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Fanfiction

Gestohlene Erinnerungen - 8. Kapitel

von fiirvogel

Liebe Bellamine, liebe Suschi, ich hoffe, das Kapitel erfüllt ein paar eurer Erwartungen, auch wenn es keine wirklichen "Erinnerungsfetzen" gibt - da hat der Heiler ganze Arbeit geleistet - und auch nichts vergessen wurde, zumindest nichts Magisches, aber lest es am besten gleich selber und gebt mir Bescheid, wie ihr es fandet …

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8. Kapitel

Noée erwachte gegen acht Uhr morgens. Das Wetter war schön. Sie erinnerte sich dumpf daran, dass sie Regen angesagt hatten. Die Wetterprognose hatte wieder einmal auf der ganzen Linie versagt! Umso besser, so konnte sie nach draußen. Sie hatte in den letzten Wochen, seit sie hier war, ein großes Bedürfnis nach Ruhe und Bewegung gehabt und fühlte sich am wohlsten im Wald.
Noée wollte aufstehen, sank aber gleich wieder ächzend aufs Bett: Sie hatte Bauchschmerzen, hatte offensichtlich ihre Monatsblutung bekommen … Aber zwei Wochen zu früh, wie war das möglich? Auch der Kopf schmerzte. Noée war sich Kopfschmerzen gewohnt, sie hatte eine Veranlagung dazu. Und diese Schmerzen heute Morgen waren die Vorboten einer Migräne, also schlurfte Noée ins Bad, um eine Schmerztablette zu nehmen. Besser gleich zwei, das war in solchen Fällen sicherer. Noée wühlte sich durch den Spiegelschrank, dann immer nervöser durch ihre Handtasche, ihren Rucksack und die Hosen- und Jackentaschen: Irgendwo hatte sie immer eine Aspirin. Sie hatte sich angewöhnt, immer gleich für Nachschub zu sorgen … Aber sie wurde nicht fündig.
Noée fluchte, schleppte sich in die Küche, um sich wenigstens einen Schafgarbentee zu brauen, das half auch, wenn auch nicht so schnell. Zudem hatte sie Hunger. Im Kühlschrank stand ein fast ganzer Kuchen. Erst jetzt kam ihr in den Sinn, dass sie ja in zwei Tagen Geburtstag hatte. Woher wohl der Kuchen kam? Neben dem Kuchen stand eine Pfanne mit – Noée hob den Deckel an und linste hinein – mit Brühe. Fleischbrühe! Wieso um Himmels Willen hatte sie hier Fleischbrühe im Kühlschrank?! Sie hasste Suppen, sie aß nur Suppen, wenn sie krank war, und auch dann nur unter Todesdrohung, das heißt sie hatte keine Suppe mehr angerührt, seit sie vor fünf Jahren von zuhause ausgezogen war.
Noée schloss den Kühlschrank und setzte sich an den Tisch, während sie wartete, dass das Teewasser zu sieden begann. Was war los mit ihr? Sie konnte sich nicht an den letzten Tag erinnern. Etwas stimmte hier nicht. Dann fiel ihr auf, dass der schreckliche Teppich vor dem Kamin fehlte …

