von ZauBaerin
Kapitel 14 - Weihnachten bei den Snapes Teil 1
Es war allein Hermiones Verdienst, das alljährlich an der großen Weihnachtstafel im Hause der Familie Snape so viele unterschiedliche Menschen einträchtig und friedvoll beieinander saßen.
Es fing an in dem Jahr, in dem sie das Haus in Cornwall gekauft hatten. Hermione, die sich an ihre Weihnachtszeit zuhause bei ihren Eltern erinnerte, hatte plötzlich die Idee, ein Weihnachtsessen zu veranstalten. Zu Beginn nur mit ihren Eltern, Albus Dumbledore und Minerva. Von Jahr zu Jahr kamen Personen dazu. Inzwischen waren es immer um die dreißig Erwachsene und ein Haufen Kinder.
So nervraubend er diese Veranstaltungen am ersten Weihnachtstag zu Beginn fand, so sehr genoss Severus sie inzwischen. Die Gäste trafen am späten Nachmittag ein und so hatte die Familie trotzdem Zeit für sich allein. Sie konnten die Geschenke am Weihnachtsmorgen in trauter Gemeinsamkeit auspacken. Solange Morag und auch Riordan noch so jung waren, fanden Hermione und Severus es natürlich sehr wichtig, die Zeit mit ihren Kindern allein verbringen zu können. Und auch Catriona sah in ihrem Flanellpyjama fast noch wie ein Kind aus, obwohl sie ja schon eine junge Frau war.
Wie immer fanden sich alle ganz früh unter dem Weihnachtsbaum ein. Es war noch dunkel draußen und nur die Kerzen des Weihnachtsbaumes brannten. Das Kaminfeuer spendete warme Behaglichkeit und bis auf Severus hockten alle auf dem warmen Teppich und packten ihre Geschenke aus. Für ihn war es das größte Geschenk, seine Familie so glücklich vereint um sich herum versammelt zu haben.
Severus hatte es sich in seinem riesigen Ohrensessel bequem gemacht und legte nun seine Füße auf den dazugehörenden Hocker. Lächelnd beobachtete er Riordan, der sich gerade bei Hermione für sein Weihnachtsgeschenk bedankte. Der Junge interessierte sich, genau wie seine ältere Schwester, und zur besonderen Freude seines Vaters, ebenfalls für die hohe Kunst des Tränkebrauens. Wohingegen Morag jetzt schon verkündete, dass sie Quidditchspielerin werden wolle. Severus hatte sich von Hermione überreden lassen, seiner Jüngsten eine Miniaturquidditchausstattung einschließlich eines Kinderbesens zu Weihnachten zu schenken. Das Mädchen führte gerade wahre Freudentänze auf und kam hüpfend zum ihm gesprungen, um ihm um den Hals zu fallen.
„Oh Daddy. Das ist mein allerallerbestes Weihnachtsgeschenk, das ich jemals bekommen habe. Woher wusste der Weihnachtsmann bloß, dass ich Quidditch spielen will?“, jubelte sie.
Severus schmunzelte. „Nun, mein Hexchen, der Weihnachtsmann weiß alles.“ Er strich ihr sanft über den Rücken. Das Mädchen stürmte schon wieder davon, um das nächste Päckchen auszupacken.
Riordan kam zu ihm herüber und quetschte sich neben Severus in den Sessel. In der Hand hielt er einen länglichen Kasten und ein Buch. „Danke Dad.“ Er gab seinem Vater einen Kuss auf die Wange.
Severus zerstrubbelte seine Haare. „Gefällt es dir?“
„Oh ja, und wie.“ Er hatte in diesem Jahr sein erstes eigenes Messerset, zum verkleinern von Zaubertrankzutaten bekommen. Auf den Griffen waren die Initialen R.S. eingraviert.
Stolz nahm der Junge vorsichtig ein Messer aus der Schachtel und zeigte es Severus. Dann verpackte er es wieder ordentlich und schlug das Buch auf.
