächeln.
„Gehen wir zu Onkel Harry?“, fragte Teddy.
Andromeda nickte. Sie nahm den Jungen bei der Hand und stieg mit ihm in den Kamin.
„Das Haus der Potters!“, rief sie und schon wirbelte sie Hand in Hand mit ihrem Enkelsohn durch das Flohnetzwerk davon.


Das Wohnzimmer der Potters war schmuck und gemütlich eingerichtet. Die Wände waren hell gestrichen und über und über mit Bildern von all den Freunden behangen, die Harry in seinen Jahren auf Hogwarts gewonnen hatte. Auch das Foto von Andromeda, Nymphadora und Ted, was kurz vor dem Tod beider letzter aufgenommen worden war, hing in einem goldenen Rahmen dort.
Ginny erschrak nicht, als Andromeda im Kamin erschien.
„Auf die Minute genau!“, lobte sie. Sie setzte James von ihrem Schoß ab ins Sofa und lief Teddy entgegen. „Hey, Ted.“, grüßte sie ihn. „Magst du ein bisschen mit James spielen?“
Teddy nickte und lief lächelnd auf den kleinen James zu.
„Danke Ginny, wirklich.“, sagte Andromeda.
„Du weißt doch, dass ich gerne auf ihn aufpasse. Er gehört zur Familie.“ Ginny strich Andromeda über die Schultern. „Du musst dich nicht immer bedanken. Ist schon in Ordnung.“
Andromeda nickte. „Trotzdem.“
„Ich weiß doch, wie viel dir an dem Laden liegt.“, sagte Ginny. „Mein Bruder ist auch ständig nur bei George im Geschäft. Vielleicht siehst du ihn ja heute.“
„Ich grüße ihn, wenn.“, sagte Andromeda. „Jetzt muss ich aber los.“
„Gut. Dann viel Spaß heute.“ Ginny lächelte Andromeda herzlich an.
„Um sechs Uhr bin ich zurück. Alles wie immer.“, erklärte Andromeda, während sie zurück in den Kamin stieg.
„Alles wie immer.“, erwiderte Ginny.
Was Andromeda nicht wusste war, dass dieser Tag ganz und gar nicht wie immer sein würde.


Es war kein besonders schöner Frühlingstag, es regnete, und die Winkelgasse war wie leergefegt. Andromeda saß hinter dem Tresen ihres Geschäftes. Kein einziger Kunde hatte heute ein Kleid kaufen wollen. Andromeda seufzte. Gerade hatte sie die einzige Angestellte, Louise Dagger in den Feierabend geschickt und nun drohte die Stille mit all ihren schlimmen Gedanken wieder Besitz von ihr zu ergreifen. Andromeda strengte sich an, nicht wieder in schmerzliche Erinnerungen an die Vergangenheit zu versinken, doch sie schaffte es kaum. Sie dachte an Bellatrix, an den Mord an ihrer Tochter, und an Narzissa, von der sie gar nichts wusste. Das Gesicht ihrer kleinen, blassen Schwester zeichnete sie ganz deutlich vor ihrem Gesicht ab. Sie sah es so klar vor sich, dass sie es in der Frau, die soeben ihren Laden betrat, zu erkennen meinte.
„Guten Tag, Miss.“, sagte sie mechanisch und versuchte, den Gedanken abzuschütteln. Doch es ging nicht. Sie sah Narzissa förmlich vor sich stehen. Bis sie bemerkte, dass die Frau, die soeben ihren Laden betreten hatte, tatsächlich Narzissa Malfoy war.
Andromeda wich zurück. Sie wollte schreien, wollte Raus rufen, wollte Narzissa davon jagen, doch sie brachte kein Wort hervor. Da stand sie. Nach all den Jahren. Ihr helles Haar war kurz geschnitten, das stolze Gesicht von Sorgen zerfurcht und in ihren Augen standen Tränen. Andromeda konnte die Unglaubwürdigkeit des Momentes wie Gift durch ihre Adern rauschen spüren. Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Sie fühlte sich, als habe man ihr ins Gesicht geschlagen.
„Hallo, Andromeda.“, sagte Narzissa mit leiser, aber gefasster Stimme.
Andromeda langte nach ihrem Zauberstab. Sie wünschte sich, sie könne ihrer Schwester einfach einen Fluch auf den Hals jagen. Nicht eine Sekunde lang hatte sie Narzissa für weniger schuldig befunden als Bellatrix. Zwar wusste sie, dass sie nie eine Todesserin gewesen war, so aber ihr Mann und ihr verzogener Sohn Draco. Und Narzissa hatte nichts dagegen getan. Allerdings hatte Andromeda damals auch nichts dagegen unternommen. Sie gab ihre hastige Suche nach dem Zauberstab auf und stellte sich stattdessen gerade vor ihre Schwester.
„Ich bitte dich, meinen Laden zu verlassen.“, brachte sie hervor.
Narzissa nickte. „Gut. Es war ohnehin dumm von mir, herzukommen“


