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Fanfiction

Second Life - 29

von Xaveria

Zum zweiten Mal wachte er draußen vor Hogwarts auf. Das erste Mal war er im Schnee aufgewacht und dann hatte er die flüchtige, unglaubliche Tatsache verarbeitet, dass der Dunkle Lord ihn hier liegen gelassen hatte – liegen gelassen! Wenn er die gesamte Nacht bewusstlos gewesen wäre, wäre er mit aller Wahrscheinlichkeit an Unterkühlung gestorben und wer hätte dann die Schule dieses Mistkerls geführt? – hatte er es geschafft vor die Tore Hogwarts zu apparieren. Er hatte dort, was sich wie Stunden anfühlten, gegen das schwere Eisentor gelehnt und hatte versucht genug Kräfte zu sammeln, um aufzustehen und ins Schloss zu gehen. Der Wind hatte an seinem blutverschmierten Gesicht gerissen. Voldemort hatte die Peitsche nicht bei sich, also hat er sich mit Schnittzauber begnügt.

Es hätte schlimmer sein können. Er hätte auch Sectumsempra benutzen können. Zumindest schlossen sich diese Wunden bereits.

Als er dort saß und versuchte mit seinem Gewand ein Schild zwischen seinem Gesicht und der Luft zu bringen, begann er zu grübeln. Warum hatte Albus dies nicht kommen sehen? Umso verzweifelter Potter und Hermine wurden, umso mehr Zeit verstrich und ihre eigenen Optionen ausrannten, desto leichtsinniger wurden sie. Auf dem niedersten Niveau erschien es ihm richtig und er konnte sich nicht vorstellen, warum Dumbledore es nicht vorhergesehen hatte. Er würde nicht mehr länger warten und ihnen das Schwert von Gryffindor aushändigen. Sie mussten es wissen; sie mussten etwas Produktives tun, um ihre Köpfe auszulüften und sie wieder zurück auf den Kurs bringen. Er berücksichtigte nicht, wie dringend er Hermine sehen, ihre Haut berühren und wissen musste, dass es ihr gut ging. Er hatte sie durch die Luft fliegen sehen, hatte sie verschwinden gesehen, aber es war nicht dasselbe – nicht dasselbe, wie sie zu spüren, lebendig und vollkommen unter seinen Händen. Sobald es ihm gut genug ging, um wieder zu reisen, würde er ihr das Schwert bringen. Er würde seine Frau noch vor Neujahr erwarten.

Dieser Gedanke stärkte ihn und er schaffte es, aufzustehen. Selbst wenn er langsam lief und der Wind ihn jeden Schritt zu verweigern schien, schaffte er es zum Schloss.

***

Hermine hatte versucht Snape durch das Porträt zu erreichen, aber Phines Nigellus würde ihm nur sagen, dass der Schulleiter bereits seit einigen Tagen nicht mehr da war. Sie fürchtete sich davor wieder den Ring zu benutzen, da sie nicht wusste, wo er gewesen war, als er ihre Nachricht erhalten oder was es ihm gekostet hatte, ihr zu antworten. Warum hatte sie noch nichts von ihm gehört? Zwischen Harrys Verfassung und Snapes Schweigen, befand sich Hermine in einem Zustand von kaum unterdrückter Panik.

Sie waren in den Wald in Süden von Wales appariert. Mit einem schrecklichen dumpfen Aufschlag war Harrys Körper auf den Boden gefallen und Hermine sah, dass er nicht bei Bewusstsein war. Nicht schlafend, aber auch nicht wach. Er schwafelte zusammenhangslos, manchmal schreiend und manchmal lachend. Sie dachte sofort an das, was er ihr an ihrem Geburtstag gesagt hatte. Du hast nicht geschlafen. Zumindest keinen Schlaf, den ich jemals gesehen habe.

Sie vollführte den Muffliato-Zauber und umkreiste ihn eng, gerade groß genug, um das Zelt zu holen und die Schutzzauber darauf zu legen. Dann fiel sie neben ihm auf die Knie und riss seinen Mantel auf. Sie zog an dem Horkrux, welches sich direkt durch Harrys Oberteil in seine Haut darunter gebrannt hatte. Die blaue Baumwolle war versengt und um das Medaillon herum zerfranst. Sie versuchte es von Harrys Brust zu ziehen, aber es rührte sich nicht. Das Ding schien mit einem unsagbaren Herzschlag zu pulsieren, welcher sich immer mehr Harrys anglich. „Accio Horkrux!“, sagte sie, aber das Ding bewegte sich nicht in ihrer Hand. Sie versuchte einen Antiklebezauber, aber ohne Erfolg. Schließlich hob sie ihren Zauberstab und richtete ihn auf Harrys Brust. „Diffindo!“, flüsterte sie, nicht wagend zu tief zu gehen. Mit ihrem Zauberstab schnitt sie das Medaillon aus Harrys Haut und warf es zur Seite. Sie griff nach ihrer Tasche unter ihren Mantel und holte etwas Diptam aus den Tiefen. Ein Tropfen fiel auf das grässliche Loch in Harrys Brust und sie sah, wie es dampfte und zischte… und dann verheilte. Sie benutzte den Zauberstab, um seine Ärmel wegzuschneiden. Sie meinte gesehen zu haben, wie Naginis Fangzähne ihn dort gestreift hatte…

Da waren Kratzer – zwei Stück, lang und rot. Aber sie hatten kaum die Haut durchbrochen. Sie berührte das Vita Secundus, das in ihrer Hosentasche ruhte. Noch nicht. Nicht bis Snape ihr sagte, dass es keine andere Möglichkeit mehr gab. Sie schmierte ein paar Tropfen des Diptams auf die Kratzer und sah zu, wie sie verheilten. Wenn er nicht aus diesem albtraumhaften Zustand aufwachte, wenn es sich verschlimmerte… also, dann vielleicht. Aber jetzt noch nicht.

Als sie einmal zufrieden war, dass Harry wieder einigermaßen sicher und nach ihren Kräften nach geheilt war, zog sie das Zelt aus ihrer Tasche und legte es auf den Waldboden. Sie zielte mit ihrem Zauberstab darauf und es sprang auf, die Heringe fuhren selber in den Boden. Mit einem Schwebezauber beförderte sie Harry ins Innere und legte ihn auf sein Bett und deckte ihn mit der Hand zu. Er wimmerte und kämpfte gegen ihre Berührung, aber sie blieb hart.

