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Fanfiction

Der letzte Tag des Sommers - Der Phönix

von mia.winchester

Severus merkte spät, dass seine Füße ihn zum Büro des Schulleiters trugen. Er hielt inne und zwang sich, kehrt zu machen. Er konnte ihn nicht aufsuchen, den törichten Dumbledore, das Feinbild der Todesser.

Er war es, den Mulciber und Avery, Lestrange und Crabbe bei den Zusammenkünften verspotteten, er war es, der Schlammblütern und Unwürdigen den Zutritt zum Schloss gewährte, der blind vor vermeintlicher Güte zuließ, dass das Andenken an Salazar Slytherin beschmutzt und die Pläne des Dunklen Lords durchkreuzt wurden.

Seit geraumer Zeit schon widmete sich Severus im Heimlichen der Schwarzen Magie, denn aus ihr resultierte eine Macht, welche zu spüren für die Zeitspanne, in der man jene böse Zauber ausführte, eine Genugtuung der besonderen Art war. Er war interessiert an den Praktiken der dunklen Magier, an der Person Lord Voldemort und er unterstützte dessen Ideen und Vorstellungen, obgleich er nicht wusste, ob er dies nur aufgrund seiner aus Trotz und Abneigung der flachen Freundlichkeit der heldenhaften Zauberer James, Sirius, Remus und Peter gegenüber resultierenden Prinzipien tat. Nicht selten zweifelte er an den harschen und brutalen Vorgehensweisen seines Herrn und es verging keine Nacht, in der er nicht länger wach lag, als es ihm lieb war, mit quälenden Gedanken an die Konsequenzen seines möglicherweise falschen Handels unter Auftrag des Dunklen Lords.

Lord Voldemort war ein von Grundauf böser Mann, kaum noch als solcher zu bezeichnen, mit dem schlangengleichen Antlitz. Ein wenig, dessen war Severus sich durchaus bewusst, war es die Angst vor ihm und seinen Anhängern, die zugleich Severus' Freunde waren, gewesen, die ihn schließlich in den Schoß der Todesser getrieben hatten. Sich gegen Voldemort zu stellen bedeutete früher oder später den Tod.

Außerdem hatte Severus, der an Hogwarts Einsamkeit selbst in der von lachenden Menschen gefüllten Großen Halle auf sich lasten spürte wie schwere Steine, in den Reihen von Voldemorts Anhängern zum ersten Mal seit Lily so etwas wie Freunde gefunden. Neben Mulciber und Avery, die ihm ab und zu im Schloss Gesellschaft leisteten, auch die genau so schöne wie wahnsinnige Bellatrix Lestrange, engste Vertraute des Dunklen Lords und schwarzmagische Hexe durch und durch. In ihr hatte Severus eine gleichermaßen müttlerliche wie schwesterliche Freundin gefunden, selbst wenn die Zusammentreffen mit ihr oft nur unter höchster Anspannung durchzustehen waren. Sie kreischte und fluchte und stellte sich zwischen jeden, der versuchte, ihrem lieben, guten Dunklen Lord näher zu kommen, als sie es war.

Severus rief sich ihr Gesicht in den Sinn, um sich davon abzubringen, Dumbledore aufzusuchen. Was würde sie sagen, wenn sie erfuhr, was er im Begriff war, zu tun?

Zwar sehnte er sich nach einem ruhigen Gespräch, nach Klarheit und Wissen darüber, was soeben im Kerker geschehen war, aber er käme sich umso schwächer vor, wenn er, wie ein verängstigter kleiner Junge an der Bürotür des weisen Zauberers klopfen und ihn um Hilfe bitten würde.

Im Heimlichen respektierte Severus Professor Dumbledore sehr wohl. Er war fasziniert von der besonderen Macht des Zauberers, die innehielt, Menschen gleichermaßen mit Ehrfurcht und Vertrauen für ihn zu erfüllen. Er war klug und gewissenhaft, ehrlich und verlässlich.Und Severus mochte ihn.

