von hilgener-jung
Dieses Kapitel hat mir beim Schreiben wirklich Kopfschmerzen bereitet, aber nun bin ich doch ganz zufrieden. Ich hoffe es gefällt euch!
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Als Schmetterlingseffekt bezeichnet man den Effekt, dass in komplexen, nichtlinearen dynamischen Systemen eine große Empfindlichkeit auf kleine Abweichungen in den Anfangsbedingungen besteht. Geringfügig veränderte Anfangsbedingungen können im langfristigen Verlauf zu einer völlig anderen Entwicklung führen. Es gibt hierzu eine bildhafte Veranschaulichung dieses Effekts am Beispiel des Wetters, welche namensgebend für den Schmetterlingseffekt ist.
Eine Frage, die diesen Effekt verdeutlicht, lautet wie folgt: „Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?“ Quelle: wikipedia...
Zu sagen, dass Ron Weasley verwirrt gewesen war durch die Tatsache, dass Harry Potter seine kleine Schwester zum Ball eingeladen hatte, wäre eine Untertreibung gewesen. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie sein Freund auf die Idee gekommen war. Aber je länger er darüber nachgedacht hatte, umso sinnvoller war ihm diese Konstellation erschienen. Ginny war für Harry ein sicherer Treffer gewesen, hätte seine Schwester doch niemals eine Einladung von „HARRY-FREAKING- POTTER“ abgeschlagen. Jeder wusste, wie sehr Ginny seinen besten Freund verehrte und es war nur logisch von Harry gewesen, diese Tatsache auszunutzen und sich eine Abfuhr von einem anderen Mädchen zu ersparen.
Außerdem war seine Schwester ja keineswegs hässlich, auch wenn es in Rons Augen eine Vielzahl an hübscheren Mädchen in Hogwarts gab. Sie war süß genug, um als Date für Harry akzeptiert zu werden. Und Harry kannte sie, weshalb die Gespräche während des Balls leichter von der Hand gehen sollten, als bei einem fremden Mädchen.
Nach einigem Überlegen war Ron also zu der Erkenntnis gekommen, dass die Absprache zwischen Harry und Ginny durchaus sinnvoll war. Und das obwohl Harry ihm partout nicht hatte sagen wollen, wie er ausgerechnet auf seine kleine Schwester gekommen war.
Nicht einmal als die Zwillinge sich ihm angeschlossen hatten um Harry nach seinen Gründen auszufragen, war seinem Freund eine plausible Begründung über die Lippen gekommen. Ron glaubte zwar Harry etwas von einem Schmetterling murmeln zu hören, als er dachte die anderen hätten aufgegeben und ihm würde gerade keiner mehr zu hören. Aber als Ron ihn darauf angesprochen hatte, hatte er nur die Augen verdreht.
„Was in Merlins Namen soll ein Schmetterling damit zu tun gehabt haben? Ich mag Ginny und ich glaube, dass dieses ganze Ball-Gedöns mit ihr Spaß machen könnte. Und das soll etwas heißen.“
Damit war Harry aufgestanden und aus der Halle gegangen. Die Weasley Brüder hatten nur mit den Schultern gezuckt und ihn seitdem in Ruhe gelassen. Denn auch wenn Ron immer noch von diesen Geschehnissen verblüfft war, hatte er doch größere Probleme. Er musste ein eigenes Date für den Ball finden und im Gegensatz zu ihm selbst hatte Harry keine Schwester, die er als Notlösung fragen konnte. Als er Harry genau das am nächsten Morgen sagte, schaute dieser ihn ernst an.
„Weißt du Ron, Ginny ist NICHT meine Notlösung! Ich wollte sie fragen. Und man könnte durchaus sagen, dass Hermine für mich wie eine Schwester ist.“
Ron verzog sein Gesicht. Der Gedanke Hermine nach einem Date für den Ball zu fragen war ihm direkt gekommen, nachdem Harry seine Schwester gefragt hatte.
Das Problem an dieser Idee war allerdings, dass Hermine nicht mehr bereit war mit Ron zu sprechen, seit sie aus der Halle gestürmt war.
Sein Verhältnis zu Hermine war etwas, was Ron nicht richtig formulieren konnte. Bereits im ersten Jahr in Hogwarts war dies deutlich geworden, als Ron nicht mit Hermines neunmalkluger Art klargekommen war. Sie hatten sich gestritten - er hatte sie beleidigt – und nach dem Vorfall mit dem Troll war sie plötzlich immer dabei gewesen. Es war damals vielmehr ein aneinander gewöhnen gewesen, als ein gegenseitiges Mögen oder freundschaftliche Gefühle. Und die unterschiedlichen Ansichten der beiden hatten auch in den nächsten Jahren zu einigen heftigen Streitigkeiten geführt.
