von Xaveria
Er war früh am Abend gerufen worden. Dunkelheit war gerade über das Schloss hineingebrochen und Snape begann seine nächtliche Patrouille. Seit seinem Streit mit Dumbledore, legte er Wert darauf im Schloss gesehen zu werden, entweder lungerte er im zweiten Korridor für Verteidigung oder lief vor dem Raum der Wünsche auf und ab. Er wusste, dass es unwahrscheinlich war, etwas zu finden. Das Ende näherte sich und schon bald würden die idiotischen Carrows und ihre Bestrafungen angesichts der Schlacht vergessen sein. Abwesend strich Snape über seine Roben. Auch wenn es nicht sichtbar war, nichts, was die Anwesenheit unter dem Stoff, wo er über seiner Brust zugeknöpft war, erblicken ließ, konnte er es fühlen, unter seiner Kleidung, das Kristallfläschchen mit seinen Erinnerungen.
Es hatte nur wenig seit seiner Rückkehr nach Hogwarts gegeben, was er tun konnte. Er hatte die Kette mit den Erinnerungen erstellt und seit dem trug er sie immer bei sich, selbst im Schlaf. Aber nachdem er so etwas erschaffen, seinen letzten Abschied geplant hatte, war es schwer einfach nur herumzusitzen und zu warten. Während der langen und ermüdenden Tage hatte er die Dokumente erstellt, die sicherstellen würden, dass sie Spinners End und den dürftigen Goldanteil in seinem Verlies in Gringotts erben würde. Er hatte diese Aufgaben langsam und methodisch erledigt, als sich die Zeit zog, nur durch Anträge auf Nachsitzen und das Essen zwischendurch, unterbrochen. Es war seltsam so wenig zu tun zu haben, so wenig, womit er sich beschäftigen konnte, während er auf das Ende wartete.
Als das Mal brannte, hatte er sich nicht darum gekümmert jemand über seinen Aufenthaltsort zu informieren, sondern war gleich zum Apparationpunkt geeilt und hatte fest auf das Mal gedrückt. Er hatte keine Aufregung oder Wut in dem Ruf gespürt - es schien nicht der zu sein, auf den er wartete - auch wenn er keine Ahnung hatte, wo er enden würde. Auf eine Weise kümmerte es ihn nicht sonderlich. Es fühlte sich gut an wieder etwas zu tun, etwas zu berichten.
Als der wirbelnde Druck der Apparation endete, überblickte Snape ein langes, akkurates Grün, gesprenkelt hier und da mit Brunnen und Frühlingsbeeten. Er befand sich hoch über dem Gelände und die Nachtwinde schlugen seinen Mantel auf, weiteten ihn wie Flügel.
Er blickte hinunter auf den schweren grauen Stein, auf dem er stand. Er war auf dem obersten Balkon von Malfoy Manor angekommen und der Dunkle Lord stand alleine neben ihm, seine eigenen Roben tanzten in der Brise.
„Severus", sagte er, und wenn es denn möglich war, lag so etwas wie eine schleimige Wärme in seinem Ton.
„Mein Herr."
„Du fragst dich sicherlich, warum ich dich hier hergebracht habe."
„Es ist eine schöne Nacht. Ich bin froh, diesen Ausblick mit Euch zu teilen."
Der Dunkle Lord lächelte. „Du spielst deine Rolle gut, Severus. Du hast schon immer deinen Platz verstanden. Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass du hier bist. Da gibt es etwas, was ich dir gerne zeigen möchte."
Snapes Nackenhaare richteten sich auf. Er ist zu einem hohen, ungeschützten Platz gebracht worden, alleine mit dem Dunklen Lord in dem Zuhause seines Rivalen. Was würde ihm gezeigt werden?
„Du weißt, dass ich die Grenzen der Magie weiter als jeder andere gereizt habe. Du weißt, dass ich Dinge gesucht habe, die für andere unmöglich… vielleicht sogar unnatürlich waren."
„In der Tat, mein Herr. Eure Errungenschaften-"
„Ja, Severus. Genau das ist es - meine Errungenschaft. Ich habe dich hier hergebracht, um dir meine letzte Errungenschaft zu zeigen."
„Ausgezeichnet." Snape zog seine Mundwinkel zu einem annähernden Lächeln hoch. Er beobachtete, wie der Dunkle Lord auf die Brüstung trat.
Es war ein beeindruckender Anblick, davon konnte keine Rede sein. Sein glattes, blasses Gesicht, die leuchtenden roten Augen, seine Roben erfüllt mit ihren eigenen seltsamen Leben... Snape sah den Dunklen Lord mit einer Mischung aus Abscheu und Bewunderung dabei zu, wie er sich darauf vorbereitete zu fliegen. Er wusste, was jetzt folgen würde, er hatte die Gerüchte gehört, selbst wenn er es in der Nacht, in der sie Potter zum sicheren Haus gejagt hatten, nicht selbst gesehen hatte. Aber es schien etwas merkwürdig Passendes an dem zu sein, was der Dunkle Lord tun würde. Er war nicht mehr menschlich, seine Seele, der Mensch in seinem Inneren, war magisch oder sonst wie unwiederbringlich zerstört. Vielleicht... vielleicht war er ja zu etwas anderen geworden. Etwas Beflügeltes und Seltsames.
„Sieh mir zu, Severus", sagte er und trat über die Kante.
Er sprach keinen Zauber und erst sah es so aus, als ob ihn der Wind oder irgendein Schwebezauber tragen würde, aber dann begann sich Voldemort langsam zu bewegen. Er breitete seine Arme vor ihm nicht aus, sondern ließ sie an seinen Seiten hängen und er spitzte seine Zehen, als er durch die Luft schwamm, steigend und sinkend, seine Roben schlugen wild um ihn. Snape beobachtete ihn fasziniert. Die Luft war kalt ohne, dass es kalt war und der Geruch von frischem Gras stieg von dem Rasen auf. Er hörte das entfernte zirpen von Insekten und sah einen von Lucius' Pfauen, als dieser aufgeblasen vor dem Tor auf und ab lief. Die Welt war genauso wie zuvor und doch konnte der Dunkle Lord fliegen. Er schien den Wind weniger zu bekämpfen, als viel mehr zum Wind zu werden.
Letztendlich kehrte er zu dem Balkon auf dem Snape stand, zurück.
„Nun, Severus?"
„Mein Herr", sagte er. „So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen."
Der Dunkle Lord schenkte ihm ein kleines, verdrehtes Lächeln. „Ich glaube dir, Severus. Ich wusste, dass nur du alleine das würdigen könntest, was ich getan habe."
„Danke, dass ich es miterleben durfte."
„Oh, ich beabsichtige mehr als das zu tun, Severus. Ich beabsichtige, es mit dir zu teilen."
„Mein Herr?"
„Du bist ein treuer Diener gewesen. Du hast mir geholfen zu sehen, was ich brauche, um Potter zu besiegen. Der Junge ist schwach. Seine Macht ist nichts in Vergleich zu meiner, aber er wurde von tiefer Magie und Zufällen begleitet. Jetzt habe ich die Mittel ihn zunichte zu machen, um durch jede Barriere zu stoßen, die ihn vielleicht versucht zu beschützen. Die Zeit, denke ich, für unsere letzte Konfrontation rückt näher. Ich bin fast vollständig vorbereitet."
„Ich bin froh das zu hören, mein Herr."
„Es war ein langes Jahr und du hast gelitten Severus. Ich habe dich von mir ferngehalten, isoliert in der Schule und du hast deine Pflicht ohne Widerworte erfüllt, obwohl ich weiß wie sehr du dich danach sehnst die Grenzen des Schlosses zu verlassen und an meiner Seite zu sein, um unserem Ziel beizusteuern."
