von Xaveria
Der Gerichtssaal war angespannt und leise. Kingsley musste weder seine Arme heben, noch um Ruhe bitten, da das Zaubergamot gerade und steif, als ob sie unbeweglich gemacht worden seien, dasaß. Minerva vibrierte leicht auf ihrem Platz neben Hermine, ihre Lippen so weit zusammengepresst, dass sie beinahe unsichtbar waren. Von Zeit und Zeit würde sie kurz Hermines Knie tätscheln und sagen: „Alles wird gut", was nur dazu führte, dass sie noch angespannter wurde.
Narzissa Malfoy stand als Erste auf den Zeitplan, wie Kingsley es ihr vor drei Tagen erzählt hatte. Entbunden von dem anfänglichen Unbrechbaren Schwur hatte er gesagt. Damit es später kein Schock war. Hermine hatte zugestimmt, aber jetzt, wo sie die geschmeidige und majestätische Gestalt von Madam Malfoy, als ob auf den Händen von ihren Bewunderern anstatt der Auroren, den Gerichtssaal betreten sah, wurden ihre Lungen kalt und spröde.
Narzissa nahm ihren Platz ein, kreuzte ihre Fußknöchel und legte ihre Unterarme vorsichtig auf den Stuhl, ein Hauch von Abscheu zeichnete ihr Gesicht, als die Ketten geschlossen wurden. Sie trug dasselbe formlose, graue Gewand, welches Hermine zuvor auch schon an Lucius Malfoy und Yaxley gesehen hat, aber Madam Malfoy trug sie als seien sie aus Seide.
„Zwanzigster Juli neunzehnhundertachtundneunzig. Das Zaubereiministerium gegen Severus Snape. Heute beabsichtigt das Gericht den Mord an Albus Dumbledore und Snapes Aktivitäten während des zweiten Krieges zu befragen."
Hermine konnte Zischen und Sausen von Federn hören und die Mitglieder des Zaubergamot schienen sich noch weiter aufzusetzen, hinunter in die Mitte des Gerichtssaals zu blicken. Severus saß groß und gleichgültig auf seinen Stuhl. Hermine hatte seine Haare hinter seine Ohren gestrichen, bevor sie den Saal betraten. Sein Profil war starr und deutlich und angenehm in ihren Augen.
„Wir werden die Befragung mit Narzissa Black Malfoy beginnen. Madam Malfoy, wo bitte waren Sie am sechszehnten Juni neunzehnhundertsechsundneunzig?"
„Ich habe Snape in..." Ihr Hals arbeitete, „in seinen zu Hause in Manchester besucht."
Hermine seufzte erleichtert. Die Frau schien die Worte 'Spinner's End' nicht aussprechen zu können.
„War es ein freundschaftlicher Besuch oder hatten Sie etwas Geschäftliches zu besprechen?"
Narzissa hob ihr Kinn ein Stück an. „Ich hatte erfahren, dass der Dunkle Lord für meinen Sohn, Draco, beabsichtigte Albus Dumbledore umzubringen. Ich war selbstverständlich in Sorge."
„Sie wünschten, das Leben des Schulleiters zu schützen?"
„Draco war noch immer minderjährig. Er hatte seine Schulausbildung noch nicht abgeschlossen. Ich wusste, dass er nicht mächtig genug war, die ihm zugeschriebene Aufgabe zu erfüllen. Und ich wusste, dass die Bestrafung... schlimm sein würde."
„Verstehe. Also galt Ihre Sorge den möglichen Tod Ihres Sohnes sollte er nicht imstande sein, seine Befehle auszuführen?"
„Ja."
„Und warum haben Sie sich an Severus Snape gewandt?"
„Zu dieser Zeit arbeitete Severus Snape in Hogwarts unter Albus Dumbledore. Ich wusste, dass der Schulleiter ihm vertraute, glaubte, dass er ein Spion für den Orden des Phönixs sei. Draco war einer von Snapes Lieblingsschülern. Ich dachte... ich dachte, er würde Draco vielleicht beschützen, seinen Einfluss und Zugang zum Schulleiter nutzen."
„Also haben Sie um seine Hilfe gebeten."
„Ja."
„Waren Sie alleine?"
„Ich wurde meiner älteren Schwester Bellatrix Black Lestrange begleitet."
„Ihre Schwester wollte sich ebenfalls für Draco starkmachen?"
Narzissa hielt einen langen Moment inne. Sie schien ihre Worte bedacht auszuwählen. „Meine Schwester war nur wählerisch in Bezug auf ihre Gesellschaft. Sie betrachtete Snape als... nicht vertrauenswürdig."
„Ihre Schwester misstraute Severus Snape? Hielt sie ihn für einen Verräter?"
Narzissa zuckte mit ihrem Kopf und eine lange, silberne Haarsträhne glitt über ihre Schulter. „Meine Schwester hatte sich vollkommen dem Dunklen Lord verschrieben und war eine scharfe Kritikerin. Sie dachte, dass Snape nicht die Hingabe gezeigt hat, die...."
„Sie hielt ihn für einen Spion?"
„Sie sagte es nicht mit diesen Worten."
„Warum hat sie Sie dann zum Haus von Severus Snape begleitet?"
„Sie wollte mich aufhalten."
„Verstehe. Aber Sie haben ihre Proteste ignoriert?"
„Ich brauchte ganz dringend Snapes Hilfe."
„Und um was haben Sie Severus Snape gebeten?"
„Ich habe ihn darum gebeten, dass er auf meinen Sohn aufpasste, während er seine Aufgabe erledigte, dass er ihn vor Gefahr schützt und... und ich bat ihn darum, die Aufgabe zu Ende zu führen, sollte Draco scheitern."
„Und stimmte er zu?"
„Er nahm den Unbrechbaren Schwur."
Von den oberen Reihen war lautes Keuchen zu hören. Hermine saß regungslos schweigend da. Sie wusste, dass dies kommen würde. Sowohl Kingsley als auch Snape hatten sie auf die Worte vorbereitet, und doch klangen sie grob und vernichten als sie mit Narzissa Malfoys vornehmer Stimme im Gerichtssaal hingen. Sie erinnerte sich an einen Abend, der zu einem ganz anderen Leben zu gehören schien: Slughorns Weihnachtsfeier. Der Abend, an dem sie zum ersten Mal von Unbrechbaren Schwur gehört hatte. Sie blickte zu Snape. Sie kannte die Folgerung, die sie an diesem Abend geschlossen hatte.
„Schien er erpicht gewesen zu sein, den Schwur zu machen?"
„Er war nicht widerwillig."
„Glauben Sie, dass er Albus Dumbledore umbringen wollte?"
„Er sprach herablassend über Dumbledore. Er sagte, dass der alte Zauberer bereits verletzt war, dass seine Reaktionen langsamer wurden. Ich glaubte damals, dass er der Meinung war, dass es einfach sei, Albus Dumbledore umzubringen."
Kingsley lächelte langsam selbstzufrieden.
„Danke, Madam Malfoy."
„Mein Sohn --", begann Narzissa, als die Auroren zu ihrem Stuhl gingen. „Mein Sohn hat Albus Dumbledore nicht umgebracht. Er hat nichts getan; er war doch nur ein Kind--"
„Ihr Sohn wird heute Nachmittag aussagen, Madam Malfoy."
„Aber Sie müssen doch erkennen, dass Draco nicht--"
„Draco wird seinen Tag im Gericht haben. Heute sind wir nicht darauf vorbereitet--"
„Mein Sohn ist unschuldig! Snape hat Dumbledore ermordet!"
„Das wäre dann alles", sagte Kingsley ernst und das Zucken seines Kopfes sagte Hermine, das er den Auroren erlaubte, sie, wenn nötig, zum Schweigen zu bringen.
