von terese
„Sirius, ich habe gleich gesagt, du sollst sie in den Käfig sperren!“
Das war die Stimme seiner Mutter. Aber Sirius hatte jetzt keine Zeit, sie zu beachten. Er musste schnellstens Amanda wieder einfangen. Das Krötenweibchen war ihm aus der Hosentasche gefallen, als er sich nach seinem Koffer gebückt hatte, war auf eines der Trittbretter des Hogwarts-Express gesprungen und hüpfte nun mit einem fröhlichen Satz in ein Erster-Klasse-Abteil. Sirius stieg in den Zug und wollte ihr hinterher, stieß aber an der Abteiltür mit einem rothaarigen, recht traurig drein-sehenden Mädchen zusammen, das einen großen Koffer durch den Gang wuchtete. „Mensch, pass doch auf!“ fauchte sie verärgert und funkelte ihn ungehalten aus leuchtend grünen Augen an. „Entschuldige“, murmelte Sirius, drängte sich an ihr vorbei ins Abteil und sah sich suchend nach seiner Kröte um. Sein Blick glitt über Sitze, Lehnen und Fenster, er riss mehrere Türen auf und sah auf dem Boden nach. Keine Amanda. Sirius stöhnte. Ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als Abteil um Abteil gründlich nach dem dummen Krötentier abzusuchen.
Er ging zurück ins erste Abteil, ließ sich auf dem Boden nieder und sah unter den Sitzen nach. In einer Ecke leuchtete etwas Rotes, er griff danach und hielt ein rotes Bonbonpapier in der Hand. Ärgerlich warf er es wieder hin, wollte sich aufrichten und stieß sich den Kopf an. Sirius zog die Luft ein und rieb sich die schmerzende Stelle.
„Suchst du vielleicht die?“ Im Türrahmen stand ein bebrillter Junge mit unordentlichen schwarzen Haaren, der grinsend eine sehr beleidigt aussehende Kröte in den Händen hielt. Ihre roten Warzen leuchteten heftig. „Ja, klar!“ sagte Sirius erleichtert. Er rappelte sich hoch, nahm dem Schwarzhaarigen die Kröte aus den Händen und steckte sie in die Hosentasche. „Danke, dass du sie eingefangen hast.“ „War kein Problem. Sind ziemlich freiheitsliebend, diese Kröten, ich hatte auch eine zu Hause“, sagte der Schwarzhaarige. „Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, sperr sie lieber wo ein.“ Bei dem Wort einsperren fiel Sirius erschrocken der Transportkäfig ein, der sich noch in der Hand seiner Mutter befand. „Mann, ich muss mich ja noch verabschieden und mein Gepäck holen. Hast du schon einen Platz hier im Zug?“ fragte Sirius. Der Schwarze wies mit der Hand nach vorne. „Ja, gleich im nächsten Wagen.“
Sirius sprang auf den Bahnsteig zurück, wo Mutter und Bruder standen und ziemlich vorwurfsvoll aussahen. „Hast du Amanda gefunden?“ wollte Regulus wissen. „Jaja“, murmelte Sirius, holte die zappelnde Kröte aus seiner Hosentasche und sperrte sie in ihren Käfig.
Der Hogwarts-Express stieß einen Heulton aus, und die Schüler drängten in die Ab-teile, beladen mit Koffern, Taschen, Käfigen, Ermahnungen und guten Vorsätzen. Walburga Black holte einen Kamm aus der Innentasche ihres Umhangs und kämmte Sirius die braunen Locken, klopfte den Staub von seinem Umhang und sprach einen Reinigungszauber über seinen Schuhen aus, was Sirius ausgesprochen peinlich war. „Nun Junge, dann wollen wir uns verabschieden“, sagte Mrs. Black feierlich. Sirius blinzelte sie unsicher an und gab ihr schließlich nur die Hand, weil er wusste, dass seine Mutter Zärtlichkeiten, noch dazu in der Öffentlichkeit, entschieden ablehnte. „Sei fleißig und mache uns keine Schande. Vergiss nicht, jeden Tag eine frische Unterhose anzuziehen, und achte auf deine Tischmanieren. Sprich nicht immer mit vollem Mund. Und freunde dich nicht mit irgendwelchen ungehobelten Jungen an. Denke immer daran, dass du ein Mitglied der alten ehrwürdigen Familie Black bist. Und schick uns eine Eule, wenn du angekommen bist.“ „Ja, Mutter“, versprach Sirius brav und wandte sich seinem Bruder zu. Dieser blinzelte heftig und fuhr sich mit der Hand über die Augen.
Sirius beugte sich zu ihm hinunter und legte den Arm um ihn. „Ach, komm, Reggie, heul doch nicht!“ sagte er leise. „In den Weihnachtsferien komme ich ja nach Hause. Und ich schreibe dir jeden Monat einmal, nur dir allein, und erzähle dir ganz genau, wie alles ist.“ „Ehrlich?“ fragte Regulus und schniefte. „Ehrlich“, versicherte ihm Sirius. Nun standen sie da und sahen sich an. Und dann drückte Sirius seinen Bruder an sich, ohne sich im geringsten um Walburga Blacks strafende Blicke zu kümmern.
Er stieg ein, nahm seinen Koffer und den Transportkäfig in Empfang, ging in das nächste Abteil und lehnte sich aus dem offenen Fenster. Der Zug setzte sich in Bewegung, und er winkte seiner Familie zu, bis sie nicht mehr zu sehen war. Dann machte er sich auf die Suche nach dem schwarzhaarigen Jungen.
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