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Fanfiction

Just to be - Zerbrochene Porzellanpuppen

von Xaveria

*~* Zerbrochene Porzellanpuppen *~*




Ermengarde Rosier wachte schreiend, immer wieder und wieder schreiend, auf. Kalter Schweiß bedeckte ihren Körper. Innerhalb weniger Sekunden saß sie aufrecht in ihrem Bett.

Ihr Bruder Leopold befand sich augenblicklich an ihrer Seite, zog sie an seine Brust und legte beschützend fest seine Arme um sie.

„Schon okay“, flüsterte er in ihr Ohr, strich sanft über ihr dreckiges blondes Haar, wog sie sachte vor und zurück. „Schon okay. Ich bin hier. Ich habe dich.”

Sie weinte leise in die Brust ihres älteren Bruders. Sie hatte einen weiteren Traum von ihren Eltern, wie sie direkt vor ihnen verhaftet und dann gewaltsam aus ihrem Haus abgeführt worden waren, gehabt. Visionen von ihnen in Askaban, wo man sie hingeführt hatte, damit sie sich verabschieden konnten. Die Dementoren hatten über ihnen geschwebt, wodurch es ihnen unmöglich war sich an glücklichere Zeiten zu erinnern. Sie sagten die Dementoren seien jetzt aus Askaban verschwunden, aber sie geisterten noch immer in ihrem Kopf herum.

Die Augen ihrer Mutter, tränengefüllt, als sie die Hand ihrer Tochter geküsst und ihr gesagt hatte, sie sollte auf ihren Bruder hören. Ihr Vater, stoisch, schweigend, der sie lediglich fest gegen seine Brust gezogen und sie auf die Stirn geküsst hatte. Dasselbe hatten sie mit Leopold gemacht. Und mit ihrer älteren Schwester Brigita.

Mummy sagte sie sollte sich keine Sorgen machen, dass man ihnen einen Gutenachtkuss geben und sie dann ganz tief schlafen würden. Sie hatte gesagt, sie seien dann entspannt und glücklich, und dass sie und ihr Bruder und ihre Schwester zusammen mit den anderen Kindern leben und ganz viele neue Freunde finden würden, so viele Freunde, dass sie sie noch nicht einmal vermissen würden.

Damals war sie vier, ihr Bruder sechs und ihre Schwester neun Jahre alt gewesen. Jetzt waren sie neun, elf und vierzehn. Schon bald ging Leopold nach Hogwarts und sie würde hier ganz alleine sein. Er beharrte, er wollte hier bei ihr bleiben, zusammen mit Ermengarde, bis auch sie alt genug war, um nach Hogwarts zu gehen. Er bestand darauf seine Schwester nicht zurückzulassen. Aber Mr. Snape meinte, er müsste gehen, es sei der beste Weg, wie er seiner Schwester helfen konnte, damit er eine vernünftige Ausbildung erlangen und so seine Schwester unterstützen konnte. Ermengarde schluchzte nur noch heftiger bei diesem Gedanken. Jeder wollte ihr ihren Bruder weg nehmen. Wussten sie denn nicht, dass er noch alles war, was sie hatte? Wussten die denn nicht, was mit den Kindern passierte, die das Waisenhaus verließen, um nach Hogwarts zu gehen? Sie kamen nie wieder zurück.

Genau wie Brigita.

Es war genug für jeden um davon Albträume zu bekommen.


*~*~*



Zwei Wochen nach ihrem letzten Besuch befand sich Hermine wieder im Kellerkorridor, der zum Gemeinschaftsraum führte, wo die Waisenkinder der Todesser wohnten. Miss Glastonbury hatte sie süß angelächelt, die Tür aufgeschlossen und ihr gesagt, sie sollte sich ruhig so viel Zeit nehmen, wie sie nur bräuchte.

Zielstrebig und schnell umrundete sie die Ecke, die sie zu Snapes Büro und dem Gemeinschaftsraum führte.

Und fand sich nur Sekunden später flach auf ihrem Rücken liegend wieder.

Offenbar war sie in eine Art Absperrung hineingelaufen, welche sie mit so gewaltiger Kraft, als ob sie gegen einen gigantischen Ballon gelaufen wäre, wieder zurückgeschleudert hatte. Augenblicklich hielt sie ihren Zauberstab in der Hand. Sie wirbelte damit herum, um zu sehen, wer noch dort war; das war immerhin ein dunkler und verlassener Korridor. Wer wusste schon, was sich darin verbarg…

Hermine senkte ihren Zauberstab, als plötzlich eine dunkle Figur über ihr lungerte. Sie trug wieder grau. Nicht schwarz. Das war neu. So viele Veränderungen an ihm – das Haar, die Kleidung. Sie fragte sich, ob er sich nach seiner wundersamen Erholung von seiner Nahtoderfahrung dafür entschieden hatte, eine neue Seite in seinem Leben aufzuschlagen. Eine, die ihn dazu brachte, weniger wie ein Vampir auszusehen.

Snapes zufriedenes Lächeln aufgrund ihrer derzeitigen Position, erzählten ihr etwas anderes.

