von Xaveria
Die Wochen verstrichen in eine Art Nebel, durch den gelegentlich helles Licht zu scheinen schien. Hermine war so erschöpft, wie in ihrem dritten Jahr, als sie den Zeitumkehrer benutzt hatte, jetzt vielleicht sogar noch mehr. Wenn sie nicht im Unterricht war, war sie mit Harry zusammen, um ihn davon abzuhalten hinter Malfoy herzulaufen; und wenn sie nicht bei Harry war, war sie in der Bibliothek, um Informationen über Horkruxe zu suchen.
Harry hatte sie nach einen seiner Stunden mit Dumbledore darum gebeten. Es scheint so, als ob der alte Zauberer wollte, dass Harry eine Erinnerung von Professor Slughorn bekam ... eine Erinnerung, in der es um Horkruxe ging. Was auch immer es war, Professor Slughorn wollte nicht zugeben, dass er etwas darüber wusste, was Hermine glauben ließ, dass sie ein Teil von sehr dunkler Magie waren. Somit saß sie jetzt stundenlang in der Verbotenen Abteilung, durchforstete Gar böse Zauberey, was nur gering hilfreich gewesen war. Alles, was sie bisher finden konnte, war die Versicherung, dass Horkruxe die „schlimmsten aller magischen Erfindungen“ waren, was sie unglaublich beruhigte. Es sah für sie ganz danach aus, dass Dumbledore, wie ein perverser Rattenfänger, Harry jetzt denselben Weg hinunterführte, den er auch schon sie hat im September gehen lassen, einen Weg gefüllt mit dunklen Omen und Steinhaufen am Wegesrand, auf dem er sie blind schicken würde, doch stattdessen füllte er ihre Gedanken mit hochmütigen Idealen und blendenden Worten. Er verabreichte Harry ein Ziel und Kraft, aber für was? Er hatte ihm noch nicht einmal gesagt, gegen was sie eigentlich kämpften. Und so forschte sie.
Harry hingegen war viel mehr an Snape und Malfoy interessiert und hatte Ron auf seine Seite gezogen. Die beiden hingen ewig über der Karte der Rumtreiber, auf der Suche nach Malfoys kleinen, schwarzen Punkt. Er fehlte oft. Hermine ärgerte sich schweigend über seine Abwesenheit, aber sie weigerte sich ihn mit derselben Besessenheit wie Harry und Ron zu verfolgen, fest entschlossen es Snape zu überlassen.
Die Höhepunkte in ihrem Leben, die, wo sie immer wach war, waren die, die sie mit Snape verbrachte, auch wenn sie ihn nur unregelmäßig und fast niemals alleine sah. Etwas hatte sich in an dem Abend, an dem sie ihn wegen Harrys Entschlossenheit Malfoy aufzuhalten, gewarnt hatte, zwischen ihnen verändert, und obwohl sie ihm verboten hatte, sich Sorgen um sie zu machen, wusste sie, konnte sie es seinen Gefühlen genauso wenig vorschreiben, wie ihren eigenen. Wenn sie im Korridor an ihm vorbeiging, würde ihr Herz schmerzhaft in ihrer Brust hüpfen und sie würde ihren Kopf senken, um seinen Blick zu vermeiden. Er griff sie brutal in Verteidigung gegen die Dunklen Künste an und dennoch erschien es ihr, dass seine Giftigkeit Beweis seiner Gefühlsveränderung war.
Hermine hatte sich vor dem ersten Verteidigungsunterricht dieses Semesters gefürchtet. Snape hatte sie in seinem Büro so aus dem Gleichgewicht gebracht, erst mit seinen wütenden Fragen und dann mit dem Blick, den er ihr gegeben hatte, diese nackte Verletzbarkeit und die Art und Weise, wie er ihren Namen gesagt hatte, dass sie keine Ahnung hatte, was sie von ihm erwarten sollte. Sie zappelte nicht herum, noch gab sie vor sich für ihre Schulbücher zu interessieren, sondern saß ruhig und schweigend auf ihrem Stuhl, darauf wartend, dass der Unterricht beginnen würde.