Eine Sache hatte sich für Ron jedoch mit den Jahren verändert: nämlich der Einfluss den diese Streitigkeiten auf sein Gefühlsleben hatten. Bei ihrem ersten Streit, damals im ersten Schuljahr, hatte er Schuldgefühle gehabt. Er war genervt von Hermine, hatte sie beleidigt und am Ende tat sie ihm Leid. Und all das war für ihn gegessen gewesen, als sie Hermine vor dem Troll gerettet hatten.
Mittlerweile hatte ein Streit mit Hermine allerdings ganz andere Auswirkungen auf Ron. Es ging ihm schlecht, er war wütend und übel gelaunt. Und seine Gedanken kreisten beinahe jeden Augenblick nur um den Streit und Hermine. Sie hatte diese merkwürdige Eigenschaft bekommen, seine Gefühle Achterbahn fahren zu lassen und seinen Puls auf 180 zu bringen. Und das irritierte ihn.
Natürlich wusste er, dass Hermine ein Mädchen ist. Schon oft hatte er sich dabei ertappt, wie er ihre weiblichen Attribute unterbewusst musterte. Sie hatte einen schlanken Körper und durchaus ansehnliche Rundungen, die immer dann zum Vorschein kamen, wenn sie nicht ihren Schulumhang tragen musste. Er hatte schlicht und ergreifend nicht an sie gedacht, als er gesagt hatte er würde keine Mädchen kennen. Aber auch wenn er sich nicht mit ihr streiten wollte, konnte er ihr ja jetzt schlecht sagen, dass er ihre Brüste durchaus schon bemerkt hatte.
Nein – das würde Hermine wohl keineswegs friedlich stimmen.
Normalerweise war Harry für ihn da gewesen, wenn er sich mit Hermine gestritten hatte. Harry war schon immer das Bindeglied der Drei gewesen, egal ob Streit oder gute Stimmung zwischen Ron und Hermine herrschte. Er hatte sich stets mit beiden Freunden getroffen und tatsächlich die Gratwanderung geschafft, keinen der beiden gegen sich aufzubringen. Es war auch Harrys Beharrlichkeit gewesen, die Ron und Hermine ein ums andere Mal dazu brachte sich wieder zu vertragen. Doch dieses Mal schien Harry überhaupt kein Interesse daran zu haben, Ron bei der Versöhnung behilflich zu sein.
Er war zu beschäftigt damit, Zeit mit Ginny zu verbringen und mit ihr tanzen zu üben. Ron gefiel es zwar ganz und gar nicht, dass die beiden immer wieder alleine in leer stehenden Klassenräumen verschwanden um zu üben. Aber Harrys Erklärung klang einleuchtend und Ron hatte doch Besseres zu tun, als den beiden nachzuspionieren.
„Du darfst gerne mitkommen und uns beim Tanzen zugucken Ron. Aber Ginny und ich müssen den Ball eröffnen! Und wir müssen üben, damit wir uns nicht vor der ganzen Schule blamieren.“
Und so war Ron nach dem Unterricht immer öfter alleine. Manchmal setzte er sich zu Neville, Dean oder Seamus in den Aufenthaltsraum. Manchmal versuchte er sich Fred und George anzuschließen, um irgendwo im Schloss für Unruhe zu sorgen. Aber nirgendwo fühlte er sich wirklich, als ob er dazu gehörte. Und so geschah es immer öfter, dass er alleine durch Hogwarts wanderte, sich in die Küche schlich oder vom Astronomieturm aus aufs Schlossgelände blickte.
Zum ersten Mal, seit er in Hogwarts war, fühlte Ron sich allein.
Mehrmals am Tag spielte er im Kopf mögliche Gespräche mit Hermine durch, verschiedene Wege um sich zu entschuldigen. Aber er fand keine Gelegenheit, da sie ihm konsequent aus dem Weg ging. Es schien beinahe so zu sein, als würde sie den Gryffindor Gemeinschaftsraum gar nicht mehr betreten, so selten sah man sie außerhalb des Unterrichts.
Nach 2 Wochen war Ron so verzweifelt, dass er sogar zu einer von Harrys und Ginnys Übungsstunden mitgehen wollte. Als er dies den beiden sagte, wurde Harry sofort rot und Ginny misstrauisch.
„Du willst dich ja nur über uns lustig machen.“ sagte sie mit kühlem Ton. Harrys Kopf nahm ein noch dunkleres rot an.
„Nein, dass will ich nicht. Ich habe nur keine Lust mehr alleine rumzusitzen und Nichts zu tun zu haben.“
„Vertrag dich doch mit Hermine.“ Harry klang selbst nicht von seinem Vorschlag überzeugt und Ron verdrehte die Augen.
„Wenn das so einfach wäre.“
Ginny begann zu grinsen.