„Niemand betritt diese Sektion ohne meine Erlaubnis, Granger“, sagte Snape spöttisch. „Ich dachte, das hätte ich Ihnen beim letzten Mal gesagt.“

„Ich war auf den Weg um Sie zu sehen“, protestierte sie, als sie sich aufsetzte. „War das wirklich nötig?“

„Abgesehen von der Tatsache, dass es vor zwei Wochen zwei unbekannte, unautorisierte Personen geschafft hatten, den Gemeinschaftsraum zu betreten, ja, war es. Ich schätze, ich sollte Ihnen und Potter für diese unglückliche, übersehende Sicherheitslücke danken.“ Was er nicht tat.

„Weiß Miss Glastonbury darüber Bescheid?“, fragte sie. Sein Blick beantwortete ihre Frage: Nein, weiß sie nicht, und wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, dann erwähnen Sie es auch nicht. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, die Absperrung aufzuheben, bitte? Ich möchte mit Ihnen reden.“

„Wenn es um Ihr wohltätiges Unterfangen geht, dann können Sie sich gleich wieder umdrehen und dahin zurückkehren, wo Sie hergekommen sind.“

„Ich will nur mit Ihnen reden. Und Harry ist auch nicht mit dabei.“ Sie versuchte zu lächeln. „Wenn Ihnen nicht gefällt, was ich zu sagen habe, dann können Sie mich auch wieder rausschmeißen. Ich verspreche, ich werde auch ohne Widerworte verschwinden.“

„Hauen Sie ab, Granger. Ich bin beschäftigt.“

„Bitte!“, rief sie. „Hören Sie sich nur an, was ich zu sagen habe. Wir werden nichts ohne Ihre Zustimmung unternehmen. Hören Sie mich einfach nur an.“

„Ich dachte, Sie wollten ohne Widerworte verschwinden?“

„Nachdem Sie mir zugehört haben!“

Seine Augen verzogen sich zu kleinen Schlitzen, als er sie durch die Absperrung betrachtete. „Ich vermute, Sie werden nicht verschwinden, bevor ich Sie angehört habe?“

Sie schüttelte entschlossen ihren Kopf.

Wenn sie später darüber nachdachte, wusste sie nicht, was ihn dazu bewogen hatte, das zu tun, was er getan hatte.

„Sie werden sich die gesamte Zeit über in meinem Sichtfeld aufhalten und sich nicht dem Gemeinschaftsraum nähern?“

Sie nickte.

„Und wenn ich Ihnen sage, dass Sie verschwinden sollen, dann hauen Sie auch ab?“

Ein weiteres Nicken.

„Und Sie verstehen, wenn Sie mich anlügen – egal worum es geht – werde ich es wissen und entsprechend handeln?“

Noch ein Nicken.

Snape betrachtete sie für einen weiteren Moment, seufzte dann und schwang gelangweilt seinen Zauberstab. Mit einer abgehakten Kopfbewegung lud er sie ein. Zögernd überschritt sie den Bereich, wo die Absperrung gewesen war (die hatte sie gute eineinhalb Meter zurückgeschleudert) und folgte ihm in sein Büro.

Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, verschränkte seine Arme und bedachte sie mit enormer Verärgerung. „Ich bin ein sehr beschäftigter Mann, Granger, also hoffe ich, Sie kommen schnell auf den Punkt.“

Sie nickte. „Ich denke, wir haben uns beim letzten Mal auf dem falschen Fuß erwischt. Wir sind hier stark und unangekündigt hereingestürmt und ich kann mir nicht einmal vorstellen, was Sie von uns gedacht haben mussten. Also, das ist gelogen, ich kann es mir ziemlich gut vorstellen."

Ihr Versuch von Ungezwungenheit scheiterte bei seinem weiterhin verschlossenen und ausdruckslosen Gesicht, welches sie einfach nur anstarrte.

„Genau. Zumindest haben Harry und ich uns danach unterhalten und wir sind uns beide einig, dass wir wirklich nicht das gesamte Ausmaß des Problems verstehen. Wir wissen nur, dass es eines gibt. Unser Wunsch zu helfen ist ehrlich, aber ich denke, wir haben hier den Karren vor das Pferd gespannt. Also bin ich hier, um Sie um Erlaubnis zu bitten, ob wir uns mit Ihnen treffen können, damit die Probleme der Kinder verständlicher für uns werden. Alles wird absolut vertraulich behandelt. Und Sie können mich auch ohne Gegenwehr jederzeit rausschmeißen. Ich hege keinerlei Hintergedanken, wir wollen einfach nur helfen. Ich will einfach nur helfen.“

Sie dachte daran, es erst noch weiter auszuführen, aber dann spürte sie ein leichtes Summen in ihrem Kopf, so als ob der Muffliato gezaubert worden wäre. Sie wusste augenblicklich, was es war. Legilimentik. Er übte schweigend Legilimentik auf sie aus, um zweifelsohne ihre wahren Absichten abzuschätzen. Clever. Sie war erst in der Versuchung ihn abzublocken, aber entschied dann, dies würde vermutlich eine falsche Antwort übermittelten, wodurch er dann augenblicklich vermuteten würde , sie würde etwas vor ihm verbergen und sie dann als Konsequenz, ohne sein Vertrauen gewonnen zu haben, rausschmeißen. Hermine war gut in Okklumentik, aber vermutlich nicht gut genug, um etwas vor einem Meister der Okklumentik zu verbergen. Sie wusste auch, er war sich nicht bewusst, dass sie diese Fähigkeit besaß.