Kingsley fuhr zu Snape herum.
„Narzissa Malfoy hat ausgesagt, dass Sie einen Schwur abgelegt haben Albus Dumbledore zu töten."
„Da bin ich anderer Meinung", sagte Snape ruhig. „Narzissa Malfoy sagte aus, dass ich einen Schwur machte, ihren Sohn zu helfen, ihn zu beschützen, und seine Aufgabe zu beenden, sollte er scheitern."
„Seine Aufgabe war es den Schulleiter umzubringen", sagte Kingsley unbeirrt.
„Durchaus", sagte Snape. „Da ich jedoch bereits Dumbledore geschworen habe ihn umzubringen, war der Schwur zu Narzissa recht nichtssagend."
Der Gerichtssaal brach in Lärm aus. Die Aufruhr, die Narzissa Malfoys Aussagen hervorgerufen hatte, war im Vergleich ein Flüstern. Hermine konnte Tiberius Odgens Stimme brüllen hören, die um Ruhe bat und die entfernte schrille Stimme von Krimmkorn, als sie die Ablenkung ausnutze, um näher ans Geschehen zu kommen. Kingsley stand schweigend da, blickte weiterhin geradeaus, als ob er den Lärm um sich nicht mitbekommen würde.
Hermine beobachtete ihren Mann, welcher so gleichgültig und ruhig wie der Minister dasaß. Sie hatte darauf gehofft; sie hatte gebetet, dass seine Hände sein Gesicht bedeckten, dass er kämpfen würde und nicht einfach dort saß und das Urteil erwartete und doch fürchtete sie sich. Wenn er kämpfte und sie verloren... aber das würde sie gar nicht erst in Betracht ziehen.
Als Odgen erfolgreich war die Menge zum Schweigen zu bringen, sagte Kingsley: „Ich sollte Sie daran erinnern, dass Sie versprochen haben, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten."
„In meinem Lager befindet sich eine passende Menge an Veritaserum, wenn Sie an mir zweifeln."
„Sie wissen sehr wohl, dass Veritaserum nicht im Gericht benutzt werden darf."
„Das sind Ihre Regeln, Minister. Halten Sie fest, dass ich es angeboten habe."
„Snape! Ich werde gar nichts tun, danke."
„Wie Sie wollen."
„Also sagen Sie, dass Albus Dumbledore Sie darum gebeten hat, ihn zu töten."
„Tue ich."
„Aus welchen Grund?"
Hermine beobachtete Snapes Gesicht genau. Sie sah für den Bruchteil einer Sekunde, als er seine Entscheidung traf.
„Er wusste von Voldemorts Plänen für Draco Malfoy, dass er ihn umbringen sollte, und wünschte die Seele des jungen Malfoys zu verschonen", sagte Snape mit leichtem Hohn. „Und er wollte, dass ich in der Gunst des Dunklen Lords blieb, ihn als Schulleiter ersetze, damit ich so weiterhin die Schüler beschützen konnte."
„Er wollte Sie als Schulleiter einsetzen?", fragte Kingsely ungläubig,
„Nein, er wollte, dass Voldemort mich als Schulleiter einstellt, was er nicht tun würde, wenn er mich nicht für einen treuen Todesser hielt."
„Und er wollte Draco Mafloys Seele beschützen?"
„Er sagte, er wollte nicht, dass eine unschuldige Seele seinetwegen beschädigt wird."
„Und Ihre Seele, Snape?"
Snapes Gesicht zuckte ganz leicht, als er sagte. „Ich bin mir sicher, er dachte meine Seele sei genug geschändet, dass ein weiterer Makel eine sehr geringe Rolle spielte."
„Wann hat er Ihnen diesen Plan vorgestellt?"
„Am zweiten Juni neunzehnhundertsechsundneunzig, er kehrte mit einer schweren Verletzung, versucht durch einen schlimmen Fluch, nach Hogwarts zurück - ein Fluch, wenn er nicht behandelt wurde, tödlich gewesen wäre. Im Grunde war es sogar sehr wahrscheinlich, dass er trotz meiner Bemühungen noch innerhalb des Jahres sterben würde. Ich wurde in sein Büro gerufen, um den Fluch aufzuhalten, was ich auch tat, indem ich ihn in seiner linken Hand einsperrte. Als er sich genug erholt hatte, erzählte er mir von seiner Absicht."
„Sie sagen, er erlitt eine schwere Verletzung?"
„Ja."
„War das dieselbe Verletzung über die Sie am Abend, an dem Sie den Unbrechbaren Schwur genommen haben, mit Narzissa Malfoy gesprochen haben?"
„War es", sagte Snape einfach.
Kingsley erlaubte eine schwere Pause und drehte sich leicht zum Zaubergamot. Nach einem Augenblick drehte er sich zurück zu Snape um.
„Warum haben Sie den Unbrechbaren Schwur gemacht?"
„Es war das, was Dumbledore gewollt hätte. Dadurch blieb ich in meiner Position innerhalb der Todesser. Es hätte vielleicht noch ein gutes Stückchen mehr gebraucht, damit Bellastrix Lestrange mir vertraute. Und es spielte wirklich keine Rolle. Dumbledore und ich hatten bereits eine Übereinkunft. Ich war bereits gebunden, es zu tun."
„Sie waren gebunden? Hat Dumbledore Sie um den Unbrechbaren Schwur gebeten?"
„Dumbledore war mit meinem Wort zufrieden."
„Verstehe. Das Gericht interessiert sich für Dumbledores Pläne."
„Dann schlage ich vor sollten Sie Dumbledore fragen."
„In einen Moment. Von dem, worum Sie angeblich gebeten wurden -- wer wusste davon?"
„Niemand."
„Niemand? Aber sicherlich musste doch irgendjemand etwas wissen - um sicherzustellen, dass Sie nicht von einem Ordensmitglied getötet werden oder--"
„Wussten Sie es?", fragte Snape eben.
„Ich -- nein, aber--"
„Niemand wusste es."
„Aber sicherlich musste er doch die heutigen Ereignisse vorgesehen haben. Wieso würde er kein Alibi für seinen vertrauten-"
„Weder Albus noch ich hegten viel Hoffnung, dass ich den Krieg überleben würde. Jedoch bemühte er sich mir Hilfe an die Seite zu stellen... für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich überleben sollte."
„Und diese Hilfe war...?"
„Er vermählte mich mit Hermine Granger."
Kingsley redete über das Gemurmel des Zaubergamot weiter. „Sie haben gerade eben erst ausgesagt, dass niemand von dem Plan des Schulleiters wusste."
„Tat auch niemand. Meiner Frau wurde nur gesagt, dass ich eine Gräueltat begehen musste, die so aussah, dass ich den Orden verraten würde und dass nur sie den Unterschied wissen würde."
„Warum Hermine Granger?"
„Wenn Ihre Erfahrung mit ihr noch nicht genug war, dann bin ich mir sicher, gibt es eine Horde von Hogwarts Hauselfen, die mehr als nur bereit wären etwas über ihre.... Beharrlichkeit... in Bezug auf Gerechtigkeit, auszusagen."
Hermines Mundwinkel fuhren hoch. Snapes Ton war bitter und doch lag darunter die Art von Wärme, mit der er ihr eine Predigt gehalten hatte, bevor die Verhandlung einen Schatten auf ihr Leben geworfen hatte. Aber ihre Freude währte nur kurz, als sich wieder Dumbledores Stimme einmischte.
„Vergeben Sie mir meine Einmischung, Minister Shacklebolt. Aber Severus Snape erzählt Ihnen nicht alles."
Hermines Hand bewegte sich unbewusst zu ihrer Tasche mit dem Zauberstab und ihr Kopf summte abwartend. Ihr Herz schlug; ihre Atmung war stetig und sicher. Wenn Dumbledore es mit ihr aufnahmen, dann würde er nicht mehr das formbare Schulmädchen vorfinden, die in noch in seinem Büro gestanden hatte und bereit war seinen Plan auszuführen.