Sie drehte sich um und machte Anstalten zu gehen, als Andromeda wie von selbst rief: „Warte! Warte. Bleib.“
Als Narzissa sie ansah, konnte Andromeda ehrliche Freunde in ihren Augen lesen.
„Danke.“, sagte Narzissa demütig. „Ich will dich gar nicht lange stören.“
„Was willst du?“, fragte Andromeda forsch. Ihr Herz schlug ihr bis in den Hals. Sie konnte nicht fassen, was gerade geschah.
„Ich habe bloß eine Frage.“, sagte Narzissa kleinlaut. „Ich habe von deinen Kleidern gehört. Und ich bin oft genug an deinem Laden vorbeigelaufen.“
„Natürlich, ohne einmal hinein zu kommen.“, spottete Andromeda.
„Ich bitte dich. Du siehst doch, wie du reagierst.“, sagte Narzissa. „Und machen wir uns nichts vor. Uns beiden fehlte die Stärke, sich einander zu stellen.“
Andromeda wusste daraufhin nichts zu sagen.
„Aber jetzt habe ich ein Anliegen.“, sagte Narzissa. Andromeda spürte, wie schwer es ihr fiel, die Fassung zu bewahren.
„Was gibt es?“, fragte sie schroff.
„Draco wird heiraten.“, erklärte Narzissa und eine sanfte Röte stieg ihr in das Porzellangesicht.
„Und?“, zischte Andromeda. Sie ahnte schon, worauf das hinauslief.
„Ich habe mich gefragt, ob du das Kleid für seine Braut nähen möchtest.“, sagte Narzissa mit großer Mühe.
„Bitte?“, rief Andromeda empört. Sie schnappte nach Luft. Nach all den Jahren kreuzte Narzissa auf und bat sie, ein Kleid für den Sohn eines Mannes zu nähen, der Mitschuld an all ihrem Unglück trug?
„Ich kann es verstehen, wenn du es nicht möchtest.“, sagte Narzissa kühl. Doch dann verlor sie die Fassung, brach in Tränen aus und schluchzte: „Vielleicht habe ich einfach nur einen Grund gesucht, um mit dir zu reden. Ich brauchte einen Antrieb, um mich dir zu stellen. Es tut mir so Leid, dass ich einfach hierhergekommen bin. Ich werde jetzt gehen.“
Wieder machte Narzissa Anstalten, den Laden zu verlassen, wieder rief Andromeda ihr hinterher.
„Wenn du jetzt gehst,“, rief sie, „dann brauchst du erstrecht nie wieder zu kommen.“
Narzissa hielt inne. Dann sah sie Andromeda ins Gesicht und diese musste sich eingestehen, dass Narzissa bildschön war. Sie hatte noch immer den leicht verzweifelten und herablassenden Ausdruck im Gesicht, der sich über die Jahre mit dem ebenso blasierten Lucius Malfoy wohl noch gefestigt hatte, doch sie war von einer unverkennbaren Eleganz und Schönheit. Andromeda kam sich entblößt vor. Die Trauer und die Einsamkeit hatten ihr einstiges Bildergesicht in eine blasse Maske der Verletzung verwandelt. Selbst, wenn sie noch immer von einer gewissen Schönheit zeugte, so war diese kaum mehr als der verblasste Glanz längst vergangener Tage.


