von Xaveria
„Ich--“ Hermine war schockiert von dem Zorn in Snapes Stimme. Sie war mit der Wache an der Reihe gewesen, als ihr Ring zu brennen begann und sie war äußerst dankbar, dass die Jungs im Zelt schliefen und sie das Gemälde von Schulleiter Black unbemerkt aus ihrer Tasche ziehen konnte. Also wusste er offenbar von dem Ministerium. Wie viel vermutete Voldemort? Sie berührte das Medaillon, das gegen ihr Oberteil ruhte. Es war kalt und bösartig unter ihren Fingerspitzen. Sie wollte nicht, dass es ihre Haut berührte.
Es sah ganz danach aus, dass es wohl zu viel verlangt war, heute Nacht getröstet zu werden. Sie zitterte leicht im Wind. Es war gerade mal früher Herbst, aber die Nächte waren eiskalt und Hermine war bereits bis auf die Knochen durchgefroren.
„Haben Sie überhaupt eine Ahnung davon, welche Gefahr Sie uns heute ausgesetzt haben?“, donnerte er. „Welchen plausiblen Grund können Sie wohl gehabt haben, um ins Ministerium zu gehen?“
„Sir, ich kann nicht ...“
„Ich sage Ihnen, was Sie nicht können, Miss Granger. Sie können nicht jeden retten. Ihre Aufgabe ist es, Potter zu retten. Potter! Ihn mit ins Ministerium zu nehmen! Das Ministerium, welches jetzt von Voldemort geführt wird! Und beleidigen Sie uns beide nicht, indem Sie vorgeben, dass es nicht Ihre Idee gewesen war - es wäre einfach unmöglich für Potter und Weasley gewesen, ohne Sie in dieses Gebäude zu gelangen.“
Also glaubte er, dass sie gegangen war, um die Muggelgeborenen zu retten. „Ich habe mir den Plan ausgedacht, ja; aber Sir, Sie verstehen nicht. Wir haben nicht ...“
„Sie haben was nicht? Sie haben nicht nachgedacht? Wie außerordentlich offensichtlich. Sie wissen schon, dass wenn man Sie geschnappt hätte, was ich dann hätte tun … Miss Granger, wenn man Sie geschnappt hätte, dann hätte man Sie mit aller Wahrscheinlichkeit umgebracht.“
„Würden Sie wohl aufhören, mich zu unterbrechen? Ich versuche es gerade zu erklären“, zischte sie, als sie das Gemälde unter Harrys Tarnumhang näher an sich heranzog.
Phineas Nigellus Black würgte einen Protest, aber Professor Snape antwortete: „Black! Sie mögen sich über Miss Grangers Unverfrorenheit später beschweren, aber nicht bis diese Unterhaltung vorbei ist!“
Hermine wartete einen Moment, überzeugt, dass sich der schwarze Schuh in der unteren linken Ecke zurückziehen würde, aber er blieb. Sie verlagerte leicht ihr Gewicht und das Laub raschelte unter ihren Füßen. Sie spürte, wie die Feuchtigkeit ihre Turnschuhe durchdrang. Sie atmete einmal tief durch. „Ich weiß, dass wir ein Risiko eingegangen sind. Wir kannten die Gefahr für Harry, für alle von uns, wenn man uns erwischt hätte.“
„Miss Granger“, sagte er mit einer Stimme aus flüssigem Eis. „Ich habe gedacht, dass Sie verstanden hätten, dass Potter unter allen Umständen beschützt werden muss. Er muss Voldemort besiegen.“
„Ich verstehe das! Hören Sie mir zu. Wir mussten in das Ministerium gehen! Da gab etwas, was wir brauchten – für den Plan. Für Dumbledores Plan.“
Es herrschte ein langes Schweigen und sie begann sich zu fragen, ob er verschwunden war. Sie sprach in die Dunkelheit.
„Hören Sie – Professor – Sie wissen, dass ich es Ihnen nicht erzählen kann. Das wissen Sie. Aber da gab es etwas im Ministerium, was Sie-wissen-schon-wem gehörte. Etwas, was wir holen mussten.“
„Der Dunkle Lord hat nichts vermisst gemeldet“, antwortete Snape kühl.
