von hilgener-jung
Harry atmete erleichtert aus, als Ron die Tür hinter sich schloss und in Richtung der Eulerei verschwand. Er war sich nicht sicher, ob er es überlebt hätte, wenn sein bester Freund während der Tanzstunde im Raum geblieben wäre. Und das gleich aus zwei Gründen.
Zum einen war er sich nicht sicher, ob er den Spott über seine Tanzkünste ertragen könnte, mit dem Ron ihn sicherlich überschütten würde. Denn auch wenn er und Ginny tatsächlich schon einige Übungsstunden hinter sich hatten, sahen Harrys Tanzversuche noch immer sehr ungelenk und unelegant aus.
Zum anderen – und diese Befürchtung war noch viel stärker als die Erste – würde Ron ihn mit Sicherheit umbringen, wenn er je erfährt wie er und Ginny ihre Tanzpausen füllten.
Mit einem Lächeln drehte Harry sich von der Tür weg. Bevor er wusste wie ihm geschah, war Ginny ihm in die Arme gesprungen. Überrascht hielt er sie fest, stolperte durch die Wucht ihres Sprungs aber ein paar Schritte nach hinten und krachte unsanft gegen einen der Tische, die sie zuvor an den Rand des Klassenraums geschoben hatten. Seine Hände hielten aber entschlossen Ginnys Hüften fest, die ihn nun verspielt angrinste.
„Deine Reflexe waren auch mal besser Potter. Wie sollst du jemals wieder einen Schnatz fangen, wenn du nicht mal mich fangen kannst.“
Ihre Augen funkelten und Harry schüttelte lachend den Kopf.
„Erstens habe ich dich festgehalten Gin. Und zweitens gibt es einen Unterschied zwischen dir und dem Schnatz. Weißt du welchen?“
Er grinste und Ginny überlegte einen Augenblick, schüttelte dann aber den Kopf.
„Den Schnatz muss ich jagen, bei dir muss ich nur warten. Du wirfst dich mir ja förmlich an den Hals.“
Harry lachte laut auf, hörte aber sofort auf als Ginny anfing ihm mit ihren Zeigefingern in die Rippen zu pieksen.
„Aua…Outch! Das tut weh. Hör auf Ginny… nein…“
Mühsam gelang es ihm, ihre Hände zu fangen und festzuhalten. Sie wehrte sich kurz. Aber als sie seinen intensiven Blick bemerkte, gab sie nach und verschränkte ihre Finger mit Harrys.
Der Kuss war sanft und dauerte nicht sehr lange, aber er erfüllte Ginny mit purer Glückseligkeit.
Jeder Kuss mit Harry hatte diesen beruhigenden Effekt auf sie. Dieses reine Glücksgefühl, welches die erste Liebe so besonders macht.
Schon oft hatte sie in ihrem jungen Leben davon geträumt wie es wohl wäre Harry zu küssen. Im Nachhinein musste sie sich eingestehen, dass kein Traum auch nur ansatzweise an die Wirklichkeit heran kam.
Sie würde den ersten Kuss niemals vergessen. Harry war ihr in zehn Minuten bei ihrem ersten gemeinsamen Tanzversuch - mit vor Horror geweiteten Augen - so oft auf die Füße getreten, dass Ginnys rechter Fuß zu bluten angefangen hatte. Sie hatte versucht die Schmerzen zu ignorieren, aber als Harry den kleinen roten Fleck auf ihren Socken bemerkte, hatte er sofort aufgehört zu tanzen und Ginny auf einen Stuhl in der Ecke des Klassenraums geschoben.
Er hatte sie besorgt und verunsichert angeschaut, sich neben sie gesetzt und ihr sanft seine Hand auf die Schulter gelegt. Minutenlang hatten sie schweigend nebeneinander gesessen, Ginnys Wange an Harrys Schulter gelehnt, bis dieser schließlich seinen Mut zusammen nahm und seine Hand bewegte. Nervös strich er über ihre Schulter, dann ganz langsam über ihren Hals. Schließlich legte er seine Hand auf ihre andere Wange. Mit sanftem Druck drehte er ihren Kopf zu sich, schaute ihr kurz in die Augen und ließ dann seinen Blick auf ihre Lippen fallen.
Der Kuss war unbeholfen und kurz gewesen, geprägt von Verunsicherung. Aber beide würden ihn als den perfekten Moment in Erinnerung behalten.
Es war nicht der letzte Kuss an diesem Abend geblieben und als die beiden nach zwei Stunden in den Gryffindorturm zurückgekehrt waren, waren sie ein Paar. Sie hatten sich – auf Harrys Drängen hin - lediglich dazu entschlossen diese Tatsache erst einmal für sich zu behalten.
Ginny hatte über Harrys Angst vor den Reaktionen ihrer Brüder nur den Kopf geschüttelt. Schließlich würde sie niemals zulassen, dass diese sich in ihr Leben einmischten. Aber sie hatte schließlich nachgegeben und Harry versprochen ihre Beziehung zumindest bis zum Weihnachtsball geheim zu halten. Und im Nachhinein musste Ginny auch zugeben, dass dieses Versteckspiel mit Harry, die heimlichen Küsse und die zumindest halbwegs vorgetäuschten Tanzstunden etwas Aufregendes hatten. Und es gefiel ihr, ein Geheimnis mit Harry zu teilen, von dem niemand anderes etwas wusste.