„Ja, mein Herr."
„Ich werde dich nicht länger bewegungslos lassen. Der, der fliegen kann, ist nicht an die Zaubergesetze des Transportes gebunden. Er braucht keinen Portschlüssel, keinen Besen, kein Flohpuder. Anti-Apparationsschilde kümmern ihn nicht länger. Wenn du fliegen kannst, Severus, kann dich nichts mehr von mir fernhalten. Wenn ich dich rufe, werde ich wissen, dass du kommst, dass kein belangloses Hindernis dich daran hindern wird, dein Ziel zu erreichen."
Snape nickte.
„Gib mir deinen Arm."
Snape streckte seinen linken Arm aus. Er fürchtete sich, aber er zeigte es nicht. Der Dunkle Lord hatte sein Mal seit dem Tag, an dem Snape es mit seinem Zauberstab unter qualvollen Schmerzen eingebrannt bekommen hatte nicht mehr berührt... Alles zog sich in seinen Inneren zusammen, nicht zurückzuschrecken.
Voldemort strich Snapes Ärmel zur Seite, offenbarte das blasse Fleisch, die groben schwarzen Umrisse.
„Entzückend, Severus. So deutlich, selbst nach all den Jahren." Er drückte zwei weiße, knochige Finger gegen das Mal, aber es schoss kein Schmerz durch Snapes Haut. Stattdessen kitzelte das Mal, es durchzog sich mit Wärme und eine Art von starkem Druck, welches in seinen Körper sank, bis es verschwand.
„Etwas von meiner Macht, etwas von meinem Talent ist jetzt in dir. Jetzt können wir nicht mehr getrennt werden. Ganz gleich wie groß die Entfernung auch zwischen uns ist... werden wir vereint werden."
„Ich verdiene nicht solch ein Geschenk, aber ich danke Euch, mein Herr", flüsterte Snape.
„Willst du es ausprobieren?"
Er wollte es nicht ausprobieren. Das in seinen Arm... es schmerzte nicht, aber die Gegenwart war unangenehm. Etwas von dem Dunklen Lord in sich zu tragen... es war ihm zuwider und sehnte sich danach das Mal zu kratzen, seine Fingernägel darin zu vergraben, um das abscheuliche, unnatürliche Ding in ihn hinaus zu reißen.
„Versuch es, Severus. Sieh selbst, wie sich Freiheit anfühlt."
Widerwillig trat Snape auf die niedrige Brüstung. Was, wenn der Dunkle Lord nur einen Wärmezauber auf seinen Arm gelegt hatte? Was, wenn er beabsichtigte Snape fallen zu sehen, zu sehen, wie er im Garten unter ihnen aufprallte, gebrochen. Er atmete einmal tief durch.
„Spring", zischte Voldemort.
Snape sprang. Sein Magen zog sich hoch in seinen Hals und reflexiv zog er seine Knie an. Schnell - zu schnell --
Aber dann schien der Wind ihn zu tragen und seinen Körper zu strecken, es fühlte sich so an, als ob die Luft selbst ihn auftrieb, um ihn auf einen unbekannten, unsichtbaren Strom zu führen. Er schwebte tief über das Gelände, strich die Oberfläche eines großen Fischteiches und stieg wieder hinauf zu den Baumkronen. Er machte am Ende des Geländes kehrt und glitt auf der westlichen Brise zurück zur Brüstung. Seine Augen stachen und brannten von dem Wind, sein Herz schlug wild, aber es war tatsächlich Freiheit gewesen.
„Es ist gut, nicht wahr?"
„Es ist... Magie."
„Gut gesagt. Ja, Severus, es ist Magie. Und sie gehört jetzt dir. Aber jetzt haben wir dafür keine Zeit mehr. Jemand kommt."
Snape folgte dem Blick des Dunklen Lords in die Dunkelheit zu den Toren, wo ein Kobold und ein kleiner, blonder Zauberer standen. Ein Kobold. War es möglich, dass während er über Malfoys Manor flog, Hermine in Gringotts gewesen war? Der Dunkle Lord segelte wie schon zuvor von dem Turm hinunter, aber Snape verstand, dass es seine Anweisung war, dieses Geschenk geheim zu halten, als verschwand er ins Haus und rannte die Treppen hinunter.
„Severus - was?", kreischte Narzissa, als sie ihn sah.
„Du hast Gäste, Narzissa. Der Dunkle Lord ist zum Tor gegangen, um sie zu begrüßen."
Zusammen mit Bellatrix, Lucius, gefolgt von Narzissa eilte er über den Rasen.
Er kam rechtzeitig, um das schreckliche Flüstern des Dunklen Lords zu hören. „Und was haben sie gestohlen? Sag es mir! Was haben sie gestohlen?"
Der Kobold fiel auf seine Knie, wrang seine Hände und stotterte: „Ei-einen kleinen g-goldenen Becher, mein Herr, und... und das Schwert von G-Gr-Gryffindor."
Voldemort warf in einen wütenden Schrei seinen Kopf zurück, wie eine primitive Kreatur, das den Mond anheulte. Snape trat eilig zurück, als Voldemort seinen Zauberstab zog - Snape riss seine Augen auf, als er ihn sah und sein Verstand zischte, der Todesstab - und schnitt damit durch die Luft, trennte glatt den Kopf des Koboldes ab. Lucius hielt Narzissa bei der Hand und zerrte in seiner Eile vor der Wut des Dunklen Lords zu flüchten, sie schon fast über das Gelände zum Haus. Nur Bellatrix und Snape blieben zurück.
Voldemorts Blick schien in seinen Kopf zu sprühen und zu brennen. Er sah von Wut entstellt aus. „Kehr in die Schule zurück", bellte er Snape an. „Ich glaube, dass Harry Potter heute Abend versuchen wird, in Hogwarts einzubrechen. Wenn er es tut, wird er vermutlich zum Ravenclaw Turm gehen. Ich werde die Carrows als Wachen dorthin schicken", sagte er und drückte sein Mal.
„Ihr wollt nicht, dass ich selbst gehe?"
„Nein. Ich will dich... abrufbar haben... sollte die Notwendigkeit bestehen.“
Snape dachte an die Worte auf den Balkon und wusste jetzt mit absoluter Sicherheit, warum Voldemort ihm dieses Geschenk gegeben hatte. Wenn du fliegen kannst, Severus, kann dich nichts mehr von mir fernhalten. Wenn ich dich rufe, werde ich wissen, dass du kommst, dass kein belangloses Hindernis dich daran hindern wird, dein Ziel zu erreichen.
Es bedurfte keiner Antwort, als sich Voldemort an die Hexe neben sich wandte. Als er herumwirbelte, war das letzte, was Snape sah, wie Bellatrix vor den Füßen des Dunklen Lords kauerte.
***
Er landete direkt vor den Toren Hogwarts und rannte über das Gelände.
Potter kam.
Als er in die Haupthalle stürmte, hörte ein Knallen von den oberen Etagen. Vermutlich waren es die Carrows, die von dem Dunklen Lord informiert worden waren und jetzt auf ihre Posten rannten. Er sprang auf die Treppe, bevor sie sich von ihm wegdrehen konnte, schoss er die Stufen hinauf zur siebten Ebene, schoss an den Wasserspeier vorbei und die Wendeltreppe in sein Büro hinauf. Als er rannte, dachte er immer und immer wieder über die Worte nach. Harry Potter hatte der Dunkle Lord gesagt. Nicht Harry Potter und seine Gefolgsleute, nicht Harry Potter und das Schlammblut. Nur Harry Potter. Harry Potter alleine? Was war in Gringotts geschehen?
Er stieß die Tür auf. „Wo ist sie?", brüllte er.
„Wie bitte?", sagte Phineas Nigellus mit nur geringfügigem Interesse.