„Harry“, rief sie. „Harry!“

„Nein“, murmelte er. „Nicht Harry, nicht Harry, bitte nicht Harry!“

„Harry, schon gut, nichts passiert!“


Aber dennoch rührte er sich nicht. Es war dann gewesen, als sie das Porträt herausgezogen und nach Snape gerufen hatte, aber Phineas Nigellus hatte ihr nur seine rätselhafte Antwort gegeben. Wo war Snape? Wo war Hilfe?


***

Snape stürzte durch seine Bürotür und krabbelte zu seinem Schreibtisch und zog sich auf seine Knie. „Black“, flüsterte er. „Haben Sie von ihr gehört?“

„Habe ich“, sagte Phineas Nigellus.

„Und?“ Snape konnte die Ungeduld nicht aus seiner Stimme verbannen. Wenn er es erst einmal wusste, dann würde er sich selber heilen.

„Sie ruft bereits die ganze Nacht nach Ihnen. Ich bin ihrem Flehen gegenüber langsam überdrüssig. Ich bin ein Schulleiter, Snape, keine Eule.“

„Vergeben…“ Snape kämpfte sich auf seinen Stuhl. „Vergeben Sie mir. Es gab einen Zwischenfall. Würden Sie sie bitte kontaktieren?“

„Sie werden ärztliche Hilfe brauchen, bevor Sie mit irgendjemandem reden können“, sagte Dumbledore scharf. „Kümmern Sie sich augenblicklich um Ihre Wunden, Severus. Sie sind in keinem Zustand herumzulaufen.“

„Dobby!“, rief Snape und die Hauselfe erschien mit einem leisen Krachen in seinem Büro. „Zaubertränke… bitte. Mein Lager. Blutbildender Trank, Diptam… schnell.”

Die Welt schien sich vor ihm zu drehen. War das nicht alles schon einmal passiert? Dobby wurde nach Zaubertränken geschickt. Bald würde er sich um die Hand des Schulleiters kümmern. Dann war da irgendwas wegen Hermine…

Er öffnete seine Augen, um Dobby nervös von einem Fuß auf den anderen hüpfend zu sehen. „Ich bringt die Tränke, Schulleiter.“

Als Snape nach den Fläschchen griff, zuckte Dobby zurück. Ah, ja. Er begann sich wieder daran zu erinnern, wo er war.

„Danke“, flüsterte Snape und schluckte den blutbildenden Trank hinunter. Der Nebel in seinem Kopf begann sich zu lichten.

„Ich werde hier noch für einen Moment sitzen, Dobby, und dann werde ich ins Badezimmer gehen, um mich dort um meine Wunden zu kümmern. Wenn du so freundlich wärst und mir eine Suppe aus der Küche bringen könntest?“

Dobby zögerte, aber Dumbledore erhob das Wort. „Schulleiter Snape hat um Suppe gebeten, Dobby. Ich denke auch noch etwas Tee?“

„Ja, Sir“, sagte Dobby und war wieder verschwunden.

Snape stand langsam auf und bewegte sich Zentimeter für Zentimeter zum Badezimmer. Dort angekommen umklammerte er das Porzellanbecken, um sich für sein Spiegelbild zu wappnen. Sein Gesicht war eine einzige Katastrophe, aber nichts, was Diptam nicht heilen konnte. Und er war noch nie ein Kandidat für einen Schönheitswettbewerb gewesen. Mit seinem Zauberstab dirigierte er die Tropfen des Diptams aus dem Fläschchen und auf die Wunden in seinem Gesicht. Augenblicklich begann sich die Haut wieder zusammenzuziehen, selbst an Stellen, die durch den groben Wind vollkommen vertrocknet und aufgerissen war. Er rollte seine Ärmel hoch und berührte mit der viskosen Masse seine Arme und Hände. Besser. Schon viel besser. Da war noch eine große Wunde auf seiner Brust; sie war direkt durch seine schwere Damastrobe gegangen. Vorsichtig schälte er den Stoff ab und versiegelte die Wunde mit seinem Zauberstab. Er wollte es mit dem Diptam nicht übertreiben und ihn würde eine Narbe, die er mit seiner Kleidung verbergen konnte, nicht stören. Ein winziger Teil in seinem Kopf beharrte, dass er es verdient hatte.

Er hätte noch nach einem Schmerzmittel fragen sollen. Der verbleibende, blühende Kopfschmerz von dem Cruciatus begann bereits und seine Brust schmerzte noch immer. Aber vielleicht würden ja das Essen und etwas Ruhe ausreichen. Er wollte nicht noch etwas von Hauselfen haben, die eher Befehle eines Porträts als eines lebendigen Schulleiters befolgten.

Als er in sein Büro zurückkehrte, setzte er sich erneut hinter seinen Schreibtisch, ließ seinen Kopf in seine Hände fallen und versuchte den Druck weg zu reiben.

„Vielleicht wollen Sie mir ja erzählen, was passiert ist?“

„Vielleicht wollen Sie mir ja erzählen, was die beiden in Godric’s Hollow zu suchen hatten?“

„Godric’s Hollow?“, sagte Dumbledore schnell. „Ich habe sicherlich nicht – das heißt, ich habe sie nicht dort vor Frühling erwartet.“

„Dann beginnt der Dunkle Lord Potter besser zu verstehen, als Sie es tun, alter Mann, denn er hatte ihn dort erwartet. Er hat gewartet.“

„Aber konnten Sie denn...“

„Dumbledore“, sagte Snape ernst. „Sie wurden heute beinahe geschnappt. Wenn Miss Granger nicht eine böse Vorahnung gehabt und mich kontaktiert hätte, dann wären sie ganz sicher geschnappt worden. Voldemorts Verbindung zu Potter bleibt weiterhin stark. Er beginnt den Jungen zu verstehen und Gott steh uns bei, wenn er sich darin übt. Ich nehme das Schwert von Gryffindor.“

„Severus, seien Sie vernünftig. Sie scheinen noch unter Schock zu stehen und Ihre Verletzungen waren massiv. Essen Sie. Dann werden wir besprechen, was als Nächstes getan wird.“

„Ich werde nicht darüber diskutieren, Albus. Sie brauchen eine Aufgabe und Richtung. Sie brauchen das Gefühl, dass Hilfe von irgendwo kommt, dass es Antworten gibt oder sie werden noch törichter in ihrer Verzweiflung. Ich werde gehen. Sobald es mir wieder gut genug geht, um zu reisen, werde ich gehen.“


***

Sie lag im Bett, lauschte den Geräuschen der Nacht. Schlaf würde sie nicht holen. Es war dunkel und es war still, aber ihre Gedanken würden nicht ruhen, würden nicht immer wieder über die vertrauten Fragen stolpern, die noch einer Antwort bedurften. Wie sollten sie die verbleibenden Horkruxe finden? Warum hatte sie nichts von Snape gehört? Schulleiter Black hatte, nachdem sie Voldemort entkommen waren, in den frühen Morgenstunden darüber informiert, dass Snape wieder in Hogwarts war, aber in den folgenden Tagen hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Sie drehte sich auf ihrem Bett um und versuchte sich draußen auf Harrys Geräusche, wie er sich gelegentlich bewegte, durchatmete oder eine Seite umblätterte, zu konzentrieren. Das war echt. Das war Harry. Sie musste schlafen.