Deshalb, obgleich er sich sträubte und immer wieder prüfende Blicke über die Schulter warf, um sicherzugehen, dass keiner seiner Todesserfreunde ihm folgte, setzte er seinen Weg zu Dumbledores Büro doch fort. Er wollte sich nicht erklären, warum.

Er schob seine Entscheidung einfach darauf, dass es in diesem Moment alles war, was er wollte. Ergründlich oder nicht. Er wollte es. Und er war es nicht gewohnt, zu bekommen, was er wollte, also erschien es ihm als verdient, doch einmal seinem Willen nachzugehen.
Er erinnerte sich an das Passwort, erklomm die Wendeltreppe und klopfte schließlich behutsam an die hölzerne Bürotür.

Niemand antwortete. Severus zögerte. Vielleicht war es doch besser, wieder zu gehen. Zu vergessen, dass er hier gewesen war.

Doch dann schwang die Tür von ganz allein auf und Severus fühlte sich von einer unsichtbaren Kraft hineingezogen, welche, worüber er sich schnell sicher war, von Fawkes, dem Phönix des Schulleiters ausging. Wie immer, wenn er das Büro betrat, obgleich sein letzter Besuch hier sicherlich ein Jahr zurücklag, fiel sein Blick zuerst auf den Platz, an dem der prächtige Zaubervogel hockte und mit klaren Augen über das angesammelte Hab und Gut seines gütigen Herrn wachte.

Das leuchtend rote Gefieder des Tieres schimmerte wie ein Feuer in Dumbledores eher dunklem Büroraum und Severus konnte seinen Blick dieser Schönheit nicht entziehen. Eine hitzige Reminiszenz überkam ihn und er sah sich selbst in seinem ersten Jahr vor Fawkes stehen: Er hatte einige Bücher vom Schulleiter abholen sollen, doch dieser war, wie auch jetzt, nicht da gewesen. Doch Severus war nicht alleine gekommen. Lily hatte ihn begleitet.

Aber während er schon vor dem Phönix gestanden und ihn prüfend in Augenschein genommen hatte, war Lily noch dabei, die tickenden, summenden, brummenden, zischenden und jaulenden Gerätschaften auf den zahlreichen Tischen im Raum zu studieren.
„Guck mal hier!“, hatte sie von hinten gerufen, mit einer runenverzierten Waagschale winkend, die demjenigen, der eine Entscheidung zu treffen hatte, bei selbiger helfen sollte. „Damit können wir endlich entscheiden, ob James Potter ein dummer Blödkopf oder doch ein blöder Dummkopf ist!“ Sie lachte und winkte mit der Waagschale. Doch Severus hatte die Augen nicht von Fawkes nehmen können.

„Guck du lieber mal hier!“, hatte er also entgegnet und Lily war leichtfüßig hinter ihn getreten.
„Wahnsinn!“, hatte sie gestaunt

Und dann war es geschehen, kaum hatten ihre grünen Augen das Tier getroffen, ging es in hell lodernde Flammen auf.

Mit einem schwachen Aufschrei wich Lily zurück. Auch Severus erschrak, doch die Tatsache, dass Lily sich in ihrer Angst sofort an seinen Arm geklammert und das Gesicht an seine Schulter gedrückt hatte, erfreute ihn so sehr, dass er sich nicht fürchten konnte.
„Ist ja gut.“, sagte er mit weicher Stimme.
Der Phönix war zu Asche zerfallen.
„Er ist tot!“, wimmerte Lily.
„Nein, nein.“, beruhigte Severus sie. Er wusste, was geschehen würde. „Sieh nur.“

Einen Moment lang starrten die Kinder gebannt auf das Häufchen Asche, zu dem Fawkes geworden war, dann hob sich daraus ein nackter, hässlicher Vogelkopf, mit wässrigen großen Augen und einem krummen Schnabel, aus dem ein glückliches Ächzen drang.

„Ein neugeborener Phönix!“, stieß Lily aus. „Sev, was ist da los?“
„Wenn ein Phönix stirbt,“, erklärte Severus dann stolz, „dann zerfällt er zu einem Haufen Asche, aus dem er kurze Zeit später wieder neu aufersteht.“
„Irre.“, staunte Lily. „Wahre Zauberei.“
„Du sagst es.“, pflichtete Severus ihr bei. „Weißt du was?“
„Was, Sev?“ Lily sah Severus gebannt in die Augen. Obgleich er noch ein Kind gewesen war, hatte er schon damals dieses Ziehen im Magen verspürt, wann immer sie ihn so angeschaut hatte.