„Haben Sie von ihr gehört? Der Dunkle Lord sagt, dass Harry Potter--" plötzlich verstummte Snape und zog seinen Ring vom Finger. Die Worte ergossen sich wie Eiswasser über ihn. Sie lebte. Sie lebte und war auf den Weg nach Hogwarts.
„Das Granger-Mädchen? Ja, sie hat mich vor wenigen Minuten kontaktiert."
Snape ballte beide Hände zu Fäusten, vergrub seine Nägel in seine Handflächen. „Was hat sie gesagt?", fragte er in einer Stimme so leise und drohend.
„Sie sagte, sie seien auf den Weg nach Hogwarts. Und Schulleiter Dumbledore", Black neigte respektvoll seinen Kopf zu dem Gemälde neben ihn, „sagte ihr, dass sie durch den Raum der Wünsche gehen sollte."
Snape wirbelte herum und starrte auf Dumbledore, welcher gelassen seinen Blick erwiderte.
„Harry Potter hat heute Nacht eine Aufgabe im Schloss zu erledigen. Es ist unerlässlich, dass Sie-"
„Sie tattriger alter Narr! Ich weiß, was Harry Potter im Schloss erledigen muss. Wo ist es?"
„Wo ist was?"
„Muss ich es Ihnen buchstabieren? Wir haben dafür keine Zeit. Wo ist der Horkrux? Wie kann ich ihnen helfen?"
Dumbledores Blick verengten sich. „Ich weiß nicht wo der Horkrux ist, Severus."
„Dann nützen Sie mir nichts", sagte Severus. Er schritt zum Kamin, schwang seinen Zauberstab und öffnete das Flohnetzwerk, schnappte sich etwas Pulver und warf eine außerordentliche Menge in die Flammen. „Minerva!", schrie er.
Hinter ihm, im Büro, konnte er Dumbledores schreiende Stimme hören. „Harrys Mission muss geheim bleiben - Sie dürfen sich nicht offenbaren, Severus! Sie gefährden jeden, dem Sie es sagen!"
Er bekam keine Antwort. Er starrte in Minerva McGonagalls Wohnzimmer, aber es war nichts von ihr zu sehen. Er vermutete, dass sie schlief. „Minerva!"
Sie tauchte aus der Tür gegenüberliegenden vom Kamin auf, ihr Haar offen und durcheinander, während sie ihren Schottenbademantel zuzog.
„Severus, was um alles in der Welt--"
„Minerva, ich habe Gründe anzunehmen, dass Harry Potter und seine Freunde heute Abend in die Schule zurückkehren werden. Der Dunkle Lord weiß Bescheid und hat die Carrows zum Ravenclaw-Turm geschickt, um nach ihnen Ausschau zu halten."
„Ravenclaw-Turm? Aber warum sollte Potter zum--"
„Ich weiß es nicht, aber der Dunkle Lord denkt, dass es so sein wird. Ich muss Sie darum bitte sofort dorthin zu gehen. Schützen Sie Potter vor den Carrows, wenn Sie ihn finden. Versuchen Sie sie aufzuhalten, ihre Male zu benutzen. Dadurch können wir uns vielleicht etwas Zeit verschaffen."
„Aber, Severus, wenn der Dunkle Lord denkt, dass Potter und die anderen auf dem Gelände sein werden..."
„Ja, wird er herkommen. Daran zweifle nicht, dass er kommen und Potter mit Gewalt schnappen wird, wenn er es denn kann. Aber informieren Sie nicht die anderen Professoren, es sei denn, es sollten sich Dinge ereignen - wenn es hinausgezögert werden kann... meine Tarnung darf nicht auffliegen."
„Ich verstehe. Ich werde sofort gehen."
Sie machte sich auf umzudrehen, aber er sagte. „Seien Sie vorsichtig, Minerva. Die Carrows werden schwindelig sein vor eigener Wichtigkeit."
„Ich denke, ich kann mit diesen beiden idiotischen Dummköpfen umgehen."
Er füllte einen Rausch von Zuneigung für seine förmliche, alte Kollegin und bat schweigend um ihre Sicherheit. „Sehr wohl. Ich werde so bald wie möglich zu Ihnen stoßen."
Er zog sich aus den Flammen zurück und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Aus der obersten Schublade zog er einen Stapel von Pergamenten mit seinem Testament, geschrieben in seiner kleinen, krakligen Schrift heraus. Er blätterte die Seiten durch und drückte sie dann auf die Schreibtischoberfläche. Er überlegte kurz sie mit einem Bemerk-Mich-Zauber zu belegen, aber entschied sich dann dagegen. Selbst wenn es hier lag, bis ein neuer Schulleiter gewählt worden ist, würde es eventuell gefunden werden. Niemand würde widerstehen können die letzten Worte des Verräters Severus Snape zu lesen.
Er nahm einen Stapel von Schülerberichten von seinem Schreibtisch und begann sie in die zweite Schublade zu legen. Merkwürdigerweise war es ihm wichtig, dass die Dinge seine Ordnung hatten. Wer auch immer kommen würde, um nach den Beweisen seines Lebens, seiner Zeit als Schulleiter von Hogwarts, zu suchen... er wollte sie wissen lassen, dass er seine Arbeit effizient gemacht, dass er keine losen Enden zurückgelassen hatte.
„Severus", sagtte Dumbledore, aber Snape ignorierte ihn. Er nahm ein Buch auf und stellte es zurück in sein Regal.
„Ich werde Sie nicht danach fragen, wie lange Sie es schon wissen, aber ich werde Sie Folgendes fragen: Haben Sie an Ihre Pflicht gedacht? Haben Sie einen Plan, wie Sie Harry die Nachricht übermitteln können?"
Schließlich blickte Snape auf, fixierte das Porträt mit einem tödlichen, dunklen Blick. "Ich habe in diesem unendlichen Jahr täglich Ihr unerträgliches Gerede ertragen. Ich habe meinen Mund gehalten, als Sie das Ansehen meiner Frau geschmälert haben und ich habe Ihre Befehle befolgt, obwohl Sie mich zum Tode verurteilt haben. Ich habe für ihren Verrat gestanden, Dumbledore, für Ihre Schemata und Geheimnisse und jetzt ist es an der Zeit, meinen letzten Teil zu spielen. Bei allen, was Ihnen heilig ist, lassen Sie mich in Frieden gehen. Ich werde Ihre Nachricht an Potter weiterleiten, aber ich bestehe darauf, dass Sie mir aus den Augen gehen."
„Wo wollen Sie, dass ich hingehe?" Dumbledore war bleich, aber seine Augen funkelten, als ob sie beide ein lang vereinbartes Spiel teilten.
„In jedes Porträt, welches dumm genug ist, Sie aufzunehmen. Wenn Sie sich beeilen, kriegen Sie vielleicht noch gute Sitze für die Schlacht", sagte Snape bitter. „Auf Wiedersehen, Dumbledore."
Snape setzte sich an seinen Schreibtisch. Er drehte sich nicht um, um auch wirklich zu sehen, ob er sein Porträt verlassen hatte, aber im Zimmer wurde es ganz still. Er presste seine Hand gegen das Fläschchen unter seinen Roben und begann wieder einmal zu warten.
***
Ein Mann, der nervtötend nach Dumbledore aussah, stand abrupt hinter seinen Tresen auf, als Harry, Ron und Hermine mit einem Pop im Eberkopf apparierten.
„Narren!", zischte er. „Nach oben, sofort. Ich kann mich glücklich schätzen, wenn euch nicht ein Pack von diesen Todessern auf den Fersen ist. Verschwindet!"
Die Drei stolperten die wackelige Holztreppe hinauf. Es war beinahe unmöglich nebeneinander die Stufen hochzugehen und Hermine wusste, dass ihre Füße sichtbar waren, aber sie gingen die Treppe so schnell wie möglich hoch.