„Das Gericht wird Albus Dumbledore anhören. Fahren Sie fort."
Dumbledore lehnte sich vor. „Severus hat Sie nicht angelogen. Nein, er hat Ihnen die absolute Wahrheit und zur Gänze alles gesagt, von dem, was ich am zweiten Juni von ihm verlangt hatte. Aber er erzählte Ihnen nicht, dass er erst später den wahren Grund für seine Heirat und den Akt, den ich von ihm verlangen musste, erfahren hatte."
„Also geben Sie zu, dass Sie Snape gebeten haben Sie umzubringen."
„Oh ja. Ich habe sogar darauf bestanden."
Odgen sprang plötzlich auf, seine Brust ausgestreckt und spannte seine pflaumenfarbige Roben. Der Mann sah rasend aus, wahnsinnig vor Wut. „Ich will das Gericht daran erinnern, dass Albus Dumbledores Bitte das Gericht nicht im Geringsten beeinflusst! Wenn 'Er hat es mir aber aufgetragen' eine Verteidigung wäre, dann hätte das Zaubergamot keinen Grund die anderen Todesser vor Gericht zu stellen!"
„Nein, Odgen, wird es nicht", sagte Kingsley ruhig. „Nichtsdestotrotz sollten wir Dumbledore weiter anhören. Es sei denn Sie erheben Widerspruch die Aussage des ehemaligen Hexenmeisters dieses Gerichtes hören?"
„Selbstverständlich nicht", zischte Odgen. „Ich will einfach nur klarstellen, dass kein Zauberer das legale Recht besitzt, seinen eigenen Schaden beizupflichten - nicht einmal Albus Dumbledore."
„Ihr Einspruch ist vermerkt. Also, Albus, Sie sagten, es gäbe noch weitere Gründe für Ihre Bitte?"
„In der Tat. Wie viele von Ihnen zweifelsfrei wissen, habe ich im August 1945 den dunklen Zauberer Grindewald besiegt."
„Wird das hier zu einer Geschichte von Dumbledores Errungenschaften degradiert? Wie ich bereits sagte, macht es keinen Unterschied, wer die Bitte äußerte - Snape benutzte einen Unverzeihlichen-"
„Mein lieber Tiberius. Zweifelsohne haben Sie viele Zauberer gesehen, die versuchten, sich vor einer gerechten Bestrafung zu drücken. Jedoch sollten Sie sich daran erinnern, dass jeder Fall einzeln betrachtet und ohne Vorurteile angegangen werden sollte, damit dann die Bereitschaft besteht, im Sinne des Gesetztes zu entscheiden."
Odgen grunzte nur, während Hermine in einem, was nur als einen verwirrten Schockzauber beschrieben werden konnte, dasaß. Dumbledore wollte ihnen von de Elderstab erzählen?
„Wie ich bereits sagte, 1945 besiegte ich Grindewald und nahm seinen Zauberstab. Es war ein Zauberstab mit außergewöhnlicher Macht, ein Zauberstab aus Legenden. Ein Zauberstab, von dem ich wusste, dass Voldemort bald davon erfahren würde und wünschte zu besitzen."
„Vergeben Sie mir, wenn ich Ihnen nicht ganz folgen kann. Sie haben Snape gebeten Sie umzubringen, weil Sie glaubten, einen mächtigen Zauberstab zu besitzen--"
„Der Elderstab wird nur durch Eroberung weitergegeben. Sie können den Zauberstab nicht stehen oder ihn freiwillig abgeben. Seine Zugehörigkeit muss gewonnen werden. Es heißt, der Elderstab sei unschlagbar. Er bringt seinen Herrscher sehr viel Macht."
„Also beabsichtigen Sie für Snape Ihren Zauberstab zu nehmen, indem er Sie umbringt?"
„Ja. Ich wollte, dass er ihn für Harry Potter aufbewahrte."
„Und Miss Granger?"
„Ich wollte, dass Snape mit Harry durch Miss Granger in Kontakt stand."
„Aber warum haben Sie ihnen nichts von Ihren Absichten erzählt?"
„Weil ich mich vor ihrer Gefangennahme oder Entdeckung fürchtete. Severus Snape ist ein ausgezeichneter Okklumentiker und durch seinen Unterricht bin ich mir sicher, dass Miss Granger - vergeben Sie mir, Madam Snape - ebenfalls gut ausgebildet ist. Ich fürchtete, dass Teile des Plans auffliegen könnten und der Plan, bevor er überhaupt begonnen hat, bereits ruiniert sein würde."
„Aber was genau war der Plan?"
„In den Zeitungen konnte man bereits viel über Voldemorts Horkruxe lesen. Ein Stück verdorbene Magie - und eine von der ich es bedaure, dass sie dermaßen veröffentlicht worden ist, aber die Nachrichten breiten sich vermutlich trotz aller guten Absichten eben aus. Harry Potter und seine Freunde jagten Voldemorts Horkruxe - um sicherzustellen, dass wenn Harry Lord Voldemort ein letztes Mal gegenübersteht, er dann, wie jeder andere auch nur ein Mensch ist."
„Aber wie passt der Zauberstab--"
„Harry selbst war ein Horkrux. In seiner Narbe verweilte ein Stück von Voldemorts Seele, auch wenn Voldemort selbst dies nie beabsichtigt hatte, noch erkannte er, dass er einen Teil von sich selbst in dem Jungen verankert hatte. Ich hatte gehofft, dass Harry am Ende die Herrschaft des Zauberstabes besitzen würde. Ich wusste, dass Voldemort selbst nach dem Zauberstab suchen würde, dass er keine Gewissensbisse hätte, ihn aus meinem Grab zu entfernen. Ich hatte gehofft, dass er im Glauben blieb, die Herrschaft zu besitzen und versuchen würde ihn gegen Harry Potter, seinen Meister, einzusetzen, wodurch dann der Horkrux zerstört wird und Harry weiterhin lebte."
„Sie wollten, dass Harry Potter die Herrschaft des Zauberstabes von Severus Snape nahm?"
„Es war meine Hoffnung, dass mein Tod Harry den nötigen Anstoß geben würde... den Zauberstab von Severus zu erobern. Ich war mir sicher, dass er es nicht über sich gebracht hätte, ihn aus meinem Grab zu nehmen."
Ein leises Summen breitete sich in den Reihen aus, ein Geräusch von Rascheln, Atmung vom aktiven Zuhören.
„Ich fürchte, ich verstehe nicht."
„In Snape würde die Herrschaft des Zauberstabes versteckt bleiben. Voldemort würde auf der Suche danach zu meinem Grab gelangen, ihn an sich nehmen und er würde glauben der Herrscher zu sein."
„Aber wenn Voldemort erkannt hätte-"
„Dann hätte Snape nur sehr wenig Zeit gehabt, vor Harry zu treten."
„Und Snapes Leben-"
„Wäre so oder so mit großer Sicherheit verwirkt gewesen."
Murmeln breitete sich in der Menge aus, doch es war nichts im Gegensatz zu dem Grölen, welches ausgebrochen war, als Snape ausgesagt hätte, er hätte geschworen Dumbledore umzubringen und Hermine brannte vor hilfloser Wut, dass der Gedanke von Dumbledores Tod diese Menschen so aufbringen konnte, aber der Gedanke, dass Dumbledore ihren Mann schnell in den Tod geschickt hatte, kaum, wenn überhaupt, wahrgenommen wurde. Hermine dachte, dass Kingsley trotz der Tatsache, dass er die Geschichte bereits mehrere Male gehört hatte, dennoch entsetzt aussah.