Eine Weile standen die Schwestern nur dort. Draußen hatte es angefangen zu regnen und die Wolken, die sich vor die Sonne geschoben hatten, ließen kaum noch Licht durch die Fensterscheiben des Geschäfts. Narzissa und Andromeda sahen sich an und keine von ihnen wusste so Recht, was sie sagen oder fühlen sollte.
„Hör zu...“, begann Narzissa schließlich. „Es tut mir Leid, was passiert ist.“
„Was meinst du?“, donnerte Andromeda los. Wenn sich Narzissa entschuldigen wollte, dann müsste sie dies für einen ganzen Stoß schrecklicher Dinge tun, die sie über all die Jahre getan und geschehen lassen hatte.
„In erster Linie, das, was mit deinem Mann passiert ist. Ted...“ Narzissa senkte den Blick.
„Du wagst es...!“ Mit einem Satz trat Andromeda ihr gegenüber. Wut kochte in ihr hoch, eine heiße, vernichtende Wut, wie sie sie schon seit Ewigkeiten nicht gefühlt hatte. Vielleicht noch nie. Vielleicht, schoss es ihr in diesem Moment durch den Kopf, hatte sich Bellatrix ständig so gefühlt. Sie spürte den Wahnsinn in ihren Adern pulsieren und die plötzliche Angst in den Augen ihrer kleinen Schwester waren wie eine Bestätigung ihrer Autorität. Doch sie fing sich wieder, erschrak sich vor sich selbst und nickte stattdessen resignierend, ehe sie sich in den Sessel vor der Theke fallen ließ.
„Herzlichen Dank auch.“, knurrte sie erschöpft. „Dein Beileid tröstet mich ungemein.“
„Ich weiß, ich habe nicht das Recht dazu, über deinen Mann zu reden. Oder über deine Tochter. Zumal Bella...“ Narzissa hielt inne.
Andromedas ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn du über Bella reden willst, dann kannst du doch gehen. Und dann ist es mir egal, ob du wiederkommst oder nicht.“
„Andromeda, bitte. Wir wissen beide, dass Bella Fehler gemacht hat.“, sagte Narzissa. „Sehr viele, große, gravierende Fehler. Ich hätte es früher wissen müssen, hätte sie aufhalten sollen.“
„Oh ja, das hättest du.“, murmelte Andromeda, doch ein Stück weit sprach sie da auch zu sich selbst.
Narzissa nickte beschämt. „Ich bitte dich nicht um Verzeihung. Weder das was ich getan habe, noch was Bellatrix getan hat, ist zu verzeihen. Ich möchte nur, dass du weißt, dass es mir Leid tut. Und dass ich mir jetzt im Klaren darüber bin, dass ich mich lange Zeit falsch verhalten habe. Inzwischen kann ich mir nicht einmal mehr Recht erklären, wieso.“
„Tu nicht so, als ob du nicht gewusst hast, was vor sich ging. Spätestens als das Mädchen starb.“, zischte Andromeda. „Tu nicht so, als hättest du keine Wahl gehabt.“
„Du hast Recht.“, gab Narzissa zu und eine einzelne Träne fiel aus ihren Augen auf die dunklen Ladendielen.
„Wir haben immer eine Wahl.“, sagte Andromeda ruhig.
„Du hast die Richtige getroffen.“, stimmte ihr Narzissa zu. „Du hast auf dein Herz gehört.“