„Danke Gott. Oh, Sir, Sie glauben gar nicht wie erleichtert ich bin. Das bedeutet, mein … mein Kopierzauber hat funktioniert.“
„Sie haben das Objekt kopiert?“
„Ja.“
„Das war … ein guter Gedanke, Miss Granger.“
„Danke, Sir.“
„Wo sind Sie? Yaxley hat gesagt, dass er die Sicherheit vom Grimmauldplatz passiert hatte.“
Es war schwierig für sie das Zittern aus ihrer Stimme zu verbannen. „Hatte er. Er hat mich geschnappt, als ich apparierte und ich konnte ihn nicht abschütteln. Ich … ich habe ihn genau vor die Haustür gebracht, Sir. Es tut mir wirklich leid. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also habe ich mir nur die Jungs geschnappt und bin verschwunden … Ron wurde dabei gesplintert. Uns geht es gut. Ist es … sollte ich … müssen Sie wissen, wo wir sind?“
„Sind Sie sicher? Das heißt, ist Potter sicher?“
„Ich habe die Zauber benutzt, die wir besprochen haben.“
„Ich vermute, dass es reichen muss.“
„Sir – da ist noch etwas.“
Er seufzte. „Noch etwas?“
„Ja. Als wir im Ministerium waren, wurden wir getrennt – das war auch der Grund, warum wir in diese Verhandlungen verwickelt worden waren.“ Sie sagte es, als ob sie Skele-Wachs schlucken würde.
„Verstehe. Es ist genauso gut, denke ich. Lord Voldemort glaubt, dass Sie--â€
„Ja, das habe ich verstanden“, sagte sie bestimmt, bevor sie fortfuhr. „Meine Akte war in diesem Gerichtssaal.“
„Ich habe Ihnen gesagt, dass der Dunkle Lord-“, begann, er resigniert.
„Interesse an mir hat. Ja, ich weiß. Aber, Sir, unsere Urkunde war dort.“
Sie lauschte bedacht auf den Klang seiner Stimme. Es war unerträglich ihn nicht zu sehen, nicht seinen Gesichtsausdruck hinter den Worten, die er sagen musste, zu sehen. „Wirklich?“, sagte er. Seine Stimme war fest, aber sie dachte trotzdem, so etwas wie Angst darin zu hören.
„Haben Sie etwas davon gehört?“
„Habe ich nicht. Jedoch denke ich, dass ich wohl dem Ministerium einen Besuch abstatten muss. Ich will nicht...“
„Das brauchen Sie nicht, Sir. Ich habe sie gestohlen.â€
„Sie haben sie gestohlen?“
„Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte! Ihre Position unter den Todessern ist entscheidend für Harrys Erfolg. Der gesamte Plan wäre zerstört, wenn wir entlarvt werden. Also habe ich sie genommen. Nur unsere Urkunde – alles andere über mich … habe ich dort gelassen.“
„Was haben Sie damit vor?“, fragte er flüsternd.
„Ich—ich will nicht … das heißt, ich weiß nicht, ob … Sir, ich weiß nicht, wie ich es vernünftig sagen soll.“
Wieder Schweigen, aber Hermine fantasierte, dass sie sich Snapes Gesicht vorstellen konnte, die angespannte Falte zwischen seinen Augenbrauen, die Art, wie sich sein Gesicht verzog, wenn er sich auf etwas vorbereitete, was er nicht tun wollte.
„Machen Sie sich um den Zustand unserer Verbindung Sorgen, sollten die Papiere zerstört werden?“
„Wenn ich sie zerstört hätte, wären wir dann noch immer verheiratet?“, fragte sie in einem leichten und aufrichtigen Ton, der ihre Ängste überspielte.