„Verstehe."
„Jedoch wurde mein Plan gefährdet. Draco Malfoy entwaffnete mich, bevor Severus die Möglichkeit hatte unseren Plan durchzuführen. Demzufolge besaß er die Herrschaft des Elderstabes."
Kingsley, der noch immer ziemlich aufgewühlt wirkte, sagte: „Danke für Ihre Klarstellung, aber ich werde für einen Moment dort anhalten. Das Gericht ruft Draco Malfoy in den Zeugenstand."
Die schweren Türen des Gerichtssaals öffneten sich erneut und Draco erschien, flaniert von den Auroren. Er sah verängstigt aus. Verängstigt und unglaublich jung dachte Hermine und sie fragte sich, wie sie in seinen Augen wirkte.
„Bitte nennen Sie dem Gericht Ihren Namen."
„Draco Malfoy."
„Sie waren in der Nacht zum fünfzehnten Juni neunzehnhundertsiebenundneunzig auf dem Astronomieturm anwesend?"
„War ich."
„Wer war noch da?"
„Zuerst nur Dumbledore. Dann die Carrows. Fenrir Greyback." Draco blickte sich schnell in dem Saal um, als ob er nachsehen wollte, welcher der eben genannten Personen ihn vielleicht zusahen.
„Was hatten Sie nach der Ausgangssperre auf dem Astronomieturm zu suchen?"
Dracos Kopf fiel leicht nach vorne. „Ich hatte eine Aufgabe zu erledigen."
„Eine Schulaufgabe?"
„Eine Aufgabe von dem... von Lord Voldemort. Er wollte, dass ich den Schulleiter umbringe."
„Alleine? Das scheint eine sehr wichtige Aufgabe für jemanden so jungen wie Sie zu sein."
„Ich hatte Hilfe. Andere Todesser-“
„Das Schloss war ziemlich stark bewacht. Wie haben Sie es geschafft, Todesser in die Schule zu schmuggeln?“
„Verschwindekabinett“, flüsterte Draco. „Wir hatten eines das Jahr zuvor gefunden. Es war kaputt, aber sein Gegenstück befand sich Borgin & Burkes. Ich habe es im Raum der Wünsche repariert.“
„Verstehe.“
„Dann habe ich das Mal über den Astronomieturm gesetzt“, sagte Draco, anscheinend nicht in der Lage aufzuhören, jetzt wo er einmal begonnen hatte. „Ich wusste, wenn er zurück auf das Gelände kam, er dann sofort dort hinkommen würde. Ich hatte Madam Rosmerta im Drei Besen unter den Imperius gesetzt. Sie trug eine verzauberte Münze bei sich. Sie sagte mir Bescheid, als Dumbledore auf den Weg war. Ich bin dann kurz, nachdem er angekommen ist, zu ihm gegangen. Ich habe ihn entwaffnet. Ich – ich--“
„Sie hatten Albus Dumbledore alleine und ohne Zauberstab auf den Astronomieturm“, half im Kingsley ruhig.
„Hatte ich.“
„Und was ist dann passiert?“
„Ich… die anderen kamen. Sie schrien alle, lenkten mich ab. Dann kam Snape.“
Hermine sah, wie Draco hilflos zu Snape hinüberblickte.
„Snape kam und er – Dumbledore sagte: ‚Severus, bitte’ und Snape…“
„Snape tat was?“
„Er traf ihn mit dem Todesfluch“, flüsterte Draco.
„Danke, Draco. Das ist wirklich sehr hilfreich. Nur noch ein paar Fragen. Haben Sie in dieser Nacht Albus Dumbledores Zauberstab an sich genommen?“
„Nein. Nein, wir sind dann schnell verschwunden. Ich habe Dumbledore nie wieder gesehen.”
„Haben Sie Lord Voldemort gesagt, dass es im Grunde nicht Sie gewesen sind, der den Todesfluch ausgeführt hat?“
Draco blickte wieder zu Severus und Hermine konnte schwören, dass sie so etwas wie Scham in seinen Blick sah. „Habe ich. Ich habe ihm gesagt, dass Snape sich dazwischen gedrängt hatte und meinen Ruhm einheimsen wollte.“
„Verstehe. Danke, Mr. Malfoy. Das wäre dann alles.”
Draco drehte sich zu Hermine, als er den Gerichtssaal verließ. Auf den Weg an ihr vorbei zuckten die Finger seiner linken Hand und sie hob antwortend leicht ihr Kinn. Sie war sich nicht sicher, was zwischen ihnen gesagt worden ist, aber etwas hatte sich zwischen ihnen ausgetauscht.
„Draco Malfoys Aussagen bestätigt hiermit, dass er Albus Dumbledore entwaffnet hatte, bevor Severus Snape den Todesfluch ausübte. Es bestätigt auch, dass Voldemort Draco Malfoy als Herrscher des Zauberstabes in Verdacht hatte.“
„Haben Sie an meinen Worten gezweifelt?“, fragte Dumbledore leicht amüsiert.
„Das ist ein äußerst komplexer Fall. Das Gericht hält sich das Recht vor jede Zeugenaussage zu überprüfen“, schnappte Kingsley.
„Selbstverständlich“, sagte Dumbledore milde.
„Wann haben Sie Severus Snape darüber informiert, dass in Ihrem Plan etwas schiefgelaufen ist?“
„Ich glaube, wir haben es im März im darauf folgenden Jahr besprochen.“
„Sie haben bis März gewartet, um Snape von Ihrem Plan zu erzählen? Aber warum? Sie hatten doch sogar bevor Sie… Sie umgebracht wurden gewusst, dass etwas schief gelaufen ist.“
„Wie ich bereits sagte, wollte ich nicht, dass Voldemort von meinen Absichten erfährt. Und außerdem war ich der Meinung, wenn der Zauberstab unter einer weiteren Decke der Verschwiegenheit versteckt war, es nur den Kriegsanstrengungen zugutekommen konnte. Selbst wenn Voldemort den Mechanismus des Zauberstabes durchschaute, würde er den falschen Mann töten, um ihn zu bekommen.“
„Aber wenn Snape nicht der Träger des Zauberstabes war, konnte er ihn auch nicht an Harry Potter weiterreichen.“
„Das ist wohl wahr.“
„Also waren Sie bereit Potters Leben zu riskieren?“
„Vergib mir, Harry“, sagte Dumbledore und schaute in die Menge, bevor er sich wieder an Kingsley wandte. „Aber Harry Potter ist auch nur ein Mensch. Wie wir wissen, gefährdete der Krieg die gesamte Zaubergesellschaft. Sicherlich können Sie nachvollziehen, wie unverzichtbar es war, dass Voldemort niemals in Besitz eines unschlagbaren Zauberstabes kam.“
Kingsley schwieg für einen Moment. Die Stille in dem Raum war greifbar, lebendig. Hermine blickte hinauf zum Zaubergamot. Die Hexen und Zauberer schienen vor Entsetzen erstarrt zu sein, ihre Gesichter leer und warteten auf den Moment, in dem Dumbledore seine Wortwahl noch einmal änderte, er solche Worte sagen würde, wenn sie nicht bedeuteten, dass er zugestimmt hatte, Harry Potter zu opfern. Langsam schienen sie zu blinzeln und sich vorsichtig gegenseitig anzusehen. Kingsleys Stimme hallte grob in dem Schweigen.
„Aber der Zauberstab wehrte sich nicht gegen Harry Potter“, sagte er. „Wie haben Sie die Herrschaft sichern können?“
„Habe ich nicht“, sagte Dumbledore einfach. „Dazu müssen Sie Severus Snape befragen.“
Hermine schnappte, wie es aussah, zusammen mit dem gesamten Gerichtssaal, nach Luft. Dumbledore blieb bei seiner Aussage.