„Wer war das?", flüsterte Harry. Er sah aus, als ob er einen Geist gesehen hatte. Hermine zog den Umhang über ihre Köpfe und stopfte ihn in ihre Tasche.
„Aberforth, natürlich", sagte sie.
„Wer ist Aberforht?", fragte Ron.
„Dumbledores Bruder", antwortete Harry.
„Also deshalb gibt es ein Gemälde von--"
Hermine deutete auf ein Gemälde, welches über einen kleinen Kamin in der Mitte der Wand hing. Ein junges Mädchen betrachtete sie ruhig, ein amüsantes, halbes Lächeln zierte ihre Lippen. Es war schwer sich vorzustellen, dass Dumbledore selbst einmal so jung gewesen sein musste, dass er eine Schwester hatte, die dieselbe Augenfarbe, wie ihre beiden Brüder hatte.
„Hallo", sagte Hermine höflich, aber das Mädchen in dem Gemälde antwortete ihr nicht.
„Sollen wir einfach gehen?", fragte Ron.
„Nein, Ron. Das wäre sogar noch unverschämter, als die Tatsache, dass wir ihn durch unser Auftauchen mitten in seiner Bar in Gefahr gebracht haben. Und außerdem wissen wir nicht, wie das Porträt funktioniert. Dumbledore sagte, der Weg durch... aber ich habe noch von keinem Zauberer gehört, der durch Gemälde gehen kann."
Harry starrte weiterhin mit leicht offenstehendem Mund auf Ariana Dumbledore.
Endlich hörten sie das Knarren der Holztreppe. Die Drei traten enger zusammen und Hermine zog langsam ihren Zauberstab aus ihrer Tasche.
„Ihr gefährdet mein Leben, indem ihr einfach in meine Bar gerast kommt, Miss Granger, und jetzt willst du mich auch noch verfluchen?", sagte Aberforth, als er in das Zimmer humpelte, eine grauhaarige Augenbraue hielt er hochgezogen.
Entschuldigend senkte Hermine wieder ihre Hand. „Es tut mir leid, Sir. Ich war mir nur nicht sicher, dass es auch wirklich Sie waren. Woher kennen Sie meinen Namen?"
Aberforth schlurfte zu einem Stuhl in der Nähe des Kamins und setzte sich.
„Woher ich deinen Namen kenne?", schnaubte er. „Eure Gesichter sind in der ganzen Stadt verteilt, nicht? Unerwünschte Nummer Zwei. Ihre alle drei. Gerüchten zufolge sollt ihr aus Malfoy Manors entkommen sein?"
Harry sah entsetzt aus. „Hermine, Ron... es tut mir leid. Ich wollte niemals--"
„Sei kein Schwachkopf", sagte Ron. „Wir haben die ganze Zeit gewusst, dass dies passieren würde. Außerdem habe ich jetzt endlich mal etwas gemacht, was meine Brüder nicht geschafft haben."
Hermine warf Ron einen liebevollen Blick zu, aber sie wandte sich ab, als Aberforth wieder zu reden begann.
„Ihr solltet die Nacht hier bleiben", sagte er müde. „Ich kann euch etwas zu Essen geben und ihr könnt bis zum Tagesanbruch hierbleiben, bis die Ausgangssperre wieder aufgehoben ist. Ich habe keinen blassen Schimmer, warum ihr hier seid, aber ihr solltet so weit wie möglich von hier verschwinden. Ihr hattet verdammtes Glück, dass euch niemand gesehen hat."
„Das können wir nicht", sagte Harry.
„Wie bitte?"
„Wir müssen nach Hogwarts. Da gibt es etwas, was wir erledigen müssen. Wir haben nicht mehr viel Zeit."
„Das Einzige, was ihr in Hogwarts finden werdet, Mr Potter, ist ein unglückliches Ende. Snape ist dort, falls ihr das vergessen haben solltet. Er hat meinen Dummkopf von Bruder getötet. Ich bin mir sicher, er wäre nur allzu glücklich dich ebenfalls zu erledigen."
„Mr Dumbledore... das mit Ihrem Bruder tut mir schrecklich leid. Aber bevor er starb, hat er mir eine Aufgabe hinterlassen. Etwas, was ich erledigen muss und wir müssen nach-"
Aberforth überschlug seine Beine und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Hat er ja? Nette Aufgabe hoffe ich? Angenehm? Leicht? Etwas, das man einem unausgebildeten Zaubererjungen zutrauen würde, ohne dass er sich übernimmt?"
„Sie verstehen nicht", sagte Harry.
„Oh, wirklich nicht?", flüsterte Aberforth. „Du glaubst, dass ich meinen eigenen Bruder nicht verstanden habe?"
„Ihr Bruder..." Harry wollte schreien, aber besann sich dann eines Besseren. Ruhig fuhr er weiter. „Er wusste, wie man den Dunklen Lord besiegen kann. Er sagte mir - er sagte, dass ich es sein muss, er sagte, ich muss--"
„Wirklich? Wie überaus faszinierend. Und er hat dir alles gesagt, er war offen zu dir?"
Harry schwieg einen langen Moment. „Ich kannte die Gefahr", sagte er, aber sein Blick war misstrauisch. Hermine konnte kaum atmen. Das war nicht der Zeitpunkt Harrys Vertrauen in Dumbledore zusammenbrechen zu lassen. Aber sie bedachte Aberforth dennoch mit einem dankbaren Blick. Hier war jemand, der das wusste, was sie tat, der wusste wie skrupellos Dumbledore sie benutzt, sie ausgewählt und auf ihre Aufgabe aufgebaut hatte. Sie blickte zu Harry. Hatte man sie für ihn ausgesucht? Ausgewählt Unerwünschte Nummer Zwei zu sein, vielleicht für ihre Stabarbeit oder ihre fleißige Natur? Machte es etwas aus? Würde sie ihn weniger lieben, wenn es der Fall war?
„Ich kannte meinen Bruder, Potter. Er hat die Geheimniskrämerei schon als kleines Kind gelernt. Geheimnisse und Lügen, damit sind wir aufgewachsen, und Albus ... der war ein Naturtalent."
„Das ist egal", sagte Ron und Harry und Aberforth drehte sich beide offensichtlich überrascht zu ihm um.
„Was?", sagte Harry.
„Ob er uns nun hereingelegt hat oder nicht. Ob er alles wusste oder nicht. Hatte er mich dazu gezwungen, am ersten Tag neben dir im Zug zu sitzen? Musste er mir sagen, dass es egal war, dass Hermine eine Muggelgeborene ist? Du kannst die Menschen nicht dazu bringen, sich gegenseitig zu lieben, oder zu wissen, was richtig ist. Wir wollen kämpfen. Und jetzt brauchen wir einen Weg nach Hogwarts und Dumbledore sagt, der geht durch dieses Gemälde dort. Werden Sie uns nun helfen oder nicht?"
Hermine schaute zu Ron, dessen Gesicht gefährlich rot angelaufen war. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er sah gekränkt aus. Sie glaubte nicht, dass sie ihn jemals so sehr geliebt hatte.
„Es ist Wahnsinn, was ihr da redet, Wahnsinn ihn zu bekämpfen. Ihr werdet euch nur selbst umbringen. Was seid ihr? Siebzehn? Ihr glaubt, nur weil ihr es geschafft habt, euch so lange zu verstecken, dass ihr eine Chance gegen ihn habt? Mein Bruder hat eure Köpfe mit Schwachsinn gefüllt. Der Krieg ist vorbei. Wir haben verloren."