Noée hatte den ganzen Vormittag im Bett gelegen und gegen die Decke gestarrt. Die Kopfschmerzen hatten nur leicht nachgelassen. Am Nachmittag schleppte sie sich in eine dicke Decke gehüllt nach draußen und setzte sich auf die Bank vor dem Haus. Sie schloss die Augen, während sie die Sonne auf ihrem Gesicht spürte. Ein Knirschen auf dem Kiesweg vor dem Haus ließ sie erschrocken zusammenfahren. Panik stieg in ihr hoch. Sie hielt die Hand über die Augen, weil sie das Licht blendete, und sah Arno, den Nachbarn. Sie atmete erleichtert aus.
„Hey … Seit wann bist du hier?“, grüsste sie matt.
Er stellte sich so, dass sein Schatten auf sie fiel und meinte: „Seit zwei Tagen … Du siehst miserabel aus.“
„Ich habe Kopfschmerzen, das ist alles.“
„Happy Birthday, Nachbarin.“
Noée runzelte die Stirn. „Das ist noch drei Tage hin“, meinte sie. „Aber trotzdem danke.“
„Drei Tage? Ich dachte, es wäre der 15.“
„Stimmt.“
„Das war vor drei Tagen, Noée. Wo warst du die ganze Zeit? Die Fensterläden waren offen, die Tür war nicht verriegelt. Ich habe mehr als einmal bei dir vorbeigeschaut, seit ich vorgestern angekommen bin.“
Noée antwortete nicht. Ihr Hirn rotierte. Was war nur los? Wo war sie gewesen? „Vor drei Tagen?“, fragte sie schließlich unsicher.
Arno nickte und musterte sie mit gerunzelter Stirn.
„Ich habe einen kompletten Filmriss“, flüsterte Noée. „Ich fühle mich, als hätten mich Aliens entführt und gerade wieder abgesetzt.“
Arno lachte und fischte ein Päckchen aus der Jackentasche. „Frisches Gras, soeben erhalten … Für dich, viel Glück zum Geburtstag.“
Noée umarmte Arno. Sie kannten sich seit Kindsbeinen an, hatten oft zusammen hier gespielt, wenn sie beide mit ihren Eltern in ihren Wochenendhäusern waren. Sie hatten zusammen die Höhlen unten am Fluss erkundet, am Waldrand gezeltet. Später hatten sie zusammen zum ersten Mal Marihuana geraucht, und ja: Er war auch der erste Junge gewesen, mit dem sie geschlafen hatte, aus reiner Neugierde. „Danke, du bist ein Schatz! Warum kommst du nicht morgen, wenn ich mich besser fühle zum Abendessen. Ich habe Kuchen im Kühlschrank. Sieben Uhr?“

Die Kopfschmerzen waren am nächsten Morgen beinahe weg. Noée machte einen ausgedehnten Spaziergang, holte Fleisch in der Metzgerei im Dorf unten und frisches Gemüse aus dem Garten. Sie liebte es zu kochen. Eigentlich, dachte sie, als sie Gemüse rüstete und frische Kräuter hackte, hätte sie Köchin werden sollen. Das hätte besser zu ihr gepasst als Anlageberaterin. Aber Köchin war nach Ansicht ihres Vaters kein Beruf, genauso wenig wie Pharmazeutiker. Seine Tochter sollte etwas Anständiges lernen, Kochen war etwas für die Freizeit. Noée bereitete einen feinen Risotto zu. Dafür konnte sie die Fleischbrühe brauchen, von der sie sich nicht erklären konnte, wie sie hierher gekommen war.
Arno brachte wie versprochen Wein mit und Noée genoss den Abend sichtlich. Sie trank etwas zu viel Wein, weil sie spürte, wie er sie entspannte und aufheiterte. Anschließend gingen sie nach draußen und Arno drehte aus dem Marihuana, das er ihr mitgebracht hatte, einen Joint.
„Machen wir einen Spaziergang?“
Noée nickte und hängte sich bei ihm ein. Während sie Richtung Wald spazierten, rauchten sie zusammen und erinnerten sich gegenseitig an Kindheits- und Jugenderinnerungen. Es war kalt. Noée hatte das sonderbare Gefühl, verfolgt zu werden, doch sie konnte niemanden entdecken.
„Komm, wir gehen dem Bach entlang“, schlug Arno vor und die beiden kletterten vorsichtig vom Weg die Böschung hinunter, um dem Bach zu folgen, der hier überall Höhlen in den Sandstein gefressen hatte. Sie kannten sie alle seit ihrer Kindheit. Als sie vor der großen Höhle standen, in der sie als Kinder ab und zu übernachtet hatten, wenn sie Die rote Zora gespielt hatten, geriet Noée unvermittelt in Panik. Kalter Schweiß brach ihr aus, sie atmete noch mit Mühe und klammerte sich an Arnos Arm. Er blickte sie besorgt an. „Noée, was ist los? Geht es dir nicht gut?“
„Ich will weg von hier! Nach Hause … Bring mich nach Hause!“ Sie hatte zu zittern begonnen.
„Setz dich hin“, schlug Arno vor.
„Nein, nein!“ Noée schüttelte vehement den Kopf. „Ich möchte nicht hier bleiben. Irgendwas stimmt nicht. Ich will zurück. Bitte, Arno, bring mich nach Hause.“
Eine Ewigkeit später, so schien es Noée, standen sie wieder vor ihrem Haus. Noées Herz raste, ihr Puls hämmerte. Sie hatte eiskalte Hände und Schweißperlen auf der Stirn. „Was war in dem Gras drin?“, fragte sie und hörte ihre Stimme wie durch Watte.
„Ich merke nichts Außergewöhliches … Komm, ich mach dir einen Tee.“
„Halt mich fest. Ich habe Angst.“
„Wovor?“, fragte Arno erstaunt, nahm sie aber beruhigend in die Arme.
„Keine Ahnung, etwas stimmt nicht. Etwas stimmt hier ganz und gar nicht.“
„Ich nehme dich mit zu mir. So lass ich dich nicht alleine.“
„Störe ich nicht? Bist du alleine?“
„Pia kommt erst morgen.“ Pia war Arnos langjährige Freundin, und Noée mochte sie nicht.
„Okay, dann komm ich mit. Ich hole nur noch ein paar Dinge. Warte hier!“ Sie blieb zögernd an der Tür stehen. „Nein, könntest du mit herein kommen, während ich meine Sachen zusammenpacke? Ich …“