Stattdessen entschied sie sich, darauf zu vertrauen, dass er nicht ihren Kopf verletzen und einfach nur die Oberfläche nach ihren Motivationen abtasten und es dabei belassen würde. Sie hoffte, ihre Entscheidung später nicht noch zu bereuen.

So konzentrierte sie sich auf ihren ersten Besuch, ihre Unterhaltung mit Miss Glastonbury und ihre Diskussion mit Harry.

Für eine sehr lange Zeit schwiegen sie beide und hielten Augenkontakt. Letztendlich schien er mit dem, was er gesehen hatte, zufrieden zu sein und das Summen verschwand. Blinzelnd wandte sie ihren Blick ab und bemerkte bereits die Vorboten von Kopfschmerzen. Sie überlegte, ob sie es ihm sagen und ihn somit auffliegen lassen sollte, und entschied dann, dass sie mit den Kopfschmerzen leben konnte.

„Sie denken, Sie wissen, was dieses Projekt beinhaltet“, begann Snape langsam. „Aber Sie haben wirklich absolut keine Ahnung, wie tief die Probleme reichen und wie ernst sie sind.“

„Das haben Sie recht“, stimmte Hermine ihm zu. „Ich hatte gehofft, Sie könnten das korrigieren. Helfen Sie mir und Harry es zu verstehen.“

„Nicht Potter. Er ist unfähig. Viel zu hitzköpfig und selbstbezogen als sich in so etwas wie das hier einzubringen.“

„Das ist unfair“, sagte sie. „Sie haben Harry seit der Schule nicht mehr gesehen oder mit ihm gesprochen. Sie haben James Potter auf ihn projiziert.“ Sie redete schnell, da sie wusste, sie spielte hier mit dem Feuer. „Ich kenne ihn besser als jeder andere. Sie mögen vielleicht gut darin sein, Menschen einzuschätzen, aber wenn es um Harry geht, scheinen Sie immer Ihre Gabe zu verlieren. Der Krieg hat ihn verändert, er hat uns alle verändert, aber wenn auch sonst nichts, ist er dadurch in seinen Handlungen vorsichtiger, verständnisvoller und bedachter geworden. Er macht heute nichts mehr, ohne vorher gründlich die Vor- und Nachtteile abgewogen und die möglichen Konsequenzen bedacht zu haben. Und nicht nur das, er ist jetzt verheiratet und ein Baby ist unterwegs. Er weiß, dass er eine große Verantwortung hat und auch das hat er berücksichtigt.“

Er schnaubte. „Potter mag vielleicht jetzt erwachsen sein, aber als Sie beide hier waren habe ich dieselbe Arroganz gesehen, die er auch schon in seiner Kindheit ausgestrahlt hatte.“

„Das ist keine Arroganz – es ist die Wahrheit. Harry ist berühmt. Er war bereits sein ganzes Leben berühmt, weil seine Eltern vor ihm umgebracht worden waren und er es überlebt hatte, etwas, was bei den meisten Kindern für den Rest des Lebens hysterische Anfälle ausgelöst hätte. Er ist vermutlich die berühmteste Person in der ganzen Zauberwelt hier in England. Ich denke, selbst die Muggel kennen ihn. Wenn er etwas anfängt, dann werden die Leute aufmerksam. Er hat nicht darum gebeten, das hatte er nie getan.

„Das hört sich jetzt vielleicht für Sie lächerlich an und vermutlich glauben Sie mir auch nicht, aber alles, was er immer wollte, war ein ruhiges Leben und eine Familie. Er weiß, dass er letzteres haben kann, aber ersteres wird ihm immer verwehrt bleiben, egal, was er mit seinem Leben auch anstellen würde. Jemals. Er hat damit seinen Frieden geschlossen und hat sich dafür entschieden, dass, solange es eben so läuft, es zumindest dann zu seinen Bedingungen geschieht und er denkt, dass das hier ist wichtig.“

Snape zog fragend eine Augenbraue hoch. „Und all diese Interviews? Die sogenannten autorisierten Biografien?“

Hermine seufzte. Es war immer schwer das den Leuten zu erklären und er war vermutlich der Letzte, der ihr glauben würde. „Es war klar, nach dem Krieg würde es Bücher und Artikel über uns geben, ob wir es nun befürworteten oder nicht. Wenn wir die Interviews, die Bücher abgelehnt hätten, dann hätten solche Scharlatane wie Rita Kimmkorn die interviewt, die uns am ‚nächsten‘ stehen, und wäre mit ihrer eigenen Version dessen, was passiert war, aufgekommen. Jeder von uns Dreien hat das bereits mindestens einmal durchgemacht und wir haben uns dazu entschlossen, wenn wir es schon nicht verhindern konnten, dann könnten wir auch zumindest die ganze Wahrheit erzählen. Besser etwas, dem wir auch zustimmten als das, was sich diese Kimmkorn-Frau ausdenkt und dann als ihre eigene Wahrheit verkauft, verstehen Sie? Außerdem… die Menschen sollten die Wahrheit wissen. Und nur wir drei waren oftmals vor Ort, wenn etwas passiert ist. Nennen Sie es von mir aus Arroganz, Verlangen nach dem Scheinwerferlicht oder wie Sie wollen. Man hat uns viele unmögliche Wahlen gelassen und wir haben immer versucht, die weniger schmerzhafte zu nehmen. In diesem Fall dachten wir, und das tun wir auch noch immer, dass das die am geringsten schmerzvollste Option war.“