„Nein, das ist es nicht“, sagte Harry. „Ihr Bruder wusste, wie man Du-weißt-schon-wen erledigen kann, und er hat dieses Wissen an mich weitergegeben. Ich werde weitermachen, bis ich mein Ziel erreicht habe –oder sterbe. Glauben Sie nicht, dass ich nicht weiß, wie das enden könnte. Ich weiß es seit Jahren.Wir müssen nach Hogwarts rein. Wenn Sie uns nicht helfen, dann warten wir bis zum Morgen und finden selbst einen Weg."
Aberforth seufzte stürmisch. „Ihr denkt, ihr wisst wie es ist mit siebzehn zu sterben? Was eigentlich Liebe ist? Du sagst, mein Bruder wusste, wie man Du-weißt-schon-wen besiegt? Warum hat er es dann nicht getan? Warum hat er es einen Haufen von Kindern überlassen? Hat sich selbst umbringen lassen, das ist es, was er getan hat. Genau wie ihr." Er stand auf und ging hinüber zum Kamin. „Gott vergebe mir dafür. Ariana, du weißt, was zu tun ist."
Das Mädchen in dem Gemälde drehte sich mit demselben rätselhaften Lächeln um und ging davon, aber nicht einfach aus dem Bild, sondern verschwand tiefer darin, als ob sie einen langen Korridor hinter sich entlang gehen würde.
„Was-", begann Ron, aber seine Frage wurde durch Hermines aufgeregtes Schreien und Harrys Ruf unterbrochen. "Neville!"
Plötzlich schwang das ganze Bild vor wie eine kleine Tür in der Wand auf und gab den Eingang zu einem echten Tunnel frei. Davor in der Dunkelheit kniete Neville Longbottom, seine Hände ausgestreckt, sein Haar war wirr und sein Gesicht zerschnitten und geschlagen.
„Wir haben so lange gewartet", sagte er und in seiner Stimme schwangen zugleich große Aufregung als auch Traurigkeit mit. „Kommt schon, kommt schon, wo wir euch sehen können."
Hermine streckte ihre Hände aus und Neville nahm sie. Ron hob sie über den Kamin und sie kroch in den Tunnel. Dann zogen sich Ron und Harry hoch. Hermine sah, wie Harry sich noch einmal umdrehte und eine Hand durch das Loch ausstreckte. „Danke", sagte er.
„Dank mir nicht. Ich habe euch in euren Untergang geschickt, das ist es, was ich getan habe. Am Ende bin ich wohl nicht besser als mein Bruder schätze ich. Passt auf euch auf. Wenn ihr überlebt, dann trage ich eine Schuld weniger."
„Ich geb‘ mein bestes", sagte Harry und schüttelte Aberforths Hand.
Neville begann ein paar altaussehende Steintreppen hinauf zu gehen. Hermine folgte ihm. „Neville, was ist mit dir passiert? Was verdammt noch mal ist in Hogwarts los?"
Neville warf ihr einen Blick über seine Schulter zu und ging weiter. „Am Anfang war alles ganz okay", sagte er und es lag eine Lebensmüdigkeit in seiner Stimme, die Hermine nicht erkannte. „Ich meine, es war schlimm, versteh mich nicht falsch. Viele kamen nicht mehr zurück - Dean, ihr drei, Justin Finch-Fletchley... und die meisten der Muggelgeborenen."
Sie stiegen weiter die Stufen hinauf, während Neville fortfuhr: „Aber die verliefen anfangs wie immer. Es war natürlich seltsam ohne euch und oftmals haben wir Gerüchte darüber gehört, was dort draußen los ist, aber das weißt du ja.... wir hatten Unterricht, Essen und sogar Quidditch. Das ganz normale Zeug eben. Die Carrows unterrichteten Verteidigung und Muggelkunde, wovon wir alle wussten, dass es bloß ein Witz war... aber es war okay. Bestrafungen waren sogar noch leichter als sonst. Es ging alles über Snape, weißt du? Bei allen, wo wir erwischt wurden - sie konnten uns nicht bestrafen. Nicht die Carrows, noch nicht einmal die normalen Lehrer. Snape hat sich darum gekümmert. Als Ginny und ich bei unserem Versuch das Schwert von Gryffindor zu stehlen erwischt wurden, da dachte ich wirklich, dass wir tot seien, aber Snape hat uns nur zu Hagrid geschickt. Die Leute begannen zu erzählen, dass er nicht mehr ganz richtig im Kopf sei, weißt du, dass er das, was er getan hat, bereut. Weiß auch nicht. Aber dann, nach Weihnachten, war er nicht mehr viel da. Ich schätze, die Carrows waren es leid auf die Bestrafungen zu warten, die niemals kamen und sie... nun ja. Sie begannen ihr eigenes Ding durchzuziehen."
„Warum bist du nicht zu Snape gegangen?", fragte Hermine. „Wenn er besser war, wenn er--"
„Zu Snape gehen? Und was dann? Ihm sagen, dass seine Todesser-Freunde zu grob zu uns sind? Komm schon. Und wie ich bereits sagte, war er kaum noch da. Amycus Carrow... er begann damit den Cruciatus zu unterrichten. Du weißt schon, den Fluch, den Bellatrix bei meinen Eltern benutzt hat? Sie begannen ihn als Bestrafung zu benutzen und einige der Slytherins... also, sagen wir mal, die Hausrivalitäten haben ein ganz neues Ausmaß angenommen."
„Neville...", sagte Harry. Es war deutlich aus seiner Stimme zu hören, dass er es nicht ertragen konnte, dass er Neville darum bat aufzuhören. Aber Neville, jetzt wo er einmal redete, war entschlossen ihnen zu sagen, was während ihrer Abwesenheit passiert war. Hermine fragte sich, ob er dachte, dass sie sich einfach nur versteckt hatten.
„Wir haben nicht aufgegeben. Bis zu dem Zeitpunkt, wo wir in den Raum der Wünsche gezogen sind, haben wir uns gewehrt. Es waren nur kleine Dinge, schätze ich, wie... wir sind nachts immer rausgeschlichen und haben Graffiti an die Wände gemalt: Dumbledores Armee sucht noch Leute, solche Sachen eben. Es treibt sie in den Wahnsinn."
„Aber wenn ihr bestraft werdet - wenn sie euch verletzten, warum--"
„Weil wir es tun mussten. Versteht ihr das nicht? Das war alles, was wir noch hatten. Ihr wart verschwunden und die Menschen brauchten Hoffnung. Nach Weihnachten sind Dutzende von Schülern zu Hause geblieben. Luna wurde gefangen und wir haben Ginny zu Ostern verloren - sie gewannen. Wir mussten zeigen, dass wir nicht aufgegeben haben."
„Neville - wir haben nicht... wir waren nicht auf der Flucht, wenn es das ist, was du denkst."
Er seufzte. „Ich weiß. Ich habe es immer gewusst. Wenn ich es nicht getan hätte, dann hätte ich vielleicht auch aufgegeben. Wäre einfach zu Hause geblieben oder hätte mich selbst versteckt. Aber die Dinge hier sehen nicht gut aus, okay. Die Dinge... seid einfach nur nicht allzu überrascht." Er ging zu einer kleinen Tür und drückte sie auf.
„Schaut mal, wer da kommt. Hab ich es euch nicht gesagt?", rief er, als er Hermine durch das Loch schubste. Es lag etwas mehr Kraft in seiner Stimme als noch zuvor. „Sie sind zurückgekommen! Ich habe euch ja gesagt, dass sie zurückkommen."
Hermine wurde von so vielen Händen berührt, dass, obwohl die Berührungen freundlich, sogar freudig waren, fürchtete sie sich fast davor. Parvati zog sie in eine feste Umarmung, und als sie sich trennten, hatten beide Mädchen Tränen in den Augen.