Seit dem Albtraum von Godric’s Hollow, hatte sie immer die Tasche geöffnet und darin herumgewühlt, wenn sie Harry erzählte, wo sie ihr Lager aufschlagen würden. Ihre Haut begann bei dem Gedanken daran, dass all dies hätte vermieden werden können, wenn sie und Snape in der Lage gewesen wären ihre Notizen zu vergleichen, zu kribbeln, und sie war nicht mehr gewillt noch länger ihren Standort vor ihm zu verheimlichen, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Todesser für sie eine Falle im Wald aufstellten, ziemlich groß war. Und da steckte der winzige, unausgesprochene Wunsch dahinter, dass, wenn er wusste, wo sie war, er dann kommen würde.

Wann würde er kommen? Sie wusste, dass sie das Schwert brauchten. Harry war nicht mehr derselbe, seit er aus seinem Delirium aufgewacht war. Von seinen Worten hatte sie verstanden, dass er Stunden zwischen Voldemorts und seinem Verstand hin und her gedriftet war. Sie fragte sich wie viel der Horkrux damit zu tun hatte, wie nahe es gekommen war, um ihn vollkommen zu besitzen. Seit dieser Nacht hatte keiner von ihnen das Ding länger als zwei Stunden am Stück getragen. Manchmal, ohne den jeweils anderen zu fragen, würden sie es einfach über die Bettkante hängen, wo es sie dann wie ein großes, bösartiges Auge zu beobachten schien. Das Ding wurde stärker. Wenn sie es anschaute, sprang das Wort ‚Füttern‘ in ihren Kopf. Er würde es nicht diskutieren, noch würde er mit ihr über das reden, was in Bathilda Bagshots Haus vorgefallen war. Ob es nun war, weil er sich schämte, dass er sie in eine Falle geführt hatte, oder, weil es ihnen nichts gebracht hatte, nach Godric’s Hollow zu gehen, wusste sie nicht, aber er war ruhig und launisch und blaffte sie an, wenn sie versuchte einen Plan aufzustellen. Er übernahm oft die erste Wache der Nacht und sagte ihr, dass sie reingehen und schlafen sollte und in den meisten Fällen blieb er über seine Wache hinaus draußen und weckte sie erst bei Sonnenaufgang. Er begann, bleich und verletzt auszusehen. Vielleicht fürchtete er sich vor dem Schlaf. Sie brauchten das Schwert.

Hermine hörte ein seltsames Rascheln draußen am Zelt. Es hörte sich so an, als ob Harry gerade aufgestanden war. Vielleicht würde er ja heute dem Schlaf nachgeben und sie fragen, ob sie die Wache übernehmen könnte. Es war genauso gut – diese Nacht hätte sie so oder so nicht schlafen können und sie hoffte, dass etwas Ruhe seine Stimmung anheben würde. Aber die knirschenden Schritte entfernten sich langsam vom Zelt und gingen nicht darauf zu. Ließ er sie alleine? Wie viele Schritte noch und sie würde für ihn unsichtbar sein und er könnte nicht wieder zu ihr finden, selbst wenn er es versuchte?

Sie schwang ihre Beine aus dem Bett und schlüpfte in ihre Schuhe. Die Nacht war eisig und mit eng umschlungenen Armen, rannte sie zur Zeltöffnung. Sie beugte sich aus dem Zelt auf die schmale Stelle, die noch innerhalb ihres Kreises lag, und sah sich wild um. Sie öffnete ihren Mund, um nach ihm zu schreien, doch das würde nichts bringen, wenn er wirklich gegangen war. Egal wie laut sie auch schrie, er würde sie nicht hören können. Sie erinnerte sich daran, dass er den Horkrux bei sich hatte – er hatte es seit dem Abendbrot immer wieder mal ab und angelegt. War es möglich, dass das Ding ihn hereingelegt hatte zu glauben...

Als ihr Ring brannte, entwich ein überraschter Schrei ihrem Mund. Vielleicht befand sich ja eine Falle im Wald—jetzt wurde Harry weggelockt und Snapes Warnung kam zu spät...

Sie zog den Ring von ihrem Finger und las die Nachricht im Mondlicht.

Schutzzauber runter.

Sie starrte mit pochenden Herzen in den Ring. Schutzzauber runter. Hatte er, war er – wagte sie es zu gehorchen?

Es war Snape. Er musste es sein. Niemand sonst konnte den Ring benutzen: Niemand sonst wusste, dass der Ring überhaupt da war. Ihre Hand fiel zu ihrer Tasche, wo ihr Zauberstab steckte. Sie griff danach und wirbelte ihn in einem großen Bogen über ihren Kopf. Goldenes Licht flutete aus der Spitze, als der Zauber dahin schmolz, und ließ sie dort entblößt stehen, ein kleines, dünnes Mädchen neben einen instabilen Zelt inmitten eines Waldes.

Sie blickte zur Grenze der Lichtung, wo sich die Bäume verdichteten. Der Schnee war dort auf den Boden dünner – und ruhte zumeist in dicker Schicht in den Baumkronen. Dunkelheit schien vom Boden zu strahlen. Sie konnte nichts sehen, nichts erkennen...

Aber da war er, tauchte zwischen den Schatten der Bäume auf, sein schwarzer Mantel wirbelte im Wind. War er schon immer so groß gewesen? Für einen Moment stoppte ihr Herz. Hatte sie sein Gesicht so leicht vergessen, die Art und Weise, wie er sich mit dieser seidigen Autorität bewegte? Langsam ging er auf sie zu, ängstlich, dass sie davonlaufen würde, aber trotz des eisigen Windes, der sich durch ihre Hose biss und ihre Haut betäubte, stand sie wie angewurzelt da. Sie konnte ihren Blick nicht abwenden.