Snape antwortete nicht, sein Ausdruck verriet nichts, aber Hermine könnte schwören, ein winziges, verstehendes Nicken gesehen zu haben. Anders als sie hatte er jegliche Anfragen auf Interviews nach seiner Genesung ausgeschlagen und das Ergebnis war Rita Kimmkorns Buch Snape: Schurke oder Heiliger? Obwohl er von den meisten in der Zauberwelt als Held verehrt wurde, hatte das Buch diesem Ansehen geschadet. Hermine fragte sich, ob es ihn überhaupt kümmerte.

Zufrieden, diesmal nicht komplett gescheitert zu sein, entschied sie, ihr As im Ärmel auszuspielen. Sie wusste, Snape mochte es, die Kontrolle zu besitzen und beschloss ihm genau das zu geben.

„Also, jetzt wissen Sie alles. Meine Karten liegen auf dem Tisch. Harry und ich wollen Ihnen helfen. Ron… Ron denkt, er ist noch nicht bereit sich damit auseinanderzusetzen, also hält er sich fürs Erste erst einmal heraus. So würde alles, was passiert, nur zwischen Ihnen, mir und Harry stattfinden. Erst wenn Sie uns Ihre Erlaubnis geben, würden wir überhaupt erst etwas unternehmen. Betrachten Sie es zunächst als eine Informationsgewinnung. Alles zu Ihren Bedingungen und zum Teil, die allerdings von Ihnen als geeignet erachtet wird, mit so wenig Störung wie möglich für die Kinder. Wir machen es immerhin für sie.“

Sehr wohl wissend, dass jetzt vermutlich der richtige Zeitpunkt wäre, den Mund zu halten, faltete sie ihre Hände in ihrem Schoß und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Nach reichlicher Überlegung war sie der Meinung, jetzt eine plötzliche Slytherin-Taktik anzuwenden würde Snape nur in Alarmbereitschaft setzen und ihr somit mehr Schaden als Nutzen bringen. Er vermutete offensichtlich bereits etwas und sollte sie daher ihre Strategie zu sehr verändern, würde das nur sein Misstrauen füttern. Besser sie spielte die Rolle, die sie immer einnahm, aber weniger dickköpfig, demütiger. Sie hoffte es funktionierte.

Sie hatte ihren Fall dargelegt. Jetzt konnte sie nur hoffen, ihm gefiel, was er gehört hatte. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte seinen Kopf nach hinten, um an die Decke zu starren, damit er über das Gesagte nachdenken konnte.

„Potter wird trotzdem mit dabei sein?“

„Ich fürchte ja. Ich habe nicht denselben Einfluss bei den richtigen Leuten, wie es bei ihm der Fall ist. Die Menschen werden großzügiger mit ihrer Zeit und ihrem Geld sein, wenn er ein Teil davon ist.“

Es folgten weitere Minuten des Schweigens, bevor Snape es mit einer langsamen, bewussten Stimme durchbrach und weiterhin nicht ihren Blick traf. Sein Ausdruck war noch immer ausdruckslos und er schien seine Worte äußerst vorsichtig auszusuchen. „Ich denke, eine kleine Erziehungsmaßnahme könnte für Sie beide ganz nützlich sein. Nächsten Freitagabend um acht Uhr werden Sie und Potter mich hier treffen und dann werden Sie beide das Ausmaß des Problems kennen lernen.“

Hermine war begeistert, aber hielt sowohl ihren Blick als auch ihre Stimme ruhig. „Danke…Severus? Severus. Wir werden hier sein. Danke, dass Sie uns vertrauen. Ich verspreche Ihnen, Sie werden es nicht bereuen.”

Er antwortete ihr nicht, sondern setzte sich auf und wandte sich seinen Papieren auf dem Schreibtisch zu. Für Hermine war das ihr Zeichen, jetzt zu verschwinden. Sie dachte noch, etwas zu sagen, aber entschied dann, dass Schweigen vermutlich das Beste war und verließ ohne ein weiteres Wort sein Büro. Sie hörte, wie die Tür hinter ihr zugeschlagen wurde, und spürte einen Schubs, als sie die Absperrung überschritt.


*~*~*



Am Freitagabend standen Harry und Hermine an der Ecke zu Snapes Büro. Da sie nicht noch einmal den Rückprall der Absperrung erfahren oder herausfinden wollten, was eventuell passieren konnte, sollten die Schutzzauber Harry entdecken, standen sie wartend da. Unsicher, ob Snape auch von ihrer Anwesenheit wusste, wenn sie nicht in die Absperrung liefen, entschloss sich Harry dazu seinen Patronus zu schicken, um ihn zu informieren, dass sie an der Ecke auf ihn warteten. Einige Sekunden später hörten sie ihn rufen, sie sollten eintreten und sie gingen um die Ecke herum - genau in die Absperrung und wurden ganze eineinhalb Meter wieder zurückgeschleudert.