„Hermine“, flüsterte er so leise, dass sie ihn kaum hören konnte. Seine Stimme war kaum mehr als nur ein Hauch, als er ihren Namen aussprach. „Dumbledore wollte durch unsere Hochzeit sicherstellen, dass Sie mich nicht verlassen. Sie haben bewiesen … Sie haben mir gegenüber eine unglaubliche Loyalität erwiesen. Selbst wenn diese Ehe aufgelöst werden würde, wäre der Plan noch unversehrt.“
„Aber ich will …“ Sie verstummte. Was sie wollte, hatte keinen Platz in dieser Diskussion. „Sir, ich will Aufzeichnungen für Ihre Verhandlung.“
„Für meine Verhandlung?“
„Das war meine Aufgabe, schon vergessen? Ich sollte eine Verteidigung für Sie im Anschluss aufbauen. Die Papiere – sie werden unsere Geschichte von Dumbledores Plan bestätigen. Wir brauchen sie.“
„Nein. Wir brauchen sie nicht. Es wird keine Verhandlung geben, Miss Granger. Ich werde nicht lang genug leben, um eine zu rechtfertigen und Dumbledore selbst erwartet mein Überleben noch nicht einmal. Sie wissen sehr wohl, dass unsere Vereinigung zum Wohle Potters und nicht für mich geschlossen wurde. Offen gesagt überrascht es mich, dass die Papiere nicht schon vor langer Zeit zerstört worden sind. Ich hätte gedacht, dass sich Moody darum gekümmert hätte.“
„Tut mir Leid, Sir. Ich fürchte, das war meine Schuld.“ Hermine wappnete sich. Snape würde fuchsteufelswild sein.
„Wie bitte?“
„Er hatte mich gefragt – kurz bevor er gestorben ist, hatte er mich gefragt, ob ich möchte, dass sie zerstört werden.“
„Er hat Sie gefragt?“
„Ja.“
„Und Sie ...“
„Ich habe ihm Nein gesagt. Sir, es tut mir leid! Ich wusste sofort, dass es die falsche Entscheidung gewesen ist, ich schwöre es. Ich wollte ihm sagen, dass ich meine Meinung geändert habe. Er hat mich einfach nur überrascht! Und dann ist er gestorben“, sagte sie.
„Sagen Sie mir, dass Sie nicht in das Ministerium gegangen sind, um Ihren Fehler wieder gut zu machen.“
Ihren Fehler. „Ich würde Sie niemals anlügen, Sir. Wir sind dort gewesen, um diese … diese Sache von Sie-wissen-schon-wen zu holen. Dass ich die Papiere gesehen habe, war nur Zufall.“
Er schwieg erneut. Sie wartete.
„Und Sie wollen sie behalten. Für die Verhandlung.“
„Ja.“
Sie fasste sein Schweigen als Zustimmung auf. „Sie wissen, dass Sie weiterziehen müssen?“
„Ich habe gedacht, vielleicht noch eine Nacht hier und dann werden wir weiter gehen.“
„Gut. Wenn Sie mich wissen lassen könnten - natürlich, nachdem Sie verschwunden sind – wo ihr gewesen seid, wäre es eine wirkliche nützliche Information.“
„Sicherlich.“
„Sie haben gesagt, Weasley wurde gesplindert, nicht wahr? Konnten Sie ihn heilen?“
„Ja, Sir. Ich wünschte, ich hätte es besser machen können, aber ich habe ihn geheilt.“
„Ich bin mir sicher, dass Sie es adäquat gemeistert haben.“
„Danke. Und Sie, Professor? Wie geht es Ihnen?â€
„Mir geht’s gut, Miss Granger“, antwortete er flüsternd. „Halten Sie mich auf den Laufenden.“
„Ja, Sir.“
„Gute Nacht dann.“
„Gute Nacht.“
Der Wind nahm zu und ließ noch mehr Laub auf den Boden fallen. Die Geräusche der Nacht, verstohlenes Kratzen und schwermütige, einsame Rufe erschienen lauter denn je ohne die Ablenkung des Porträts. Sie schaute hinunter auf ihre Uhr. Es war fast zwei Uhr morgens. Ihre Wache endete um vier. Ihr Blick fiel zurück auf das Gemälde – für einen kurzen Augenblick war ihr so … sie dachte, sie hätte eine Bewegung in der Ecke erkannt. Sie beugte sich zum Porträt hinunter – es erschien leer, außer dieser Punkt in der unteren linken Ecke … war etwas dunkler als der Rest?
Sie hörte Gescharre, Kratzen. Ein Stuhl, der zurückgedrückt wurde. Und dann … Stimmen … zuerst gedämmt und sie presste ihr Ohr fast ganz gegen die Leinwand. War Phineas Nigellus geblieben? Wollte er, dass sie das hörte?
„… es ist weitaus mehr, als ich vermutet hatte“, sagte eine Stimme. Dumbledore?