Hermine drehte sich um, um Lavender in Rons Armen weinen zu sehen. Seine Augen waren geschlossen und er zeichnete kleine Kreise auf ihren Rücken. Harry und Seamus schlugen sich gegenseitig auf den Arm.
Letztendlich hatte sie die Möglichkeit sich umzusehen. Durch ihre Tränen sah sie, dass sie den Raum der Wünsche so noch nie gesehen hatte. Hängematten hingen von der Decke, die Wandbehänge von allen Häusern dekorierten die Wände. Weiche Sessel und der magische Rundfunk standen in den Ecken. Es war wie eine Kinderfantasie von Hogwarts, ein Kind, welches alt genug war zu begreifen was es bedeutete, auf seinen Brief wartete.
„Was ist das hier?", hauchte Hermine.
„Das ist natürlich der Raum der Wünsche", sagte Neville. „Es ist unser Versteck. Wir mussten irgendwo hingehen. Irgendwohin, wo sie nicht reinkamen, also haben wir unser eigenes Hogwarts gemacht."
Plötzlich klatschte Neville in die Hände. Es war für Hermine offensichtlich, dass als die anderen ihre Aufmerksamkeit auf ihn richteten, das hier war alles Nevilles Werk, dass er hier die Führung hatte. Er hatte den Widerstand und Rückzug angeführt, während sie verschwunden waren.
„Also, was ist der Plan, Harry?"
„Der Plan?"
„Ja, der Plan. Wenn du zurück bist, dann bedeutet das, das wir kämpfen, richtig? Wir kämpfen zurück. Und das ist gut - wir haben uns ausgeruht und uns geheilt und wir sind bereit. Sag uns nur, was du brauchst."
„Sieh mal, Neville, ich glaube, du hast das falsch verstanden. Wir - hier gibt es etwas in Hogwarts, was wir brauchen, etwas, was wir noch erledigen müssen... wir sind nicht zurückgekommen, um zu bleiben."
„Ich verstehe nicht. Unsere Kontakte draußen sagten... wir haben gehört, dass ihr in Gringotts eingebrochen seid, wir haben gehört..."
Harry nickte.
„Aber ihr seid nicht hier, um zu kämpfen?"
„Nein, hör zu. Bitte versuche es zu verstehen. Bevor wir kämpfen können, gibt es gewisse Dinge, die wir noch erledigen müssen - es würde keinen Unterschied machen, wenn wir jetzt kämpfen." Harrys Blick war flehend.
„Also sag uns dann, was macht ihr hier? Wir können euch helfen."
„Ich kann nicht", sagte Harry niedergeschlagen.
Hermine dachte an Aberforths Worte über Geheimnisse und Lügen... Sie dachte an Professor McGonagall, Luna, Mr Ollivander. Sie dachte an Dobby. Es ihnen zu sagen war tödlich ja, aber da lag auch Macht drin. Eine Macht in Freundschaft, die nicht gebrochen werden konnte, Macht in Liebe, in Loyalität, in der Richtigkeit. Sie dachte an Rons geballte Fäuste, als er Worte sprach, die er zuvor noch nie gesagt hatte. Sie dachte daran, wie er und Harry ausgesehen hatten, als sie das Medaillon zerstört und zum Zelt zurückgekehrt waren, die Energie, von der sie da erfasst worden waren und das Gefühl, als sie die beiden wieder zurück ins Zelt gezogen hatte.
„Er weiß bereits, dass wir es wissen", flüsterte sie Harry zu. "Sag es ihnen."
Harry starrte sie ungläubig an. „Hermine... es ihnen sagen?"
„Du musst ja nicht sagen, was es bedeutet. Sag ihnen einfach, wonach wir suchen."
„Okay", sagte er widerwillig. „Okay." Aber dann flog das Porträt erneut auf und Fred, George und Ginny Weasley kamen in den Raum.
Es war nicht wie zuvor. Niemand eilte mit frohen Schreien herbei, niemand schlug den anderen auf den Rücken. Hermine beobachtete, wie Harry sie erblickte, wie sich sein Gesicht zu öffnen begann und dann wieder schloss, als er gegen das ankämpfte, was folgen würde. Ginny schien wie angewurzelt am Eingang zu stehen. Sie war blass, aber ihre Wangen leuchteten rot. Sie trat einen Schritt vor.
Harry blinzelte langsam, als ob er dachte, dass sie verschwinden würde. Dann trat auch er vor und Hermine musste ihren Blick abwenden, als Harry sie in seine Arme schloss und sie küsste. Der Schmerz, der Schmerz der gerade endete und der gerade neu zwischen ihnen aufkeimte, brannte in ihren Augen.
Als sie sich trennten, hörte Hermine Ginny fragen: „Was ist der Plan?"
„Okay", sagte Harry. Er hielt Ginnys Hand fest umklammert und er ließ auch nicht los, als er sich an den Raum wandte. „Es gibt etwas, das wir finden müssen. Etwas – etwas, das uns helfen wird, Du-weißt-schon-wen zu stürzen. Es ist hier in Hogwarts, aber wir wissen nicht wo. Es könnte Ravenclaw gehört haben. Hat irgendjemand schon mal von so einem Gegenstand gehört? Ist irgendjemand mal auf etwas gestoßen, auf dem zum Beispiel ihr Adler war?"
Luna und Dean kletterten durch das Porträt und der Anblick von Luna schien ihre Entscheidung, den anderen zu erzählen, nur zu bestätigen.
„Etwas von Ravenclaw?", fragte Luna und sah sich gelassen in dem Raum um, als ob sie hier die ganze Zeit gewesen war. „Also, da gibt es ihr verschollenes Diadem."
„Was ist das?"
„Es ist wie eine kleine Krone", sagte Luna. „Ihre Statue in unseren Gemeinschaftsraum trägt sie. Ich kann sie dir zeigen, wenn du möchtest."
Harry sah sich suchend nach Ron und Hermine um. Ron zuckte mit den Schultern.
„Es passen nur zwei unter den Umhang, Harry", sagte Hermine. „Du brauchst Luna, um in den Ravenclaw-Turm zu kommen. Wir bleiben hier und organisieren den Rest... du weißt schon, für den Fall."
Harry sah für einen Moment unentschlossen aus, er blickte hinunter zu seiner und Ginnys verschlungenen Händen. „Geh", flüsterte Ginny. „Ich werde noch da sein, wenn du zurückkommst."
Aber als sie sah, wie sie unter dem Tarnumhang verschwanden, wollte Hermine sie zurückrufen. Warum schickte sie sie weg, wenn sie doch zusammenbleiben sollten? „Komm gleich wieder zurück", flüsterte sie.
***
Snape stand getarnt vor dem Ravenclaw-Turm. Er sah, wie Luna Lovegoods Hand aus dem Nichts erschien und anklopfte. Er hörte die Frage der Tür und Lunas Antwort und sah einen flüchtigen Eindruck von dem Ravenclaw-Gemeinschaftsraum, als sie unsichtbar durchtraten.
Er sah, wie Minerva ihren eigenen Tarnungszauber aufhob, ihr Haar war noch genauso wild und sie trog denselben Bademantel, als er sie gebeten hatte den Ravenclaw-Turm zu beobachten. Er lächelte leicht. Wie lange hatten sie schon dort gestanden, ohne das Wissen des jeweils anderen? Minerva schlich vor und presste ihr Ohr gegen die Tür. Plötzlich brannte sein Mal so stark, dass er ein Zischen nicht unterdrücken konnte. Minerva wirbelte herum, Zauberstab gezogen und er flüsterte: „Sie hat ihn gerufen. Verstecken Sie sich. Gehen Sie mit den anderen rein."