Das Thema des heutigen Tages waren Tarnzauber, in denen sie natürlich alle übertraf. Während die anderen Schüler damit kämpften sich zu tarnen, machte sie sich selbst unsichtbar und schlich leise um die Gryffindors herum und flüsterte ihnen Ratschläge zu.
Sie hatte sich gerade hinter Neville gestellt, als Snapes Stimme laut und deutlich durch den Klassenraum hallte. „Miss Granger!“
Ihr Kopf flog nach oben, obwohl es niemand in der Klasse sehen konnte. Sie trat einen schuldigen Schritt von Neville zurück.
Er durchquerte den Raum in einer raubtierhaften Haltung und Neville wich beängstigt zurück. „Mit wem haben Sie gerade eben gesprochen?“
Neville stammelte, dass er mit niemandem geredet hatte, aber Snape war bereits an ihm vorbeigerauscht, lief geradewegs auf sie zu. Sie begann sich zu bewegen, versteckte sich hinter dem Seitenschiff, ging in Richtung der Slytherin-Tische, aber er wandte sich, als sie es tat, und schien jede ihrer Bewegungen zu verfolgen.
„Was nützt Ihnen Unsichtbarkeit, Miss Granger, wenn Sie es für jeden ersichtlich machen, wo Sie sich befinden?“
Hermine lächelte. Er benutzte sein Gespür für sie, um ihre Bewegungen zu verfolgen, um ein Exempel an ihr zu statuieren, indem er etwas benutzte, dessen nur sie beide sie sich bewusst waren. Er würde sie bloßstellen, ja genau, wie er es tun musste. Aber er würde es tun, indem er diese Sache zwischen ihnen anerkannte.
„Finite Incantatem!“, sagte er und richtete seinen Zauberstab auf etwas, was wie leere Luft ausgehen haben musste. Als sie plötzlich vor ihnen auftauchte, begannen die Slytherins gehässig zu lachen.
„Tarnzauber sind nutzlos, wenn Sie leichtsinnig Ihre Position preisgeben“, sagte er gedehnt. „Sie müssen leise sein; Sie müssen schleichen. Aber vor allem müssen Sie subtil sein. Was es für die Gryffindors zu einer eher schlechten Wahl macht, ganz egal, wie sehr sie auch den Zauber geübt haben.“
Hermine wusste, dass er sie anstachelte, vielleicht in der Hoffnung, dass sie anbeißen und sich selbst ein Nachsitzen einfangen würde. Er tarnte einige Schüler – sie selbst, Malfoy und Neville waren auch darunter – und stellte ihnen die Aufgabe sich gegenseitig zu find. Niemand zeigte auch nur die geringste Begabung zum Verfolgen, Hermine eingeschlossen. Stattdessen gab es viele Zusammenstöße, Stolpern über Dinge und plötzlich in unsichtbare Personen zu laufen und Hermine erinnerte sich an etwas, was Dumbledore mal zu ihr gesagt hatte: komisch wie kurzsichtig Unsichtbarkeit einen machen kann. Dennoch hatte weder der getarnte Verteidigungsprofessor Probleme damit sie immer und immer wieder zu finden, noch sie ihn. Manchmal streifte er einfach nur ihren Ärmel mit seiner Hand, als er an sie vorbeiging. Einige Male stieß er sie mit seinem Zauberstab und einmal, einen packenden Moment, griff er in ihre Haare. Ihr Blut pochte in ihren Ohren und sie musste dem Drang widerstehen ihn nicht einfach nach seinem Arm zu greifen und ihn zu sich zu ziehen. Aber dann hatte er sie mit einem kleinen Schubs losgelassen und sie hatte damit weitergemacht, nach irgendwelchen Anzeichen einer getarnten Person zu suchen: ein rollendes Pergament beim Vorbeigehen, das Kratzen eines Stuhles, wo eigentlich keines sein sollte.