„Schau mal hier, Dad. Hier sind die bedeutendsten Zaubertränke aufgelistet. Mein erstes Zaubertränkebuch, das nichts mit dem Unterricht zu tun hat.“ Schon vertiefte er sich in die Seiten.
Severus rutschte in seinem Sessel noch ein Stückchen zur Seite, um seinem Sohn Platz zu machen und legte dann seinen Arm um die Schulter der Jungen, damit dieser sich besser anlehnen konnte.
Als er aufsah, begegnete er Hermiones Blick. Seine Frau lächelte ihn liebevoll an und Severus musste plötzlich an Riordans Geburt denken. Natürlich hatte er damals alles über den Vorgang einer Geburt gehört, in der Theorie war ihm das Thema durchaus vertraut.
Aber nichts hatte ihn auf seine Empfindungen vorbereitet. Auf das Gefühl, als er Hermione umfasst hielt, den Moment, als das Kind ihren Körper verließ und als die Mediheilerin es so, wie es war, Hermione auf die Brust legte. Er war überwältigt gewesen. Seine Augen hatten so gebrannt, dass er zuerst gar nicht registrierte, dass er einen Sohn hatte.
Und dann hatte die Medihexe ihm sein Kind in den Arm gelegt. In dem Moment hatte sich etwas in seinem Herzen festgesetzt und er war seinem Sohn hoffnungslos verfallen. Noch niemals zuvor hatte er ein frisch geborenes Lebewesen in seinen Armen gehalten, niemals zuvor hatte er die Erfahrung machen dürfen, so einen Winzling festhalten zu dürfen.
Aber nun konnte er ihn kaum wieder abgeben Am liebsten hätte er das Baby stundenlang mit sich herumgeschleppt. Wenn Hermione ihn nicht ständig darauf hingewiesen und ihm unter seinen enormen Riechkolben hätte, dass er seinen Sohn gnadenlos verwöhnen würde, hätte er das auch gemacht. Noch heute erinnerte er sich an das Gefühl, an den Geruch...
Er lächelte bei seinen Erinnerungen und drückte Riordan einen Kuss aufs Haar.
Der sah ihn fragend an. „Dad, du hast Mum doch nicht von unserem Gespräch gestern Abend erzählt?“, fragte er seinen Vater leise.
„Nein, natürlich nicht, mein Sohn. Du hattest mich doch gestern schon darum gebeten, das nicht zu tun.“ Severus warf einen Blick hinüber zu Hermione, die gerade Morag half, in das Quidditchkostüm zu schlüpfen. „Warum möchtest du nicht, dass deine Mutter davon erfährt?“
„Weil... ähm... weil mir das peinlich ist. Ich... also, ich glaube, dass Mum bestimmt nicht versteht, warum ich das doof fand, dass Jolanthe Weasley mich geküsst hat. Schließlich ist sie ja auch ein Mädchen.“ Mit jedem Wort hatten sich die Wangen des Jungen ein wenig mehr verfärbt, bis sie leuchtend rot schienen.
Severus unterdrückte ein Schmunzeln. „Ja, da hast du recht, mein Sohn. Deine Mum ist hin und wieder auch ein Mädchen. Glaubst du, oder meinst du zu wissen, dass sie dich nicht verstehen würde? Deine Mum versteht oft mehr als man erahnt“, erwiderte Severus.
„So? Wovon verstehe ich was?“ Unbemerkt war Hermione an ihre beiden Männer herangetreten.
Riordan sah seinen Vater flehend an und stieß ihm mit dem Ellbogen in die Seite.
„Männersachen!“, brummte Severus nur.
Hermione verkniff sich ein Grinsen, als sie ihre beiden Männer betrachtete. Severus, groß und schlank, neben ihm Rio, eindeutig seines Vaters Sohn. Beide trugen sie noch ihre Schlafsachen, bestehend aus einer graue Hose und einem schwarzen Shirt. Dieses Outfit hatte sich Rio von seinem Vater abgeschaut und nichts und niemand konnten ihn dazu bewegen, einen richtigen Pyjama zu tragen. Es war ein wunderbares Bild, das sich ihr da bot, Vater und Sohn aneinander gepresst in dem großen Ohrensessel, und sie war froh, ihren Fotoapparat zur Hand zu haben.