Minerva versteckte sich hinter einer nahestehenden Rüstung und wiederholte den Tarnungszauber. Snape, beinahe geblendet vor Schmerz, stand nur da und spürte die donnernde Antwort des Dunklen Lords durch sein Blut rauschen. Ich komme.
Amycus Carrow rannte den Flur hinauf und begann erbarmungslos gegen den Eingang zu klopfen. „Alecto? Alecto? Bist du da drin? Hast du ihn? Mach die Tür auf!"
Es geschah jetzt, entfaltete sich vor ihm, als er schweigend dabei zusah. Potter war gekommen und die Idiotin Alecto Carrow hatte ihn gefangen. Wieder einmal dachte Snape, dass Potter Merlin dafür dankbar sein sollte, dass Hermine ihn auf seiner Reise begleitet hatte. Snape sehnte sich danach Amycus zu schocken und in den Raum zu preschen, aber er blieb regungslos. Wenn der Dunkle Lord irgendjemand befragte... dann musste alles seine Ordnung haben. Minerva wurde wieder sichtbar, diesmal weiter den Flur hinunter und sie ging wütend auf ihn zu.
Zusammen betrat sie mit Amycus den Gemeinschaftsraum und Snape lehnte sich gegen die Wand. Er war bis zum Äußersten angespannt, jede Stimme, jeder Fußschritt war so laut wie ein Donnerschlag und doch war er machtlos irgendwas anderes zu tun als zu warten. Warten, warten... endloses Warten auf Dinge, die er weder aufhalten noch kontrollieren konnte. Es trieb ihn in den Wahnsinn.
Er hörte ein Knallen, laute Stimmen und dann nichts. Nichts. Was passierte? Snape zitterte beinahe vor dem Verlangen zu handeln, um nur eine einzige heldenhafte, denkwürdige Sache zu tun. Er wollte die Carrows umbringen, den Horkrux finden, irgendwas... irgendwas, um die Hilflosigkeit, die in ihm wütete, zu bändigen.
Als McGonagall wieder auftauchte und ihren Patronus den Flur hinunterschickte, konnte er nicht mehr länger warten und folgte ihr, als sie den Korridor hinunterlief. Waren Potter und das Lovegood-Mädchen bei ihr? Wurden sie bei dem Kampf im Turm verletzt? Sobald sie den Treppenabsatz erreicht hatten, hielt er inne und entfernte seinen Zauber, trat laut genug auf sie zu, damit sie wieder zu ihm herumwirbelte.
„Snape", knurrte sie, ihr Gesicht verzog sich zu einer glaubhaften Maske der Wut. So etwas wie Hoffnung stieg in ihm auf.
„Wo sind die Carrows?", fragte er ruhig.
„Vermutlich dort, wo immer Sie die beiden auch hin befohlen haben, Severus", sagte sie eisig.
„Ich hatte den Eindruck, dass Alecto einen Eindringling gefasst hätte."
„Als ob Alecto Carrow ihren eigenen linken Fuß fassen könnte", erwiderte sie.
Snape schielte auf den leeren Platz neben sie. Er konnte sie nicht sehen, aber sie mussten sicher entkommen sein. Sein Herzschlag beruhigte sich langsam. Er blickte in Minervas standhaften Blick.
„Haben Sie Harry Potter gesehen, Minerva? Wenn ja, muss ich nämlich darauf bestehen--"
Durch einen Schwung mit ihrem Zauberstab schien sie das nahe Fackellicht einzufangen und verwandelte es in einen flammenden Griffin. Aber als ein riesiger, schnabelförmiger Kopf nach ihm schnappte, schwang er ebenfalls seinen Zauberstab und aus dem Griffin wurde eine aufbäumende Schlange, die weit ausholte. Ja, dachte er, die alten Hausrivalitäten dienten wieder. Er bereitete seinen nächsten Gegenzauber vor, ein guter, kleiner Zauber, der ihr feuriges Lasso in einen Schauer aus grünen Bienen zu verwandeln schienen... Und war es möglich, dass er es sogar genoss?
Aber die anderen Professoren kamen auf sie zu gelaufen. „Minerva!", schrie Flitwick.
Snape sprang zurück, blickte über ihre Schulter und eine Flammenzunge leckte an seinen Saum. Minerva zog sie mit einem Zauberstabzucken zurück und er klopfte das Feuer mit seinen Händen aus. Ihr Gesicht war weiß und wild.
„HAUEN SIE AB, Snape!", schrie sie. „Verlassen Sie das Schloss! Entfernen Sie sich so weit wie möglich von diesem Ort!"
Snape brauchte keine weitere Warnung. Er wirbelte herum, warf einen Schildzauber hinter sich und rannte auf die Klassenräume am Ende des Flurs zu. Das Schild war schnell zerstört, er konnte die trampelnden Füße und Minervas Stimme, die „Lasst ihn doch rennen. Gut, dass wir diesen Feigling los sind!" schrie, hinter sich hören.
Er erreichte den ersten Klassenraum, warf die Tür hinter sich zu und schützte sie. Er eilte zum Fenster, öffnete es und sprang.
Der Wind fing seine Roben, als er fiel und er spürte, wie sie sich hinter ihm wie Flügel aufblähten, bevor sein Körper sich mit dem Wind vermischen würde. Stetig stieg er auf, umkreiste den Ravenclaw-Turm und flog westwärts. Fenster erhellten sich im ganzen Schloss. Die Lehrer weckten die Schüler.
Er blieb in der Nähe der Schule, trank den schweren Stein der Bögen, der Wände in sich auf und er dachte, dass es ein Wunder war, dass er in der Luft bleiben konnte, er war so gesättigt, so belastet von Erinnerungen. Hier war das Klassenzimmer für Zauberkünste, wo er vor langer Zeit gelernt hatte, eine Feder fliegen zu lassen, genauso wie er jetzt flog. Hier, der Arithmantik-Korridor, wo er einmal eine Reihe von Stinkbomben hat hochgehen lassen und man hatte ihn drei Wochen Nachsitzen gegeben, in denen er den Korridor des Kerkers schrubben musste. Er flog weiter, blickte in die Fenster, bis er zu dem Schlachtfeld des Astronomieturms kam, wo Dumbledore gefallen war, es Snape mit seinem eigenen Zauber beendet hatte.
Dann schwang er hinüber zu dem See, erblickte die Bank, auf der Hermine im Schnee gesessen hatte, der Baum, wo er einst mal gequält worden war, vorbei an dem Quidditch-Feld und den Gewächshäusern, vorbei an der Peitschenden Weide. Als er flog, nahm er alles in sich auf, als ob er nie genug davon kriegen konnte, genug Erinnerungen an diesen Ort, der einst sein Zuhause gewesen war und es nie wieder sein würde. Als er über Hagrids Hütte flog, setzte er den Senkflug an, landete auf seinen Füßen und rannte in den Verbotenen Wald, wo sich bereits verhüllte Personen versammelten. Die Todesser waren bereits hier. Die Schlacht würde jeden Augenblick beginnen.
***
Hermine wartete nervös im Flur, ihr war es inzwischen egal, wer sie vielleicht sah. Es hatte gewaltige Bewegungen im Schloss gegeben, sie hörte das Stampfen von Hunderten von Füßen auf den Treppen, gemischt von Schreien und Tränen, Befehlen, die in vertrauten Stimmen erteilt wurden. Etwas passiert, aber Harry war noch nicht zurück. Ginny war mit ihr in den Flur gekommen. Ohne einander anzusehen, gingen sie auf und ab.
Als Harry, gefolgt von Luna den Korridor hinaufgelaufen kam, sein Tarnumhang in seinen Armen zusammengeknüllt, fiel es ihr schwer Ginny zuerst gehen zu lassen. Sie hatte den flüchtigen Gedanken, dass es immer so sein würde, dass Ginny nie verstehen konnte, dass ihre Verbindung zu Harry jetzt tiefer als Blut war, aber schnell lieferte ihr Verstand eine Antwort: Es sei denn er stirbt, dann wirst du es nie erklären müssen.