Und dann antwortete Snapes, viel deutlicher. „Ich versichere Ihnen, ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.“
„Sie haben mir nie gesagt, dass Sie es für richtig erachtet haben, die wahre Natur Ihrer Ehe mit Miss Granger zu teilen.“
„Es war kaum ein Gedankensprung, Dumbledore. Sie haben in der Vergangenheit nur allzu deutlich klar gemacht, dass Potters Erfolg oberste Priorität besitzt.“
„Und Sie haben es mit ihr geteilt.“
„Ich musste es nicht mit ihr teilen, wie Sie es sagen. Sind nicht Sie derjenige, der immer beharrt hatte, dass das Mädchen ein Genie sei? Außerdem war es wohl kaum ein Geheimnis. Potter braucht Unterstützung und sie ist dort, um sicherzustellen, dass er sie auch erhält. Und wenn Sie schon in dieser transparenten Verfassung sind, darf ich Sie dann fragen, warum Sie nicht veranlasst haben, die Trauungsurkunden zu zerstören.“
„Ich befürchte, ich habe heute Abend selbst erst davon erfahren. Ich weiß nicht, warum Alastor der Meinung war, Miss Granger zu konsultieren ...“
„Hermine, Albus. Sie haben das Leben des Mädchens zerstört. Nennen Sie sie Hermine. Und vielleicht hat er sie aus reiner Nettigkeit konsultiert! Sie haben sie nicht konsultiert, bevor Sie sie für Harry Potter ausgebeutet haben!“
„Ich habe ihr jede Möglichkeit zu wählen ...“
„Sie haben ihr nicht erlaubt, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Sie dachte, sie würde mich beschützen.“
„Und Sie scheinen alle Vorteile aus ihrer Zuneigung zu ziehen.“
Es gab einen Knall und Hermine atmete aus, ohne bemerkt zu haben, dass sie die Luft angehalten hatte. Es hörte sich so an, als ob Snape etwas kaputt gemacht hatte. Vor Wut oder Scham?
„Was genau wollen Sie damit andeuten?“
„Ich habe Sie mit Miss Granger vermählt, weil ich geglaubt habe, dass Sie sich Lily Evans Erinnerung verschrieben haben.“
„Ja, das war mehr als deutlich, Albus. Sie haben sich auf mein verdrehtes, schwarzes Herz verlassen.“
„Zum Wohle des Mädchens, Severus. Mädchen in ihrem Alter können so einfach beeinflusst ...“
„Mädchen in ihrem Alter“, knurrte Severus und wäre Dumbledore mehr als ein Porträt gewesen, hätte Hermine um sein Leben gebangt. Sie kniff kurz bei der Ironie dieses Gedanken ihre Augen zusammen. „Mädchen in ihrem Alter. Sie haben ein junges Mädchen geopfert, genauso wie Sie es beabsichtigt ...“
„Es besteht die Möglichkeit, dass sie den Krieg überlebt“, unterbrach Dumbledore ihn. „Ich habe das Mädchen nicht dem Tod verschrieben. Ich habe lediglich angenommen, dass es besser wäre, wenn sie sich nicht irgendwelchen romantischen Vorstellungen hingäbe. Hermine ist praktisch; sie wird durch ihr Pflichtgefühl motiviert, aber sie ...“
„Reden Sie nicht über sie, als ob Sie ihr Herz verstehen würden, Dumbledore. Hermine ist nicht wie die Mädchen ihres Alters. Sie ist motiviert durch Ehre, durch Licht. Sie ist eine Hexe, die im Krieg aufwächst. Sie kümmert sich nicht um hübsche Dinge oder ...“
„Und warum sind Sie sich dessen so sicher, Severus? Sind Sie eines der hässlichen Dinge, um die sie sich sorgt?“
„Sie überschreiten eine Grenze, alter Mann!“
„Zeigen Sie mir Ihren Patronus.“
Es herrschte ein langes Schweigen, in dem Hermines Gedanken mit dem, was sie gehört hatte, rasten. Snape hatte sich Lily Evans verschrieben? Lily Evans war Harrys Mutter. Und warum hat Dumbledore darum gebeten Snapes Patronus zu sehen? Sie zermarterte sich ihr Gehirn. Was war Snapes Patronus? Hatte sie ihn jemals gesehen? Aber unter der Oberfläche ihrer Gedanken brodelte etwas Warmes und Dickes, etwas, was sie umhüllte und ihr Kraft gegen die Kälte und der Dunkelheit spendete.
„Expecto Patronum!“ Seine Stimme hallte stark und deutlich von dem Rahmen und Hermines Blick glitt zur Leinwand, als ob sie dort seinen silbernen Patronus würde sehen können. Aber natürlich war da nichts.
