von fiirvogel
Hallo liebe Leser, hier kommt die Fortsetzung …
@Lisi1: das sind viele Fragen :? Die werde ich natürlich nicht hier beantworten, aber ich werde genau schauen, dass ich auch alle bedacht und irgendwo ein Antwort darauf habe.
Eine Frage möchte ich aber beantworten: wie spricht man Noée aus? Man spricht den Namen aus wie man ihn liest: Noe, Betonung auf dem o. Es kommt aus dem Hebräischen und ist die weibliche Form von Noah. Die Namen bedeuten Ruhe, Frieden.
So, und nun viel Spass mit der Fortsetzung!
2. Kapitel
Er schob abwehrend ihre Hand weg, als sie ihm den ersten Löffel mit Suppe an die Lippen führte. „Ich brauche keine Hilfe“, brummte er heiser, hustete und verzog dabei schmerzhaft das Gesicht.
„Seien Sie ruhig“, gab Noée zurück. „Ich will nicht, dass Sie die Suppe verschütten. Soll ich Ihnen noch ein Kissen in den Rücken schieben?“
Er schüttelte nur den Kopf, liess sich aber – sichtlich widerstrebend – einen Löffel Suppe einflössen. Und noch einen. Und einen dritten und vierten ... bis er mit einem Seufzer die Augen schloss. Sein Kopf kippte zur Seite.
Noée stupste ihn vorsichtig an, aber er war bereits wieder in die Bewusstlosigkeit geglitten. Noée brachte die Schale mit Suppe zurück in die Küche, schenkte sich selber ein grosszügiges Glas Wein ein und zog den Lesesessel ans Bett. Sie betrachtete den Mann lange: das mürrische Gesicht, die bleiche Haut, die nackte Brust, die sich langsam hob und senkte. Sie schlug die Decke zurück, um noch einmal nach den Schnittwunden auf der Brust und nach der hässlichen Verletzung auf dem Bauch zu sehen. Die Wunde blutete immer noch. Die Wundränder hatten sich bläulich verfärbt. Noée schauderte, reinigte sie noch einmal mit reichlich Alkohol, verband sie erneut und deckte den Mann wieder zu. Sie überlegte kurz, sich im hinteren Zimmer schlafen zu legen, entschied sich dann aber, bei ihrem Patienten zu bleiben, falls er sie in der Nacht brauchte. Sie nahm sich eine Wolldecke, kuschelte sich mit angezogenen Beinen in den Sessel und griff nach einem Buch. Doch nach ein paar Seiten gab sie auf: Sie konnte sich nicht konzentrieren, begann stattdessen, ruhelos im Raum auf und ab zu gehen. Wer war der Mann? Was war mit ihm geschehen? War er ein Spion? Sie überprüfte noch einmal, ob alle Fenster und die Türe gut verschlossen waren, löschte das Licht und setzte sich wieder in den Sessel, nur um gleich darauf abermals aufzuspringen. Die Dunkelheit machte ihr sonst nichts aus, aber heute ... Sie holte eine Kerze und die Pistole vom Kaminsims. Die Kerze stellte sie auf den Nachttisch und zündete sie an, die Pistole legte sie in die Nachttischschublade. Dann kramte sie im Bad im Spiegelschrank herum, bis sie die Schlaftabletten fand. Es war nach dem Wein wohl nicht klug, Schlaftabletten zu nehmen, aber sie würde heute nicht schlafen können, wenn sie nicht ein bisschen nachhalf. Sie spülte die Tablette mit viel Wasser hinunter, kuschelte sich wieder in den Sessel und döste irgendwann ein.
Als Severus Snape erwachte und versuchte, sich zu bewegen, stöhnte er vor Schmerzen. Sein ganzer Körper schien zu brennen. Er erinnerte sich an den Cruciatus, mit dem ihn die Todesser gefoltert hatten. Seit der dunkle Lord besiegt war und herausgekommen war, dass er ein Spion gewesen und massgeblich zum Untergang Voldemorts beigetragen hatte, hatte er zuoberst auf der Liste der Todesser gestanden, die untergetaucht waren und seither im Untergrund operierten. Vier Jahre hatte es gedauert, bis sie ihn erwischt hatten, und dann hatten sie ihn stundenlang gefoltert, irgendwo in einer kleinen Hütte in einem Wald, wohin sie ihn gebracht hatten, um bei ihrem Vergnügen nicht gestört zu werden. Es war ihm schliesslich entgegen seiner Hoffnungen gelungen, einem von ihnen den Zauberstab zu entwinden und aus der Hütte zu flüchten. Noch während des Apparierens hatte ihn ein Fluch mitten in den Bauch getroffen … Er konnte von Glück reden, dass er in einem Stück hier gelandet war, wo auch immer ,Hier' war. Er hatte sich mit letzter Kraft in eine Höhle geschleppt, um seine Wunden zu versorgen, war dann aber zu schwach gewesen ... Und dann hatte ihn jemand gefunden. Ja, jemand war gekommen ...
