„Er ist und bleibt ein überheblicher Penner!“
Hermine schimpfte unaufhörlich vor sich hin, während sie mit Monika gemeinsam zu dem Ort fuhr, an dem Seamus aufgefunden worden war.
„Meinst du jetzt deinen Freund, oder deinen Chef?“, fragte Monika belustigt.
Aufmerksam beobachtete sie den Verkehr, während sie ihren Fiat durch die Straßen lenkte.
„Draco... beide... nein, natürlich Mannhauser....“
Sie stöhnte wütend.
„Ich weiß es nicht. Und jetzt gerade gehen sie mir beide ziemlich auf den Zeiger. Ich verstehe einfach nicht, warum sie Mannhauser bei uns gelassen haben. Immerhin hat er uns bei unserem letzten Fall fast schon absichtlich behindert. Und es ist doch ein offenes Geheimnis, dass er gemeinsame Sache mit den Vampiren macht. Warum sägen sie ihn nicht ab?“, fauchte sie aufgebracht.
Für einen kurzen Moment war auch ihre Angst verschwunden. Sie konnte Dampf ablassen, all ihrer aufgestauten Wut freuen Lauf lassen, ohne das sie jemand dazu aufforderte sich zu beherrschen.
„Weil vermutlich viel mehr Leute in dieser ganzen Sache drin stecken, als wir bis jetzt gedacht haben. Ilias ist ein Machttyp, der ganz genau weiß, was er will und wie er es erfolgreich bekommt... Er würde Bafello niemals offen angreifen, wenn er sich nicht sicher sein könnte, dass er gewinnt“, erwiderte Monika.
„Willst du damit sagen, dass wir gar keine Chance haben?“
„Nein, dass nicht. Aber wir und vor allem du und Draco, ihr müsst auf euch aufpassen“, antwortete die Blonde ernst.
„Irgendwie ist was in meinem Leben falsch gelaufen. Elf Jahre musste ich mich vor nichts anderem als vor gemeinen Mädchen und großen Hunden in Acht nehmen. Und dann kam ich nach Hogwarts und alles ist aus dem Ruder gelaufen. Erst war ich die beste Freundin von Harry Potter, was mich immer zu einer Zielscheibe gemacht hat. Dann bin ich Aurorin geworden – okay, daran bin ich selber Schuld – und musste mich natürlich auf Vampire spezialisieren und meinen Hals riskieren“, schnaubte Hermine wütend.
„Nicht zu vergessen, dass du mit der Nummer 1 der Vampirhunter zusammen bist“, ergänzte Monika trocken. „Mein Gott, ist mein Leben langweilig!“
Hermine verzichtete auf eine Antwort.
Die Worte ihrer Freundin hatten ihre Gedanken wieder in eine ganz andere Richtung gelenkt. Draco war nicht viel Zeit geblieben. Er hatte ihr nur den Brief gegeben und war dann in Mannhausers Büro beordert worden. Fast hatte sie gedacht, es ginge um sie, aber dann hatte Draco fünf Minuten später nach Juri und Mike gebrüllt und die drei waren verschwunden.
„Seit wann arbeitet Draco eigentlich mit Juri und Mike zusammen? Davon hat er mir gar nichts erzählt“, fragte Hermine nachdenklich.
Sie spürte wie wieder die altbekannte Unsicherheit zurück kam. Wann hatte sie eigentlich ihr Selbstbewusstsein vergraben? Eigentlich hatte sie doch immer fest an sich geglaubt, gewusst was sie konnte und sich von nichts und niemanden von irgendetwas abhalten lassen. Wobei... so ganz stimmte das nicht. Sie konnte sich an zwei Begebenheiten erinnern, bei denen sie schließlich doch eingeknickt war. Das waren die ersten Monate in Hogwarts gewesen, als sie, Harry und Ron sich noch nicht ausstehen konnten; und natürlich, als Ron damals mit Lavender zusammen gewesen war. Das hatte sie ebenfalls nicht sonderlich gut vertragen.
„Draco springt momentan wie wild durch die Abteilungen. Wenn Mannhauser kann, dann schickt er Draco los. Ab und zu ist er jedoch einfach nicht aufzutreiben; keine Ahnung wo er dann ist. Ich dachte, du wüsstest, dass Mannhauser ihn praktisch nicht mehr schlafen lässt“, entgegnete Monika verwundert und setzte den Blinker.
„Er erzählt mir doch nichts. Ilias schwirrt um ihn herum, wie eine Motte um das Licht und versucht ihn für sich einzuspannen. Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass Draco sich nur mit Mühe und Not von ihm fern halten kann“, meinte Hermine leise.