„Die Tränen eines Phönix können die grässlichsten Verletzungen heilen.“, erklärte er mit roten Wangen. „Sein Gesang bestärkt die Guten und treibt die Bösen in die Flucht. Und wenn er will, dann kann er einfach verschwinden, und an einem anderen, ganz fernen Ort, wieder auftauchen.“

„Ich wünschte, das könnte ich auch.“, seufzte Lily.

„Was?“, fragte Severus, obwohl er genau wusste, von welcher der Kräfte des Phönix seine liebste Freundin träumte.
„Einfach verschwinden. Und irgendwo, ganz, ganz weit weg, wieder auftauchen.“

Severus wusste, dass Lily nicht mehr gerne zu Hause war. Obgleich sie ihre Eltern liebte und diese sie besser behandeln, als Severus es sich von seiner eigenen Familien je erträmt hätte.Ihre Schwester Petunia, ein Besen von Mädchen, das er selbst als eifersüchtig auf Lilys Magie enttarnt hatte, machte ihr das Leben zu Hölle. Der Abschied von ihr war eine grässliche, von Eifersucht und zu Hass gewordener Schwesternliebe geprägte Szene gewesen, die Lily nur ertragen hatte, weil Severus an ihrer Seite gewesen war. Im Sommer nach dem ersten Schuljahr heimzukehren bereitete ihr größte Sorge.

„Vielleicht bin ich in einem anderen Leben ein Phönix.“, spekulierte Lily. „Und dann kann ich das.“
„Aber wenn du weggehst...“, setzte Severus zögerlich an. „Bin ich allein.“
„Ich würde dich nicht allein lassen, du Dummtorte!“, lachte sie und kniff ihren besten Freund in die glühende Wange. Dann aber wurde ihre Stimme ernst. Nun, da Severus alleine in Dumbledores Büro stand, Fawkes ansah, der so herrlich strahlte, als sei er erst gestern neu geboten wurde, hörte er Lilys Worte, als sei sie wirklich bei ihm: „Ich würde dich mitnehmen. Egal, wohin ich gehe.“

Severus hatte nicht bemerkt, dass er in Andenken an jenes Geschehnis Augen geschlossen hatte. In der Dunkelheit hinter seinen Lidern hatte sich das kindliche Gesicht von Lily Evans deutlich abgezeichnet, als stünde sie wieder vor ihm, wie damals, vor sechs Jahren. Als es noch leicht gewesen war, ihre Hand zu nehmen. Als er sie hatte nehmen können, wann immer er wollte. Weil er sie zum Atmen brauchte, ihre Nähe.

„Severus!“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm.

Er riss die Augen auf, fand sich in der bitteren Gegenwart seines kläglichen Besuches in Dumbledores Büro wieder und schluckte, ehe er sich nach dem Ruf umdrehte. Natürlich war es Albus Dumbledore selbst, der aus der Tür zum Privatbereich seines Büros getreten und hinter Severus erschienen war.

„Professor.“, grüßte Severus ihn mit von der eben noch so lebendig gewesenen Erinnerung belegter Stimme.
„Welch seltener Besuch.“ Auf Dumbledores altem Gesicht zeichnete sich ein sanftes Lächeln ab. „Solltest du nicht im Zaubertränkeunterricht bei Professor Slughorn sein, Severus?“

Dass er ihn beim Vornamen nannte, führte dazu, dass es Severus umso schwerer fiel, die ihm von den Todessern vorgelebte Abneigung dem Schulleiter gegenüber zu empfinden. Die hellblauen Kristalle, die hinter der Halbmondbrille prüfend über sein blasses Gesicht wanderten, schienen genau in seine Seele zu blicken.
„Das stimmt, Professor.“, erwiderte er zögerlich.
„Nun, wie kommt es dann, dass du stattdessen hier bist?“