Severus musterte den Raum in seinem Blickfeld und drehte schliesslich den Kopf auf die Seite, obschon ihm die Bewegung schmerzhafte Lichtblitze durch den Kopf jagte. In einem Sessel neben seinem Bett lag jemand unter einer Decke. Er kniff die Augen zusammen, um trotz der Schmerzen scharf zu sehen. Es war eine Frau mit braunen, leicht gewelltem Haar und feinen Gesichtszügen. Sie war es, die ihn in der Höhle gefunden hatte. Allmählich begann er sich zu erinnern. Sie hatte ihm Suppe eingelöffelt wie einem kleinen Kind. Hatte sie ihn verarztet? Er versuchte, sich aufzusetzen. Sein Bauch schmerzte dabei so starkt, dass er erneut stöhnte, worauf die junge Frau verwirrt die Augen aufschlug und ihn besorgt ansah.
„Sie sind wach! Gottlob … Wie fühlen Sie sich?“
Er schnaubte ärgerlich und schob die Decke weg, um die Fluchwunde, die er abbekommen hatte, anzuschauen. Dabei merkte er, dass er bis auf die Unterhose nackt war, und warf der Frau einen feindseligen Blick zu. Er versuchte mit zitternden Fingern, den Verband zu lösen, den sie ihm offensichtlich mit Klebestreifen auf dem Bauch befestigt hatte.
„Vorsicht!“, rief sie und warf ihre Decke ab, „ich helfe Ihnen.“ Sie machte Anstalten, ihm den Verband, der bereits wieder blutgetränkt war, zu entfernen, als er ihre Hände wegschob. „Fassen Sie mich nicht an“, schnaubte er.
Sie sah einen Augenblick wütend aus, meinte dann aber trocken: „Das hätten Sie mir gestern sagen müssen, Sie hätten mir einige Arbeit erspart. Jetzt ist es zu spät.“ Dann schob sie entschlossen seine zitternden Finger zur Seite und riss ihm den Verband ab. Er fluchte laut, als sich das Klebeband von seinen Körperhaaren löste.
„’Tschuldigung“, murmelte sie. „Das sieht schrecklich aus. Gestern war es violett, heute ist es blau. Was ist das für eine Verletzung? So etwas habe ich noch nie gesehen ... Glauben Sie, Sie kommen hier eine Weile ohne mich aus? Dann gehe ich jetzt ins Dorf hinunter und alarmiere den Notarzt. Ich habe leider keinen Telefonanschluss, sonst hätte ich gestern schon Hilfe gerufen."
"Unterstehen Sie sich, irgendjemanden zu rufen", drohte Severus und blickte sich suchend um. „Geben Sie mir den Zauberstab“, befahl er barsch. Doch sie stand nur neben dem Bett und sah ihn völlig verständnislos an.
„Den Zauberstab!“, verlangte er noch einmal.
„Tut mir Leid“, antwortete sie, „Ich weiss nicht, was ...“
Severus verdrehte die Augen. Eine Muggel! Auch das noch! Er hatte wirklich ein unverschämtes Glück. Er würde hier wohl an den Folgen dieses Fluches sterben, während sie ihm Suppe einflösste und ihn mit Klebeband quälte!
„Der Stab. Wo ist der verdammte Stab?!“, schrie er sie an, bereute es aber gleich darauf, weil sein Bauch und sein Kopf dabei schmerzten. Er biss hart auf die Zähne.
„Der ... der, der ...“, stammelte sie.
Sie stand auf und eilte zum Kamin hinüber. „Meinen Sie ... Ich weiss nicht“, fuhr sie fort und hielt den Zauberstab in die Höhe. „Suchen Sie das?“
„Ja, geben Sie schon her“, knurrte er und machte eine ungeduldige Handbewegung. „Na los!“
Sie beeilte sich, ihm den Zauberstab zu reichen. Er drehte ihn um, weil sie ihn ihm verkehrt herum in die Hand gedrückt hatte, und schaute sie kopfschüttelnd an. „Muggel“, knurrte er abfällig. Dann richtete er die Stabspitze und seine Konzentration auf seinen Bauch. Seine Hand zitterte vor Schmerzen und Erschöpfung unkontrolliert.
Die Frau beobachtete ihn eine Weile ratlos, dann schloss sie entschlossen ihre Finger um sein Handgelenk und hielt seine Hand ruhig. Severus spürte die Kraft in ihren warmen, weichen Händen, zwang sich dann aber, sich auf seine Wunde zu konzentrieren. Es war ein dunkelmagischer Fluch, und es brauchte viel Kraft, solche Verletzungen zu behandeln. Severus war sich alles andere als sicher, ob seine Kräfte ausreichen würden. Aber es war niemand da, der ihm helfen konnte, und er hätte in seinem Zustand nicht einmal aufstehen, geschweige denn ins Krankenhaus apparieren können.