„Er könnte sich sehr wohl von ihm fernhalten. Aber er hat Angst um dich und wagt es in deiner momentanen Verfassung nicht deine Sicherheit zu gefährden“, antwortete die Blonde.
„In meiner momentanen Verfassung? Was soll das denn heißen?“, schnappte Hermine beleidigt und sah die Ältere herausfordernd an.
Monika schüttelte spöttisch den Kopf. Das war dieser Ich-habe-dich-ganz-genau-durchschaut-schließlich-ist-das-mein-Beruf-Blick mit dem sie ihr immer zu gerne verdeutlichte, dass Hermine ihr nichts vor machen konnte.
„Hermine, du bist nervlich am Ende. Seit Wochen schon. Nach Marcus Tod hättest du eigentlich für einige Zeit nicht mehr arbeiten dürfen. Ich habe mit den Anderen gesprochen, ich weiß genau, wie du da drauf warst. Dann hat sich Draco einfach in dein Leben gedrängt, Rouge ist gestorben, das Kind deiner Freunde wurde bedroht, du hast Ischara, die Mörderin deines Verlobten getötet, du hast-“
„Okay, es reicht!“, unterbrach Hermine ihre Ausführungen ruppig. „Ich weiß das mein Leben seit ungefähr einem Jahr völlig aus der Bahn geflogen ist. Ich stolpere von einer Katastrophe in die nächste und verdanke es meistens dem Zufall, oder dem Umstand, dass ich anscheinend ein Magnet für größenwahnsinnige Vampirlords bin, dass ich da irgendwie lebend herauskomme!“
Monika lächelte nur wissend und bog dann schließlich in eine stille Seitenstraße ab, von der Hermine wusste, dass sie Seamus Lieblingsbar beherbergte. Sie war dunkel und düster, aber ordentlich und gepflegt. Es war ein Insider diese Bar, man musste wirklich wissen wo man nach ihr suchen musste. Was der Besitzer war, wusste Hermine nicht. Er wusste von der magischen Welt, ließ aber ebenso die Muggle in seinen Club.
„Eigentlich viel zu beschaulich für einen Mordschauplatz, oder?“, bemerkte Monika und fuhr an die Seite.
„Vor allem völlig irrsinnig. Warum will man gerade hier jemanden töten? Es ist eigentlich viel zu gefährlich, dass man hier gesehen wird“, meinte Hermine und warf einen Blick zurück auf die Hauptstraße, die nur wenige hundert Meter hinter ihnen lag.
„Es sei denn man will gesehen werden.“
Hermine stutzte.
Verwundert sah sie ihre Kollegin an, als sie aus dem Auto stiegen.
Die Eingangstür der „Krypta“ lag versteckt in einem Treppenabstieg. Daneben war eine schmale Gasse durch die man ein unscheinbares Wohnhaus erreichte. Jetzt standen dort mehrere Polizeiwagen herum, das CIA war auch bereits erschienen.
„Wieso ist hier denn niemand von uns?“
Monika sprach genau das aus, was Hermine dachte.
Verwirrt sah sie sich um. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass bereits einige Vergissmich unterwegs wären und sie freie Bahn hätten.
„Das ist wirklich seltsam. Lass uns das mal etwas näher unter die Lupe nehmen“, schlug Hermine vor und gemeinsam traten die beiden Frauen auf das deutlich sichtbare Absperrband zu.
„Es tut mir Leid. Sie können hier nicht durch“, hielt sie ein stämmiger Herr mittleren Alters auf.
„Hat Ihnen Mister Dawson nicht mitgeteilt, dass wir kommen?“, fragte Hermine unschuldig.
„Mister Dawson? Nein, hat er nicht. Warten sie bitte einen Moment.“
Er winkte einen jungen Mann zu sich, der die Beiden kritisch musterte und dann verschwand.
„Was hast du vor?“, wollte Monika wissen. „Wer ist denn Mister Dawson?“
„Ein Zauberer, der als verdeckter Ermittler bei der CIA arbeitet. Ich kenne ihn von unserem letzten Fall“, erklärte Hermine leise.
Und genau wie sie erwartet hatte, tauchte er auch wenige Minuten später auf. Lässig trat er über das Absperrband.
„Was kann ich für sie tun?“
„Wir müssen uns den Tatort ansehen. Wenn es dort Anzeichen von Vam-“
„Miss Granger, es gibt keine Anzeichen für ein magisches Attentat. Mister Finnigan ist erschossen worden“, unterbrach der Agent ihre Ansprache.
Verdutzt tauschten sie und Monika einen Blick.