Snape überflutete den Raum mit einem endgültigen Finite Incantatem, welches eine Handvoll schüchterner Schüler im Raum verteilt zeigte. Neville stand auf einem Gryffindor-Tisch und sah zugleich gedemütigt und verängstigt aus, und Hermine, welche sich in einer Ecke versteckt hatte und schnell zu Harry und Ron lief.
„Ich nehme an, es ist schwierig zu schummeln, Miss Granger, wenn Sie Ihre Gefährten nicht sehen können“, sagte Snape gedehnt. „Longbottom, kommen Sie vom Tisch herunter. Der Gedanke, was aus Ihnen außerhalb dieser Mauern mal werden soll, lässt mich erschaudern.“
Hermine streckte Neville ihre Hand entgegen, welcher sie nahm und plump, zur weiteren Erheiterung der Slytherins, vom Tisch kletterte.
„Beherrschen Sie sich, Draco“, sagte Snape ziemlich unerwartet. „Waren Sie es nicht, der über den Stuhl gestolpert ist? Lustig, mir ist nicht aufgefallen, dass die Möbel auch unsichtbar waren.“
Hermine unterdrückte ein Lächeln, aber der Rest aus Gryffindor tat es nicht. Harry sah freudig erregt aus.
„Beunruhigend“, sagte Snape. „Wirklich beunruhigend. Ihre UTZe stehen an und noch viel wichtiger, da draußen herrscht Krieg. Und dennoch behandeln Sie Ihr eigenes Überleben so achtlos.“ Er glitt durch den Raum, seine Roben wirbelten wichtigtuerisch und Hermine musste wirklich damit kämpfen, nicht zu lachen. Die Dinge, die sie an ihm am meisten eingeschüchtert hatten, erschienen jetzt offensichtlich und einfach. Er wirbelte scharf herum und für einen Moment verlor sie ihn, stellte sich vor, wie er dieses einschüchternde Stoffrascheln übte. Plötzlich war sie sich seiner Nähe bewusst, er war ihr für die Öffentlichkeit viel zu nahe und sie nahm Haltung an, gerade als er sie von hinten packte und seinen Zauberstab gegen ihren Hals drückte.
„Was werden Sie jetzt unternehmen, Miss Granger?“
Sein linker Arm hielt sie fest, presste sie an seine Seite. Sie hatte jedoch noch immer eine gewisse Bewegungsfreiheit mit ihrem Zauberarm. Leichtsinnig, dachte sie, auch wenn er es so geplant haben musste.
„Lassen Sie sie los“, sagte Harry, jegliche Belustigung war aus seinem Gesicht verschwunden. Er ging einen Schritt auf Snape zu.
„Beherrschung, Potter.“
Hermine sah die Entschlossenheit in Harrys Gesicht. Egal auf was Snape auch hinauswollte, Harry nahm es ernst. Er sah so aus, dachte sie, als ob er denken würde, dass sie von einem wirklichen Todesser gefangen gehalten wurde. Sie verspürte zwei Dinge gleichermaßen stark. Erstens war das eine Woge von Liebe für Harry. Er würde kämpfen, sich allem stellen, bevor er zulassen würde, dass ihr etwas passierte. Was auch immer sie durchzustehen hatten, sie würde bei ihm sicher sein. Das Zweite war Wut, dass er nicht sehen konnte, was Snape ihm reichte. Hier, in vollkommener Sicherheit, hatte er die Gelegenheit darüber nachzudenken, wie er sich zu verhalten hatte, sollten sie einmal gefangen genommen werden. Snape trainierte ihn genauso, wie er sie den Winter über trainiert hatte. Warum wurde er nur so von einer sorgsam anschmiegsamen Robe und einen hämischem Lächeln geblendet?
Hermine drehte ihren rechten Arm leicht, richtete ihren Zauberstab genau in ihrem Griff aus, als Harry seinen hob.