***

Sie stand regungslos neben dem Zelt. Sie war dünn, so viel dünner und härter, als er sich erinnern konnte und ihr Haar war länger und irgendwie ausgetrocknet. Der Wind strich ihr Haar aus dem Gesicht und das Mondlicht umrahmte die kaputten Spitzen, sodass sie aussah, als ob sie von einem Heiligenschein umgeben war. Ihre Arme hingen an ihrer Seite und in ihrer Hand hielt sie lose ihren Zauberstab. Sie hob ihn nicht oder richtete ihn auf ihn, sondern wartete, genauso wie er sich erinnerte; sie wartete, dass er zu ihr kommen würde.

Er ging bis zur Grenze, wo der Zauber gewesen war, wo er das goldene Licht pulsieren und schwinden gesehen hatte. Dort hielt er an und nahm sie in sich auf, diese ruhige Kriegerin – ihr dünner Pullover, die dreckige Jeans und die Art wie sie ihn anstarrte, als ob sie nie wieder aufhören könnte, ihn ansehen. Wann war es das letzte Mal, dass ihn jemand so angesehen hatte? Er spürte, wie sich ein harter Knoten zwischen seinen Augenbrauen löste, auch wenn er nicht gewusst hatte, dass es so angespannt war. Ihr Gesicht war offen – er suchte darin nach irgendwelchen Anzeichen von Hass oder Misstrauen und fand nichts weiter als große, braune Augen und ihre leicht geöffneten Lippen, ihre Mundwinkel deuteten auf etwas, was kein Lächeln, sondern eine Begrüßung war.

Sie schwieg, aber er verübelte es ihr nicht, da er plötzlich an nichts weiter als ihren Namen denken konnte.

Langsam hob sie ihre Hand, bot sie ihm an, als ob sie ihm helfen wollte, den Kreis zu betreten.

„Du solltest…“, krächzte er, „du solltest eine Frage stellen.“

Sie nickte ernst. „Was hast du aus dem Gepäck meiner Eltern genommen?“

„Dein Bild“, flüsterte er und trat einen Schritt vor, aber sie schüttelte mit dem Kopf.

„Jetzt frag mich.“

Was könnte er fragen? Etwas stieg in ihm auf und drohte ihn zu ersticken. Er fürchtete plötzlich, dass er, bevor er sie berühren konnte, sterben würde.

„Wie lautet dein Nachname?“, fragte er.

Sie antwortete nicht, sondern glitt plötzlich in seinen Umhang, ihre Arme schlangen sich um ihn, ihr Gesicht war gegen seine Brust gepresst. Er beugte sich über sie, beschützte sie vor dem Wind und umarmte sie vollkommen, seine Arme hielten sie fest, eine Hand vergrub sich in ihren Haaren. „Snape“, flüsterte sie. „Snape.“ Und er wusste nicht, ob es seine Antwort war oder eine Begrüßung oder nur ein Geräusch ihres Herzens, aber es kümmerte ihn nicht im Geringsten. Sie kannte ihn. Sie wusste es.


***

Er stieß sie Richtung Zelt und sie wusste, dass sie dorthin mussten, um aus der Kälte und von der Lichtung zu verschwinden, aber das würde bedeuten, dass sie ihn loslassen musste und das konnte sie nicht. Sie schüttelte ihren Kopf auf seinen schweren, schwarzen Roben.

„Doch“, flüsterte er. „Rein.“

Letztendlich ließ sie von ihm ab und verschwand im Zelt, wobei sie alle paar Sekunden über ihre Schulter blickte, um sich zu vergewissern, dass er ihr folgte, dass er wirklich da war. Als sie sich wieder aufrichtete, stand er direkt hinter ihr und sie leuchtete mit ihrem Zauberstab im Halbdunkeln.

„Du bist gekommen.“

„Hast du gedacht, ich...?“ Etwas an seinem Gesicht war anders. Da waren neue Narben, ja, verblasste Linien über den bereits vertrauten, aber das war es nicht. Das Zucken seiner Lippen war dasselbe, seine gehobenen und eingefallenen Wangen, die Krümmung seiner Nase… aber etwas war anders. Er sah wie jemand aus, der so lange im Schmerz verbracht hatte, dass er nicht mehr wusste, wie er sein Gesicht entspannten sollte - dass sich die Beständigkeit in seine Züge eingebrannt hatte. Sie hob zögernd ihre Hand und berührte ihn.

„Hör auf. Ich wusste, dass du kommen würdest.“

Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, als er sich zu ihr hinunter beugte. Ihr Blick suchte den seinen und hielt ihn fest, als seine Lippen auf ihre prallten. Sie umklammerte seine Schultern, seine Arme festigten sich um sie, als sich ihr Kuss vertiefte. Sie sog ihn auf – dieser scharfe, vertraute Geruch seiner Haut, seines Haares, als es ihr Gesicht streifte. Ihr war schwindelig und sie drehte sich mit ihm. Sie hatte gewartet, ja, aber sie hatte nicht gewusst, auf was sie gewartet hatte. Pläne und Arbeit waren vergessen. Sie hatte auf ihn gewartet.

***


Schmerz. Schmerz war es, was er fühlte, wenn er sie berührte; süßer Schmerz, der auf seinen Fingerspitzen begann, die unter ihren Kragen des Pullovers tauchten, Schmerz, der einen Weg von seinen Lippen tief hinunter in seine Brust brannte, wo es loderte und sein Herz zerschmetterte. Warum gab es keinen Zauber, der die Zeit anhalten oder ihn hier und jetzt sterben lassen konnte? Das war ein Gefühl zu groß für ihn und jetzt, wo er es kannte, konnte er es nicht wieder vergessen oder verleugnen, sondern einfach nur nachgeben und er wusste nicht, wie er nachgeben sollte --

Ihre Finger öffneten seinen Mantel und er hörte mit den Ohren eines anderen, wie er zu Boden fiel. Alles, was er wusste, war das Streifen ihrer warmen und leicht geöffneten Lippen über den seinen und die Textur ihrer Zunge, als sie seinen Mund erforschte. Er zog sie noch näher an sich heran, versuchte sich gegen sie stützen, aber sie trat zurück, um seine Roben zu lösen.

Er wusste, er sollte protestieren. Er sollte protestieren, aber er konnte nicht. Es war nicht Verlangen, was ihn stoppte, auch wenn er kein anderes Wort als Verlangen dafür hatte. Es war etwas weitaus primitiveres als Verlangen, etwas zu Mächtiges, als dass es beschrieben werden könnte. Er wusste nur, dass er einfach nachgeben musste. Also griff er nach ihrem Pullover und zog ihr über ihre Hüfte, über ihre Arme - und sie schlüpfte hinaus, ihre Haut so blass und weich. Er griff nach ihr, beugte sein Gesicht und rieb es gegen diese Haut, fuhr mit seinen Lippen über ihr Schlüsselbeine, die viel zu stark im Licht hervorstachen.