Und bevor die beiden männlichen Snapes reagieren konnten, hatte Hermione sie auf einer Fotografie verewigt.
„Wag es nicht, dieses Bild irgendjemanden zu zeigen“, grummelte Severus.
„Niemals!“, lachte Hermione. „Das würde ich überhaupt nicht in Betracht ziehen.“
„Pfft...“, machte Severus daraufhin nur.
„Mummy, mach doch auch mal von mir ein Foto!“, erklang die Stimme der jüngsten Snape. Hermione wandte sich ihrer kleinen Tochter zu und während Riordan seinem Vater eine leises „Danke“ zuflüsterte.
Severus sah ihn fragend an. „Bist du dir sicher, dass dir der Kuss nicht gefallen hat?“, wollte er dann wissen.
Wieder wurde der junge Bursche rot. Welch ein Glück, dass er kein Weasley war, die rotgefärbten Wangen hätten sich mit dem Weasleyrot der Haare gebissen.
„Also... eigentlich war es gar nicht so schlecht. Ich hab aber so getan, als hätte es mir nicht gefallen und mir sofort den Mund abgewischt“, gestand der Junge.
„Aha! Ist diese Jolanthe denn ein nettes Mädchen?“, fragte Severus seinen Sohn weiter aus, obwohl sich ihm innerlich die Nackenhaare sträubten. Eine Weasley! Das fehlte ihm noch, dass sein Sohn mit einer aus dem Weasley Clan nach Hause kam.
„Mhm, ja... eigentlich schon“, druckste Riordan rum. „Und sie sieht auch ganz nett aus. Sie hat lange rote Haare und grüne Augen. Und sie ist eine der besten Schülerinnen in Verwandlung und Arithmantik.“
„Na, immerhin etwas“, grummelte Severus. „Aber sie scheint auch eine ziemlich frühreife Göre zu sein. Wie alt ist sie denn?“
„Sie ist 15 und eine Schulklasse über mir.“
„Auch das noch...! Eine ältere Schülerin... und eine Weasley noch dazu. Da ist es mir eigentlich ganz recht, dass dir der Kuss nicht gefallen hat, mein Sohn!“ Severus sah skeptisch auf seinen Sohn hinab.
Bevor Riordan auch nur antworten konnte, kam Morag angelaufen und hüpfte Severus auf den Schoß. „Daddy!” Sie hielt ihm ein Weihnachtspäckchen hin. “Du musst mein Geschenk noch auspacken.”
Er betrachtete seine Jüngste. Waren es wirklich schon fast zehn Jahre her, als sie sich angekündigt hatte? Er hatte noch sehr genau jenen besagten Morgen vor Augen. Catriona war damals schon auf Hogwarts gewesen und Riordan, der in den Morgenstunden zu ihnen ins Bett gekrabbelt war, lag zwischen Hermione und Severus und schlief tief und fest.
Hermione war dann plötzlich aufgesprungen und ins Badezimmer gestürmt. Severus war davon wach geworden und hatte ihr erstaunt nachgesehen.
Als sie nicht wiederkam, stand er vorsichtig auf, um Riordan nicht zu wecken. Auf leisen Sohlen schlich er hinüber ins Badezimmer und klopfte sachte an die Tür. „Hermione? Ist bei dir alles in Ordnung?“ rief er leise.
„Ja, ja… mach dir keine Sorgen“, kam die Antwort, wobei ihre Stimme allerdings ziemlich verhalten klang.
Skeptisch runzelte er die Stirn. „Ich komme rein…“ Langsam öffnete er die Tür und betrat das Badezimmer. Erstaunt registrierte er, dass Hermione ziemlich bedrückt aussehend, mit gesenktem Kopf auf dem Badewannenrand saß.
