von schokocookie
Viel Spaß beim lesen! :)
..und wie wärs mit einem kleinen Review?
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Der Regen prasselte unaufhörlich gegen die riesigen Fenster unseres Physikraumes, in dem ich schlecht gelaunt und mit trüben Gedanken, den Kopf in den Handflächen gestützt, an meinem Platz saß und hinaus in den kalten Frühlingsregen starrte. Schnell hatten sich tiefe, dunkle Pfützen auf dem Boden vor dem Gebäude gebildet, die so ziemlich meine momentane Gefühlslage widerspiegelten. Im Hintergrund bekam ich nur vage mit, wie eine gute Freundin von mir ihr Referat über „Radioaktivität und Strahlenarten“ unter großem Applaus der ganzen Klasse beendete und zurück zu ihrem Platz ging.
Erst, als sie sich seufzend neben mich niederließ und mich einige Male flüsternd angesprochen hatte, schreckte ich aus meiner Trance auf und sah sie überrascht an.
„Und? Wie war’s? Hab ich verständlich geredet? Oder war ich zu schnell?“, fragte sie neugierig.
„Ähm… jah… Also, du…“, stotterte ich immer noch etwas verwirrt. Hatte ich echt das komplette Referat verpasst? So lange hatte ich doch gar nicht hinaus in den Regen gestarrt, oder doch? Verlegen richtete ich meinen Blick auf die vollgekritzelte Tischplatte, ich konnte ihr jetzt nicht in die Augen sehen, ich hatte doch versprochen zuzuhören…
„Du hast wieder nicht aufgepasst, stimmt’s?“, sie versuchte es zu verbergen, doch trotzdem bekam ich den enttäuschten Unterton mit.
„Jah… Ich war wieder ganz weit weg. Meine Gedanken haben mich überrannt, wie eine Horde Elefanten. Aber dein Referat war sicher super! Schau doch wie begeistert sie alle sind! Jetzt haben sie das Thema sicherlich auch vollkommen verstanden…“, entschuldigte ich mein Verhalten. Doch meine Freundin blickte mich nur mit einem traurigen, aber dennoch fragenden Gesichtsausdruck an. Natürlich hatte sie es bemerkt, was dachte ich auch? Sie kannte mich ja schließlich in und auswendig. Natürlich bekam sie es mit, wenn ich die ganze Zeit in Gedanken versunken war, einen träumerischen und betrübten Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte und die ganze Welt um mich herum ignorierte. Doch ich konnte ihr den Grund einfach nicht erzählen. Nein. Das war allein meine Sache, ich durfte es ihr nicht erzählen. Wieso war mein Leben auch nur so verdammt kompliziert?!
Es war so schon schlimm genug zu wissen, dass ich in wenigen Tagen diese Schule, nein, dieses Leben verlassen müsste. Ich konnte ihr das einfach nicht antun. Aber ich musste es ihr erzählen! Egal, was das für Folgen für mich haben würde! Ohne sie würde ich das nicht schaffen! Und so war mein Entschluss endgültig.
Leise sprach ich sie an:
„Tina?“
„Hm? Was ist denn?“
„Ich… na ja, ich möchte dir erzählen, was in letzter Zeit los ist mit mir… Also, ähm… Wenn du möchtest könntest du ja nach der Schule zu mir kommen, damit ich wenigstens versuchen kann, dir das alles zu erklären?“
„Echt? Klar! Oh man! Endlich! Ich wollte dich ja auch nicht drängen, mir alles zu erzählen, aber ich möchte halt unbedingt wissen, wieso du dich seit Tagen so zurückziehst! Ich mach‘ mir schließlich Sorgen um dich!“, flüsterte sie fröhlich und widmete sich mit einem Lächeln wieder dem Physikunterricht.