Erst als sie ihrer Mutter den monatlichen Brief schreiben wollte, in dem sie dieser normalerweise von ihren Erlebnisse in Hogwarts berichtete, kamen ihr neue Zweifel. Sie hatte seit sie ein kleines Mädchen war von einer Beziehung mit HARRY POTTER geträumt. Und ihre Mutter hatte sie in dieser Phantasie immer unterstützt, selbst wenn ihre Brüder sich über sie lustig gemacht hatten.
Als sie Harry erzählt hatte, dass sie ihrer Mutter von der Beziehung schreiben wollte, war dieser nicht begeistert gewesen. Aber Ginny hatte nicht nachgegeben und Harry ihr schließlich zugestimmt, dass es eine gute Idee war Molly Weasley einzuweihen.
„Wieso hast du eigentlich Ron mit dem Brief an deine Mum weggeschickt? Hast du nicht Angst, dass er ihn liest und alles herausfindet?“
Harry klang besorgt, aber Ginny lachte nur.
„Du kennst doch meinen Bruder. Der liest Nichts freiwillig. Und du weißt doch sicher auch noch, dass Hermine sich heute für dich um Hedwig kümmern wollte, um Ron aus dem Weg zu gehen? Vielleicht brauchen die beiden ja mal einen Schubs in die richtige Richtung. Außerdem…“
Ginny stoppte mitten im Satz und lächelte Harry liebevoll an. Harry sollte über Weihnachten mit in den Fuchsbau kommen und Ginny hatte den Entschluss gefasst, dass der Weihnachtsball der perfekte Zeitpunkt dafür war, ihre Beziehung endgültig öffentlich zu machen.
„Außerdem?“ Harry hob neugierig die Augenbrauen. Ginny legte ihre Arme um ihn und blickte ihm tief in die Augen.
„Außerdem habe ich entschieden, dass wir beim Weihnachtsball unsere Beziehung öffentlich machen.“
Harry schluckte schwer und suchte händeringend nach einer Erwiderung. Nach irgendeiner Möglichkeit das Ganze noch herauszuzögern. Aber Ginnys braune Augen wirkten entschlossen, so dass Harry sich nicht traute ihr zu widersprechen.
„Ok. Sagen wir, wir machen unsere Beziehung öffentlich. Wie stellst du dir das vor?“
„Das ist doch ganz einfach Harry. Wenn wir den Ball eröffnet haben und das Lied aufhört, bleiben wir auf der Tanzfläche stehen. Ich ganz fest in deinen Armen. Wir schauen uns in die Augen und dann küsst du mich. Und schon werden es alle wissen.“
Harry schaute sie entsetzt an. Ginny lächelte verträumt.
„Klar, ganz einfach. Und wenn deine Brüder mich durch die Halle jagen und töten, gibt es wenigstens genug Zeugen um sie hinterher nach Askaban zu schicken.“
Ginny boxte ihm fest gegen die Schulter.
„Deine Ironie kannst du dir schenken Harry! Es ist so einfach, finde dich damit ab! Du wirst mich beim Ball küssen und du wirst es genießen!“
Erst am Abend des Balls, als Harry seine Freundin halbwegs elegant über die Tanzfläche führte, wurde ihm klar dass es tatsächlich so einfach war. Dass es möglicherweise Nichts Einfacheres auf der Welt gibt, als das wundervolle Mädchen zu küssen, welches er nach dem Tanz in seinem Arm halten würde. Und so vergaß er seine Furcht vor den Reaktionen ihrer Brüder. Und vergaß all die anderen Menschen um ihn herum. Er küsste sie und genoss es in vollen Zügen.
Er bemerkte noch nicht einmal den gelben Schmetterling, der von der magischen Decke der großen Halle herabschwebte und in großen Kreisen über ihnen hinab glitt, um schließlich auf Harrys Schulter zu landen.
Manche Leute sagen es ist alles nur Glückssache. Ich glaube das jedes banales Ereignis, sogar das auftauchen eines flatternden Schmetterlings, alles verändern kann. Wenn nämlich so ein scheinbar unbedeutendes Ereignis stattfindet, dann beeinflusst es alles, was danach passiert.
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Ich habe wirklich viel über diese Story nachgedacht und hin und herüberlegt.
Es gibt schon so viele Geschichten über den Weihnachtsball. So viele Beschreibungen der Abläufe, dass ich (im Moment) einfach nicht dazu fähig bin, den Ball noch auszuschmücken. Mehr als dieses Kapitel gibt die Story für mich einfach nicht mehr her.
Darum hoffe ich, dass euch meine kurze Geschichte gefallen hat und ihr auch weiterhin noch fanfictions von mir lesen wollt. Denn es wird in Zukunft bestimmt noch die ein oder andere von mir geben... auch wenn ich manchmal etwas länger brauche um zu schreiben.
Vielen Dank für eure netten Kommentare! Bis demnächst,
hilgener-jung
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