von Gx2^4
Oh verdammt,
Ich habe echt überhaupt keine Ausrede dafür, dass es dieses Kapitel erst jetzt hier gibt. Ich hatte es schon fertig bevor ich angefangen habe, diese FF hochzuladen, und hab dann schlicht vergessen, es hochzuladen... tut mir leid...
-------------------------------------------------------------------
Als Harry erwachte, dauerte es einige Sekunde, bis ihm wieder einfiel was geschehen war. Dann hoffte er wie ein Kind, alles wäre ein Traum gewesen, Ron wäre noch da und nie fortgegangen. Doch wenn er nur den Kopf auf dem Kissen drehte, konnte er Rons verlassene Schlafstelle sehen. Es war, als ob sie seinen Blick auf sich ziehen würde wie eine Leiche. Harry sprang von seinem Bett herunter und vermied es, zu dem von Ron zu schauen.
Er schnappte sich die Karte des Rumtreibers, die neben seinem Bett gelegen hatte, und setzte sich dann mit ihr an den Holztisch im Zelt.
Von Hermine war keine Spur – Harry vermutete anhand des regelmäßig pladdernden Wassers aus der Waschkammer, im kleinen Nebenzelt, dass sie wohl gerade duschte.
Um sich abzulenken, wandte er sich nun der Karte des Rumtreibers zu. Er suchte nach einem bestimmten Punkt.
Der kleine Punkt war ganz unscheinbar.
Wenn er nicht nach eben diesem Punkt gesucht hätte, wäre er ihm überhaupt nicht aufgefallen.
Doch dort war er. Der Punkt.
Ein Tintenklecks – mehr nicht. Und doch so viel mehr.
Denn was sich hinter diesem winzig kleinen Punkt verbarg, war mehr als nur ein wenig Tinte auf dem Pergament.
Mehr als nur ein Punkt. Viel mehr.
Dieser Punkt war ein Mensch.
Das heißt, eigentlich war der Punkt kein Mensch – viel mehr stand er für einen Menschen. Einen Menschen, mit dem er vor nicht all zu langer Zeit zusammen gewesen war.
Eine Tatsache die er nun mehr denn je in Frage stellte. Konnte er jemanden lieben, wenn er die betreffende Person nicht vermisste. Wenn er Zeit ohne sie mehr genoss als mit ihr? Harry ahnte, warum er wirklich mit Ginny zusammengekommen war – auch wenn er es sich selbst nicht eingestehen wollte. Doch der Gedanke schlummerte immer klarer unter der Oberfläche. Hatte er sich so Ginny fixiert, um sich von jemand anderem abzulenken? Einem Mädchen, das ihn zurückgewiesen hatte?
Erschrocken zuckte Harry zusammen, als er eine Bewegung in einiger Nähe neben sich bemerkte. Er blickte von der Karte der Rumtreiber auf, und sah dann direkt zu Hermine.
Hermine war – nur mit einem Handtuch, das fest um ihren Körper gewickelt war – aus dem kleinen Nebenzelt gekommen.
Sie blickte ihn einen Augenblick an, und musterte ihn irritiert.
Denn Harry starrte sie an, als wäre sie von einem anderen Stern.
Er beobachtete wie hypnotisiert, wie kleine Wassertropfen von ihren Haaren herabfielen, und sich dann immer weiter an ihrem Körper hinab perlten, bis sie schließlich von dem weichen weißen Handtuch aufgefangen, und aufgesogen wurden.
„Was ist Harry, hab ich da was?“ fragte Hermine unsicher und sah an sich herab.
Harry mahnte sich selbst, sich zusammenzureißen. Immer wieder erinnerte er sich daran, dass das hier seine beste Freundin war, die er da anstarrte. Er durfte diese Freundschaft nicht schon wieder – wie vor knapp einem Jahr – so unbedacht gefährden. Damals hätte er beinahe alles verloren.
