von hawthornandvine
Even Angels have to die
Sie folgte ihm, ihre Füße machten keinen Lärm auf dem kalten Steinboden, der runter zum Badezimmer der Jungen führte. Sie sah zu, wie er nervös den Gang entlang rann, sein lauter Atem hallte an den Wänden.
Hermine verstand nicht, warum Draco Malfoy nichts über ihre Anwesenheit sagte. Sie verstand es wirklich nicht, warum gar keiner sie bemerkte und nicht mit ihr redete.
Überall wo sie in der Schule hinging, ganz egal wohin, es war, als ob sie ein Geist war. Sie gab dem immer weiter fortschreitendem Krieg die Schuld, Hogwarts war schon lange nicht mehr das, was es einmal war. Jeder war traurig und die Lehrer dachten schon darüber nach, die Schule zu schließen.
Aber in ihren Augen gab es keinen Grund, sie einfach so zu ignorieren. Nicht einmal ihre Freunde redeten mehr mit ihr! Harry, Ron… Ihre besten Freunde hatten sie im Stich gelassen und verschwendeten keine Zeit mehr mit ihr. Auch Ginny schien sie nicht mehr zu bemerken.
Es musste also etwas gewesen sein, aber hier wollte ihr ja niemand eine Antwort geben.
Hasste jeder Hermine?
In aller Wahrheit, sie sahen sie nicht mal an! Niemand. Auch nicht ihre Lehrer. Keiner.
Dieses Gefühl von Frust breitete sich in ihr aus und ihre Wangen wurden rot vor Wut.
War das alles nur ein böser Traum?
Aber es gab eine Person in dieser Schule, die sie gesehen hatte. Malfoy. Er sah sie manchmal an und war sich noch bewusst, dass Hermine existierte. Sie wusste es.
Ausgerechnet er?
Heute in der Früh, als sie sich zu ihren Freunden gesetzt hatte, nur um dann von ihnen wie jeden Tag in letzter Zeit ignoriert zu werden, da bemerkte sie seinen Blick auf ihr. Etwas war falsch, und Malfoy wusste es anscheinend. Er hatte dann sofort wieder weg geschaut, aber er hatte sie gesehen! Er hatte sie gesehen, als keiner anderer es tat.
Sie hatte einen Verdacht, dass er der Übeltäter von all dem war. Hatte er sie ohne ihr Wissen mit einem Fluch belegt, der sie unsichtbar machte? Der bloße Gedanke daran machte sie wütend und am liebsten hätte sie laut geschrien.
Hatte ihm letztes Jahr so wenig bedeutet?
Sie dachte nur ungern an ihr 6. Schuljahr. Ungern, weil es sich wie Verrat angefühlt hatte.
Es war keine Beziehung gewesen, das nicht. Es waren eher unverbindliche Treffen mit Aussicht auf ein wenig Nähe gewesen. Erwachsene würden es Affäre nennen, aber das war es sicher nicht gewesen.
Und so folgte sie ihm ins Badezimmer, trotz des Wissens, dass es gegen die Schulregeln war. Aber, was soll’s?, dachte sie sich. Jeder ignoriert mich und seit wann kümmert sich jemand um diese verdammten Regeln…
Ein Schluchzen erklang und sie wusste es war von ihm. Aber seine Probleme waren ihr so egal. Sie wollte Antworten. Die Wahrheit.
"Malfoy, was hast du mir angetan?", schrie sie, um gleich zum Punkt zu kommen. Er schluchzte weiter und ignorierte sie.
Ihre Frustration und ihre Wut befanden sich auf den Höhepunkt, sodass sie nichts lieber tun würde, als ihn sofort umzubringen. Sie stieß einen markerschütternden Schrei aus. Sie wollte einfach nur, dass man sie hörte. Dass man ihre Anwesenheit bemerkte.
"Malfoy, antworte mir", schrie sie wieder und ihr Hals begann zu schmerzen.
Gleich darauf versteiften sich seine Schultern und das Schluchzen hörte auf.
Langsam, sehr langsam, drehte er sich schließlich um.
Das war alles, was sie wollte. Einfach nur von jemanden gesehen zu werden.
Aber seine Augen sahen so gequält aus, dass das Vergnügen des Erfolges verschwand.
"Es kann nicht sein“, keuchte er und schüttelte seinen Kopf.
Was konnte nicht sein?
Hermines Panik wurde größer.
"Was kann nicht sein? Malfoy, ich will Antworten. Was hast du getan?", fragte sie dieses Mal ruhiger, aber unsicherer.
Wollte sie die Antwort wissen? Ein krankes Gefühl sagte ihr, dass sie alles bereits wusste.
Ein plötzlicher Ausbruch von erneutem Schluchzen ergriff ihn noch einmal, und Malfoy schnappte nach Luft. Irgendetwas stimmte auch mit ihm nicht, da war sich Hermine sicher.
"Ich, du“, versuchte er zu sagen, seine Augen sahen sie mit einer Intensität an, die Verzweiflung und Hass wiederspiegelten. Sie wollte einfach nur noch verschwinden. "Ich habe dich umgebracht."
Der Moment der Erkenntnis kam langsam, und dann plötzlich überrumpelte sie alles. Sie - wie Malfoy es vorher getan hatte und auch jetzt noch tat - konnte kaum atmen. Andererseits dachte sie, sie brauchte nicht mehr wirklich zu atmen. Sie war ja nun tot. Hermine war tot.
"Ich bin … tot?", war die hohle, endgültige Antwort ihrerseits
"Wir beide sind es“, antwortete er.
Die Traurigkeit, die seine wunderschönen, grauen Augen trübten brachte sie erneut um.
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