Als Harry Severus‘ bösartiges Lachen hörte, rappelte er sich auf und bot Hermine seine Hand an, um sie hochzuziehen. Snape stand lachend über ihnen und deutete ihn dann an ihm zu folgen. Mit einem finsteren Blick liefen Harry und Hermine ihm nach.

„Wir müssen noch etwas mit Ihrem Aussehen anstellen“, verkündete er ohne Willkommensgrüße. „Sie beide.“

Sie nickten. Sie hatten beide bereits vermutet, ein vorübergehendes Dunkles Mal von ihm auf den Arm gezaubert zu bekommen, um das Vertrauen der Kinder zu erlangen.

„Jedes Mal wenn Sie das Haus verlassen, sind Sie im Propheten zu sehen und ich verspreche Ihnen, keiner von Ihnen will bei unserer kleinen Reise heute erkannt werden. Also, sollten Ihre erschreckenden Verwandlungskünste nicht allzu armselig sein, dann seien Sie doch so gut und verwandeln Sie sich jetzt, bevor wir aufbrechen.“

Die zwei Freunde sahen sich schnell an. Snape hatte nichts davon erwähnt, woanders hingehen zu wollen. Dann auch wieder hatte Hermine nicht gefragt. Mit einem Seufzen richtete sie ihren Zauberstab auf Harrys Gesicht. Die Narbe verschwand von seiner Stirn. Grüne Augen wurden blau. Schwarzes Haar wurde braun und ein kleiner Ziegenbart wuchs in seinem Gesicht. Seine Brillengläser (noch immer rund nach all den Jahren) wurden zu dünnen, rechteckigen Gläsern mit silbernen Rahmen. Und zum Schluss fügte sie ihm, mit einem bösen Lächeln, noch ein paar graue Haare hinzu und ein paar Lachfältchen um die Augen herum. Zufrieden nickte sie ihm zu.

Harry antwortete entsprechend. Seine Fähigkeiten in Verwandlungen waren in der Schule nie an Hermines' herangekommen, aber sein Aurorentraining hatte diese Lücke ausgefüllt und ihre Fähigkeiten waren jetzt vergleichbar. Hermines langes Haar wurde in einen kurzen, geraden blonden Haarschnitt verwandelt. Ihre Augen waren grün, ihre Nase war jetzt noch etwas kürzer und spitzer, ihre Lippen etwas voller. Harry veränderte die Form ihrer Augenbrauen und bräunte ihre Haut etwas nach. Er löste ihre Ohrringe und fügte einen Schönheitsfleck (sie würde ihn als Muttermal bezeichnen) auf ihre linke Wange. Mit einem Nicken beendete er seine Arbeit. Gemeinsam drehten sie sich zu Snape um und sahen ihn erwartungsvoll an.

Offensichtlich hatte er nicht von ihren fortschrittlichen Fähigkeiten gewusst und eine kleine Gesichtsregung verriet ihn. War er beeindruckt? Geschockt? Zufrieden? Schwer zu sagen. Zumindest war er nicht enttäuscht. Aber beinahe augenblicklich wurde sein Gesicht wieder zu der gleichgültigen, leidenschaftslose Maske und das Einzige, was er sagte, war: „Ich schätze, das wird genügen. Sollten Sie erkannt werden, ist es Ihre Schuld.“ Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ mit energischen Schritten das Gebäude, sodass Harry und Hermine ihm nur nachlaufen konnten. Snape hielt auf den Stufen direkt vor dem Gebäude inne. Die Wache schnarchte laut an seinem Schreibtisch. „Apparieren Sie in die Nokturngasse, direkt vor Borgin und Burkes“, sagte Snape leise. „Von da aus werden wir dann laufen.“ Er ging voran und apparierte davon. Mit einem Seufzen umklammerten sie ihre Hände und apparierten los, genau wie sie es seit Monaten während des Krieges immer getan hatten.

Snape wartete bereits ungeduldig vor Borgin und Burkes auf sie, als ob sie ihn mehrere Stunden hätten warten lassen. Er drehte sich um und verschwand mit schnellen Schritten die Straße hinunter.

„Wo gehen wir hin?“, fragte Harry nervös. Er und Hermine hielten beide ihre Zauberstäbe in der Hand, genau, wie es ihre Gewohnheit war.

„Das werden Sie schon sehen und bitte stecken Sie Ihre Zauberstäbe weg, und tun nicht so, als ob Sie geradewegs in einen Kampf marschieren“, sagte Snape gedehnt, während er weder sein Tempo verringerte, noch sich zu ihnen umdrehte. „Potter, sicherlich wissen selbst Sie, dass wenn Sie sich wie ein Auror aufführen, während Sie verdeckt ermitteln, es doch den eigentlichen Nutzen besagter Tarnung zunichtemacht. Granger, seien Sie nicht so nervös. Sie wissen beide sehr wohl, dass es weitaus gefährlichere Orte als die Nokturngasse am Abend gibt und Sie würden gut daran tun, sich auch dementsprechend zu verhalten. Sie sind berühmte Kriegshelden, also verhalten Sie sich auch wie welche.“

Der Weg war ruhig und das einzige Geräusch war das Hallen ihrer Schritte gegen die Gebäude. Harry und Hermine steckten ihre Zauberstäbe in ihre Ärmel, bereit sie wieder herauszuholen, wenn es nötig war.