„Wie bitte? Aber Sie wissen schon, dass Ilias und Bafello sich den Krieg erklärt haben, oder?“
„Das ist nur ein Gerücht. Niemand kann bestätigen, dass es tatsächlich so ist.“
„Seamus ist getötet worden! Vermutlich von Ilias Handlangern. Ein Zauberer wie Seamus kann nicht einfach auf offener Straße erschossen werden.“
Natürlich war es ein Fehler Dawson ihre Vermutung an den Kopf zu knallen. Aber sie fühlte, dass man hier gezielt versuchte, die Wahrheit zu vertuschen. Und die Wahrheit sah sicherlich nicht wie Seamus mit Kopfschuss aus.
Dawsons Gesicht verdunkelte sich.
Langsam beugte er sich vor.
„Ich will Ihnen nichts, Miss Granger. Aber Sie haben Ihren Hals schon viel zu weit in die Schlinge geschoben. Passen Sie auf sich auf, sonst könnte Ihnen vielleicht etwas tragisches passieren“, zischte er sie an.
„Soll das eine Drohung sein?“, fuhr Monika ihn wütend an.
„Nein, ein Versprechen.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und stieg wieder über das Absperrband.
„Damit ist ja wohl klar, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt“, murmelte Hermine unruhig.
Müde schob Hermine die Tür zu Dracos Appartement auf. Den Schlüssel legte sie auf den Beistelltisch im Flur, zog sich die Schuhe von den Füßen und schloss leise die Tür. Krummbein kam aus dem Wohnzimmer und schlich schnurrend um ihre Beine. Liebevoll strich sie ihm kurz über den Rücken, bevor sie den anderen Raum betrat.
„Du bist schon zu hause?“, fragte sie verdutzt, als sie Draco auf dem Sofa sah.
Er trug ein gebügeltes, sauberes Hemd, eine saubere Hose und geputzte Schuhe. Nichts ließ darauf schließen, dass er gerade einen Auftrag für Mannhauser erfüllt hatte.
„War ein etwas anderer Auftrag“, erwiderte er steif ohne von seinem dicken Bildband hoch zu blicken.
Hermine konnte einen Blick auf Symbole, Riten und ähnliches erhaschen. Wie war sie überhaupt auf die Idee gekommen, dass Draco sich ein wenig Freizeit gönnte.
„Ich war mit Monika am Tatort“, sagte sie vorsichtig.
„Ich nehme mal an, du redest von Seamus. Offiziell ist es doch gar kein Tatort“, meinte Draco und beugte sich stirnrunzelnd vor.
„Das hat mir Dawson auch gesagt. Und mir gedroht, ich solle mich nicht um Angelegenheiten kümmern, die mich nichts angehen“, erzählte sie unruhig.
Dieser trügerische Frieden kam ihr nicht ganz geheuer vor. Draco hatte ihren Streit sicherlich noch nicht vergessen.
„Er hat dich bedroht? Ist ja mal ganz was neues“, schnaubte Draco zynisch.
„Interessiert dich das gar nicht?“
„Was auch immer ich sage, du verstehst das sowieso völlig falsch.“
„Wie bitte?“
Endlich hob Draco seinen Kopf und sah ihr direkt in die Augen.
„Hermine, ist dir eigentlich klar, was du mir da an den Kopf geworfen hast?“
Sie spürte, wie langsam wieder die Wut nach oben kam.
„Du hast mir unterstellt, ich hätte mich zu einem Vampirflittchen machen lassen. Das könnte ich dich genauso fragen. Warum hat Ilias denn so ein großes Interesse an dir?“, fuhr sie ihn wütend an.
„Hermine, das war im ersten Moment eine völlig logische Erklärung. Und du musst mir zustimmen, dass du im letzten halben Jahr nicht immer sehr kluge Entscheidungen getroffen hast“, antwortete Draco kühl.
Langsam kam sie um das Sofa herum uns setzte sich seufzend neben Draco.
„Es tut weh, wenn du mir so unglaublich dumme Sachen unterstellst. Ich dachte, du kennst mich besser“, erklärte Hermine leise.
Einen Moment sahen sie beide aneinander vorbei.
Aber dann ließ Hermine ihren Kopf auf seine Schulter sinken und er legte seinen Arm um ihre Schulter.
„Es tut mir Leid“, sagte sie gleichzeitig.
Damit war das Thema für Hermine erledigt. Aber auch ganz andere Dinge zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Unter dem dünnen Stoff des Hemds konnte Hermine Dracos verspannte Muskeln spüren. Es ging ihm nicht gut. Es ging ihm ganz und gar nicht gut.
„Wieso tun wir uns das eigentlich noch an?“
„Was meinst du?“
Seine Stimme klang müde.