„Macht die Türen auf", schrie Harry. „Alle aus dem Weg. Wir kommen durch!"
„Was?", fragte Hermine.
„Evakuierung - wir schicken die Schüler durch den Eberkopf", sagte er außer Atem. „Die Slytherins sind auf ihren Weg - sag allen, keine Kämpfe! Wir wollen die Minderjährigen nur in Sicherheit bringen!"
Hermine presste sich gegen die Tür, hielt sie offen und Ginny rannte in den Raum und begann Befehle zu verteilen. Ein paar Augenblicke später konnte sie Professor Slughorn seine Schüler den Flur hinunter führen sehen. Es war beinahe ein Jahr her, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte und sie starrte ihn mit einem Blick an, der sich bereits zu lange nach etwas Vertrauten gesehnt hatte. Selbst sein walrossartiger Schnurrbart war tröstend. „Selbstverständlich auf den Weg zurück, meine Liebe", sagte er. „Muss den Schülern nur beim Apparieren helfen - keiner von Ihnen hat bisher die Lizenz, wissen Sie."
Ihr war es ziemlich egal, ob er die Wahrheit sagte oder nicht. Schüler rauschten an ihr vorbei, trampelten durch den Raum und verschwanden im Gemälde. Millicent Bulstrode, Trace Davis, Malcolm Baddock. Gesichter, die sie bereits seit Jahren kannte. Keiner von ihnen traf ihren Blick.
Hinter den Slytherins kamen die Ravenclaws und mit jeder neuen Welle verschlug es Hermine aufs Neue die Sprache, wie jung sie alle aussahen. War sie jemals so jung gewesen? War sie es jetzt noch? Sie hatte das Gefühl sich jedes Gesicht einprägen zu müssen, sich jede Person merken zu müssen, mit der sie an einen Tisch in der Bibliothek, neben wen sie bei einen Quidditch-Spiel oder beim Essen gesessen hatte. Lisa Turpin, Mandy Brocklehurst, Stewart Ackerley. Der Zug ebbte nicht ab. Flitwick ging an ihr vorbei und quietschte, als er sie sah, auf. Sie lächelte, als er den Raum betrat und seine Schüler in den Tunnel half.
Aber als Professor McGonagall auftauchte, konnte Hermine die Tränen nicht länger zurückhalten. Ihr Gesicht fiel zusammen und sie zitterte, als sie gegen die schweren Türen gelehnt stand.
„Miss Granger", sagte McGonagall ernst, als sie an der Tür hielt, um die Gryffindors durchzuführen. „Reißen Sie sich zusammen." Aber als Hermine in ihr Gesicht blickte, konnte sie sehen, dass die alte Frau nicht weniger betroffen war und sie glitt ihre Hand in die ihres Professors und drückte sie.
„Konnte er...", begann sie flüsternd. „Konnte er fliehen?"
„Konnte er", sagte McGonagall scharf und konnte sie nicht direkt ansehen, als sie laut schniefte. „Und jetzt müssen Sie mich entschuldigen, ich muss mich um meine Schüler kümmern."
Hermine konnte den Großteil der Hufflepuffs nicht sehen, als sie sich in den Raum drückten, da sie halb blind vor Tränen und Erleichterung war.
„Okay!", schrie Harrys Stimme. „Die von euch, die kämpfen, müssen mit den Professoren in die Große Halle zurückkehren."
Mit einem Male schien sich die Welle zu wenden und die Leute fluteten aus dem Raum, füllten drängelnd und schreiend die Flure. Hermine konnte Fred und Georges orange Köpfe über der Menge sehen, da sie über alle anderen hinausragten. Remus Lupin, Kingsley Shacklebolt, Horace Slughorn, welcher wirklich wieder zurückgekehrt war, Fleur und Bill, Michael Corner, Cho Chang. Neville, sein Gesicht vor Entschlossenheit verzogen... es stach ihr mitten ins Herz sie alle zu sehen, all diese Menschen, die nicht aufgegeben hatten, all diese Menschen, die sich auf den Kampf vorbereitet hatten, die bereit waren dafür zu sterben. Blaise Zabini drückte sich an ihr vorbei, Dean und Luna und sogar Percy Weasley und sie war zerrissen von dem Verlangen ihnen nachzueilen, ihren Platz zwischen denen, die entschlossen waren zu leben, einzunehmen und dem Drang zu bleiben und ihre Aufgabe, die vor ihnen lag, zu erfüllen.
Harry, Ron und Ginny kamen als Letztes aus dem Raum.
„Ich weiß, wo es ist", flüsterte Harry. „Gleich, als ich die Statue gesehen habe, habe ich mich erinnert. Ich habe es schon einmal gesehen. Ginny, du musst jetzt nach unten gehen."
„Nein! Ich bleibe bei dir."
Harry schüttelte traurig mit dem Kopf. „Ginny, wir hatten das schon einmal. Was ich tue - das muss ich alleine machen. Geh nach unten und kämpfe mit deiner Familie."
„Du bist meine Familie, du Dummkopf", sagte Ginny mit einem lodernden Blick.
Harry griff nach ihr und nahm ihr Gesicht in beide Hände. Ron lief rot an und Hermine starrte gezielt auf ihre Schuhe.
„Ich weiß das. Ginny, ich liebe dich und du bist meine Familie und deshalb musst du jetzt auch gehen. Ich kann das nicht machen, wenn es dich gefährdet und ich muss es tun. Verstehst du das? Ich muss es."
Es herrschte für einen Moment Schweigen und dann bedachte Ginny ihn mit einem kleinen, verdrehten Lächeln. „Hau ab", sagte sie. „Du erledigst das. Erledige es und dann kommst du direkt zu mir. Verstehst du mich, Harry Potter? Du kommst gleich zurück zu mir."
Harry lehnte seine Stirn gegen ihre. „Ich komme zurück. Ich verspreche es dir."
Ginny antwortete nicht, sondern ging den Flur hinunter, ihre Haare flogen wie lange rote Seile hinter ihr her.
Ron betrachtete Harry neugierig und Hermine wusste, dass er sich fragte, ob es gut war etwas zu versprechen, was niemand sicher halten konnte. Sie erinnerte sich an den Tag, an den Ron zu ihrem Zelt zurückgekehrt war, als Harry erklärte, was mit dem Horkrux geschehen war... Ich werde zu ihr zurückkehren, Hermine. Ich werde es. Sie wusste, warum er es versprochen hatte. Sie hätte dasselbe getan. Er war genauso ein Versprechen an ihn, wie an Ginny. Eine Zusage, die ihn bei Kräften hielt, die ihn erinnerte, die ihn weiter kämpfen, ließ. Ganz gleich, was passierte.
„Der Horkrux ist im Raum der Versteckten Dinge. Es befindet sich auf einer Statue mit einer Perücke. Ich habe es dorthin gestellt, als ich Snapes Zaubertränkebuch versteckt habe", sagte Harry.
Hermines Herz machte einen Aussetzer. Aber sie hatte es auch gesehen! Sie wusste genau, wo es war.
„Hast du das Schwert?"
Hermine zog es aus ihrer Tasche und reichte es Harry. Die drei gingen in den Flur, und verschlossen den kleinen Zufluchtsort, den Neville für ihre Armee geschaffen hatte.
„Ich muss da hin, wo alles versteckt ist", sagte Harry drei Mal, als er vor der Wand gegenüber dem Wandteppich von Barnabas den Bekloppten auf und ab ging.
Eine Tür tauchte im Stein auf und Hermine nahm die Klinke in die Hand und öffnete sie.
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