„Alte Gewohnheiten“, murmelte Harry.

Sie gingen ein paar Blöcke, bevor sich Snape scharf nach rechts wandte und vor einer Hütte stehen blieb, die aussah, als ob sie gleich zusammenfallen würde. Nachdem er seinen Zauberstab herausgezogen hatte, tippte er mit der Spitze in einem bestimmten Muster gegen die Tür, die bereits den Anschein hatte aus allen Angeln zu fallen. Er tat es ähnlich wie beim Eintreten in die Winkelgasse. Plötzlich verwandelte sich die Hütte in ein großes, rot beleuchtetes Gebäude mit einer Alterslinie um die Tür herum. Musik driftete hinaus auf die Straße. Die Tür war jetzt groß und stabil und entschieden intakt.

„Achten Sie darauf nicht allzu sehr rot anzulaufen“, sagte Snape als er das Gebäude betrat. Harry und Hermine folgten ihm dicht.

„Mr. Snape!“, rief eine fette Frau mit schwarzen, lockigen Haaren und zu viel Lippenstift hinter dem Tresen, als sie die Drei eintreten sah. „Es ist immer schön, Sie hier zu sehen!“ Sie klang, als ob sie mit einem Akzent sprechen würde. Vielleicht russisch. Sie nahm Snapes Hand, als sie Küsschen auf der Wange austauschten. „Und wie ich sehe, haben Sie Freunde mitgebracht!“

„Gäste, die zu Besuch aus Frankreich sind“, sagte er mit einer leichten Kopfbewegung über seine Schulter. „Sie reden kein Wort Englisch, aber wünschen hier eine schöne Zeit zu verbringen. Vielleicht kann ich sie ja etwas… herumführen?“

„Aber selbstverständlich!“, säuselte die alte Frau. „Sie wissen ja, wo jeder ist. Oder wenn Sie einfach nur zusehen wollen. Und für Ihre Freunde, Eintritt frei. Genießen Sie Ihren Aufenthalt.“ Sie verbeugte sich leicht vor Snape und er gestikulierte rasch, dass Harry und Hermine ihm folgen sollten.

Keiner von ihnen war prüde oder Novizen, wenn es um Sex ging, aber sie umklammerten beide ihre Hände und rückten noch etwas näher zusammen. Snape schritt schnell einen Treppenabsatz hinauf und bog in einen Flur ab. Harry und Hermine verfolgten ihm besorgt und fragten sich, was sie in Merlins Namen hier verloren hatten. Hermine spürte, wie sie sich anspannte, als sie durch das Gebäude an leicht bekleideten Frauen vorbeiliefen, die sie von Kopf bis Fuß begutachteten und miteinander tuschelten. Hätte man ihr heute Morgen gesagt, sie würde den Abend mit Harry und ihren ehemaligen Zaubertränkelehrer in einem geheimen Bordell in der Nokturngasse verbringen, einem Bordell, in dem er offenbar bekannt und gemocht wurde… also, sie hätte es vehement abgestritten.

Sie begleiteten Snape den Flur hinunter und hielten direkt hinter ihm, als er ihnen zuwinkte, sich zu ihm in den Türdurchgang zu stellen. Auf dem Bett saß eine spindeldürre, traurige Prostituierte. Sie trug schenkelhohe Stiefel, einen pinken Minirock, der wirklich nicht breiter als ein Stirnband war und ein schwarzes Lederbustier. Ihr Make-up war nur hastig aufgetragen worden und sie trug zu viel davon. Ihr gebleichtes Haar war durchdrungen von Spliss und viel zu trocken. Sie sah verloren und verzweifelt aus. Aber als sie sah, wer da in der Tür stand, leuchteten ihre Augen auf.

„Mr. Snape!“, rief sie, stand auf und rannte zur Tür.

Oh, nein, nein, nein, dachte Hermine. Bitte, er hat uns jetzt nicht mit hierher genommen, damit wir ihm bei seinem Vergnügen zusehen können. Bitte, bitte, lass das nicht wahr sein.

Er weiß, dass ich verheiratet bin!,
dachte Harry verzweifelt. Wenn Ginny davon wüsste, wo er sich gerade aufhielt…

Sie waren beide erleichtert und auch etwas überrascht Sekunden später zu sehen, wie sich die Prostituierte in Snapes Arme warf und er sie beinahe behutsam, fast wie ein Vater, hielt. Nach einem Augenblick zog sie ihn in das Zimmer und er deutete Harry und Hermine an, ihm zu folgen. Schnell schloss er die Tür hinter ihnen, verriegelte und belegte sie mit einem Schutzzauber. Er drehte sich zurück zu der Prostituierten um, die vor wenigen Sekunden noch freudig gestrahlt hatte und jetzt schluchzend auf ihrem Bett lag.