Langsam sah sie auf. Erschrocken bemerkte er ihr blasses Gesicht und die dunklen Ringe unter ihren Augen.
„Was ist los?“, wollte er direkt wissen.
Hermione sah ihn an, sagte kein Wort, aber in ihren Augen sammelten sich Tränen.
„Hermione“, knurrte er drängend. „Was.ist.los?“
„Ich… ich glaube ich bin schwanger“, flüsterte sie bedrückt.
Schweigend sah er sie einen Moment an, dann trat er an sie heran, hockte sich vor sie und zog sie in seine Arme. „Und warum bist du jetzt so bedrückt?“
„Weil…“, sie zog schniefend die Nase hoch. „weil…, eigentlich wollte ich doch kein weiteres Kind und du doch auch nicht.“
„Hab ich das jemals gesagt? Dass ich kein Kind mehr möchte?“ Severus legte seine Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht etwas an.
Sie sah ihn mit ihren wunderschönen, braunen Augen zweifelnd an. „Nicht direkt. Aber ich habe immer gedacht, dass dir zwei Kinder reichen. Schließlich haben wir dein Leben mehr als nur durcheinander gebracht.“
„Habe ich dir jemals einen Grund gegeben, das zu glauben? Wirke ich jemals so, als sei ich genervt von dir und den Kindern? Fülle ich meine Vaterrolle nicht richtig aus?“, wollte Severus leise wissen.
Hermione biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht, Severus.“
„Aber…?“ Er strich ihr sanft die Haare aus der Stirn und streichelte ihre Wange.
„Ach… ich weiß nicht. Rio ist jetzt schon fast fünf Jahre alt, Cat zwölf. Vielleicht will nur ich nicht wieder von vorne anfangen. Eigentlich wollte ich mich jetzt voll auf mein Geschäft konzentrieren. Und wenn Rio dann auch auf Hogwarts ist, dachte ich eigentlich, dass nur wir beide endlich was alleine machen können.“ Sie sah ihn fragend an. „Ist das sehr egoistisch gedacht von mir?“
„Nein, das ist es nicht!“, entgegnete Severus. „Du liebst doch deine Kinder über alles. Und irgendwann werden wir auch unsere drei Kinder groß haben, so dass wir beide uns ausgiebig zu zweit amüsieren können.“
„Ich befürchte nur, bis dahin werden wir auch die ersten Enkelkinder haben“, seufzte Hemione.
Severus lachte. „Nun, die werden dann nicht unser Problem sein!“ Er stand auf. „Ich würde vorschlagen, wir bringen jetzt erst mal in Erfahrung, ob du überhaupt schwanger bist. Dann sehen wir weiter.“
Sie war in der Tat schwanger und brauchte auch einige Zeit, um sich mit diesem Gedanken anzufreunden, allerdings fühlte sie sich die ganze Schwangerschaft über nicht wohl.
Als sie auf das Ende der Schwangerschaft zuging, gab es dann auch noch ein Ereignis, das alle total erschütterte. Einige Tage vor dem errechneten Entbindungstermin wollte Hermione ihn in seinem Labor aufsuchen. Dabei verfehlte sie eine Stufe, die sie aufgrund ihres enormen Bauchumfangs nicht gesehen hatte und stürzte im hohen Bogen die Treppe hinunter. Heftig prallte sie auf den Rücken und konnte sich im ersten Moment nicht bewegen. Dann setzten auch schon heftig Schmerzen ein und sie schrie gellend seinen Namen.
Severus konnte sich noch genau an das entsetzliche Gefühl der Angst und Panik erinnern, als er aus seinem Labor in den Flur stürzte. Als er Hermione weinend und vor Schmerz stöhnend auf dem Boden liegen sah, dachte er, sein Herz würde stehenbleiben.
Irgendwie gelang es ihm, sie in das Sankt Mungos Krankenhaus zu schaffen und hielt jetzt ihre Hand, während der Medimagier sie untersuchte.