Dumbledore sprach. „Sehr wohl. Aber Sie haben vorhin etwas gesagt, was mich beunruhigt, Severus. Etwas, was mich zutiefst beunruhigt. Sie sagten: ‚Sie wissen schon, dass wenn man Sie geschnappt hätte, was ich dann hätte tun--‘ Wie war das Ende dieses Satzes?“
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“
„Ich denke, das wissen Sie. Und ich denke, wir wissen beide, wie dieser Satz geendet hätte. Ich warne Sie, Severus ...“
Sie musste sich anstrengen, um Snapes nächste Worte zu hören, da seine Stimme kaum mehr als ein flüsterndes Zischen war. „Ich wünschte, Sie würden noch leben, damit ich Sie erneut töten könnte. Und diesmal mit Freude.“
Dumbledore lachte, aber es lag keine Fröhlichkeit darin. „Wie dem auch sei. Sie sollten in Zukunft genau Ihre Optionen überdenken. Sie setzen Ihren Glauben auf ein siebzehnjähriges Mädchen.“
„Ich vertraue Miss Granger bedingungslos. Wie Sie es auch sollten, Dumbledore. Muss ich Sie daran erinnern, dass Sie es waren, die uns zu dieser verdammten Ehe gezwungen haben?“
„Alles, um was ich bitte, ist, dass Sie sich darauf besinnen, wo Ihre Loyalität liegt. Denn, an den Tag, an dem Sie das Mädchen über den Plan stellen, ist der Tag, an dem die Zauberwelt verloren ist.“
Es folgte ein weiteres Krachen. „Diese Unterhaltung ist beendet“, sagte Snape.
***
„Durchaus“, antwortete Dumbledore und seine Stimme nahm wieder diesen sanften, heiteren Ton an, den er bevorzugte. Snape zuckte, um seinen Zauberstab auf das Porträt zu richten, damit er es in Fetzen reißen konnte.
„Wollen Sie noch etwas hinzufügen?“, raunte Phineas Nigellus garstig. „Nichts, was Sie Miss Granger noch sagen wollen? Ich bin mir sicher, das arme Mädchen befindet sich mittlerweile in ziemlich schlechter Verfassung.“
Snape wirbelte herum, um das Porträt von Schulleiter Black anzustarren und trat einige schwere Schritte vor.
„Wollen Sie mir gerade sagen, dass Sie die Verbindung offen gehalten haben?“, fragte er gefährlich.
„Natürlich habe ich das. Sie haben mir nicht gesagt, dass ich sie schließen soll. Und ich erdreiste mich sicherlich nicht, mich einzumischen. Nicht nachdem ich einen Tadel dafür bekommen habe, dass ich es wagte, meine Meinung zu dem, was vielleicht heute Abend angebracht gewesen wäre, zu äußern.“
Snape wusste nicht, welches Porträt er zuerst zerstören sollte. Grundgütiger Gott, was hatte er gesagt? Was hatte sie gehört? Wie lange würde es dauern, es alles rückgängig zu machen, um wieder ...?
„Miss Granger“, bellte er.
Er konnte ihren schweren Atem hören. „Ja, Sir.“
„Ich entschuldige mich jegliches Leid ...“
„Professor“, sagte sie bestimmt. „Machen Sie sich keine Gedanken. Sie wurden zum Äußersten getrieben. Bitte versichern Sie den ehemaligen Schulleiter Dumbledore, dass wir uns beide sehr wohl bewusst sind, wo unsere Loyalität liegt.â€
Das Grinsen flog fast wider Willen auf seine Lippen. Hermine war aus Stahl. Und dass sie so offensichtlich, wie er selbst Dumbledore angreifen wollte, ließ sein Verlangen nach ihr nur noch ansteigen, dass seine Augen anfingen zu brennen. Er schloss sie schnell. Sie hörte sich durch und durch wie eine Löwin an. Niemand hatte jemals …
„Werde ich“, antwortete er tonlos. „Danke, Miss Granger. Ich werde den ehrenhaften Schulleiter Black jetzt darum bitten, die Verbindung zwischen den Porträts zu beenden.“
„Natürlich. Ich werde mich melden, sobald wir sicher weiter gezogen sind.“
„Sehr wohl.“ Er hielt kurz inne und entschied, dass sie gegen einen weiteren Hieb in Dumbledores Richtung nichts auszusetzen hätte. „Gute Nacht, Hermine.“
Er hörte gerade noch ihr Lachen. „Gute Nacht.“
„Schulleiter Black, wenn Sie so freundlich wären.“
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles von Schulleiter Black in sein Porträt im Büro zurückgekehrt war, machte er eine Show daraus seinen Stuhl, den er vorhin umgeschmissen hatte, bewusst und selbstgefällig wieder zu richten. Er richtete seine Papiere auf den Schreibtisch, entledigte sich seiner Robe und hängte sie an den Ständer an der Tür. Mit seinem Zauberstab löschte er alle bis auf eine Lampe und ging hinüber zu der Tür, die ihn seine Gemächer führen würde.