Harrys Blick ging zügig wieder nach ob direkt in Hermines Gesicht. Auch dort liefen einzelne Tropfen ihre weiche Haut herunter.
„Nein“ Harry räusperte sich „Nein, ganz und gar nicht!“ murmelte er mit belegter Stimme.
Hermine sah ihn noch einige weitere Sekunden mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie sah ihn an, als versuche sie, durch ihn hindurch, in seinen Kopf zu schauen.
„Gut, wenn nichts ist...“ meinte Hermine sehr langsam, während sie ihn weiter prüfend ansah „... kannst du mir dann mal bitte meine Sachen geben?“
Harrys Gedanken rasten. Hatte sie etwas bemerkt? War er rot geworden? Unmöglich zu sagen, aber ein wenig heiß fühlte sich sein Kopf schon an...
Aber wenn sie etwas bemerkt hätte, hätte sie ihn darauf nicht angesprochen?
Ein wenig fahrig fuhr er zu Hermines Bett herum, und nahm die Sachen die dort gestapelt lagen herunter, und reichte sie Hermine, wobei er verzweifelt versuchte stark zu sein, und sich für eine Fliege die unter dem Zeltdach summte zu faszinieren, sodass er nicht wieder auf Hermines, nur mit einem Handtuch bedeckten Körper starrte – so richtig mochte es ihm nicht gelingen.
„Du denkst an ihn, oder?“ fragte Harry eine halbe Stunde später, als sie beide an dem kleinen Tisch im Zelt saßen, und ihre karge Frühstücksmahlzeit zu sich nahmen. An diesem Morgen bestand ihr Essen aus ein paar Tomaten, sowie 4 Scheiben Brot und Käse – sie hatten alles aus dem Picknickkorb einiger Muggel, die in der Nähe auf einer weitläufigen Wiese, gerastet hatten geklaut.
„An wen?“ fragte Hermine, ohne von der Tomate, die sie gerade in Scheiben schnitt aufzublicken.
„Ron!“
Nun unterbrach Hermine doch ihre Arbeit und blickte Harry ruhig an. Sie sah ihn einige Augenblicke an, bevor sie den Kopf schüttelte.
„Nein.“
Harry begegnete ihrem Blick ernst – er versuchte abzuwägen, ob sie die Wahrheit sagte.
„Wirklich!“ fügte sie hinzu, als sie seine Zweifel bemerkte „Er hat sich entschieden, uns im Stich zu lassen – dich im Stich zu lassen. Was bringt es sich darüber den Kopf zu zerbrechen?“
Es dauerte weitere Sekunden, in denen Hermine Harrys Blick standhielt, bis er ihr schließlich glaubte. Er zuckte mit den Schultern, reagierte aber – nach außen hin – nicht weiter.
Nachdem sie fertig gegessen hatten, und ihr Geschirr nach einem schnellen Zauber wie neu, und vollkommen unbenutzt aussah, ging Harry vor das Zelt, um die erste Wache an diesem Tag zu übernehmen.
Für diesen Tag hatten sie ihr Zelt in einer flachen, entlegenen Gegend, mit riesigen Feldern gesucht, die von Bauern bewirtet wurden, deren Bauernhöfe mehrere Kilometer entfernt lagen. Harry saß da, und genoss den leichten Luftzug der sein Gesicht berührte, und ihn etwas entspannte.
Einen eventuellen Eindringling würde Harry in solch einer Gegend schon von Weitem sehen. Er hielt Ausschau nach etwaigen Bewegungen am Horizont, konnte aber nichts erkennen.
Alles war ruhig.
Und im nächsten Moment saß Harry kerzengerade da. Sein Herzschlag explodierte, und sein Zauberstab lag angrifffsbereit in seiner Hand.