„Mr. Snape?”, fragte Kingsley, wirbelte dramatisch mit offenen Handflächen zu Snape herum.
„Ich habe im März dieses Jahres von dem Elderstab erfahren. Ich zog Mr. Ollivander und dann Dumbledore zurate. Meine Frau, Hermine, wusste von meiner Unterhaltung mit Dumbledore und es war im Grunde sie, die die Idee hatte zu Malfoy Manor zu gehen, um dort zu versuchen die Herrschaft des Zauberstabes für Potter zu erobern.“
„Das Gericht ruft Zauberstabmacher Olivander in den Zeugenstand.“
Hermine beobachtete wie Ollivander die Regeln des Zauberstabes erklärte, der das Ende des Krieges diktiert hatte, einfach alles bestimmt hatte. Es war seltsam davon in der Öffentlichkeit zu hören, diese geheimen Dinge. Sie fragte sich, ob er jemals in einen Gerichtssaal erwähnt worden war oder ob dies nur ein weiteres Mal unter Hunderten war. Sie verdrehte ihren Hals um das Zaubergamot zu beobachten, während Ollivander die Gesichte des Zauberstabes erläuterte – sein Weg von Gregorovitch nach Dumbledore – und war überrascht, wie ruhig sie dasaßen, als ob die Entdeckung, dass der Zauberstab vom Tode selbst weitergereicht worden sei, eine alltägliche Angelegenheit war.
Ihr Blick glitt zu Snape, um dort seine Verfassung zu bestimmen. Er war wachsam, vielleicht sogar ruhelos. Er schien sich anzuspannen, als Kingsley Ollivander danach fragte, wer zu ihm wegen dem Elderstab gekommen sei.
„Erinnern Sie sich daran mit Snape über den Elderstab gesprochen zu haben?“
„Nein. Miss Lovegood sagte, er hätte unsere Erinnerungen nach dem Gespräch gelöscht. Der Zauber war, wie es schien nicht so stark bei ihr, oder vielleicht war sie aufgrund ihres jungen Alters besser darin als ich, ihn abzuschütteln. Tagelang beharrte sie darauf, dass Snape da gewesen sei, auch wenn ich ihr sagte, dass die Dunkelheit Streiche mit ihrem Verstand spielte – halb erinnerte Träume und Ängste, die so dunkel herumwirbelten, dass der Verstand bereits Dinge erfand… und doch kam die Hauselfe für uns zurück. Dieselbe Hauselfe, von der Miss Lovegood felsenfest behauptete, dass sie auch Severus Snape gebracht hatte.“
„Was bewegt Sie dazu zu glauben, dass er wegen Informationen über den Elderstab bei Ihnen war?“
„Wieder muss ich mich auf Miss Lovegood beziehen. Aber es war schon recht vielsagend, dass Potter innerhalb der Woche im Malfoy Manor auftauchte.“
„Das Gericht wird sich jetzt mit den Geschehnissen in Malfoy Manor befassen. Harry Potter, bitte treten Sie vor.“
Harry stand schnell auf und schritt neben Snape in die Mitte des Raumes.
„Wie haben Sie von Dumbeldores Zauberstab erfahren?“
„In seinem Testament hat Dumbledore Hermine ein Buch hinterlassen. Darin befand sich ein Symbol. Nicht unbedingt eine Rune. Ich erkannte es, weil ich es auf Bill und Fleur Weasleys Hochzeit bei Xenophilius Lovegood als Kette gesehen habe. Wir sind dann für eine Erläuterung zu Mr. Lovegood gegangen und er erklärte uns, dass es unter anderem für den Zauberstab stand.
„Ich – Sie haben gehört, dass ich für eine Weile eine Verbindung mit Voldemorts Gedanken teilte. Ich wusste, dass er besessen von Zauberstabmacher wurde und dass er Grindewald in Nurmengard besucht hatte. Von da an war es nur ein kleiner Sprung zu Dumbledore.“
„Und Miss Granger hat den Plan unterbreitet nach Malfoy Manor zu gehen, wo Sie dann versuchen sollten, die Herrschaft des Zauberstabes zu erlangen?“
Harry lächelte. „Hermine schafft es immer einen glauben zu lassen, dass man selbst auf die Idee gekommen ist. Aber ja.“
„Was war der Plan?“
„Wir haben erfahren, dass auf Voldemorts Namen ein Tabu lag. Ich habe das Wort, in der Hoffnung, dass wir von Greifern geschnappt und nach Malfoy Manor gebracht wurden, gesagt.“
„Das erscheint ziemlich töricht, Mr. Potter.“
„War es auch. Und ich gebe zu, ich habe recht vorschnell gehandelt, als die Idee erst einmal aufkam. Ich bin mir sicher, dass Hermine den Plan bedeutend verfeinert hätte. Aber es war deutlich, dass wir von dem Moment an, in dem wir dort ankamen, Hilfe hatten.“
„Erklären Sie das.“
„Also erstens, als Draco Malfoy gerufen wurde, um uns zu identifizieren, konnte er es nicht – er war mit einem Verwirrungszauber belegt. Dann, nachdem Bellatrix Lestrange alle Schutz – und Tarnzauber mit einem Finite Incantatem aufgehoben hatte, hat jemand einen Schildzauber auf mich gelegt. Und Dobby kam uns zur Hilfe, bevor wir ihn überhaupt gerufen haben.“
„Und Sie glauben, dass dieser Helfer Severus Snape gewesen ist?“
„Das tue ich.“
„Wer war noch im Manor?“
„Die Malfoys, Bellatrix Lestrange, Fenrir Greyback. Zwei Greifer. Dean Thomas und Griphook von Gringotts. Wurms – Peter Pettigrew. Und im Keller noch Mr. Ollivander und Luna Lovegood.”
„Und Sie sind sich sicher, dass keiner von Ihnen Ihr Wohltäter war?“
„Ziemlich sicher. Dobby tauchte auf, bevor wir überhaupt im Keller waren, und hat Mr. Ollivander und Luna zu Bill und Fleur Weasley gebracht. Und während wir im Manor waren, da hat uns Snape eine Haarsträhne von Bellatrix Lestrange und ihren Schlüssel zu ihrem Verlies in Gringotts gesichert und hat es Hermine gegeben. Sie wusste, dass er dort war, ich jedoch nicht. Er hat es uns ermöglicht den nächsten Horkrux zu zerstören.“
„Und Sie waren erfolgreich die Herrschaft des Zauberstabes von Draco Malfoy zu erobern?“
„Ich stehe vor Ihnen, weil Snapes Schildzauber es mir ermöglichten Draco Malfoy zu überwältigen.“
„Danke, Mr. Potter.“
„Ihnen ist schon klar, dass ich ohne Snape vielleicht nicht gelebt hätte, um mich Voldemort zu stellen? Es noch überlebt hätte, als ich es dann tat?“
„Das Gericht wird seine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Ich danke Ihnen nochmals für Ihre Aussage.“
„Gern geschehen“, sagte Harry zweifelnd und kehrte zu seinem Platz zurück.
„Mr. Snape, Sie haben vorhin ausgesagt, dass Sie im März von dem Elderstab erfahren haben. War das der Zeitpunkt, als sie den Zauberstabmacher Ollivander aufgesucht haben?“
„War es.“
„Und wie haben Sie von der Existenz des Zauberstabes erfahren?“
„Ich wurde von meiner Kollegin Minerva McGonagall darüber informiert.“
„Aber wenn Minerva McGonagall nichts von Dumbledores Plan wusste, dann hat sie Sie doch für einen Verräter des Lichtes gehalten. Warum hätte sie Sie auf solch einen mächtigen Zauberstab aufmerksam machen sollen?“
„Sie erkannte die Gefahr für mein Leben. Und Sie begann zu vermuten, dass Dumbledores Tod nicht ganz das war, was er zu sein schien.“
Kingsley strich einen Moment nachdenklich sein Kinn, bevor er sagte: „Das Gericht ruft Minerva McGonagall in den Zeugenstand.“
Hermine sah, wie Minerva zitternd aufstand, ihre Haltung steif und ihr Haarknoten so stramm, dass er ihr Gesicht in einen permanenten Ausdruck von Missmut verzogen war.