Sie legte ihre Hände zwischen sich und machte sich an seinen Knöpfen zu schaffen, aber es waren zu viele, zu weit weg und so versiegelte er seinen Mund mit den ihren und riss sein Hemd aus seiner Hose und begann mit den unteren Knöpfen, bis sie sich ihre Hände in der Mitte trafen. Sie zog das Hemd über seine Schultern zurück und er machte eine wilde, schlagende Bewegung, als er es auf den Boden schmiss. Als sich die Haut ihrer Brüste gegen seine nackte Brust presste, brachte er nur einen kehligen Laut des Dankes hervor.

Sie zog sich zurück und starrte auf seine Brust, hob ihre Finger, um über das finstere Rosa der neuen Narbe zu streichen. Sie drückte ihre Handfläche darauf. Sie öffneten ihren Mund, um etwas zu sagen und schien es sich dann anders überlegt zu haben, da sie einfach nur ihre Stirn auf ihre Hand legte, die über seinem Herzen ruhte. Dann stieß er sie leicht an und sie drehte sich um und ging zum Bett, löste ihre Jeans, während sie ging, und zog sie auf den Weg aus. Er folgte ihr, fast blind vor Schmerz, den er noch nie gekannt hatte. Er zog seine Hose aus und sie deutete ihn an, sich zu setzen. Sie zog die Bettdecke zurück und es entließ einen Duft, den er sofort erkannte – der Geruch von ihr, aber auch bespickt mit Angst und Schweiß und Tränen und Warten und er half ihr sie zur Seite zu schieben, als sie sich auf ihn setzte. Als sie sich auf ihn senkte, entglitt ihr ein langes, tiefes Seufzen, welches aus einem geheimen Ort in ihrem Inneren befreit worden war, ein Seufzen, das in seinen Ohren wie Erleichterung klang. Er bewegte sich unter ihr, rollte seine Hüften und ließ sich vollkommen in ihr nieder.

„Hermine“, flüsterte er.

„Ja.“ Es war keine Frage, sondern eine Antwort und er vergrub sein Gesicht in ihrem weichen Hals, riechend und beißend, seine Hände legten sich auf ihre Hüfte, führten ihre Bewegungen. Sie bewegten sich kaum, stießen kaum gegeneinander. Ihre Oberschenkel zogen sich gleichzeitig mit seinem Händedrücken zusammen.

„Sieh mich an.“

Eine Hand fuhr zu ihrem Kreuz und er begann sie nach vorne zu drücken und dann wieder zurück, erschuf dadurch einen kreisenden Rhythmus zwischen ihnen. Farbe erblühte auf ihrer Haut, fuhr hoch von ihren Brüsten bis in ihren Haaransatz. Sie lehnte sich leicht zurück gegen seine Hand und ihr Blick fing den seinen. Ohne es beabsichtigt zu haben, glitt er in ihren Kopf und verspürte das seltsame Kribbeln ihrer Anwesenheit in seiner eigenen. Er schmeckte die schwere, dicke Schicht ihrer Erregung und fand darunter noch etwas, etwas, was ihn nach Luft schnappen ließ. Er riss seinen Blick von ihr fort und umklammerte sie fest in seinen Armen, als er sich aus ihr herauszog und sie auf dem Bett drehte.

„Severus?“

Er schwebte über ihr, kniete zwischen ihren Beinen. Er blickte hinunter auf ihr dünnes, herzförmiges Gesicht, ihren ausgebreiteten Locken auf dem Kissen, ihre fragende Augen und verinnerlichte ihren Anblick. In Kürze würde er vorstoßen; in Kürze würde das, was wahr war, unleugbar sein und er würde sie begehren und sie dort mit ihm finden. Sie würden zusammen hinaufsteigen und dann wäre es vorbei. Aber diese eine Sekunde, diesen Augenblick davor, während sie hier schwebten, wusste er, dass er in ihren Kopf gesehen hatte und sie hatte zurück in den seinen geblickt und sie waren jetzt voreinander vollkommen nackt.

***

Er sah sie wie jemand an, der vor Verwunderung erschlagen worden war, der zum ersten Mal seinen Zauberstab geschwungen und gesehen hatte, wie plötzlich ein Elefant mitten im Wohnzimmer stand. In seinem Verstand hatte sie das gesehen, was sie bereits wusste, was sie mit Unachtsamkeit und Nachlässigkeit beschützt, was sie aufbewahrt hatte, indem sie es an einen dunklen und geheimen Ort hielt. Sie war glücklich; ihr Gesicht schmerzte vor Freude, aber es war auch gefährlich. Diese Sache zwischen ihnen war so scharf wie das Sonnenlicht; es besaß eine Kante, die scharf war und sie wusste, dass sie jetzt sehr vorsichtig sein mussten. Aber hier alleine in der Dunkelheit des Zeltes konnten sie es wie eine Welle reiten. Sie konnten an ihrer Quelle trinken und sich sättigen.

Sie zog ihn zu sich, nahm seine Hüfte in ihre Hände und führte ihn hinunter. Er ruhte seine Stirn gegen ihre und schloss seine Augen, als er in ihr versank. Ihre Arme schlangen sich um ihn und umklammerten seinen Rücken und er fing ihre Schultern mit seinen Händen, als er begann tiefer vorzustoßen.

„Ich will...“, murmelte er. „Ich will... den ganzen Weg hinein.”

Eine Schockwelle aus reinem Verlangen schoss durch sie und sie wölbte sich, um ihn zu treffen, um ihn komplett in sich aufzunehmen. Sie winkelte ihre Knie an ihren Schultern an und er benutzte das Gewicht seiner Brust, um sich darauf abzustützen und bewegte seine Hüfte vor und zurück, antreibend, eintauchend, sich seinen Weg hinein kämpfend. Als er komplett gegen sie ruhte, stieß er, pochte mit seinen Becken gegen sie, bis ihre Hände nach Halt suchend um seine Arme glitten und sie ihren Kopf zurückwarf, und ließ das Gefühl von seiner Haut auf ihre überspringen, diese süße Spannung, die von überall zu kommen schien und Hermine schloss ihre Augen und übergab sich ihrem Ehemann und nahm ihn im Gegenzug auf.

