von fiirvogel
Hallo ihr lieben Leser, danke für eure ermutigenden, witzigen und auch kritischen Reviews, die ich wie immer gerne entgegennehme. Entschuldigt, dass es es wieder so lange gedauert hat und dass es dennoch ziemlich kurz geraten ist. Im Moment verfolgen mich ganz andere Dinge, über die sich ein ganzer Roman schreiben liesse und vor denen ich mich nicht einmal hier bei euch verstecken kann ;o( Habt ihr auch Erinnerungen, die ihr euch am liebsten von einem Zauberer ausradieren lassen würdet?
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7. Kapitel
Dann öffnete er die Türe mit einem Schlenker seines Zauberstabs. Die beiden Ärzte, die davor gewartet hatten, traten instinktiv einen Schritt zurück, als sie seinen finsteren Blick sahen.
„Worauf warten Sie noch?“, fuhr sie Severus an. „Sie hatten es doch eilig, oder nicht?“
Die beiden Heiler traten ans Bett.
„Türe schließen“, knurrte Severus.
„Bleiben Sie?“, fragte der untersetzte Mann.
„Ja“, antwortete Severus knapp, mit einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
„Nun gut“, meinte der andere Heiler. „Mein Assistent wird das Gedächtnis der Muggel nach den Erinnerungen durchsuchen, die wir zu löschen wünschen.“
„Ihr Assistent?“, fragte Severus und zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen. „Wir haben es hier mit einem schweren Fall zu tun. Ich glaube nicht, dass es angebracht ist, diese Gedächtnismanipulation einem Assistenzheiler anzuvertrauen.“
Der Chefarzt nahm seinen Assistenten in Schutz. „Er hat schon viel Erfahrung darin. Und ich bin natürlich anwesend und werde mir die Erinnerungen zeitgleich ansehen, um einzugreifen, falls es zu heiklen Situationen kommen sollte.“
„Sie machen das alleine“, bestimmte Severus an den Chefarzt gewandt. Seine Stimme ließ keinen Zweifel darüber, dass er über diese Frage nicht mit sich reden ließ.
„Selbstverständlich“, lenkte der eingeschüchterte Heiler ein und entließ seinen Assistenten widerwillig. Mit einem letzten bitterbösen Blick auf den finsteren Zauberer – Kriegsheld oder nicht, er hatte eigentlich kein Recht, sich hier einzumischen – wandte er sich der bewusstlosen Frau zu. Er berührte mit dem Zauberstab ihre Stirn und begann, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren, die zu löschenden Erinnerungen herauszusuchen. Severus beobachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. Er durchbohrte den Mann beinahe mit seinem Blick.
Schließlich unterbrach der Heiler seine Arbeit. „Würden Sie bitte aufhören, mich so anzustarren“, sagte er vorwurfsvoll. „Ich kann mich nicht konzentrieren.“
„Soll ich es machen?“, bot Severus lauernd an.
„Nein, ich bitte Sie lediglich, mich nicht anzustarren.“
Severus zog die Augenbrauen noch etwas mehr zusammen und meinte mit leiser, drohender Stimme. „Was Sie in den Erinnerungen der jungen Frau finden, geht niemanden etwas an, verstanden?“
Der Heiler beeilte sich zu nicken. „Ich unterliege der ärztlichen Schweigepflicht, das wissen Sie“, erwiderte er.
Während er seine Arbeit wieder aufnahm, betrachtete Severus Noées Gesicht. Sie schlief friedlich und würde wohl noch einige Zeit weiterschlafen. Nach dem Erinnerungs-Tilgungs-Zauber würde sie in ihr Häuschen zurückgebracht, wo inzwischen alle Spuren beseitigt worden waren. Wenn sie erwachte, würde sie sich an nichts mehr erinnern. Es war besser so, er wusste es. Aber es genügte nicht. Er würde ihr Häuschen zusätzlich mit Schutzbannen sichern, damit kein dunkler Magier es je wieder betreten konnte. Er sah es als seine Aufgabe an, für ihre Sicherheit zu sorgen. Er war Schuld an allem, was Dolohov und Rodolphus ihr angetan hatten. Ihr entsetzter Blick, ihre Schmerzensschreie, ihr Schluchzen: Sie hatten sich in sein Gedächtnis gebrannt. Er hätte nicht bei ihr bleiben dürfen. Er hätte seinen Stolz überwinden und Hilfe kommen lassen sollen, dann wäre das alles nicht geschehen.
Als der Heiler seine Arbeit abgeschlossen hatte, was einige Zeit in Anspruch nahm, sah er Severus mit einer Mischung aus Mitleid und Irritation an. Severus wusste nur zu genau, was der Mann in Noées Erinnerungen alles gefunden hatte: Wie er im Badezimmer völlig entkräftet auf dem Boden saß, wie Noée ihm Suppe einlöffelte … wie er sie küsste und ihre Bluse aufknüpfte … Zudem wohl jede Menge Erinnerungen an ihn, von denen er wegen seiner langen Bewusstlosigkeit nichts wusste.