Noée war froh, als sie bei Arno auf der Couch saß und er einen starken schwarzen Tee vor sie hinstellte. Allmählich ließ die Panik nach, die sie so plötzlich ergriffen hatte. „Ich glaube, ich gebe dir das Gras zurück“, meinte sie kleinlaut.
„Hast du das öfters? Diese Panikattacken, meine ich.“
Noée schüttelte den Kopf und starrte vor sich auf den Boden. „Noch nie! Ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt.“ Sie schwieg eine Weile und fügte dann trotzig an: „Ich werde herausfinden, was es ist!“
Arno grinste. „So kenne ich dich! Jetzt schläfst du erst einmal deinen Rausch aus. Ich muss morgen Mittag zum Bahnhof, um Pia abzuholen.“
„Bis dann bin ich wieder weg“, versprach Noée.

Severus beobachtete, wie Noée am zweiten Abend mit einem jungen Mann aus der Nachbarschaft zu Abend aß und Wein trank. Als sie anschließend rauchend zu einem Spaziergang aufbrachen, folgte er den beiden unauffällig bis in den Wald hinein. Es ärgerte ihn zu sehen, wie vertraut Noée mit diesem Fremden umging. Er fühlte sich hintergangen, obwohl sie sich natürlich nicht an ihn erinnern konnte und ihm auch sonst nichts schuldig war. Er sah, wie Noée urplötzlich in Panik geriet, und überlegte gerade, ob er einschreiten sollte, als sich ihm jemand von hinten näherte. Severus wirbelte herum, den Zauberstab bereit, bevor er Lupin erkannte.
„Was willst du hier?“, knurrte er wütend.
„Lass sie in Ruhe, Severus. Das ist ihr Leben. Misch dich nicht ein. Sie erinnert sich nicht mehr an dich. Es ist besser, wenn du aufhörst, sie zu verfolgen.“
Severus erdolchte ihn mit seinem Blick – beinahe auf jeden Fall.
„Ich weiß, du bist nur um ihr Wohlbefinden besorgt“, fügte Remus eilig an. „Aber du solltest sie in Ruhe lassen, wirklich. Du kannst nicht ändern, was passiert ist. Es war auch nicht deine Schuld … Komm, ich lade dich auf ein Butterbier ein.“
Severus wollte Lupin zum Teufel schicken, nickte dann aber resigniert. Er würde es nie zugeben, aber es machte tatsächlich keinen Sinn, was er hier tat.
„Hogsmeade, Drei Besen“, sagte Lupin. Severus nickte. Und einen Augenblick später waren die beiden Männer verschwunden.