***

Er dachte, dass er ausgebrannt sein würde, jetzt, wo sie auch das letzte seiner Geheimnisse genommen hatte, aber stattdessen fühlte er sich unglaublich ruhig. Er lag hinter ihr, seine Brust gegen ihren Rücken gepresst, ihre Beine waren miteinander verschlungen, seine Oberseite seiner Füße drückte gegen ihre Unterseite. Für einen Augenblick konnte er sich im Zelt umsehen, da er zuvor dazu nicht in der Lage gewesen war, als sein Verlangen nach ihr so stark gewesen war, dass es ihm nicht erlaubt war, irgendwas außer ihre vertraute, lang ersehnte Gegenwart wahrzunehmen. Hier verbrachte sie also ihre Tage. Das war der Sessel, in dem sie immer saß, wenn sie mit ihm sprach; das waren die Wände, die die wechselnden Schatten, der endlosen Stunden, trugen. Er war froh sie zu sehen, sie zu kennen, da er sich dann, wenn er zurückkehrte, sie sich hier vorstellen konnte. Er hob seine Hand, hob eine Locke hoch und hielt sie gegen sein Gesicht.

Als sie sprach, konnte er das Zittern ihrer Stimme gegen seine Haut spüren.

„Wie lange haben wir?“

Er seufzte in ihr Haar. Wo kam diese Frau nur her, die Frau, die nicht um das Unmögliche bettelte, noch sich über das Wenige beschwerte?

„Eine Stunde, höchstens. Das Schwert von Gryffindor muss unter Tapferkeit gezogen werden, wie du sicherlich bereits weißt. Ich habe es in einem vereisten See begraben. Mein Patronus führt Potter zu dem Ort.“

„Dein Patronus! Brillant!”, sagte sie und er konnte das Lächeln auf ihren Lippen hören.

„Mein Patronus“, stimmte er ihr zu. „Ich – ich weiß, was du über meinen Patronus gehört hast, Hermine und...“

Sie drückte sich bestimmt gegen ihn. „Es wird eine Zeit kommen, wenn ich alles, was du gewillt bist zu erzählen, über dein Leben, bevor wir geheiratet haben, hören möchte, aber wir haben jetzt nur begrenzt Zeit und ich denke, wir sollten uns über die Horkruxe unterhalten.“

Seine Arme drückten sie kurz, bevor er sie losließ. Er fühlte sich fast schwindelig von dem Ausmaße dessen, was ihm gegeben worden war. Er hatte sein Leben, wie kurz es auch noch sein mochte, mit einer Frau verbunden, die er vertrauen konnte, einer Frau, dessen Prioritäten seinen eigenen entsprachen. „Ich vermute, du hast Notizen?“, sagte er mit hochgezogener Augenbraue, als sie aufstand, um sich wieder anzuziehen.

Sie lächelte ihn an. „Selbstverständlich.“

Er erhob sich ebenfalls, zog sich seine Roben über, als sie ihre Tasche über den Boden zog. Sie entzündete eine Lampe mit ihrem Zauberstab und zauberte einen Tisch neben das Bett. Aus den Tiefen ihrer Tasche zog sie ein Bündel von Pergamenten und einige Bücher, welche sie vor sich ausbreitete.

Er setzte sich neben sie, seine Hüfte ruhte gegen ihrer. „Ich gehe davon aus, dass du herausgefunden hast, dass das Schwert den Horkrux zerstören wird?“

„Ja“, sagte sie. „Wegen dem Gift des Basilisken, das in der Klinge eingearbeitet ist. Ich habe keinen blassen Schimmer, warum Dumbledore uns nicht darauf hingewiesen hatte, bevor wir aufgebrochen sind.“

Severus Blick verfinsterte sich. „Dumbledore scheint zu glauben, dass Potter Zeit braucht, um diese Dinge selbst herauszufinden.“

Sie schüttelte mit dem Kopf und er dachte, so etwas wie Wut in ihren Augen zu sehen. „Weiß er, dass du hier bist?“

„Tut er. Ich kann nicht unbedingt sagen, dass er es befürwortet, aber da er aus nichts weiter als Leinwand und Farbpigmenten besteht, konnte er mich nicht aufhalten.“

„Wie viel weiß er?“

„Bisher weiß er noch nicht, dass ich die wahre Natur deiner Mission herausgefunden habe. Ich habe ihn einfach nur gesagt, dass ich der Meinung war, dass sich Potter noch törichter aufführen wird, sollte ihm nicht bald das Schwert und etwas gegeben werden, auf das er sich stützen kann.“

„Und über…“

„Über was?“

„Über uns?“

„Ah. Nun, du hast ihn den Abend selbst gehört. Er vermutet es.“

„Tut mir leid. Ist er sehr wütend?“

„Er ist so rätselhaft wie immer. Ich glaube manchmal, dass er nur abwartet, wie der Krieg endet, sodass er die Anerkennung für das Gute einheimsen und jegliches Wissen zum Schlechten hin verleugnen kann.“

Hermine drehte sich zu ihm um und er sah, dass sie seine Bedeutung abwog, bestimmte, in welche Kategorie ihre Situation fiel. Er lehnte sich leicht gegen sie.

Sie wandte sich wieder zurück an ihre Arbeit und entrollte die Pergamente und fuhr mit ihrer Hand über ihre Auflistung. Snape zog das Pergament, bis es direkt zwischen ihnen lag, und beugte sich vor, um es genauer zu betrachten. Er verspürte, als er es sich ansah, ein seltsames und flüchtiges Gefühl von Verlust. Es wäre… es wäre schön gewesen, mit jemandem zu arbeiten. Jemand Aufgewecktem. Jemand Organisiertes. Er konnte sich nicht vorstellen, sich an einen gedeckten Tisch mit von ihr gekochtem Essen zu setzen, aber er konnte das hier sehen, die Art und Weise, wie sie Notizen an den Rändern seiner Arbeit versehen würde, die Art, wie sie etwas würfelig schnitt, während er rührte. Aber es lohnte nicht, sich darüber Gedanken zu machen.