„Wir sind heute aber schreckhaft, was?“ Hermine kicherte, als sie nun vollständig aus dem Zelteingang stieg. Harrys Herzschlag beruhigte sich nur langsam, und er keuchte immer noch weiter. „Tu sowas nie wieder“ sagte Harry vorwurfsvoll „ich hätte dich fast angegriffen!“
Hermine nickte, das grinsen war jedoch nicht aus ihrem Gesicht verschwunden.
„Darf ich mich zu dir setzen?“ fragte sie, als sie sich nach für Harry ewig erscheinenden Augenblicken endlich wieder beruhigt hatte.
Harry nickte nur, sah sie aber nicht weiter an, sondern beobachtete die ruhige Gegend. Hermine ließ sich direkt neben Harry nieder, und sah – anders als er – hoch gen Himmel.
„Ein klarer Morgen“ murmelte sie schläfrig. Wieder nickte Harry.
Sie verbrachten einige Minuten stumm, beobachteten die karge Landschaft, und hingen ihren Gedanken nach. Nach einiger Zeit lehnte sich Hermine an Harry an.
„Hermine?“ Harry durchbrach ganz leise und vorsichtig die Stille, weil er sich nicht sicher war, ob Hermine inzwischen an seiner Schulter eingeschlafen war. Aber sie gab einen Laut von sich, den er am ehesten als das Schnurren einer schläfrigen Katze definieren würde.
„Wieso nicht?“ fragte Harry aus seinem Gedanken heraus und fügte dann schnell noch hinzu – als ihm klar wurde wie unverständliche diese Frage für jemanden sein musste, der seine Gedanken nicht kannte „Wieso denkst du nicht an Ron?“
Hermine hob ihren Kopf wieder leicht von Harrys Schulter und sah ihn verwirrt an.
„Ich meine“ begann Harry zu erklären „Ich hatte immer gedacht... du und Ron...“ er brach ab, und sah weg.
Hermine atmete tief durch bevor sie antwortete. „Ich auch.“ murmelte sie. „Aber...“ sie brach ab, und schien sich einen Moment sammeln zu müssen. Oder sammelte sie Mut, um die Frage zu stellen, die sie dann stellte?
„Glaubst du an Seelenverwandtschaft?“ Harry spürte, wie ihr Blick ihn von der Seite durchbohrte. Sie sah ihn interessiert an, und wartete auf seine Antwort. Und irgendwie spürte er, war ihr unheimlich wichtig was er nun sagen würde.
„Ich...“ er sah weiter in die Ferne. Er beobachtete, ohne es wirklich zu sehen wie der Wind ein wenig durch das Maisfeld vor ihm strich. „Ich weiß nicht“ fuhr er dann fort. „Ich habe nie darüber nachgedacht.“
„Ich tue es“ sagte Hermine, als sie merkte, dass Harry offenbar nicht mehr dazu sagen würde. Ihre Stimme zitterte dabei kaum merklich.
„Ich glaube, dass es immer zwei Menschen gibt, die für einander Bestimmt sind. Zwei Menschen, die sich nur finden müssen.“
Sie atmete tief durch, und starrte nun, wie Harry auf das Maisfeld.
„Und naja...“ fügte sie nach unendlichen Augenblicken der Stille hinzu „... nachdem Ron uns, aber vor allem dich so im Stich gelassen hat, bin ich mir sicher, dass er es nicht ist.“
Wieder spürte Harry ihren Blick auf sich. Es war ihm – nur für einen Moment, als wolle sie noch etwas sagen. Er sah in seinen Augenwinkeln, wie sich ihr Mund leicht öffnete.
Doch dann – nach weiteren, sich ewig lang ziehenden Augenblicken – schloss sie ihren Mund wieder.
Doch was blieb war dieses Gefühl. Dieses eigenartige Gefühl, das er innerlich gehofft hatte, sie würde noch etwas sagen. Das er gehofft hatte, wie nie zuvor.
Er mochte kaum glauben, dass sein Herzschlag sich für einen Moment um ein vielfaches erhöht hatte.
War das denn möglich?
(Auszug aus: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes; Seite 320)
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.