Die Bar war an dem Abend fast leer. Remus bestellte zwei Butterbier und folgte Severus in eine Ecke des Schankraums. "Was geschehen ist, ist nicht deine Schuld, Severus", nahm er den Gesprächsfaden wieder auf.
Severus blickte ihn finster an und wartete, bis Madam Rosmerta die beiden Bier auf den Tisch gestellt hatte und wieder zur Theke zurückgegangen war, wo sie in ein Gespräch mit einem Stammkunden vertieft war. "Natürlich ist es meine Schuld", zischte er, als er sicher war, das Rosmerta ihn nicht mehr hörte. "Die Todesser waren ja nicht wegen ihr dort!"
"Du konntest aber nicht wissen, dass sie dich, nachdem du schwer verwundet, halb tot eigentlich, disappariert warst, überall suchen würden."
"Ich kenne sie schon lange, Lupin. Natürlich hätte ich es wissen müssen!"
"Du warst schwer verletzt, Severus. Sei ein bisschen nachsichtig mit dir."
Severus schnaubte wütend. Er hasste Nachsicht, es war in seinen Augen eine Schwäche. Dass er in seinem Zustand nicht daran gedacht hatte, dass sie jeden Stein nach seiner Leiche umdrehen würden, war alleine schon unverzeihlich, aber dass er dann nicht gegangen war, als er wieder auf den Beinen stehen konnte … Er stöhnte und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
Remus musterte ihn besorgt.
"Ich war zu stolz, um Hilfe zu bitten", sagte Severus schließlich und Remus hörte, wie schwer es ihm fiel, das zuzugeben. "Ich wäre sehr wohl in der Lage gewesen, jemanden zu rufen."
Eine Weile tranken beide schweigend, dann fragte Severus: "Wie habt ihr uns gefunden?"
"Pures Glück“, antwortete Remus. „Als du am nächsten Morgen nicht mehr in der Schule auftauchtest, suchten wir dich überall – vergeblich. Schließlich beschatteten wir abwechslungsweise dein Haus in Spinner's End, weil wir hofften, dass du dorthin zurückkehren würdest. Offenbar hatte Dolohov dieselbe Idee gehabt. Hugh wollte ihn sogleich dingfest machen, da das Ministerium seit Jahren intensiv nach ihm fahndet, doch Tonks konnte ihn überzeugen, ihm unauffällig zu folgen. Wir hofften, dass er uns zu dir führen würde, falls du noch am Leben warst. Kurz darauf traf er die beiden anderen … War nicht leicht, ihnen auf den Fersen zu bleiben, sie disapparierten gut und gerne ein Dutzend Mal. Irgendwann verloren wir die Spur; wir merkten allerdings, dass sie immer innerhalb eines gewissen Gebiets isoliert stehende Häuser und Höfe durchsuchten … So fanden wir euch glücklicherweise. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat."
Severus nickte knapp. Er konnte sich nicht zu einem Dank durchringen, aber er war ausgesprochen froh, dass Lupin und Tonks so umsichtig gehandelt und Dolohov nicht vorzeitig hatten festnehmen lassen.