Eindringlich ruhte Dumbledores Blick nun genau in Severus' schwarzen Augen. Er konnte es nicht ertragen, dass man ihn so direkt ansah. Die einzige Person, die er je für lange Zeit genau in seine Augen hatte blicken lassen, war Lily gewesen. Und das auch nur, weil er es genoss, währenddessen in den grünen Seen in ihren Augenhöhlen einzutauchen. Weil er ihr sich dann nahe fühlte wie sonst nie. Er war sich sicher, dass James Notiz von der außergewöhnlichen Schönheit ihrer Augen genommen hatte, doch er bezweifelte, dass er sie auf solch innige Art liebte wie er es tat.

„Wissen Sie...“, begann Severus. Es ist gar nicht wichtig. Ich gehe besser wieder, hätte er beinahe gesagt. Weil er sich plötzlich entblößt vorkam und sich schämte. Doch da hatte Dumbledore sich schon hinter seinen Pult gesetzt, Severus den Platz davor angeboten und aus dem Nichts eine Kanne eisgekühlten Blaubeertees samt zweier schmuckvoller Tassen erscheinen lassen.

„Probiere nur.“, forderte Dumbledore den unsicheren Slytherin auf. „Die Hauselfen haben ihn frisch gebrüht und auf Eis gelegt.“
Severus ließ sich von Dumbledore eine Tasse Tee eingießen, nippte vorsichtig und schluckte das kühle Blaubeerwasser genüsslich runter. Es schmeckte köstlich und die Kälte war eine Wohltat, da durch die offenen Fenster des Büros heiße Sommerluft strömte.
„Bist du aufgeregt? Die letzte Woche im Schloss bricht bald an.“ Dumbledore schien Severus' Unsicherheit zu spüren und lenkte das Gesprächsthema stattdessen auf den nahenden Abschluss der Ausbildung in Hogwarts. Dass der Gedanke an das Ende seiner Schulzeit Severus umso mehr in Bedrängnis brachte, konnte der wohlwollende Schulleiter nicht ahnen.

Severus nickte bloß, unterband die aufkeimende Angst vor dem immer näher kommenden letzten Tag und sagte: „Ja, Professor. Sehr aufgeregt.“
„Hast du schon Pläne für deinen weiteren Werdegang?“ Interessiert beugte sich Dumbledore nach vorne. Der Blaubeertee hatte den Bart um seinen Mund violett gefärbt.
„Ja, Professor.“, erwiderte Snape. Abgesehen von der Tatsache, dass er sich wünschte, nach Möglichkeit in der Rangordnung der Todesser aufzusteigen, hatte er schon lange den Wunsch, irgendwann in seinem Leben als Lehrer für Zaubertränke und Verteidigung gegen die Dunklen Künste im Schloss zu bleiben. In den Gemäuern von Hogwarts fühlte er sich wohl. Hier war sein Zuhause und allein die bevorstehende Zeit in seinem verlassenen Elternhaus bereitete Severus im Vorneherein solch großes Unwohlsein, dass er am liebsten über die großen Ferien im Schloss geblieben wäre. Hier, wo die Erinnerungen an seine Freundschaft mit Lily lebendig waren. Lebendig, aber nicht so schmerzhaft wie die Erinnerungen, denen er sich stellen musste, wann immer er nach Cokeworth zurückkehrte, wann immer er den Spielplatz passierte, auf dem er sie zuerst gesehen hatte. Allerdings wollte er zunächst mit voller Konzentration den Todessern dienen.

„Die da wären?“ Dumbledore faltete die Hände vor seiner Brust. „Ich habe gehört, dass du gerne als Lehrer für Zaubertränke im Schloss arbeiten möchtest.“
Severus nickte eifrig. „Das stimmt. Es würde mir eine große Freude bereiten.“
„Nun.“, lächelte Dumbledore. „An mir soll es nicht liegen. Du bist ein talentierter Braumeister, einer Karriere als Lehrer in diesem Fach steht nichts entgegen.“
Severus' Augen weiteten sich. „Meinen Sie, ich schaffe das?“
„Man schafft alles, wenn man nur will.“

Severus' Freude ebbte jäh ab. Dumbledore hatte Unrecht. Es gab Dinge, die wollte man so sehr, dass es einen beinahe umbrachte, aber all das Sehnen, Hoffen und Verlangen würde sich am Ende nicht in Erleichterung, Ruhe und Glück auflösen, sondern stets die brennende Glut in einem traurigen Herzen bleiben, die noch loderte, wenn es aufhörte, zu schlagen.