„Lassen Sie sie los“, wiederholte er.
„Noch einen Schritt und ich werde sie verfluchen.“
„Das würden Sie nicht wagen.“
„Würde ich nicht?“ Snape stieß seinen Zauberstab recht schmerzhaft in ihren Nacken.
„Expe--“
„Harry, nein! Expelliarmus würde mich auch entwaffnen.â€
„Accio Sn--“
„Wortlos, Harry, oder gar nicht! Er wird mich, bis du den Zauber ausgesprochen hast, bereits umgebracht haben.“
„Ruhe, Miss Granger.“
Sie zuckte ihren Zauberstab nach oben und dachte: Stupor! Und wusste, dass sie ihr Ziel getroffen hatte, als Snape um sie herum erstarrte. Sie schälte sich aus seinem Griff und überlegte, ob sie seinen Zauberstab nehmen sollte. Das war natürlich nur eine Übung und er würde rasend vor Wut sein, wenn sie ihn vor versammelter Klasse entwaffnete … aber war das nicht der Punkt gewesen, es als eine reale Situation zu betrachten? Sie nahm seinen Zauberstab aus seiner Hand, bevor sie ihn von dem Fluch befreite.
Snape blinzelte zweimal, als er die Situation kritisch abschätzte. Leise, so schrecklich leise, sagte er: „Meinen Zauberstab, wenn ich bitten darf.“ Unerbittlich streckte er seine Hand aus. Sie legte seinen Zauberstab in seine Hand, plötzlich außer Atem. Sie wartete auf den Abzug von Hauspunkten und das Nachsitzen, das sicherlich folgen würde.
„Ich hätte Sie in der Zeit, in der Sie Ihrem … Freund … Anweisungen zugerufen haben, mindestens drei Mal töten können.“
Sie schluckte. Er hatte natürlich Recht, aber es war eine gute Übung gewesen. Sie hoffte nur, dass Harry etwas gelernt hatte. Sie schielte zu ihm hinüber; er zitterte noch immer vor Wut.
„Harry“, begann sie, aber er ging bereits mit erhobenem Zauberstab auf Snape zu. „Harry, stopp!“
„Wie können Sie es wagen?“, donnerte er. „Das ist Verteidigung gegen die Dunklen Künste, falls Sie es noch nicht mitbekommen haben. Sie haben nicht das Recht--“
„Harry!“
„Nein, aber nicht doch, fahren Sie fort, Potter. Ich habe nicht das Recht … was zu tun?“
„Sie anzufassen!“, schrie Harry und Hermine zuckte bei seinen Worten zusammen und stellte sich vor, wie sich diese Worte für Snape anhören mussten.
Snape jedoch schien ungerührt. „Oh, ich versichere Ihnen, ich habe jedes Recht“, säuselte er. „Fünfzig Punkte Abzug von Gryffindor für Ihren Ausraster, Potter. Und ich hoffe, dass Sie an eine bessere Verteidigung denken, wenn es Ihre wirklichen Feinde sind, die Ihnen gegenüberstehen.“
Glücklicherweise war da der Unterricht zu Ende und Hermine schaffte es, Harry aus dem Kerker zu schleifen.
„Widerlicher, schmieriger Mistkerl!“, brodelte Harry, als sie die große Marmortreppe hinaufgingen.
„Geht’s dir gut, Hermine?“, fragte Ron.