Snape setzte sich zu ihr auf das Bett und legte seinen Arm um sie. Hermine und Harry waren vollkommen fassungslos. Snape, der eine weinende Prostituierte beschützend in seinen Armen hielt? Sie wussten, er besaß viel Güte und Liebe und Loyalität, aber Mitgefühl? Verständnis? Das war neu.

Durch ihre Schluchzer und ihren Schluckauf konnten sie ein paar Worte ausmachen: „Versuchte abzuhauen… tut mir so leid… habe Sie enttäuscht… konnte nirgendwo anders Arbeit finden…“ Snape beruhigte sie und hielt sie fest an sich gedrückt, während er in ihr Ohr flüsterte.

Für eine ganze Weile standen sie vor dieser Szenerie; Snape und die Prostituierte auf dem Bett, die sich gegenseitig umarmten, Harry und Hermine, die verwirrt gegen die Tür gelehnt, mit umklammerten Händen standen.

Letztendlich trocknete die Prostituierte ihre Augen und atmete einmal tief durch, bevor sie nickte. Snape lächelte ihr leicht zu und deutete auf seine beiden Begleiter. „Darf ich Ihnen Miss Valentina Rookwood vorstellen?“

Harrys und Hermines Gedanken begannen gleichzeitig zu rasen. Rookwood. Rookwood? Rookwood! Verständnis zeichnete sich bei beiden auf dem Gesicht ab. Rookwood war einer von Voldemorts treuesten Dienern gewesen. Er war in der finalen Schlacht von Hogwarts umgekommen. Er hatte eine Tochter gehabt, die noch nicht alt genug für Hogwarts gewesen war. Sie. Valentina. Das war eine weitere Waise der Todesser. Aber, begann Hermine zu denken, wenn sie vor sechs Jahren noch nicht alt genug für Hogwarts war, dann kann sie doch jetzt unmöglich die Volljährigkeit… oh.

Snape wandte bei ihnen keinerlei Legilimentik an, aber offensichtlich brauchte er das auch nicht, da er genau wusste, welche Gedanken ihnen gerade durch den Kopf liefen. Er nickte nur. „Es wird nur einen Moment dauern, wenn Sie bitte draußen warten würden.“ Mit seinem Zauberstab entriegelte er die Tür und schnell verschwanden beide dadurch. Sie schlug hinter ihnen zu und die zwei schnappten nach Luft. Hermine atmete scharf aus und ließ sich gegen die Wand fallen, während Harry sich mit seiner Hand neben ihr abstützte und sie ansah.

„Er wird doch nicht… oder?“

Hermine schüttelte heftig mit ihrem Kopf. „Das würde er nicht tun. Würde er doch nicht, oder? Ich meine, mit uns beiden direkt hier draußen vor der Tür im Flur…?“

„Ja, ich meine, warum uns hierher bringen, wenn er sich nur…“

„Genau.“

Sie teilten einen Blick.

„Sie kann nicht älter wie…“, begann er.

„Sechzehn sein“, beendete Hermine für ihn den Satz. „Sie kann nicht älter wie sechzehn sein.“

„Sie ist eine von ihnen“, sagte Harry. „Nur, entweder hat sie Hogwarts verlassen oder ist aus dem Waisenhaus weggelaufen.“

„Oder beides.“

„Hast du gehört, was sie gesagt hat… etwas darüber, dass sie nirgendwo anders Arbeit finden konnte?“

Hermine nickte. „Es klingt ganz so, als ob sie hier schon eine ganze Weile feststeckt. Severus hat sie offenbar schon vorher besucht oder war schon vorher hier gewesen. Glaubst du, es gibt noch andere?“ Sie sah ihn besorgt an.

Er schüttelte langsam mit dem Kopf, nicht ganz verneinend, aber in der Hoffnung, dass es nicht der Fall war.

Einige der anderen Prostituierten hatten sich ihnen genähert und streichelten anzüglich über Harrys Arm, aber er schüttelte nur bestimmt mit dem Kopf und griff nach Hermines Hand, um sie zur Treppe zu führen. Die Prostituierten gaben auf und gingen ihrer Wege. Einige Minuten später tauchte Snape wieder vor ihnen auf.

„Machen Sie sich keine Sorgen um Miss Rookwood. Ich habe ihr genug bezahlt, wodurch sie vermutlich für den Rest des Abends frei bekommt. Leider sind wir noch nicht fertig.“

„Severus!“, sagte Harry scharf mit gezogenem Zauberstab. „Warum haben Sie uns auf dem Zimmer geworfen? Was haben Sie da drinnen mit ihr gemacht?“

Wut loderte in Snapes Augen auf, als er Harry bei den Schultern packte und ihn ebenfalls mit gezogenem Zauberstab gegen die Wand stieß.