Andromeda nickte. Sie spürte, wie ihr Hals eng und die Augen feucht wurden. „Glaubst du nicht,“, brach sie ungewollt los, „dass es wehgetan hat? All die Jahre? Und damals? Zu gehen? Dich und Bella einfach von mir zu trennen? Glaubst du nicht, dass es schwer war? Nicht selten habe ich gedacht, ich zerbreche in tausend Teile. Es gab Abende, an denen ich mich fragte, wie ich überhaupt den Tag überlebt habe.“
Die Schwestern weinten bitterlich.
„Ich weiß...“, schluchzte Narzissa. „Ich weiß.“
„Und du hast gesehen, dass ich leide. Und du wusstest, dass es falsch ist, was du tust!“, schrie Andromeda. „Ich werfe dir keine Schuld vor. Ich selbst bin nicht frei von Schuld. Wir alle hätten etwas tun können dagegen.“
„Manche Dinge geschehen einfach, weil sie so vorgesehen sind.“, versuchte Narzissa zu sagen, doch Andromeda fiel ihr lauthals ins Wort.
„Vorgesehen? Du meinst, der Tod meines Mannes war vorgesehen? Du meinst, all diese Tode waren vorgesehen? Meine Tochter hatte gerade erst ein Kind bekommen! Und wer hat sie umgebracht? Unser eigen Fleisch und Blut!“ Nie in ihrem ganzen Leben hatte Andromeda so laut geschrien.
Narzissa weinte so bitterlich, dass es Andromeda beinahe wehtat. Vor langer, langer Zeit, hätte sie sie schützend in die Arme genommen und getröstet. Aber nicht jetzt.
„Nein, natürlich nicht.“, schluchzte Narzissa. „Aber es macht keinen Sinn, Schuld für etwas zu fühlen, was man nicht mehr begleichen kann. Und es macht wahrscheinlich auch keinen Sinn, zu versuchen, etwas zu retten, was lange schon verloren ist. Aber ich habe so oft an dich gedacht in letzter Zeit.“
„Sag mir nicht, dass du mich vermisst hast.“, drohte Andromeda. „Denn das hast du nicht.“
Narzissa schwieg. Natürlich hatte sie Andromeda vermisst. Vor allen Dingen seit der Krieg vorbei war und sie erkannt hatte, dass viele Dinge geschehen war, die nicht hätten geschehen müssen. Seitdem sie erkannt hatte dass das, wohinter sie all die Jahre gestanden hatte, falsch gewesen war, hatte sie ein Bedürfnis, alles richtig zu machen. Als sie damals im Wald Harry Potters Leben verleugnet hatte und er dank ihrer guten Tat überlebte, hatte sie zum ersten Mal erkannt, wie schön es ist, auf das eigene Herz zu hören. Und dieses hatte sie an jenem regnerischen Frühlingstag in den Laden ihrer Schwester geführt. Die Vernunft, der Verstand und die Logik hatten sie verlassen. Einzig und allein die Erinnerung an die schwesterliche Liebe und das klaffende Loch in ihrem sich nach Vergebung sehnenden Herzen waren ihre Begleiter, als sie dort stand und weinte.


„Ich bitte dich nicht um Vergebung.“, sagte sie.
Andromeda schwieg. Niemals wäre sie fähig, Narzissa zu vergeben. Doch sie war ihre Schwester. Trotz allem war sie ihre Schwester. Und Blut war dicker als Wasser, egal, was passierte. Dass Narzissa ihr Leid tat, wie sie dort weinen vor ihr stand, wollte sich Andromeda nicht eingestehen. Doch sie spürte in jeder Faser ihres Körpers die verblasste Erinnerung an damals. Und eine ganz bestimmte Szene aus ihrer Jugend drängte sich in ihre Gedanken.