Und so verging der Tag. Etliche Stunden Chemie, Englisch und Deutsch zogen an mir vorbei, doch grübelte ich die ganze Zeit darüber nach, wie ich Tina nur alles erklären konnte. Selbst, als ich davon erfahren hatte, war ich vollkommen verwirrt und hatte die ganze Situation kaum verstanden. Wenn ich selbst es nicht verstand, wie sollte ich die ganze Sache dann Tina erklären? Und was durfte ich ihr sagen? Gab es Dinge, dich ich geheim halten musste? Was würde aus unserer Freundschaft werden, wenn ich weg war? Würde ich sie jemals wiedersehen? Konnte ich ihr von dort überhaupt Briefe schreiben? Wie sollte das alles nur funktionieren? Wieso wurde gerade mein Leben so umgekrempelt? Von heute auf morgen stand meine ganze Welt auf dem Kopf! Was sollte ich nur tun?!
Diese Fragen tauchten immer wieder vor meinem Inneren Auge auf, doch ich fand einfach keine Antwort… Also entschloss ich mich auf den Nachmittag zu warten und Tina einfach zu erzählen, was genau vor vier Tagen passiert war. Vielleicht war das alles für sie ja weniger verwirrend?
Die Schulglocke läutete, das hieß also, dass nun auch die letzte Schulstunde des heutigen Tages zu Ende war. Da meine Ma’ jedoch noch arbeiten musste, entschieden Tina und ich uns eine Pizza bei Joey’s zu kaufen und uns dann in eine kleine, gemütliche Hütte in den Park, nicht weit entfernt von meinem Haus, zu setzen und die Pizza zu genießen.
„Weißt du was? Irgendwie habe ich gerade richtigen Appetit auf Chinesisch!“, rief Tina enthusiastisch.
„Oh nein! Bitte nicht! Du weißt, dass ich Chinesisch ganz und gar nicht abkann!“, war meine verzweifelte Antwort.
„Och komm schon, du isst die Pizza und ich hol mir chinesische Nudeln und *zack*, wir beide sind glücklich!“
„Okay, okay, dann lauf los, fünf Meter von hier ist doch der Chinese, ich setz mich schon mal an unseren Platz und warte dort auf dich.“ Schon war Tina losgelaufen, in dieser Hinsicht konnte ich sie echt nicht verstehen. Ich hatte keine allgemeine Abneigung gegen Chinesen, nein, das war es nicht, ich mochte ihr Essen nur schlicht und einfach nicht. Doch Tina liebte es, sie konnte gar nicht genug davon bekommen. Kopfschütteln ließ ich mich auf dem weichen Gras nieder, vor einem kleinen See, der von Bäumen und Vogelgezwitscher umgeben war, und lächelte versonnen.
Keine Fünf Minuten später hörte ich ein Rascheln hinter mir und roch schon von weitem den „Süß-Sauer“-Duft.
„So! Da bin ich auch schon! Na dann, lass uns reinhauen, ich hab echt Kohldampf!“, fröhlich ließ Tina sich neben mich ins Gras plumpsen. Doch schon nach drei Bissen konnte sie ihre Neugierde dann doch nicht mehr halten und fragte aufgeregt: „Na los! Erzähl schon! Ich bin echt gespannt…“
*Chrm* Ich bekam einen Hustenanfall, diese Frage sollte mich ja jetzt nun wirklich nicht überraschen, doch mich überrollte sie wie ein Schnellzug. Vorsichtig schlug Tina mir auf den Rücken und machte ein schuldbewusstes Gesicht.
„Geht’s wieder? ’Tschuldige, aber ich bin echt so neugierig.“
Ich hatte mich wieder beruhigt, atmete noch einmal tief ein und aus und begann dann zu sprechen: „Also… Das ist eine lange Geschichte. Am Besten erzähle ich sie dir von Anfang an. Vor vier Tagen, also am Samstagmorgen, klingelte es überraschender Weise an unserer Haustür, wir erwarteten jedoch keinen Besuch. Na ja, meine Ma’ öffnete also die Tür und zwei seltsame Männer betraten unsere Wohnung, sie meinten, sie müssten etwas sehr Wichtiges mit mir und meiner Mutter besprechen. Also ließen wir sie ein, setzen uns gemütlich ins Wohnzimmer und nun begannen die Herren eine verwirrende Geschichte zu erzählen…“
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