Panisch und voller Angst klammerte sie sich an seine Hand. „Oh Merlin… Severus. Das Baby. Ich spüre es nicht. Ich spüre gar nichts. Alles ist wie taub. Es ist bestimmt tot.“ Sie fing heftig an zu weinen.
„Hermione, du darfst dich nicht so aufregen. Versuche ruhig zu bleiben, Schatz. Bitte… atmete ruhig.“ Severus war selbst nach weinen zu Mute, aber angestrengt versuchte er seine Fassung zu wahren.
Hermione allerdings ließ sich nicht beruhigen. „Es ist meine Schuld… oh Merlin… ich bin schuld. Das ist die Strafe dafür, weil ich sie erst nicht haben wollte“, schluchzte sie.
„Hör auf damit!“, befahl Severus jetzt streng. „Hör auf so einen Unsinn zu reden, Hermione. Du liebst sie doch. Du liebst unsere kleine Tochter doch jetzt schon. Hast ihr so einen schönen Namen ausgesucht. Hermione, hör jetzt auf dir Vorwürfe zu machen.“
Er sah auf, weil der Medimagier ihn jetzt ansah.
„Wir müssen das Kind jetzt holen“, sagte er. „Es ist bei dem Sturz zu einer Plazentaablösung gekommen. Es bleibt uns keine Zeit.“
Und dann ging alles ganz schnell. Hermione wurde in einen Tiefschlaf versetzt, Severus hinausgeschickt und dann war sie da. Seine kleine Morag. Gesund und munter nuckelte sie einige Zeit später an Hermiones Brust, machte selige kleine Knurrgeräusche und war sich überhaupt nicht im Klaren darüber, was für Gefühle sie bei ihren Eltern ausgelöst hatte.
Hermione hatte ihr Kind mit Liebe überschüttet und es hatte einige Zeit gedauert, bis sie ihr schlechtes Gewissen abgelegt hatte. Nachdem Severus immer wieder mit Engelszungen auf sie eingeredet hatte, glaubte sie ihm irgendwann, dass sie nicht schuld an diesem Unglück gewesen war.
Nichtsdestotrotz war Morag das der drei Snapekinder, das am meisten verwöhnt wurde. Hermione hatte ja irgendwann die Reißleine gezogen, aber Severus ließ sich von seiner Jüngsten erbarmungslos um den Finger wickeln.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Catriona sich auf seine Sessellehne setzte. Sie beugte sich vor, um ihm einen Kuss zu geben.
„Frohe Weihnachten, Dad. Und danke für die wundervolle Kette und das Armband.“ Glücklich betrachtete sie das Schmuckstück an ihrem linken Handgelenk und strich dann vorsichtig über die Kette an ihrem Hals. „Ich freue mich total darüber. So einen Granatschmuck wollte ich schon immer haben.“
„Ich weiß, Kätzchen. Du liebst Granatsteine“, erwiderte Severus.
„Ja, der Granat ist mein Geburtsstein. Deshalb ist er mir so wichtig. Und außerdem ist er auch noch todschick“, behauptete sie. Dann hielt sie ihm ein Päckchen hin. „Ich habe natürlich auch was für dich, Dad.“
„Danke, Tochter.“ Severus nahm das Paket entgegen und löste die Schleife. Zum Vorschein kam ein kleiner Stapel hochwertigen Pergamentpapiers. „Du sollst doch nicht so viel Geld für unsere Geschenke ausgeben, Kätzchen“, tadelte er sie. „Aber ich freue mich trotzdem sehr. Das ist sehr schönes Papier und wenn du artig bist, schreibe ich dir vielleicht auch mal einen Brief darauf“, scherzte er dann und drückte sie an sich. „Danke und auch dir eine frohe Weihnacht.“
Nachdem sie wieder zu ihrem Geschenkehaufen zurückgegangen war, konnte Severus nicht umhin, sie zu betrachten. Sie war seine Tochter. Seine Älteste. Aber sie war tatsächlich kein Kind mehr. Er erinnerte sich urplötzlich daran, als Catriona in ihrem letzten Hogwartsjahr war. In den Osterferien hatte sie dann verkündet, dass obwohl sie in London studieren würde und sie ja in London wohnten, sie beabsichtigte, auf dem Campus ein Zimmer zu nehmen.