In den folgenden Tagen und Wochen versuchte Noée, wieder Tritt zu fassen. Das Vorhaben wurde dadurch erschwert, dass sie keiner geregelten Tätigkeit nachging und zuviel Zeit zum Nachdenken hatte. Sie fand den hässlichen Teppich hinter dem Haus und war schockiert, als sie sah, dass er mit verkrustetem Blut überzogen war. Sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte sich nicht erinnern, was mit dem Teppich passiert war und weshalb sie ihn einfach hinters Haus geworfen hatte.
Einige Tage nach ihrem nächtlichen Spaziergang mit Arno begab sie sich mit einer Taschenlampe bewaffnet in die große Höhle, um herauszufinden, weshalb sie plötzlich in Panik geraten war. Was sie fand, beunruhigte sie zusätzlich: Der Boden war mit etwas Dunklem überzogen, als hätte hier jemand eine Flüssigkeit ausgeschüttet, und Noée fand, es sah ebenfalls aus wie eingetrocknetes Blut. Sie schalt sich selber einen Idioten, der zuviel fernsah, aber sie konnte sich nicht helfen. Erneut erfasste sie eine Welle von Panik. Sie flüchtete regelrecht aus der Höhle und rannte nach Hause. In dieser Nacht erwachte sie aus einem schrecklichen Albtraum, von dem kein Bild mehr zurückblieb, nur panische Angst und Schmerzen am ganzen Körper. Zudem hatte sie das Gefühl, sie sei am ganzen Körper voll Blut, und auch eine ausgedehnte Dusche konnte das Gefühl von Schmutz nicht von ihr waschen.
Die Panikattacken traten in den folgenden Tagen vermehrt und heftiger auf, dazu kam, dass Noée das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Einmal sah sie eine finstere Gestalt am Haus vorbei gehen, ein anderes Mal saß plötzlich eine Tigerkatze auf ihrem Gartenzaun. Noée mochte Katzen sehr, sie konnte nicht sagen, was sie an dieser Katze beunruhigte, aber irgendetwas stimmte mit dem Tier nicht, das sie aus mitleidvollen Augen beobachtete, während sie Kartoffeln erntete.
Schließlich reiste Arno wieder in die Stadt zurück und Noée fühlte sich einsamer denn je. Nicht, dass er viel Zeit für sie gehabt hatte, seit Pia dazugestoßen war, aber sie hatte doch immerhin gewusst, dass jemand in Rufnähe lebte. Jetzt fühlte sie sich alleine. Kurz entschlossen packte sie eines Morgens ihren Koffer, kippte alles Essbare, was noch im Haus war, in eine Abfalltüte und ging ins Dorf hinunter. Sie deponierte den Abfall bei den Abfallcontainern und brachte der alten Frau in der Apotheke den Schlüssel zum Ferienhaus ihrer Eltern.
„Sie gehen, Miss Gallaudet?“
Noée nickte. „Falls irgendetwas mit dem Haus ist … ich weiß noch nicht, wo ich wohnen werde. Hier … Das ist die Nummer einer Freundin, bei ihr werde ich absteigen. Sobald ich eine Wohnung gefunden habe, werde ich mich bei Ihnen melden.“
„Alles in Ordnung, Miss Gallaudet?“
„Alles in Ordnung. Ich brauche einfach wieder einmal Stadtluft und Abwechslung.“

Es dauerte einige Zeit, bis Severus herausfand, wohin Noée nach ihrer plötzlichen Abreise gegangen war. Die alte Frau in der Apotheke hatte ihm nach anfänglichem Misstrauen und unter Zuhilfenahme nicht ganz koscherer Methoden von Severus’ Seite die Telefonnummer von Noées Freundin gegeben. Es kam ihm zugute, dass er unter Muggeln aufgewachsen war, sonst hätte er damit wahrscheinlich nichts anzufangen gewusst. So aber rief er an und erfragte unter dem Vorwand, etwas schicken zu wollen – für Noée Gallaudet, eine Überraschung – die Adresse in London. Er erkundete das Quartier, beobachtete die Mitbewohner des Hauses und konnte nichts Auffälliges feststellen. Hier würde Noée kein Todesser mehr finden, es sei denn, er stolperte zufälligerweise auf der Strasse über sie. Doch soweit er das bei seinen sporadischen, unauffälligen Erkundigungen beurteilen konnte, verließ sie die Wohnung ihrer Freundin selten.
Lupin versuchte, Severus davon zu überzeugen, dass er die Sache vergessen sollte, und auch wenn Severus es sich nicht gerne eingestand, wusste er, dass Lupin recht hatte. Sein ehemaliger Rivale aus Schulzeiten schien es sich, sicherlich auf Minervas Geheiß hin, zur Aufgabe gemacht zu haben, ihn vom Erlebten abzulenken. Das erste Gespräch bei einem Butterbier im Drei Besen blieb nicht das letzte. Lupin, der seit dem Krieg auch wieder in Hogwarts arbeitete, fand immer wieder eine Gelegenheit, ihn auf ein Bier einzuladen, und Severus gelang es immer seltener, rechtzeitig eine gute Ausrede aus dem Ärmel zu schütteln. Auch wurden die ziemlich einseitigen Gesprächsversuche von Lupin allmählich zu Dialogen, an denen sich Severus erst widerstrebend, mit der Zeit aber etwas lebhafter beteiligte. Meist ging es um die Schule, um die schwarze Magie, die Lupin unterrichtete, weil Severus sich geweigert hatte, sein frühreres Traumfach nach dem Krieg zu unterrichten. Ihm war wohler in seinem Labor.
Eines Abends sprach ihn Lupin darauf an, ob es möglich wäre, einen Wolfsbanntrank zu brauen, der nicht nur unmittelbar, sondern mittel- und längerfristig helfen oder gar heilen würde. Severus verbrachte fortan viel Zeit damit, sich darüber Gedanken zu machen, Bücher zu wälzen, Berechnungen anzustellen und Versuchstränke zu brauen. Es gab ihm die ach so nötige Ablenkung. Als Gegenzug anerbot sich Lupin, auf dem Nachhauseweg – er lebte mit Tonks und ihrem gemeinsamen Sohn in London – jeweils kurz bei Noée vorbeizuschauen und sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war.