„Mir geht’s gut“, schnappte sie. „Er hat mir nicht wehgetan. Er hat uns unterrichtet.“
„Das nennst du unterrichten? Er hat dich bedroht! Ich werde damit zu Dumbledore gehen. Damit wird er nicht davon kommen--“
„Also, ist es egal, was ich darüber denke? Du musst mir sagen, dass ich bedroht wurde? Ich bin ihm dankbar für das, was er heute getan hat und du solltest es auch sein.“
„Dankbar?“, fragte Ron. „Spinnst du? Warum sollten wir dankbar sein?â€
„Oh, ich weiß nicht. Vielleicht weil er uns eine Möglichkeit gegeben hat uns zu überlegen, was wir eigentlich tun sollen, wenn wir wirklich mal gefangen genommen werden? Weil er mir gezeigt hat, wie ich klar denken und Ablenkung zu meinem Vorteil nutzen soll, selbst wenn ich Angst habe? Wofür zum Teufel sollte ich nur dankbar sein?“ Sie rannte einige Stufen hinauf und die Jungen mussten sich beeilen, um mit ihr mitzuhalten.
„Ja, aber wenn er das gesagt hätte, dann hätten wir vielleicht--“, begann Ron.
„Kannst du dir vorstellen, dass Lucius Malfoy oder Bellatrix Lestrange sich vorher die Zeit nehmen und dich warnen werden? Mr. Weasley, passen Sie jetzt auf, da ich Ihre kleine Freundin hier gefangenen nehmen werde. Was werden Sie jetzt tun?“
„Du hörst dich schon wie er an“, sagte Harry angewidert.
Die beiden konnten sie mal. Sie war schon längst an dem Punkt vorbei, wo es für sie eine Beleidigung war mit Snape verglichen zu werden.
„Gut! Ich bin froh, dass du so denkst, da er der Einzige hier ist, der sich um unser Überleben sorgt! Abstinenz!“, schrie sie der Fetten Dame zu, die bei ihrem Ton leicht zusammenzuckte.
„Hör mal, Hermine“, begann Harry.
„Nein, jetzt hörst du mir zu. Du kannst ihn so viel hassen, wie du willst, Harry. Du kannst ihn beleidigen und du kannst auch glauben, dass er ein Verräter ist und was immer du auch sonst noch willst, solange es dich nur nicht davon abhält, an deinen wirklichen Feind zu denken. Aber ich werde ihm zuhören und ich werde von ihm lernen. Und wir werden noch sehen, wer seine Worte bereuen wird.“
***
Für einige Wochen war die Stimmung zwischen ihr, Harry und Ron eisig. Sie aßen noch immer zusammen, saßen noch immer im Unterricht nebeneinander und Hermine setzte ihre Rund-um-die-Uhr-Nachforschungen über die Horkruxe fort, aber es war eine Grenze gezogen worden, und auch wenn niemand es wieder erwähnte, sie alle wussten, dass sie sich auf der anderen Seite befand.
Der Morgen von Rons Geburtstag dämmerte dunkel und kalt und Hermine drehte sich in ihrem Bett herum und traf die schläfrige Entscheidung, dass sie ausschlafen würde. Es war Samstag und sie war bis drei Uhr morgens aufgeblieben, um in der Verbotenen Abteilung nach irgendwelchen Erwähnungen der Horkruxen zu durchsuchen. Harry hatte kein Glück gehabt die Erinnerung von Professor Slughorn zu bekommen, im Grunde nur, dachte Hermine, weil er blöd genug war, Rons Ratschlag in dieser Sache zu folgen, und sie war mehr als nur ein wenig verärgert über seine Unfähigkeit, da es für sie einfach nur bedeutete, dass sie Überstunden einlegen musste. Sicherlich konnten sie das Frühstück auch ohne sie überleben. Sie würde Ron sein Geschenk einfach zum Mittagessen geben.
Sie kuschelte sich tiefer in ihr Bett und griff in ihrem Kopf wieder nach dem lieblichen Traum, den sie gehabt hatte. Darin hatte sie mit Snape duelliert und sie hatte gerade ihren Zauberstab gehoben, um ihn zu verhexen, da hatte er sie in seine Arme gezogen …
Ihr Ring begann zu brennen. Mist. Sie zog den Ring von ihrem Finger und schaute verschlafen auf die Innenseite.
Krankenflügel.