Severus war aus allen Wolken gefallen. Hogwarts als Internat war gut, da waren die Kinder sicher aufgehoben. Aber die Universität… wer weiß, was sich da für zwielichtige Gestalten herumtrieben, die seiner Tochter zu nahe kommen könnten, um sie von studieren abzuhalten. Oder womöglich noch schlimmeres.
Hermione hatte ihn natürlich wieder ausgelacht und ihn an ihre eigene Hogwartszeit erinnert. Von wegen, gut aufgehoben. Sie hatte schließlich ihre ersten Erfahrungen auf Hogwarts gesammelt. Und es würde Cat gut tun, etwas selbstständiger zu werden. Dass er mit seinen Befürchtungen recht gehabt hatte, bewies ihr erster Besuch zuhause. Sie hatte sich die Haare blond gefärbt und schuld hatte nur dieser Kommilitone, angeblich ihre große Liebe.
Severus war aus allen Wolken gefallen und hatte sie nur angestarrt.
„Gefällt es dir, Daddy?“ hatte sie stolz gefragt.
Severus hatte erst mal schlucken müssen, um überhaupt sprechen zu können. „Du siehst aus wie die Tochter von Lucius Malfoy“, hatte er entgeistert ausgestoßen.
Zum Glück hatte sich das Thema „große Liebe“ bis zum nächsten Besuch bei den Eltern erledigt und ihre Haare waren wieder schwarz.
Und obwohl sie schon eine junge Frau war, konnte er an sie nicht anders denken, als an seine kleine Tochter. Er schüttelte kurz mit dem Kopf, um sich aus seinen Gedanken zu holen und stand dann auf.
„So, Familie Snape. Wie sieht es aus mit Frühstück? Ich denke mal, euer alter Vater wird euch mal etwas zu essen machen. Es wird ein langer Tag werden und das nächste Essen gibt es erst heute Abend.“ Lachend wehrte er Hermione ab, die ihn in die Seite boxte.
„Dann komm, du armer alter Familienvater. Ich werde dir helfen. Der Rest der Familie ist hier erst mal gut beschäftigt“, rief sie.
Als sie einige Augenblicke später gemeinsam das Frühstück bereiteten, sah sie ihn fragend an.
„Du hast vorhin so nachdenklich ausgesehen, Severus. Was ist dir durch den Kopf gegangen?“, wollte sie wissen.
„Ich war ein wenig melancholisch und habe urplötzlich an die Geburten der Kinder denken müssen“, erwiderte er. „Liegt wohl an der festlichen Stimmung.“
Hermione gab ihm einen Kuss und lehnte sich kurz an ihn. „Dann genieße die festliche Stimmung, mein Lieber. Spätestens wenn gleich Ginny und Astoria kommen, um mir beim kochen zu helfen, wird es wuselig und es ist vorbei mit Melancholie und ähnlichen Stimmungen.“
Severus verdrehte die Augen. „Das ist genau das, wovor ich mich jedes Jahr aufs Neue fürchte.“
Hermione lachte. Sie wusste, dass er es nicht so meinte und diesen Weihnachtstag mit den vielen Gästen sehr genoss. Spätestens, wenn er mit seinem Freund Lucius eine Zigarre rauchte und mit Albus ein Glas Wein trank, war er rundherum zufrieden und auch ein wenig stolz auf sein Leben. Obwohl er das letztere nie zugeben würde. Aber Hermione wusste es besser. Sie kannte ihren Mann gut genug, um das zu erkennen. Aber sie ließ ihn seine Behauptungen machen, ohne zu widersprechen.
Allerdings konnte sie sich ein „Ich weiß, mein armer Mann. Es ist auch immer ein ganz schrecklicher Tag für dich.“ nicht verkneifen.
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