„Bitte nennen Sie dem Gericht Ihren Namen und Ihre Anstellung.“
„Minerva McGonagall, Lehrerin für Verteidigung und stellvertretende Schulleiterin von Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei.“
„Professor McGonagall, Sie sind darüber hinaus noch Hauslehrerin von Gryffindor, nicht wahr?“
„Das bin ich.“
„Wie lange kennen Sie schon Severus Snape?“
„Ich habe ihn selbst in seiner Zeit an Hogwarts unterrichtet. Und seit seiner Rückkehr als Professor neunzehnhunderteinundachtzig haben wir eng zusammengearbeitet.“
„Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Snape beschreiben?“
Minerva lächelte angespannt und Hermine konnte nicht anders als ebenfalls zu lächeln. „Wir waren die Hauslehrer von zwei sich konkurrierenden Häusern. Unsere Beziehung bestand zwingendermaßen aus Wettkampf. Und doch wage ich zu behaupten, dass wir Freude in unseren jeweiligen Rollen gefunden haben.“
„Würden Sie es als freundschaftlich beschreiben?“
„Insofern Snape mit irgendwem freundlich war“, sagte Minerva mit dem Hauch eines Lächelns.
„Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie erfahren haben, dass Snape Albus Dumbledore umgebracht hat?“
Sie hielt inne. „Es gibt keine Worte, die das beschreiben könnten“, flüsterte sie.
„Wäre es eine sichere Behauptung, dass Sie wütend waren? Sich verraten fühlten?“
„Unter anderem, ja.“
„Warum sollten Sie dann an Snape mit Informationen über den Elberstab herantreten?“
„Ich… Albus hinterließ mit in seinem Testament einen Deluminator. Die Funktion davon ist, die Verlorenen zu finden. Es schämt mich zu sagen, dass ich glaubte, dass er mich zu Harry Potter führen würde. Ich habe ihn einige Male dieses Jahr über benutzt. Es führte mich immer wieder zu Severus.
„Im März… hatten Snape und ich einen Streit. Ich fragte ihn, warum er es getan hatte und er sagte mir, dass er dachte, dass es absolut offensichtlich sei. Ich ging zurück in meine Gemächer und dachte darüber nach. Welchen Grund könnte er haben? Welchen möglichen Grund könnte er haben Dumbledore zu schaden? Und warum sollte er danach in Hogwarts bleiben, sehr wohl wissend, dass er weiterhin mit uns arbeiten müsste? Warum hat er uns nicht einfach alle rausgeschmissen – und die Schule mit Todessern gefüllt? Und dann wusste ich es.“
„Sie wussten es?“
„Dass er uns nicht verraten hat. Dass Albus darum gebeten haben musste, dass sie sich abgesprochen haben mussten-“
„Und Sie sind zu diesem Schluss aufgrund eines Streites gekommen?“
„Ja – also und Severus‘ Zeit als Schulleiter.“
„Erläutern Sie das bitte.“
„Ich schäme mich außerordentlich, dass ich es nicht erkannt habe. Ich war so unglaublich wütend, so – aber das ist nicht von Bedeutung. Von dem Moment an, wo Snape Schulleiter wurde, hat er die Kontrolle über alle Bestrafungen, ausgeschlossen die Hauspunkte, genommen. Er hat die Lehrpläne von allen Lehrern überwacht, selbst von denen, die bereits am längsten mit dabei waren-“
„Und das überzeugte Sie, dass er Sie nicht verraten hatte?“
„Ich weiß, es ist zunächst schwer zu erkennen. Für sein eigenes Interesse spielte er seine Rolle als Mistkerl einfach zu gut. Aber es befanden sich Todesser im Kollegium – Todesser, die unsere Kinder hätten bestrafen können – aber er beharrte, dass alle Bestrafungen an ihn weitergeleitet werden. Neville Longbottom und Ginerva Weasley versuchten das Schwert von Gryffindor aus seinen Büro zu stehlen und bekamen lediglich Nachsitzen mit Hagrid. Hagrid! Und indem er all unsere Lehrpläne kontrollierte, konnte er ihre kontrollieren und für Voldemort würde es so aussehen, dass er die absolute Verantwortung für die Instandsetzung der Schule übernommen hätte.“
„Also sagen Sie, dass Sie das Gefühl hatte, dass Severus Snape die Kinder von Hogwarts vor den Todessern beschützte?“
„Ja! Ich kann mir nicht vorstellen – ich kann mir wahrlich nicht vorstellen, Minister, wie es gewesen wäre, wenn – oh, und wir sind hart mit ihm ins Gericht gegangen. Wir haben jede Möglichkeit genutzt, um uns ihn in den Weg zu stellen. Die Dinge, die ich persönlich zu ihm gesagt habe--“ Sie wandte, sich für einen Moment von Kingsley ab und schien ihren tränenreichen Blick auf Snape zu richten. „Oh, Severus, es tut mir so schrecklich leid.“
Hermine lachte beinahe bei dem Ausdruck, der sich auf das Gesicht ihres Mannes legte. Es schien Krieg zwischen Selbstgerechtigkeit, Belustigung, Entsetzen und eine Art von Dankbarkeit zu sein. Minerva wandte sich zurück an Kingsley.
„Aber er würde uns nur in seiner typischen snapeischen Art warnen, dass wir vorsichtig sein sollten, damit er uns nicht rausschmeißt – und jetzt erkenne ich… jetzt erkenne ich, dass wir um einiges sicherer dort waren, wo wir uns befanden.“
„Also, als Sie diese Schlussfolgerungen gezogen hatten, haben Sie Snape von dem Elderstab erzählt.“
„Ja.“
„Und was haben Sie ihm gesagt?“
„Ich sagte ihm, dass ich der Meinung war, dass Albus sein Leben in große Gefahr brachte. Dass es bereits seit Jahren unter den Suchern das Gerücht umging, dass Albus Dumbledore den Zauberstab besaß und falls es nie einen Versuch gegeben hatte ihn zu nehmen, ich glaubte, dass es nur daran lag, weil Dumbledore so verehrt wurde und ein so ausgezeichneter Zauberer war. Aber mir war klar, dass wenn es diese Gerüchte gab, es nicht lange dauern würde bis Voldemort von ihnen hörte. Und dann würde er Snape aufsuchen.“
„Sie haben nicht Dumbledore aufgesucht, um Ihre Theorie zu bestätigen?“
„Ich war zu dieser Zeit zu wütend, um mit Dumbledore zu reden.“
„Wütend?“ Kingsleys Augen verengten sich und für Hermine wirkte er plötzlich selbst grimmig, als ob er wusste, dass er die Verhandlung in seinen Händen hielt, und beabsichtigte sie zuzudrücken.
„Sie bitten nicht einen Mann das durchzustehen, was Severus durchmachen musste – Sie machen ihn nicht zu einem Ausgesetzten und einen Ausgestoßenen unter seinen Freunden und zwingen ihn dann… Entschuldigen Sie“, sagte Minerva, als sie innehielt, um sich ihre Augen mit einem Taschentuch abzuwischen. „Sie können ihn nicht um diese Dinge bitten und ihn dann erbarmungslos ohne ein Wort in seinen Tod schicken. Das ist nicht… Das ist nicht anständig.“
Hermine senkte ihren Kopf. Sie hatte dem Gericht nicht erlaubt sie weinen zu sehen und sie würde jetzt nicht damit anfangen, aber ihre Augen stachen und die Welt schien sich vor ihr für einen Moment zu drehen. Es war weder Verzweiflung noch Freude, was ihr Herz zerdrückte, sondern einfache Dankbarkeit, dass jemand ihre Gefühle teilte, dass sie nicht eine Welt lebte, die gefüllt von Seelen war, die sie nicht verstehen konnte. Harry schien ihr Elend zu spüren und er rutschte etwas näher zu ihr heran.