Augenblicklich war sie aus dem Bett gesprungen, schnappte sich ihre Jeans vom vorigen Tag, zog sie an und schlüpfte in ihre Schuhe. Oh, nein, bitte, Gott, nein. Sie warf sich ihre Robe über, als sie die Treppe hinunter rannte, durch den Gemeinschaftsraum schoss, durch die Öffnung des Porträts tauchte, nur um in eine vertraute, schwarze Weste zu stoßen.
Snape umfasste sie fest mit beiden Händen und zog sie wieder auf ihre Füße. „Miss Granger“, sagte er. „Sie sehen wie eine Vogelscheuche aus.“
„Was? Ich dachte--“ Sie hielt inne. „Was meinen Sie mit Krankenflügel?“, zischte sie wütend.
„Weasley“, antwortete er knapp. „Vergiftung. Ich habe erkannt, dass Sie vielleicht die falschen Schlüsse ziehen würden, also bin ich gekommen, um Sie-â€
„Was ist passiert? Geht es ihm gut?“
„Ich weiß die Einzelheiten nicht, aber im Moment ist er stabil. Potter hat anscheinend etwas von dem behalten, was ich versucht habe ihm beizubringen und ihm einen Bezoar den Hals hinunter geschoben. Madam Pomfrey kümmert sich jetzt um ihn. Ich habe angenommen, dass Sie es vielleicht wissen wollten.“
„Ja, natürlich. Danke.“
Sie eilte zum Krankenflügel und Snape schritt neben ihr her. „Sir, denken Sie, es wäre besser, wenn Sie--“
Er sah sie seltsam an. „In der Tat. Ich entschuldige mich dafür, Sie erschreckt zu haben.“
„Nein, entschuldigen Sie sich nicht. Ich bin Ihnen sehr dankbar.“
Er antwortete nicht, sondern bog scharf in den nächsten Korridor ab. Nun, das lief nicht so gut. Sie hatte nicht sagen wollen … Aber ändern konnte sie es jetzt auch nicht mehr. Sie konnte ihre Zeit nicht damit verschwenden hinter Snape her zu rennen, wenn Ron vergiftet war. Ihre Gedanken rasten. Wo konnte er sich vergiftet haben? Unfreiwillig wanderten ihre Gedanken zu Draco … wenn Snape Recht hatte und Draco an dem Zwischenfall mit Katie Bell beteiligt gewesen war … Sie schob den Gedanken zur Seite. Doppelblind. Aber wenn Ron in Gefahr war, dann würde er doch sicherlich nicht von ihr verlangen-
Hermine stieß durch die Tür des Krankenflügels, wo sie die Weasleys und Harry an Rons Seite vorfand.
„Was ist passiert? Ich bin sofort gekommen, als ich es erfahren habe!“ Zu spät erkannte sie, dass sie niemanden sagen durfte, von wem sie die Neuigkeiten hatte, aber glücklicherweise fragte niemand danach.
Sie setzte sich neben Harry und hörte genau zu, als er, sicherlich schon zum hundertsten Male, seine Geschichte erzählte, angefangen bei den Schokoladenkesseln (Ich habe dich gewarnt!, das konnte sie sich einfach nicht verkneifen) und wie er Ron mit in Slughorns Büro genommen hatte. Sie wollte gerade einen gemeinen Kommentar über die Unfähigkeit des Halbblutprinzen abgeben ein Antidot zu brauen, aber sie hielt sich zurück, als sie erkannte, dass Harry ohne dieses verdammte Zaubertränkebuch niemals gewusst hätte, wie er Rons Leben hätte retten können. Sie sendete dem Prinzen ein zwiespältiges Stoßgebet zu, wer auch immer er sein mochte.
„Aber ihm geht es gut?“, fragte Hermine, als Harry mit seiner Geschichte fertig war.