Der ausklingende Abend auf einer von Slughorns Partys. Eine Band von Landstreichern die ein Lied spielten, dessen Text Andromeda längst vergessen hatte.
Ihre kleine Schwester, die mit einem traurigen Gesicht zu ihr aufsah und mitsang. Sie hielten inne, als sie an der Strophe angelangten, an der Bellatrix stets eingesetzt hatte. Sie fehlte, schon damals.
„Ich weiß...“, hatte Narzissa gesagt. Ohne weitere Worte hatten sich die Schwestern verstanden.
Sie hatten hingenommen, dass das Leben wehtat. Dass man Verluste erleiden und Entscheidungen treffen musste, die einen auseinanderreißen und verletzten. Um zu überleben. Und um glücklich zu sein.
In all den Jahren hatte sie es unabhängig voneinander geschafft, ihr Glück zu finden. Jede auf ihre ganz eigene Weise. Es war nicht an der Zeit, zu entscheiden, welche Weise die richtige gewesen war. Denn glücklich waren sie, ohne Frage.
Bellatrix, ohne es zu wissen. Sie war nicht fähig gewesen, ehrliche Freude zu empfinden, aber sie lebte das Leben, das sie sich gewünscht hatte. Zumindest war ihr Leben nahe an jenem dran. Narzissa war glücklich, solange sie den Schein wahrte. Und in dem Moment, in dem sie Harry Potters Leben gerettet hatte, war sie vielleicht zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben durch und durch glücklich gewesen. Andromeda war über die längste Weile glücklich gewesen, denn sie hatte, wie oft in ihrer Geschichte erwähnt, auf ihr Herz gehört und sich für die wahre Liebe und das Leben mit dieser entschieden. Und auch, wenn sie litt und traurig war, so machte die Hoffnung auf das wahre Lächeln, auf das sie jeden Morgen wartete, sie immer noch glücklich.


Ja, an diesem Abend auf dem Fest bei Slughorn hatten die Schwestern zum ersten Mal hingenommen, dass nicht immer alles so läuft, wie man es sich vorstellst, aber dass man trotzdem glücklich sein kann.
Dass Narzissa nun vor ihr stand war alles Andere als das, was Andromeda sich vorgestellt hatte. Sie hatte viel an die Vergangenheit mit ihren Schwestern gedacht, aber nie an die Zukunft mit der Überlebenden. Für sie hatte es schlichtweg keine gegeben. Aber da stand sie, und weinte, und egal wie fremd sie ihr war, sie war ihre Schwester. Und durch all die Wut und das Wissen, dass sie ihr nie verzeihen konnte hindurch, fühlte sich das Loch in ihrem Herzen, dort, wo vor einer Ewigkeit das Band zwischen den drei Schwestern gewebt war, ein wenig kleiner an.
Andromeda sah Narzissa eindringlich an. Und wie damals, auf Slughorns Fest, sagte Narzissa: „Ich weiß...“
Und ohne Worte verstanden die Schwestern, dass sie einander nie wieder so nahe sein würden, wie sie es einst gewesen waren. Andromeda würde Narzissa nie verzeihen können und diese würde ihre Schuldgefühle nie überwinden und sich auf eine engere Bindung mit ihrer Schwester einlassen können. Aber einst hatten sie einander geliebt. Liebe ist Ewigkeit. Und Liebe ist Hoffnung. Und ewige Hoffnung spendet Trost und Glück, auch, wenn sie nie erfüllt wird.


„Es ist besser, wenn du jetzt gehst.“, sagte Andromeda leise. Narzissa nickte.
„Es war schön, dich... Auf Wiedersehen.“, sagte Narzissa. Sie zog die Kapuze ihres hellen Regenmantels über das silbrige Haar und war für einen Moment wieder das gläserne Mädchen von früher. Mit Tränen in den Augen lächelte sie Andromeda an.
Dann öffnete sie die Tür und trat in den Regen hinaus.
„Narzissa!“, rief Andromeda.
„Ja?“ Narzissa sah sie fragend an.
„Schick...“, setzte Andromeda an. „Schick die Verlobte deines Sohnes doch mal zu mir in den Laden. Dann werde ich sehen, was ich tun kann.“
Narzissa lächelte. Ganz ehrlich und überraschend warm. „Ja. Ja, das werde ich tun.“
„Gut.“, sagte Andromeda.
„Weißt du“, erzählte Narzissa noch rasch. „Sie ist wunderschön. Draco heiratet eine ganz wunderschöne Frau. Sie hat herrliches, betörendes, langes Haar und...“ Sie hielt inne. „Sie sieht aus wie die Banshee, die in diesem... Lied...beschrieben ist.“
Andromeda spürte ihr Herz schlagen, spürte Worte auf den Lippen, die sie nicht sagen konnte. Stattdessen nickte sie nur.
„Auf Wiedersehen.“, sagte Narzissa schließlich.
„Auf Wiedersehen.“, erwiderte Andromeda.


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