„Ich denke, sie ändern ihre Meinung“, sagte er im gedämpften Ton. „Schau nicht auf. Ich werde deine Augen sein. Madam Marchbanks weint. Du kennst den Zauberer, der immer diesen rotblauen Hut trägt?”
Hermine nickte, weiterhin ihren Schoss starrend, wo eine einzige Träne auf ihrer Robe landete. Sie bedeckte die Stelle mit ihrer Hand.
„Er sieht das Porträt an, als ob er Dumbledore zuvor noch nie gesehen hätte. Die Leute schreiben. Sie hören zu, Hermine. Halte noch etwas durch.“
Sie nickte erneut und blinzelte bis ihre Augen wieder klar waren und hob dann erneut ihren Kopf.
Als Professor McGonagall wieder auf ihren Platz neben Hermine zurückkehrte, steckte die junge Hexe ihre Hand in die der älteren Frau, genau wie sie vor der Schlacht von Hogwarts getan hatte. Minerva drückte fest zu, aber sie ließ nicht los.
„Es bleibt noch eine Sache zu klären“, sagte Kingsley, seine Stimme klang jetzt deutlich und hallend. „Die Angelegenheit der Unverzeihlichen Flüche.“
Harry sprang so schnell neben ihr auf, dass Hermine ganz erschrocken war. „Ich würde gerne meine eigene Verhandlung beantragen.“
„Setz dich“, sagte Kingsley scharf.
„Minister, bitte. Wenn Sie beabsichtigen Snape wegen der Nutzung der Unverzeihlichen Flüche anzuklagen, dann würde ich gerne meine eigene Verhandlung beantragen. Ich habe alle drei benutzt.“
„Harry, ich warne dich – Held oder nicht, das hier ist ein Gerichtssaal und-“
„Cruciatus an einen Todesser in Hogwarts. Imperius auf einen Kobold von Gringotts und Avada Kedavra an Voldemort selbst. Es war Krieg, Minister. Wir alle--“
„Potter, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt! Zum letzten Mal, setz dich oder ich werde dich aus dem Gerichtssaal schmeißen!“
Harry und Kingsley starrten sich eine lange Zeit an. Kingsley zog eine Augenbraue hoch und Harry setzte sich.
„Wie ich bereits sagte. Wie Sie sehr wohl wissen, war Severus Snape bereits vor Beginn der Verhandlung ohne Magie. Die Auroren-Abteilung befindet sich in Besitz von Snapes Zauberstab und überprüfte ihn gründlich mit Priori Incantatem und waren in der Lage die Zauber aufzulisten, die er die letzten eineinhalb Jahre angewendet hatte.“
„Zweimal den Todesfluch. Über eine Anwendung haben wir heute bereits ausführlich gehört. Die andere war auf Bellatrix Lestrange.“
Ginny beugte sich über Harry und zischte: „Die finale Schlacht!“ und Hermine nickte. Ein Echo von Ginnys Offenbarung schien durch die Menge zu hallen.
„Es gab keine Anwendungen des Cruciatus-Fluchs oder des Imperius-Fluchs.“
Hermine schnappte nach Luft, als Kingsley das Podium hinabstieg, um in der Mitte des Raumes stehen zu bleiben. Beeindruckend lief er vor dem versammelten Gericht auf und ab, seine bunten Roben wirbelten, sein Blick entschlossen und fest.
Wenn Kingsley manchmal auch etwas stümperhaft wirkte, wenn er auch manchmal seine Unerfahrenheit gezeigt hatte, dann war es jetzt deutlich, dass es alles nur eine Täuschung gewesen war. Da war nichts Lachhaftes an dem Mann, der vor ihnen stand. Hermine fragte sich, ob es ein Zauber war, oder ob das schon immer der Mann darunter war, ein Mann, der nicht unbedingt den Zaubereiminister ähnelte, sondern einen alten Kriegsherrn. Seine Stimme rollte wie ein Kriegsschrei durch den Gerichtssaal.
„Hexen und Zauberer des Zaubergamot, Sie haben in den letzten Wochen viele Aussagen bezüglich Severus Snapes Rolle im zweiten Krieg gegen Voldemort. Die Ereignisse auf dem Astronomieturm von Howarts können nicht verleugnet werden. Die Frage, die wir uns jetzt stellen müssen, ist, ob größere Übel, als das Verbrechen, welches stattgefunden hatte, durch Snapes Handeln vereitelt werden konnten oder nicht. War motiviert, engagiert zu Handeln größeren Schaden von den Kindern abzuhalten? Handelte er mit der Absicht die Seite des Lichtes zu stärken?“
Hermine hörte Odgens Stimme, bevor sie ihn sah, auch wenn er andere Zauberer zur Seite stieß, als er durch die Sitzreihen eilte. Es war einfach zu schwer den Blick von Kingsley abzuwenden, als ob von ihm ein eigenartiges Licht zu strahlen schien.
„So funktioniert das Gesetz nicht, Minister!“, rief Odgen mit hochrotem Kopf und aufgeblasen vor Wut. „Was Snape auch immer behauptet getan zu haben, er war Mitglied der Gruppe, die diese Kinder bedrohten! Sie können nicht einfach einer Gruppe beitreten und dann behaupten Morde zu begehen, um zu verhindern, dass--“
„Sie mutmaßen, dass Snape ein Todesser ist“, sagte Kingsley, als ob er nicht unterbrochen worden sei, während Hermines Hände eiskalt waren und ihr Magen sich so zusammengezogen hatte, dass sie nicht mehr schlucken konnte.
„Sie haben seine Aussage gehört! Er war ein Todesser! Er sitzt mit dem Mal auf seinen Arm vor Ihnen! Es steht absolut außer Frage, ob er--“
„Ah, ich denke, das ist genau die Frage, Richter Odgen. Laut dem Ministerium ist Snape seit neunzehnhunderteinundachtzig seitdem er übergelaufen und zum Spion geworden war, kein Todesser mehr.“
„Krempeln Sie Ihren Ärmel hoch!“, donnerte Odgen.
„Snape, das ist nicht nötig“, sagte Kingsley und drehte sich zu Severus um.
„Krempeln Sie Ihren Ärmel hoch!“, wiederholte Odgen.
Hermine sah und ihre Finger zitterten, als ob es seine eigenen wären, wie Snape den Ärmel seiner Robe aufknöpfte und glattes, weißes Fleisch offenbarte.
„Das bedeutet nichts“, sagte er. „Das Mal verschwand, als er starb. Lucius Malfoy trägt genauso wenig ein Mal wie ich.“
„Das Mal ist verschwunden“, sagte Kingsley und sah, wenn es denn überhaupt möglich war, noch siegessicherer und abgesichert aus, als noch zu vor. „Das Mal ist verschwunden und alles, was noch übrig ist, sind die Taten dieses Mannes. Sie haben gehört, was Albus Dumbledore von Snape verlangte--“
„Das macht keinen Unterschied, wie ich bereits dem Gericht verdeutlicht habe!“ Odgens Mund schäumte beinahe, aber Kingsley fuhr mit seiner Rede fort, seine Worte schienen, die des anderen Mannes irgendwie zu ertränken.