„Professor Slughorn und Madam Pomfrey scheinen es zu denken“, sagte Harry. „Er muss etwa eine Woche hier bleiben… und immer schön Weinrautenessenz einnehmen…“
Hermine brach in Tränen aus. Ihr Herz raste noch immer und das war einfach zu viel. Wie hatte sie sich nur so weit von ihren Freunden entfernen können? Zurückblickend konnte sie sehen, wie sich die Ereignisse gestapelt hatten – Romilda und diese getürkte Schokolade, die verfluchte Kette, Rons Geburtstag, das Buch des Halbblutprinzen – alles zusammen ergab in ihrem noch immer verschlafenen und schuldigen Kopf einen schrecklichen Sinn. Wie hatte sie es nur nicht kommen sehen können? Wäre es passiert, wenn sie rechtzeitig aufgewacht und zum Frühstück gegangen wäre? Warum hatte sie sich in letzter Zeit nicht um sie gekümmert? Sie hatte sie einfach ihrer blöden Verfolgung von Malfoy überlassen! Und das Schlimmste, das, was sie sich kaum selbst eingestehen konnte, wie viel ängstlicher sie gewesen war, als sie noch gedacht hatte, dass es Snape gewesen war, der im Krankenflügel liegen würde. War sie herzlos? Ihr bester Freund lag hier bewusstlos und sie sorgte sich noch immer um ihren versehentlichen Zusammenstoß mit Snape im Korridor. Was stimmte nicht mit ihr?
Ungeschickt legte Harry einen Arm um sie, offensichtlich glaubend, dass sie überwältigt vor Sorge um Ron war. Sie schluchzte noch härter, ihren verräterischen Verstand und ihr dummes Herz hassend. Sie war immer die Vernünftige von ihnen gewesen. Sie litt nicht an irgendwelchen Verliebtheiten, sie rannte nicht wie Harry und Ron ohne vorher zu überlegen los; sie glaubte an Logik und Vernunft und Beobachtungen. Sie setzte Prioritäten. Und dennoch schienen ihre Prioritäten von einem höhnischen, zynischen Mann, der doppelt so alt war wie sie, der sie die halbe Zeit über nur wütend machte und die andere Hälfte damit verbrachte immer und immer wieder auf unzähligen Wegen, zu beweisen, das trotzt ihrer Jugend, ihres Hauses, ihrer Abstammung – dass trotzt allem – er sich um sie sorgte, vollkommen durcheinander gebracht wurde.
Ginny kam um das Bett herum und umarmte Hermine von der anderen Seite. Wie war es möglich, sich so sehr selbst zu hassen und sich gleichzeitig so geborgen zu fühlen? Sie erlaubte sich, in die Arme ihrer Freunde zu sinken und alles heraus zu weinen, was sich in ihr aufgebaut hatte. Jeder hier, jeden, den sie liebte, war, um Mrs. Weasleys Uhr zu zitieren, in Lebensgefahr. Rons Vergiftung war sicherlich nur erst der Anfang von dem Schrecken, die sie sich noch gegenüberstellen mussten. Nicht mehr lange, so wusste sie, würden sie, Ron und Harry Hogwarts und selbst die Annehmlichkeiten des Krankenflügels verlassen. Vielleicht, wenn das nächste Mal einer von ihnen verletzt sein würde, würde sie sich um ihre Wunden kümmern. Es war genug, um jeden mit Schrecken und Selbstzweifeln verrückt zu machen. Und dennoch zog sie Trost aus Harrys und Ginnys Umarmung und noch mehr Trost aus dem Mann, der ihr zeigte, wie sie überleben konnte. Wenn sie es schafften, würden sie Snape danken müssen. Aber was ist mit seinem Überleben? Wer würde sich um seine Wunden kümmern, sich an seiner Bettseite Sorgen machen? Wenn er zu den Todessern zurückkehrte, wer würde da schon wissen oder sich darum kümmern, ob er in Schwierigkeiten war?
„Ihm wird es gut gehen, Hermine“, flüsterte Harry.
Sie schniefte ein letztes Mal und setzt sich wieder auf. „Ich hoffe es“, sagte sie, auch wenn es nicht Ron war, an den sie dachte.
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