„Erzähl mir alles. Wann hast du von den Horkruxen erfahren?“

„Dumbledore begann Harry letztes Jahr, ungefähr zum Zeitpunkt, als wir geheiratet haben, davon zu erzählen. Er glaubte, dass Du-weißt-schon-wer seine Seele sechsmal gespalten und das siebte Stück in seinen Körper zurückgelassen hatte. Damals waren zwei Horkruxe bereits zerstört: der Ring und das Tagebuch.“

Snape nickte ihr zu und sie fuhr fort. „Dumbledore sagte, dass der Dunkle Lord“, sie zuckte, als sie diese Worte sprach und er nickte erneut, „Dinge auswählen wird, die für ihn vom besonderen Wert sind, für seine Gedankengänge. Er schlug vor, dass Harry nach etwas suchen sollte, was den vier Gründern Hogwarts gehörte.“

„Verstehe“, sagte er. „Und du weißt, was die verbleibenden Horkruxe sind?“

„Nicht alle“, sagte sie, „was uns auch bisher so abgebremst hat. Wir wissen, dass der Ring zu Slytherin gehörte und wir haben ein Medaillon, ebenfalls von Slytherin. Das war auch das, was wir aus dem Ministerium geholt haben. Dumbledore glaubte auch, dass die Schlange, Nagini, ein Horkrux ist. Aber da verbleiben noch zwei, die wir noch nicht kennen.“

Die Schlange, Nagine. Plötzlich nahm alles in seinem Kopf seinen Platz ein. Es wird eine Zeit kommen – nach meinem Tod – widersprechen Sie nicht, unterbrechen Sie mich nicht! Es wird eine Zeit kommen, da Lord Voldemort offensichtlich um das Leben seiner Schlange fürchten wird… Wenn eine Zeit kommt, da Lord Voldemort diese Schlange nicht mehr hinausschickt, um seine Befehle auszuführen, sondern sie sicher an seiner Seite hält, unter magischem Schutz, dann, denke ich, wird es angeraten sein, es Harry zu sagen.

„Was?“, fragte sie. „Du weißt etwas.“ Wie war es nur möglich, dass sie sein Gesicht so gut kannte? Kein Muskelzucken hätte ihn verraten sollen und doch, wusste sie es. Er würde sie nicht belügen.

„Hermine, ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll. Ich wollte es dir nicht sagen.”

„Sag es mir.“

„Potter ist ein Horkrux.“ Innerlich tadelte er sich selbst. Musste er immer so schonungslos sein?

„Aber—wie kann das sein?“, fragte sie mit leicht gehobener Stimme. „Dumbledore sagte, es seien sechs, dass Vo – Du-weißt-schon-wer eine siebenteilige Seele wollte!“

Er versuchte es diesmal etwas sanfter. „Vor deinem sechsten Schuljahr… vor deinem Geburtstag, als Dumbledore mit der verfluchten Hand zurückgekehrt war, erzählte er mir den Grund, warum er wollte, dass ich Vita Secundus braute.“

„Harry“, sagte sie verständnislos. „Für Harry.“

„Für Potter, ja. Weil er glaubt, dass Potter aus freien Stücken zum Dunklen Lord gehen muss, durch seine Hand sterben wird oder der Dunkle Lord kann nicht sterben.“

Hermine schüttelte mit dem Kopf. „Ich verstehe nicht.“

„Die Narbe, die Verbindung zwischen ihrer beider Gedanken, das Parsel.. das ist der Teil des Dunklen Lords in Potter, der diese Dinge erschafft. Dumbledore hat mir nicht von den anderen Horkruxen erzählt. Ich bin mir sicher, dass er befürchtete, dass sie in meinen Kopf entdeckt würden, bevor er ihr sie finden und zerstören könnte. Er hat mich gewarnt, dass Potter es nicht wissen darf, es ihm erst im aller letzten Moment erzählt werden darf.“

„Und er will, dass du es ihm sagst?“

„Ja. Er sagte mir, dass wenn die Zeit kommt, in der der Dunkle Lord um Nagini fürchtet, es an der Zeit ist, es Harry zu erzählen. Er glaubt, dass Potter durch die Hand des Dunklen Lords und nicht durch jemand anderen sterben muss. Das war der Grund für das Vita – er muss lange genug leben, um sich ihm gegenüberzustellen.“

„Und um dann getötet zu werden.“ Ihr Gesicht war wächsern und regungslos.

„Ich weiß, du wirst mir nicht glaube, wenn ich dir sage, dass ich genauso schockiert gewesen war – es noch immer bin. Ich kann dir nicht viel Trost spenden, aber da ist das: Du hast bewiesen eine fähige und einfallsreiche Partnerin für Potter zu sein. Wenn er zum Dunklen Lord kommt, ohne vorher das Vita benutzt zu haben, dann wirst du es noch immer haben; das Leben darin dann noch immer greifbar. Du kannst es ihm dann zuführen.“

„Und wenn nicht? Wer wird ihn umbringen, wenn Harry tot ist?“, fragte sie mit leerer und gefühlloser Stimme.

„Wer auch immer von uns noch lebt, es zu tun.“

Sie saß so still da, dass er begann, sich Sorgen zu machen. Ihre Farbe vertiefte sich.

„Entschuldige, dass ich es dir nicht früher erzählt habe.“

„Sei nicht lächerlich, Severus. Wann hättest du es mir sagen sollen? Du wusstest nicht, was wir hier taten. Verfluchte Scheiße noch mal! Die Dinge, die er von dir verlangt. Wenn das hier alles vorbei ist, dann werde ich dieses Porträt mit dem stärksten Reduktor-Fluch belegen, der in mir schlummert.“

Snape schnaubte. „Das würde ein ziemlich starker Fluch werden.“ Er wusste, dass sie sich an Dumbldore wandte, sie meisterte es auf die Weise, wie sie es am besten kannte; diese Neuigkeit musste einiges von der Hoffnung, die sie noch gehalten haben mochte, gestohlen haben und es tat ihm unendlich leid, dass er es ihr erzählen musste. Aber jetzt sah es so aus, als ob der einzige Weg nach vorne für sie zusammen war. Es gab schon so viel zu verbergen. Er konnte es nicht länger vor ihr geheim halten und der Gedanke sie nach dort draußen zu schicken, um Dumbledores Arbeit ohne irgendeine Erklärung zu erledigen, als ob sie irgendeine Drohne sei, war ihm zuwider.

„Aber du verstehst…ja? Du verstehst, warum die anderen vorher erledigt werden müssen? Warum er es nicht wissen kann?“

„Natürlich verstehe ich. Und jetzt ist es erst recht dringend, dass wir schnell vorankommen. Ich muss Harry bis dahin sichern.“

„Genau. Und jetzt, erinnerst du dich noch an letztes Weihnachten, als ich gerufen worden bin?“, fragte Snape.

„Ja.“

„Ich habe diese Nacht erfahren, dass der Dunkle Lord etwas in Bellatrix Lestranges Verlies in Gringotts versteckt hält.“

„Oh!“, sagte Hermine, nahm eine Feder auf und begann zu schreiben, aber Snape stoppte ihre Hand mit der seinen.

„Wie willst du erklären...?“

Sie errötete leicht. „Oh, ja. Du hast Recht. Aber das ist sehr hilfreich.”