„Wie ist es mit der Stelle als Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste?“, hakte Severus trotzdem wagemutig nach.
Dumbledore hob die weißen Brauen. „Dieses Fach möchtest du auch unterrichten?“
„Nun...“ Severus schluckte schwer. Er war belesen und erfahren, was schwarze Magie anbelangte, wie es sonst kaum ein Schüler im Schloss war. Er eignete sich hervorragend für den Posten. So würde er auch den Todessern von größerem Nutzen sein, wenngleich es ihm bei diesem Berufswunsch in erster Linie darum ging, sich als großer Zauberer zu beweisen.
„Ich weiß nicht Recht, ob sich dieses Fach genau so gut für dich eignet wie Zaubertränke.“, gestand Dumbledore. „Aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Und sie eilt herbei, Severus, die Zukunft ist nur einen Wimpernschlag entfernt.“
„Vorher will ich sowieso einige andere Dinge erledigen.“, stellte Severus klar.
„Ach, ist das so?“, hakte Dumbledore nach, doch Severus nickte nur.
Auf irgendeine Weise schien Dumbledore dies zu belustigen. Ein schmales Lächeln zeichnete sich auf seinen alten Lippen ab, von denen Severus sich plötzlich fragte, ob sie jemals geküsst hatten. Ob Dumbledore ein einsamer Mann war. So wie er selbst es werden würde.

Eine weitere Erinnerung sprudelte in ihm hoch wie heißes Wasser. Ein verlassener Gang im dritten Stock. Warmer, zittriger Atem. Der Geschmack von Blütenhonig. Diese verfluchte Erinnerung, die schönste und schrecklichste von allen. Sie füllte seine Lungen, flutete seine Gedanken. Er schaffte es gerade so, sie mit einem weiteren Schluck Blaubeertee zu ertränken, ehe sie ihn mit all ihrer mit der Zeit zu Trauer gewordener Glückseligkeit übermannt hätte.

„Ist alles in Ordnung, Severus?“, fragte Dumbledore besorgt.
„Ja.“, log Severus. „Alles in Ordnung.“

„Nun, es macht keinen Sinn, hier zu sitzen und über die Zukunft zu sprechen, wenn du mich doch in der Gegenwart aufgesucht hast, da es offensichtlich etwas gibt, über das du mit mir sprechen willst.“, erläuterte Dumbledore.
Nun gab es keine Ablenkung mehr. Severus musste Dumbledore den Grund für sein Erscheinen nennen, auch wenn er ihn über die leeren Worte des alten Mannes beinahe vergessen hatte.
„Eben, im Unterricht...“, begann er leise. „Da ist etwas passiert. Etwas, was ich so nicht wollte. Eine Schülerin, Hester MacFarlaine, hat mich beleidigt.“
„Das ist nicht sehr nett.“, bemerkte Dumbledore. „Hast du dich gewehrt?“
„Ja, Professor. Das heißt, nein.“ Severus hielt inne. Er suchte nach den richtigen Worten. Ihm war, als finde er sie nie. „Erst wollte ich mich wehren. Auf grässliche Art. Aber natürlich weiß ich, dass ich nicht... Dass man nicht...“
„Du wolltest sie angreifen, aber du hast es nicht getan.“, schlussfolgerte der Schulleiter. „Aber dann ist etwas passiert.“

„Genau.“ Severus nickte eifrig. Es war leichter, mit Dumbledore zu sprechen, als er es sich vorgestellt hatte. Er war ein weiser Mann, der mehr aus Severus' Worten hörte, als dieser hineinlegte. Er verstand.