Dumbledore beobachtete ihn die ganze Zeit von seinem Porträt aus. Snape konnte den Blick des alten Mannes auf sich spüren, aber er weigerte sich, mit ihm zu reden.
„Sie ist Ihnen sehr treu“, bemerkte Dumbledore schließlich.
Snape blickte scharf in die glasklaren, blauen Augen des Mannes, da keinerlei Anschuldigung, wie zuvor, in seiner Stimme lag. Er hatte den flüchtigen Gedanken, dass es wirklich zu schade war, dass man kein Legilimentik bei einem Porträt anwenden konnte.
Snape drehte sich um und verließ schweigend den Raum. Er betrat sein Schlafzimmer und machte sich daran den Rest seines Gewandes abzulegen. Es war nach drei Uhr und die Müdigkeit schmerzte in seinen Knochen und doch kam sein Verstand nicht zur Ruhe. Er dachte wieder an Dumbledores standhaften blauen Augen. Warum wurde er das Gefühl nicht los, dass der alte Mann wusste, was Phineas Nigellus im Schilde geführt hatte? Was hatte er mit seinen letzten Worten gemeint?
Snape kroch in sein Bett, spürte seine knarrenden Gliedmaßen nachgeben, Gliedmaßen, die den ganzen Tag vor Schrecken und Angst angespannt gewesen waren. Sie ist Ihnen sehr treu.
Er konnte sich nicht vorstellen, wo sie war. Einige Male während ihrer Unterhaltung dachte er Laubrascheln oder das Heulen einer Eule gehört zu haben, aber das hätte auch Potters prahlerischer Vogel sein können. Es war unmöglich zu sagen. Obwohl sein Blut noch immer vor Schrecken bei den Gedanken daran, dass sie heute Nachmittag im Ministerium gewesen war, sang, war er doch erleichtert, dass es irgendeinen Plan zu geben schien und dass sie ihre idiotischen Begleiter erfolgreich dadurch führte. Plötzlich wurde er wieder von Wut ergriffen. Er wollte von seinem Bett aufstehen und zurück in sein Büro stürmen. Dumbledore hatte kein Recht ihr Ansehen zu schmälern, darauf zu bestehen sie mit dem Rest dieser törichten, hormongesteuerten Närrinnen ihres Alters gleichzusetzen. Niemand außer Hermine hätte Potter und Weasley unversehrt in das Ministerium und wieder hinausführen können.
Er schloss seine Augen und begann langsam und tief, ähnlich schläfrig, durchzuatmen. Es war spät und noch einmal die Unterhaltung mit Albus durchzuspielen, würde nichts ändern. Snape hatte schon lange schlaflose Nächste erlitten und er hatte gelernt, dass wenn er so tat, dass er schlafen würde, dann konnte er manchmal seinen Körper überlisten. Er atmete erneut tief durch und stellte sich einen dunklen, schwarzen Himmel vor.
Langsam gab er sich dem Bild hin. Gegen den Himmel sah er die nackten, einsamen Äste, die sich inzwischen schnell ihrem Laubwerk entledigt hatten. Als er zuerst das eine Bein entspannte und dann das andere, hörte er das Pfeifen des Windes und sah wie die Äste wehten. Eine Wolke trieb vor den silbernen Mond. Er löste seine Faust. Die Sterne funkelten unnachgiebig am Himmel. Er atmete aus.
Sein letzter Gedanke galt Hermine, wie sie ruhig, wartend im Laub saß. Sie ist Ihnen sehr treu, flüsterte sein Verstand. Und er schlief.
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