Er murmelte einen Heilzauber, worauf sich ein silbrig schimmernder Nebel aus dem Ende des Zauberstabs wand, sich auf die Wunde legte und sich einen Weg in seinen Körper suchte. Er fühlte ein Kribbeln auf der Haut und im Bauch, dann umfing ihn plötzlich eine unendliche Erschöpfung. Er hörte jemanden schreien, bevor er ohnmächtig wurde.
Noée legte den Stab weit weg, auf den Spültrog in der kleinen Küchennische. Als etwas Silbernes aus dem Stab hervorgebrochen war und sich wie Nebel auf die Wunde gelegt hatte, war der Mann plötzlich umgekippt. Sie hatte einen Augenblick gedacht, er wäre tot, als sie kaum noch einen Puls fühlen konnte. Doch er schien nur bewusstlos zu sein.
Die Wunde hatte sich wie von Zauberhand beinahe vollständig geschlossen, der Blutfluss war versiegt. Noée legte vorsichtig eine frische Mullbinde darüber und befestigte sie wieder mit Klebeband. Dann reinigte sie die Schnittwunden auf der Brust, die aufgehört hatten zu bluten, und fuhr dann behutsam mit dem Finger die Buchstaben nach: 'Verräter'. Dieser Mann war gefoltert worden, sein ganzer Körper war von Schnitten und Blutergüssen überzogen. Sie strich ihm vorsichtig die Haare aus dem Gesicht. Was er wohl gemacht hatte? Und wer hatte ihm das angetan? Wer konnte so etwas tun?
Der Mann wachte erst gegen Mittag wieder auf, war aber zu schwach, um zu sprechen. Noée versuchte erneut, ihm etwas Suppe einzuflössen, doch viel nahm er nicht. Ausserdem schien es ihm ausgesprochen unangenehm, von jemandem gepflegt zu werden. Seine Augen waren glasig und er blickte sie entrückt an. Erst da kam ihr der Gedanke, Fieber zu messen, und sie erschrak, als das Thermometer 39 Grad anzeigte. Sie legte ihrem Patienten kühle, nasse Tücher auf die Stirn und wechselte sie nach jeder Viertelstunde wieder. Schliesslich holte sie Schmerztabletten, und weil er die Tablette nicht schlucken konnte, zerstiess sie sie und löffelte ihm das Medikament in Wasser aufgelöst in den Mund. Er hustete, wollte protestieren, war aber nicht genügend bei Bewusstsein.

Noée verbrachte die ganze Nacht schlaflos an seiner Seite. Sie wechselte die ständig warmen Tücher gegen kühle aus, rieb seine Blutergüsse mit einer Salbe ein, desinfizierte noch einmal seine Bauchverletzung. Dann setzte sie sich erschöpft neben ihn und betrachtete sein herbes Gesicht. Es wirkte schmerzverzerrt und verbittert. Sie mass noch einmal Fieber, es war gestiegen und war beinahe bei 40 Grad.
Noée biss sich auf die Lippen. Allmählich kroch Panik in ihr hoch. Was sollte sie tun, wenn sich sein Zustand verschlechterte? Doch einen Arzt rufen? Sie entschied, noch bis am Morgen zu warten, und wenn es ihm dann nicht besser ging, würde sie ins Dorf hinunter laufen. Endlich, gegen Morgen, öffnete der Mann die Augen wieder, aber er schien im Fieberwahn zu sein. Er tastete nach ihrer Hand und hielt sie fest, als hätte er Angst, sie könnte davonlaufen. Dann murmelte er etwas.
„Was?“, fragte Noée und beugte sich näher, um ihn zu verstehen.
„Minerva“, murmelte er. Noée sah ihn ratlos an. Die römische Kriegsgöttin? Was wollte er damit sagen? War das seine Frau? Sie strich ihm beruhigend übers Gesicht. "ist ja gut, ist ja gut", flüsterte sie, "ich bin bei Ihnen."
„Albus ...“
„Albus?“, wiederholte sie. „Tut mir Leid, ich verstehe Sie nicht.“
„Es ist zu spät“, sagte er tonlos. Sein Blick sah durch sie hindurch.
„Nein! Hören Sie, geben Sie jetzt nicht auf. Sie schaffen das schon. Bitte!"
Er schüttelte nur den Kopf. „Zu spät“, wiederholte er und verdrehte die Augen.
Noée streichelte seine stoppeligen Wangen. „Nein“, flüsterte sie. „Tun Sie mir das nicht an. Bitte! Sie dürfen nicht sterben. Bitte nicht!“ Dann beugte sie sich zu ihm hinunter und küsste ihn, ohne zu wissen warum, sanft auf den Mund.
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