„Ich kann mich an eine ganz angenehme Rang erinnern, die einem guten Bekannten von mir gehört. Warum kehren wir New York nicht einfach den Rücken. Der aufkommende Krieg zwischen Bafello und Ilias ist nicht unser Krieg.“
Sanft strichen Dracos Finger über ihren Kopf und durch ihre Haar.
Wann hatten sie denn das letzte Mal so friedlich nebeneinander gesessen? Das musste schon sehr lange her sein.
„Vielleicht, Hermine. Aber sei ehrlich zu dir selbst. Könntest du jetzt einfach gehen? Ein Freund von dir ist getötet worden und das sicherlich nicht aus Zufall. Auch wenn das Zaubereiministerium alles dafür tut, um diese Tatsache zu vertuschen.“
„Hat Minister Burnes denn nichts von Fudges Verhalten damals gelernt?“
„Du weißt doch, wenn man einmal Macht hat, dann tut man alles um sie zu halten“, murmelte Draco in ihr Haar.
Sie konnte die Erschöpfung spüren. Sein Körper versuchte dagegen anzukämpfen, aber-
Plötzlich erschien ein silberner Falke in ihrem Wohnzimmer.
Mit gezücktem Zauberstab sprang Draco auf und huschte ans Fenster. Hermine wollte schon etwas fragen, aber da erschien ein dünnes Lächeln auf Dracos Lippen.
„Wurde auch Zeit, dass er hier auftaucht“, meinte er leise.
Schnell flüsterte er ein paar Worte und für einen kurzen Moment flackerte das magische Schutzschild. Es reichte jedoch dafür, dass ein relativ großer Mann mit Trenchcoat und Hut in Dracos Wohnzimmer apparieren konnte. Er mochte vielleicht Mitte vierzig sein und machte einen leicht heruntergekommenen Eindruck.
„Hallo, Rick“, begrüßte Draco ihn.
„Wie immer ein Bild für die Götter, Draco. Arbeitest du auch mal?“, spottete der Mann mit einer tiefen, melodischen Stimme.
Draco reichte ihm spöttisch grinsend die Hand und der Mann schlug ein.
„Wenn es meine Freizeit zu lässt, dann gönne ich mir das auch mal“, meinte er. „Darf ich vorstellen, Hermine Granger. Hermine, das ist Rick Blane.“
Hermine trat einen Schritt vor und reichte dem Neuankömmling die Hand.
„Guten Abend“, sagte sie schlicht.
„Wenn es nur so wäre... Ich habe schlechte Neuigkeiten“, erklärte er.
Draco deutete auf das Sofa und ließ rasch ein paar Gläser für sie erscheinen.
„Bist du jemals mit guten Nachrichten zu mir gekommen?“
„Kann ich mich nicht wirklich erinnern.“
Hermine sah gespannt von einem zum anderen.
Sie würde Draco später fragen, woher die beiden sich kannten...
Zu ihrer großen Überraschung wandte Rick sich direkt an Hermine.
„Miss Granger, Sie sind in großer Gefahr“, erklärte er leise.
„Ach, was... Gibt es auch mal was neues?“, rutschte es ihr heraus.
Sie wollte lachen, doch Dracos Gesicht war düster und unheilsvoll.
„Stimmen die Gerüchte also?“
„Ilias will die Macht an sich reißen. Will sich aus dem Schatten befreien und so weiter“, erklärte Rick ernst und sah Hermine geradeaus an. „Er ist aber nicht so dumm, wie die Anderen, sondern er hat sich Hilfe von ein paar alten Freunden geholt. Tom Riddles Anhänger sind immer noch zahlreich und mit diesen will bzw. hat er sich verbündet. Während er mit den Zauberern eine neue Weltherrschaft aufbauen will, werden die Muggle und um seinen Verbündeten einen Anreiz zu geben auch alle Mugglegeborenen Zauberer zu Nahrungsquellen degradiert. Und deshalb sind Sie in unmittelbarer Gefahr, Miss Granger.“
Draco war leichenblass geworden.
Fluchend stand er auf.
„Draco, das-“
„Nein, halt den Mund!“, fuhr er sie an. „Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert. Und ich werde ein für alle mal dafür sorgen, dass die Gefahren für dich aus dem Weg geräumt sind! Ich halte das nicht mehr aus, hättest du nicht einfach eine unscheinbare, halblütige Hufflepuff werden könne, die sich mit Ernie Maxmillian anfreundet und in ihrem Leben nie aufregenderes als eine Achterbahnfahrt erlebt?“
Nach diesem Ausbruch stand er zitternd am Fenster und sah hinaus. Schwer atmend stützte er sich am Rahmen ab. Erst wusste Hermine nicht was sie sagen sollte, aber dann stand sie einfach auf und verließ den Raum.
„Scheiße“, murmelte Draco frustriert.
tbc
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