„Gib ihr einfach einen Kuss und sag dass es dir Leid tut.“
Harry lachte, als Ron nun auch dunkel rot anlief.
„Haha Ginny… sag bescheid wenn du mir einen richtigen Ratschlag geben kannst.“
Ginnys Augen strahlten, als sie einen Brief aus ihrer Manteltasche kramte und ihn Ron entgegen hielt.
„Vielleicht habe ich eine Idee. Wenn du für mich zur Eulerei gehst und diesen Brief von mir zu Mum schickst, dann könnte ich sie dir hinterher verraten.“
Ron musterte erst den Brief und dann das optimistische Gesicht seiner Schwester. Schließlich seufzte er und griff nach dem Umschlag.
„Wehe du nutzt mich nur aus, um dir den Weg in den Turm zu sparen.“
Er drehte sich um und bemerkte weder Harrys erleichterten Gesichtsausdruck noch den erfreuten Blick, den Ginny diesem zuwarf. Er ging aus der Tür und bog gerade so in den nächsten Gang ein, dass er das leise Kichern und das Poltern des Tisches nicht mehr hören konnte.
Auf dem Weg durchs Schloss dachte Ron viel über Ginnys Worte nach. Wie kam sie darauf, dass er Hermine küssen wollte? Wollte er das überhaupt? Und wenn ja, könnte er sie einfach so küssen?
Bilder von Hermines lächelndem Mund schossen ihm durch den Kopf und er merkte wie warmes Blut in seinen Kopf schoss. Er musste knallrot sein… und trotzdem lächelte er bei dem Gedanken an einen Kuss mit Hermine.
Verträumt stieg er die Stufen hinauf zur Eulerei und bemerkte zunächst nicht, dass sich noch jemand anderes in diesem Teil des Schlosses aufhielt. Geistesabwesend ging er zu einer der Schuleulen, während das Mädchen ihn mit bösem Blick und geschürzten Lippen musterte. Sie versuchte leise aufzustehen und sich unbemerkt davonzuschleichen, aber die weiße Schneeeule, die sie gerade eben noch gestreichelt hatte, zerstörte ihren Plan. Sie schlug laut mit den Federn und chuhute so laut, dass Ron nun erschrocken in ihre Richtung sah. Minutenlang schauten sich die beiden schweigend an und erst als sich das Mädchen aufmachte, die Eulerei doch zu verlassen, öffnete Ron seinen Mund.
„Ich weiß dass du ein Mädchen bist!“
Hermine funkelte ihn an.
„Das ist schön.“
Ihre Stimme klang kalt wie Eis und Ron zitterte ein bisschen.
Wieder schauten sich die beiden schweigend an, Hermines Augen wütend und Rons verunsichert. Und dann, ohne darüber nachzudenken und ohne zu wissen warum er es tat, beugte Ron sich vor und küsste sie.
Es war ein kurzer Kuss und er war für beide so überraschend gewesen, dass sie sich zuerst Sekunden lang verwirrt anstarrten. Dann, ganz langsam, zeichnete sich ein Lächeln auf Rons Gesicht ab. Auch wenn er sich selber mit dem Kuss überrascht hatte, hatte es sich doch richtig angefühlt. Und ihm wurde klar, warum Hermine so verwirrende Gefühle in ihm auslösen konnte.
„Geh mit mir zum Ball Hermine.“ sagte er mit sanfter Stimme. Hermine schaute ihn verblüfft an.
„Wenn du glaubst, dass du einen Streit beenden kannst, indem du mich küsst, dann…“
Es war ungewöhnlich, dass Hermine die Worte fehlten, aber mit dem Kuss hatte Ron es geschafft. Und wenn die geröteten Wangen, der sanfte Gesichtsausdruck und das Funkeln in ihren Augen Zeichen waren, dann hatte Ron Erfolg gehabt.
„Ich mag dich Hermine.“ sagte er sanft. „Sogar sehr gerne. Und ich würde mich freuen, wenn du mit mir zu dem Ball gehst. Und noch mehr würde ich mich freuen, wenn ich dich noch einmal küssen darf.“
Hermine fixierte ihn mit unleserlichem Gesicht und es kam Ron so vor, als würden sie sich minutenlang so anschauen. Hermine atmete tief ein, stieß die Luft kräftig durch den Mund wieder aus und lächelte dann.
„Du bist verrückt Ron Weasley!“ Ihre Stimme klang fröhlich und Ron lachte kurz auf.
„Aber ja, ich möchte mit dir zu dem Ball gehen.“
Diesmal beugte sich Hermine vor. Ein gelber Schmetterling glitt mit sanften Schlägen seiner zarten Flügel in die Eulerei hinein und der zunächst sanfte Kuss der beiden wurde immer leidenschaftlicher und stürmischer.
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