Das Zusammenleben mit ihrer Freundin aus Studientagen gestaltete sich für Noée nicht einfach. Sie waren zu verschieden: ihre Freundin gesellig und gesprächig, Noée zurückgezogener und wortkarger als je zuvor. Ihre Freundin war ständig unterwegs, Noée stand am liebsten stundenlang in der Küche und kochte irgendetwas, egal ob jemand es essen wollte oder nicht. Als sie eines Abends eine valenzianische Paella für acht Personen gekocht hatte, obwohl niemand zuhause war, nahm ihre Freundin sie zur Seite. „Noée, geh bitte zu einem Arzt. Mit dir stimmt etwas nicht. Du verkriechst dich in der Wohnung, kochst stundenlang, isst dann aber nichts … Du hast abgenommen, siehst bleich und abgemagert aus, willst nicht mit mir in den Ausgang. Nachts weinst du oft … “
„Ich habe manchmal Schmerzen“, gab Noée widerstrebend zu.
„Schmerzen? Woher bloss? Noée, geh bitte zu einem Arzt und lass das abklären. So kann es nicht weitergehen.“
„Ich werde mir eine Wohnung und eine Arbeit suchen“, versprach Noée.
„Darum geht es nicht! Du kannst so lange hier bleiben, wie du möchtest.“
„Nein, ich habe den Wink verstanden. Ich gehe, ist schon okay.“
Während ihre Freundin sich an dem Tag für den Ausgang bereit machte, packte Noée ihre Sachen. Sie stellte den gepackten Koffer in den Schrank und nahm ihren Rucksack mit dem Nötigsten und wartete, bis ihre Freundin die Wohnung verlassen hatte, danach wollte sie ebenfalls aufbrechen. Doch dann verließ sie die Kraft und der Mut. Sie saß auf dem Bett und heulte wie ein Schlosshund, ohne zu wissen weshalb, und rollte sich schluchzend und am ganzen Körper zitternd auf dem Bett zusammen. Schließlich stand sie auf, ging ins Bad und kramte im Spiegelschrank und in Schubladen herum, bis sie eine Schere fand, und zog sie entschlossen über das Handgelenk. Dann über den Unterarm. Und noch einmal. Und noch einmal … Sie beobachtete, wie das Blut ihren Händen entlang lief und ins Waschbecken tropfte, und fühlte sich seit Wochen zum ersten Mal wieder ruhig, als hätte sich ein schweres Gewicht in ihrem Inneren aufgelöst.


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Es ist wunderbar, wie furchtlos und entschlossen Dan sich jeder Aufgabe stellt. Manchmal drehten wir eine Szenenwiederholung nach der anderen, und jedes Mal spürte ich seine Entschlossenheit, es bei der nächsten Wiederholung des Takes noch besser zu machen. Das schätze ich so sehr an ihm: Er setzt wirklich alles daran, um seine beste Leistung zu zeigen.
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