„Kein Wort zu irgendjemandem“, zischte er noch einmal leise. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ das Krankenzimmer mit raschen Schritten. Hinter ihm bauschte sich seine Robe.
Severus verließ St. Mungo noch am selben Tag – unter dem Protest seines Arztes. Als erstes apparierte er nach Hogwarts, wo er sich selber noch zwei stärkende Zaubertränke aus seinen Vorräten genehmigte, dann verließ er das Schloss eiligen Schrittes und unter dem sorgenvollen Blick seiner Schulleiterin Minerva McGonagall wieder. Er apparierte in das verschlafene Dörfchen, in dem er die letzten Tage in der Obhut der jungen Muggelfrau verbracht hatte, und näherte sich vorsichtig dem Häuschen. Noée war noch nicht zurückgekehrt.
Severus machte sich sogleich an die Arbeit. Er warf einen kurzen Blick ins Innere des Hauses, um sich zu vergewissern, dass das Magische Umfallumkehr-Team auch wirklich alles wieder in Stand gestellt hatte. Er sah nichts Verdächtiges. Dann machte er einen kurzen Kontrollgang und begann damit, Schutzbanne um das Haus und den kleinen Gemüse- und Kräutergarten zu legen, den er hinter dem Haus entdeckte. Es dauerte einige Zeit, bis Severus zufrieden war und wieder nach Hogwarts zurückkehrte, wo er Minerva in die Arme lief.
„Wo warst du?“, erkundigte sie sich beiläufig.
Severus hörte ihrer Stimme an, dass sie genau wusste, wo er gewesen war.
„Spinner’s End“, gab er herausfordernd zurück.
Minerva antwortete nicht, blickte ihn nur sorgenvoll an.
Severus zog gereizt die Augenbrauen zusammen.
„Es tut mir leid, Severus“, versicherte ihm Minerva, „aber du kannst unbesorgt sein: Die junge Muggelfrau wird sich an nichts erinnern und ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen.“
Also doch, sie hatte ihm nachspioniert! „Ich wollte mich nur vergewissern …“, gab er kühl zur Antwort.
„Ich weiß“, meinte Minerva. „Du darfst dir keine Vorwürfe machen, Severus. Sie wird sich morgen beim Aufwachen an nichts mehr erinnern. Es wird alles wieder sein wie vorher.“
Severus bezweifelte es. Er hatte genügend Erfahrung im Löschen von Erinnerungen, um zu wissen, dass es nicht so einfach war. Trotzdem hoffte er, dass Minerva Recht behalten würde. Für ihn würde nichts mehr sein wie vorher. Er musste an die grünen Augen denken, die goldigen Sprenkel darin und die Lachfältchen darum herum. An ihre vollen Lippen, den Geruch ihrer Haut und an den Klang ihrer Stimme, wenn sie lachte. Ärgerlich wandte er sich ab, schritt rasch die Treppe hinunter in den Kerker. Er eilte in seine Privaträume und schlug die Türe mit solcher Wucht hinter sich zu, dass es im halben Schloss zu hören war.
Severus stellte sich unter die Dusche, ließ heißes Wasser laufen, bis seine blasse Haut krebsrot war und ihm etwas schummrig wurde, dann hörte er im Zimmer nebenan jemanden schreien. Noée! Er sprang aus der Dusche, band sich eilig ein Tuch um die Hüfte, schnappte seinen Zauberstab und eilte tropfnass ins Schlafzimmer hinüber, nur um festzustellen, dass da niemand war. Natürlich nicht! Er schalt sich einen Dummkopf und ging zurück ins Badezimmer. Auf einen Wink seines Zauberstabs hin verschwanden die Dampfschwaden. Severus drehte das Wasser in der Dusche ab, das er in der Eile vergessen hatte. Dann legte er das Tuch weg und unterzog die Narbe unterhalb des Bauchnabels einer kritischen Begutachtung. Diese Narbe würde bleiben, soviel war sicher! Er hatte großes Glück gehabt, dass er überhaupt noch lebte, nachdem ihn dieser Fluch getroffen hatte. Wahrscheinlich hätte ein erfahrener Heiler, so er denn früh genug einen gefunden hätte, die Fluchwunde so behandeln können, dass kaum mehr als eine feine Narbe sichtbar geblieben wäre, aber in diesem Fall konnte man nichts mehr machen … Es sah aus, als hätte ihm jemand ein rostiges Sägeblatt über den Bauch gezogen. Nicht dass er eitel war, es war ihm an sich egal, aber es erinnerte ihn an die junge Frau, die sich so beherzt für ihn eingesetzt hatte, die sich todesmutig zwischen ihn und seine Feinde gestellt und so grausam dafür bezahlt hatte …
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