„Ich werde versuchen herauszufinden, was es ist und wenn es einen Weg gibt, dann werde ich es holen.“

„Nein“, sagte sie. „Nicht.“

„Was? Warum nicht?“

Sie fuhr mit ihrem Finger über seine Brust, zeichnete seine Narbe nach. „Du hast schon genug Aufgaben; diese hier ist meine. Ich werde nicht zulassen, dass du deswegen deine Position riskierst. Ich kann es tun.“

„‘Deswegen‘ sagst du, als ob es irgendeine Belanglosigkeit sei! Hermine, der Krieg hängt davon...“

„Denkst du etwa, dass ich nicht weiß, was ich bisher getan habe? Ich weiß, was diese Horkruxe sind.“

Ihr Ton ließ ihn innehalten. Es gab so viel über die Monate, die sie jetzt auf der Flucht, von denen er nicht wusste, so vieles, was er fragen wollte, aber keine Zeit dafür hatte. Was wusste sie von der Macht dieses Horkruxes? Was hatte es sie bereits gekostet? So viele Male hatte sie ihr Leben, ihren Verstand für das hier riskiert. Plötzlich wollte er sie wieder küssen, diese Hexe, seine Partnerin, mit seinem Mund einfordern, aber dafür hatte sie keine Zeit und so versuchte er es mit Worten. „Ich glaube an dich“, sagte er.

Sie nickte und lächelte etwas reuevoll. „Wenn du es herausfinden würdest – natürlich ohne dich dafür in Gefahr zu bringen – wäre ich froh um diese Information.“

Antwortend zogen sich seine Mundwinkel hoch. „Selbstverständlich.“

„Da gibt es noch eine Sache“, sagte sie und durchwühlte wieder ihre Pergamente. „Erkennst du dieses Zeichen?“

Sie deutete auf ein kunstloses Zeichen, welches sie auf die Seite gezeichnet hatte. Es sah aus wie ein dreieckiges Auge, die Pupille wurde von einer vertikalen Linie gekreuzt.

„Tue ich nicht. Was ist das?“

„Ich weiß es nicht. Dumbledore hat mir dieses Buch in seinem Testament hinterlassen“, sagte sie und hielt Die Geschichten von Beelde dem Barden hoch. „Dieses Zeichen ist darin, gezeichnet über eine der Geschichten. Ich habe es auf einen Grabstein in Godric’s Hollow gesehen. Peverell war der Name auf den Grabstein. Es ist bestimmt kein Zufall. Harry meinte, dass es vielleicht Grindewalds Zeichen war?”

Grindewalds Zeichen? Was in Merlins Namen? Wie Dumledore erwartet hatte, dass sie all dies ohne Hilfe oder andere Quellen herausfinden sollte, entzog sich seines Verstandes. „Es ist sicherlich kein Zufall, doch ich kenne es nicht oder weiß, was es bedeutet. Aber der Dunkle Lord hat in den letzten Monat häufig von Grindewald gesprochen. Einmal meine ich, hatte er sogar erwähnt ihn in Nurmengard besuchen zu wollen.“

„Harry sagte, dass Xenophilius Lovegood das Zeichen auf Bill und Fleurs Hochzeit an einer Kette um seinen Hals trug.“

Snape schüttelte mit dem Kopf und blickte hinauf zur Zeltdecke. „Ich kann nicht glauben, dass ich das vorschlagen werde, aber vielleicht solltet ihr dem seltsamen Mr. Lovegood einen Besuch abstatten. Du kennst seine Tochter, nicht wahr?“

„Luna, ja.“

„Meine einzige Warnung ist, dass er ziemlich standhaft in seiner Verteidigung Potter gegenüber war. Aber ich habe bisher nicht durch anderen Todesser von ihm gehört. Und Dumbledore hat sein Vertrauen in die merkwürdigsten Seelen gesteckt“, sagte er sarkastisch. „Es könnte sich vielleicht lohnen.“

„Ich werde es Harry vorschlagen.“

„Gut. Ich werde sehen, was ich an meinem Ende herausfinden kann.“

Beide saßen einen Moment schweigend nebeneinander im Lampenlicht und ihre Hand kroch in die seine und ihre Finger wurden von seinen umschlungen.

„Dumbledore ist ein Narr und er hat deine Talente verschwendet“, flüsterte sie kaum hörbar. „Trotzdem mag ich nicht die Gefahr, die dir all dies Wissen bringt.“

„Die Gefahr ist nicht mehr als sie vorher war. Und wie Dumbledore noch kürzlich verdeutlicht hat, gibt es bereits Geheimnisse, für die ich sterben würde. Ich würde lieber deine beschützen.“

Sie schloss ihre Augen und drückte seine Hand. Er betrachtete sie für einen langen Moment, verinnerlichte sie, falls er sie nicht mehr wiedersehen sollte: Die Art, wie sie leicht ihre Lippe hochzog, selbst wenn sie ruhig war; die rußige Umrandung ihrer Wimpern gegen ihre Haut. Das war eine Sache, die man ihm nie wieder nehmen konnte. Niemand sonst würde sie in genau diesen Augenblick sehen.

„Hermine, ich glaube, ich sollte...“

„Ja, ich weiß“, flüsterte sie. „Werde ich dich wiedersehen? Vor dem Ende, meine ich?“

„Keine Ahnung“, antwortete er. Er wünschte, er hätte die Kraft sie anzulügen. Er fragte sich, ob sie wusste, was sie meinte mit ‚dem Ende‘.

„Severus“, sagte sie und er wusste, dass sie ihm danken wollte. Das durfte er nicht zulassen.

„Nein“, flüsterte er. Und er schlang einen Arm um sie und zog sie an sich heran. Und als er sich hinunter beugte, ihr Gesicht in seine beiden Hände nahm, küsste er sie voll und ganz, wie es ihm möglich war; er presste ihre Geheimnisse in ihren Mund.

Als er von ihr ließ, blickte er sie direkt an und flüsterte: „Erinnerst du dich noch daran, wie ich dir gesagt habe, unsere Pläne vor mir nicht noch einmal zu wiederholen? Dass die Dinge, die laut ausgesprochen werden, schwerer zu verstecken sind?“

Sie biss sich auf ihre Lippe und nickte. Ihre Augen glitzerten gefährlich hell.

„Gut“, sagte er. „Ich werde mich melden.“ Er stand auf. Wenn er jetzt nicht verschwand, dann würde er es später nicht mehr schaffen.

„Pass auf“, sagte sie. „Von allen Dingen pass auf dich auf.“ Und sie wandte sich von ihm ab, als er begann sich zu drehen, so als ob sie nicht ertragen konnte, ihn gehen zu sehen.


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