„- obwohl er wusste, dass es ihm Schande und den sicheren Tod brachte. Sie haben selbst gehört, dass Dumbledore Snape darum gebeten hatte sein Leben zwischen Voldemort und Hogwarts zu stellen, zwischen Voldemort und Harry Potter und Sie haben von den Entscheidungen gehört, die er getroffen hatte. Die Frage, die Richter Odgen aufwirft, ist noch die Einzige, die Sie abwägen müssen.
„War Severus Snape ein Todesser?“
Kingsleys Stimme schien von den Steinwänden des Gerichtssaales zu hallen, umhüllten jeden in eine warme, mächtige, bebende Decke.
„War er es? War Severus Snape ein Todesser? Verriet er das Licht? Oder war er der Grund, warum Harry Potter so lange lebte, um Voldemort zu besiegen?”
Hermine riss kurz ihren Blick von Kingsley, um die Gesichter der Hexen und Zauberer über ihr zu deuten. Da waren die, die ungerührt, gleichgültig blieben, aber da waren auch die, in deren Blick sich ungeteilte Aufmerksamkeit befand. Da war fragendes Stirnrunzeln und sie dachte, niemals so einen schönen Anblick in ihren Leben gesehen zu haben.
„Das Gericht wird sich jetzt zurückziehen, damit das Zaubergamot eine Entscheidung treffen kann. Wir werden uns wieder am ersten August neunzehnhundertachtundneunzig hier versammeln, um uns das Urteil anzuhören. Das ist dann alles.“
Sie schloss ihre Augen, als die Menschen um sie herum begannen sich zu bewegen und aufstanden. Ein Kribbeln wanderte ihren Rücken hinunter, verursachte Gänsehaut auf ihren Armen. Bitte, dachte sie. Nur… bitte.
***
Hermine stand im Türrahmen, als sie Severus am Kamin kniend beobachtete. Er trug seine gewöhnliche Hauskleidung – die Jeans, welche einst noch so seltsam an ihm ausgesehen haben und sein graues Hemd, welches am Kragen offen stand und seine hochgerollten Ärmel. Sein Haar hatte er hinter seine Ohren gestrichen. Hinter ihm stand auf dem Kaffeetisch ein Glas und die Reste eines Sandwiches. Es war deutlich von seiner Haltung, dass er keine Ahnung hatte, dass sie überhaupt da war. Neben ihm lagen die Streichhölzer, die er benutzen würde, um den Kamin zu entfachen. Trotz der Hitze draußen schien es im Haus ununterbrochen feucht und kalt zu sein, und gelegentlich würden sie nebeneinander auf der Couch sitzen und sich von den tanzenden Flammen in den Schlaf wiegen lassen.
Sie vermutete, dass heute von allen Nächten, sie die Hilfe bräuchten.
Sie beobachtete ihn ruhig, lernte den neuen Mann, der ihr Ehemann war, kennen. Trotz allem, was vielleicht gewesen war, zum Beispiel in dem Schloss oder weit von hier entfernt, von anderen Leuten unbenannt und begutachtet, das war der Snape, den sie jetzt hatte. Das war ihr ruhiger Ehemann, der sich mit der Aufgabe, den Kamin zu entflammen, befasste.
Vorsichtig streckte er seine rechte Hand aus und wackelte mit seinen Fingern. Hermines Herz schien einen Aussetzer zu machen und ihre Kehle schnürte sich zu. Er wackelte erneut mit den Fingern. Nichts. Er seufzte und griff nach den Streichhölzern, als sie das Zimmer betrat.
Er richtete sich abrupt auf und ließ das Feuer erloschen.
„Ich wollte zu Bett gehen“, sagte er mit abgewandtem Blick.
Für fast eine halbe Minute stand sie einfach nur da, bevor sie verstand, dass er sie bat, ihn zu begleiten.
„Ja“, sagte sie, bedacht darauf ihr Gesicht neutral zu halten. „Wir werden den Schlaf brauchen.“
Ohne ein weiteres Wort ging er die Stufen hinauf und sie folgte ihm. Der Flur war dunkel und schattig, aber schaltete nicht die Lampen ein, und als sie das Schlafzimmer betraten, zog er sich schweigend aus und legte sich ins Bett. Sie legte sich in der Dunkelheit auf ihren Rücken liegend, neben ihn. Seine Hand überschritt die unsichtbare Linie zwischen ihnen in der Bettmitte und nahm ihre. Sie drückte sie.
„Hast du das Testament?“, fragte er nach einem Moment. Seine Stimme erschien laut in der Stille des Hauses und seine Worte verwirrten sie.
„Das Testament?“
„Ja“, sagte er steif. „Ich habe ein Testament zurückgelassen.“
„Oh. Oh, ja. Ich meine, nein, ich habe es nicht, aber ja, ich wusste, dass du eines hattest. Arthur Weasley hatte es. Ich glaube, er hat es zerstört.“
Snape schwieg einen langen Moment.
„Tut mir leid, das zu hören. Wie aussieht scheinst du einen Freund in Kingsley Shacklebolt gefunden zu haben. Ich hatte gehofft… ich hatte gehofft, dass er es vielleicht akzeptieren würde, wenn ich--“
„Severus, nicht.“
„Hermine.“ Er rollte zu ihr und sie konnte gerade sein Gesicht ausmachen, zusammengekniffen und ernst. „Du warst… beeindruckend. Du warst besser, als ich es jemals verlangen konnte, besser als ich es vermutlich verdient hatte. Es ist unerlässlich, dass du weißt, dass es nicht deine Schuld sein wird. Niemand hätte-“
„Hör auf“, sagte sie ruhig. „Lass uns nicht streiten. Lass uns abwarten und sehen, was passiert.“
„Du weißt, was passieren wird. Du bist kein dummes Mädchen; das warst du nie gewesen, egal, was ich auch gegenteilig gesagt habe. Du kennst unsere Welt und du weißt, dass sie niemals-“
„Wann wirst du aufhören dich von mir zu verabschieden?“, sagte sie, zu erschöpft, um wirklich wütend zu sein. „Wenn wir verlieren, dann werde ich in Berufung gehen. Ich werde immer und immer wieder in Berufung gehen, bis sie nachgeben, weil sie so verdammt genervt davon sein werden immer mein Gesicht zu sehen. Was muss ich tun, um dich zu überzeugen, dass ich das nicht zulassen werde?“
„Du bist durch und durch eine Gryffindor, Hermine“, flüsterte er, und wenn dort Trauer in seiner Stimme lag, dann war da auch reuevolle Zuneigung. „So überzeugt, dass du die Welt alleine ändern kannst, so entschlossen sich ins Getümmel zu stürzen. Hör mir zu. Ich will nicht, dass du dich gegen eine Wand, die nicht verrückt werden kann, zu Tode geißelst. Ich will nicht deine Lebensaufgabe sein. Du verdienst Besseres als Gerichtssäle und Zeitungsartikel und Verurteilungen.“
„Was auch der Grund ist, warum wir das tun, was getan werden muss und dann machen wir weiter.“
Er schwieg so lange, dass sie dachte, dass er eingeschlafen sei. Sie war froh. Vielleicht musste er ihr noch eine letzte Option anbieten, und da er das getan hatte, war er in der Lage seine Augen zu schließen. Sie drückte wieder leicht seine Hand.
„Ich weiß nicht, wie ich weitermachen soll“, sagte er so leise, dass sie kaum seine Worte ausmachen konnte. „Ich habe mein ganzes Leben in Voldemorts Schatten verbracht.“
Da gab es nichts mehr zu sagen. Was wusste sie schon, was als Nächstes passierte? Genauso wenig wie er, wenn nicht sogar noch weniger. Wie auch immer es enden würde, es wäre banal. Sie rollte sich zu ihm und kuschelte sich in seine Arme. Er akzeptierte sie ohne einen Kampf und sie warteten gemeinsam die dunkle Nacht ab.
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