„Was ist passiert, Severus?“, fragte Dumbledore.
„Leglimentik, Professor.“, sagte dieser knapp. „Leglimentik.“
„Hast du den Zauberspruch angewandt und die Gedanken von Miss MacFarlaine gelesen? Vielleicht sogar beeinflusst?“ Dumbledore rang mit sich. Sein Interesse war geweckt, viel mehr als das, er brannte darauf, zu erfahren, wie der magere Slytherin vor ihm es bewerkstelligt hatte, die schwierige Kunst der Leglimentik anzuwenden. Er war überrascht, wenn nicht sogar schockiert.

„Ich bin in ihren Geist eingedrungen, ohne den Zauberspruch zu nennen. Es ist einfach so passiert.“ Erst als er es aussprach, merkte Severus, wie unglaublich das, was er schilderte, klang. Noch nie zuvor hatte er, obgleich schon oft mit der Leglimentik auseinandergesetzt, diese besondere Art der Zauberei angewandt, und dann war es eben geschehen, ohne, dass er es vorgesehen hatte.

„Äußerst verwunderlich.“, stieß Dumbledore aus. „Ich werde nicht fragen, was du gesehen hast. Schließlich reicht es, dass Miss MacFarlaine ihr Bewusstsein für diesen Moment mit dir teilen musste. Dennoch frage ich dich, ob du eine Ahnung hast, wie das passieren konnte.“
„Nun, ich wollte Vergeltung.“, gab Severus zu. „In irgendeiner Form. Stattdessen sah ich etwas, dass mir nicht Vergeltung brachte, sondern die Wahrheit. Und dann konnte ich... Ich konnte Hester MacFarlaine nicht mehr böse sein.“
„Die Wahrheit ändert alles.“, sinnierte Dumbledore. „In einer Welt voller Lügen.“

Severus ließ diese Worte einen Moment lang wirken, dann stellte er fest, dass er sich tatsächlich besser fühlte. Alleine Dumbledore von dem merkwürdigen Vorfall zu erzählen, hatte ihm gut getan. Nun gab es keinen Grund mehr, zu bleiben. Er leerte seine Tasse Tee in einem Zug und stand auf, nicht ohne dem Schulleiter anstandshalber die Hand zu reichen.

„Ich freue mich, dass du dich mir anvertraut hast.“, sagte Dumbledore leise, als er die Hand seines Schülers ergriff. „Ich bin mir sicher, es besteht kein Grund zur Sorge. Versuche in Zukunft nicht mehr ohne Vorwarnung in den Geist Anderer einzudringen.“ Er schmunzelte.
„Gut, Professor.“, sagte Severus. „Ich versuche es.“

Er drehte sich um, durchmaß das Büro mit wenigen Schritten und hoffte, dass Dumbledore nichts mehr sagen würde. Er bemerkte erst, dass diese Hoffnung gleich einer Vorahnung gewesen war, als der Schulleiter doch noch einmal das Wort erhob.

„Severus.“ Nun klang seine Stimme schwach, beinahe fragend.

„Ja, Professor?“ Severus drehte sich nicht um. Er wusste, was auch immer jetzt kommen würde, würde ihn treffen. Er erkannte es an Dumbledores vorsichtigem Ton. An der Spannung, die in der Luft des nach Pergament und altem Mann riechenden Raumes. Er wollte nicht, dass der Schulleiter in sein Gesicht sah.

„Du bist ein großartiger Zauberer mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Ich kann dich nur ermahnen, fast bitten, diese klug und mit Bedacht zu gebrauchen.“

In Dumbledores Stimme lag so viel Vertrauen, so viel Wärme, dass Severus es kaum ertragen konnte. Er wollte nur noch raus aus dem Büro, wollte wieder rennen. Denn er wollte Dumbledore nicht vertrauen. Er wollte nie wieder vertrauen, und am wenigsten sich selbst.

Als Dumbledore sicher war, dass seine Worte gewirkt hatten, sagte er, mit der festen, freundlichen Stimme, die man von ihm gewohnt war: „Bevor du gehst, Severus, hast du Fawkes schon gesehen? Er wurde gestern neu geboren. Ist er nicht wunderschön?“


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