„Wagen Sie es nicht jemals wieder so eine Anschuldigung zu machen!“, zischte er. „Ich mag vielleicht in anderen Bereichen ein Monster sein, aber ich würde niemals ein Kind anfassen, schon gar nicht eines, welches zu einer sexuellen Versklavung gezwungen wird. Wenn Sie es denn unbedingt wissen müssen, Ihre Anwesenheit und die Ihrer Freundin hat sie verständlicherweise bedrängt, also dachte ich, es wäre besser für Sie, draußen zu warten.“ Er ließ von Harry ab und zog sich zurück und starrte dann zu Hermine hinüber. „Und Sie?“

Hermine schüttelte mit dem Kopf. Snape hatte recht; er war ein Mistkerl, der vielleicht viele schlimme Dinge in seinem Leben angestellt hatte, aber sie stimmte zu – das würde er niemals tun, zumindest nicht in ihrer und Harrys Anwesenheit.

„Wenn es dann keine weiteren Anschuldigungen gibt“, sagte er mit starrem Blick auf Harry gerichtet, „werden wir weitermachen.“

Er führte sie eine weitere Treppe hinauf und einen weiteren Flur hinunter. Er hielt diesmal vor einer geschlossenen Tür an. Schnell zauberte er einen wortlosen Muffliato, zielte mit seinem Zauberstab auf die Tür und öffnete sie sehr langsam, nur einen spaltbreit. Er legte einen Finger auf seine Lippen und entfernte sich von der Tür, damit er Platz für die beiden machen und sie durch den Schlitz sehen konnten. Hermine schüttelte den Kopf, nein, aber Snapes Blick wurde nur noch stärker und sie gab nach. Harry stand dicht hinter ihr, da er immer noch gut einen Kopf größer als sie war.

Der Anblick war schrecklich. In diesem Zimmer ging es nicht um Sex, sondern pure Gewalt. Ein großer Mann schlug auf eine junge Frau ein, die nicht älter als Miss Rookwood war. Er schlug und trat und bespuckte sie. Mit schriller Stimme beleidigte er sie. „Todesser-Hure!“, schrie er. „Eine beschissene Todesser-Hure. Du liebst doch Gewalt, nicht wahr? Du liebst Schmerz, nicht?” Er trat sie erneut. „Sag, dass du es magst, du Hure!“

Die Frau – Mädchen, wirklich – nickte nur und lallte: „Ja, ja ich liebe es!“ Aber alle konnten sehen, wie sie schluchzte. Der Mann zerrte sie vom Boden und schmiss sie auf das Bett, riss ihr jegliche Kleidungsstücke vom Leib. Er schlug sie und begann dann – oh Gott, nein. Hermine konnte sich das nicht mit ansehen. Wollte es sich nicht mit anhören. Wollte nicht hier stehen, während ein Mädchen für ein paar Sickel vergewaltigt wurde. Sie schloss ihre Augen und vergrub ihr Gesicht in Harrys Brust, während ihre Hände seine Schultern umklammerten. Er hatte beschützend seine Arme um sie gelegt, um sie von dem Anblick abzuschirmen.

„Sieh nicht hin“, flüsterte Harry. „Sieh nicht hin.“ Entsetzt starrte er über ihre Schulter zu Snape. „Severus – was zum Teufel ist das hier?“

„Das ist Brigita Rosier. Das“, sagte Snape leise, „ist, was wir gerade Miss Rookwood erspart haben.“

„Also, ich werde dem jetzt ein Ende setzen.“ Er machte Anstalten das Zimmer zu betreten.

Severus griff nach Harrys Arm und zog ihn gewaltsam zurück in den Flur, wodurch Hermine ihren Halt an ihm verlor und sich an der Wand abstützen musste. „Idiot! Haben Sie auch nur den Hauch einer Ahnung, was mit ihr passieren wird, wenn wir uns einmischen? Der Zuhälter dort unten, der große, korpulente, gewaltbereite Mann, den Sie nicht gesehen haben, wird sofort hier oben sein. Er wird Sie beide und sie da drinnen verprügeln. Und dann, darf dieser reizende Kunde hier sie noch etwas mehr schlagen.“

„Aber ich kann nicht einfach nur hier herumstehen und-“

„Nicht den Tag retten? Ich weiß, es muss schwer für Sie sein, Potter, aber Sie wollten wissen mit was Sie es hier zu tun haben und das ist es.“ Ohne ein weiteres Wort schloss er die Tür und schubste Harry von sich und griff nach Hermine. Erst als sie das Ende des Flurs erreicht hatten, und sich in einer dunklen Nische verstecken konnten, ergriff er wieder das Wort: „Brigita Rosier ist erst vierzehn Jahre alt. Sie sollte jetzt eigentlich in ihrem vierten Jahr in Hogwarts sein, doch stattdessen verbringt sie hier ihre Tage und Nächte. Sie hat eine Schwester und einen Bruder im Waisenhaus, die hiervon nichts wissen müssen. Ich kann Ihnen noch mehr zeigen. Viel mehr. Ich kann Sie nach oben führen und Ihnen Clarissa Runcorn zeigen – sie zahlen extra, wenn sie sie fesseln dürfen. Ihre Handgelenke werden so fest zugeschnürt, bis zu bluten anfangen, während sie sich an ihr vergehen. Oder Lucinda Gibbon, hier werben sie damit, sie sei so eng, dass sie schreit, also zieht sie Kunden an, die noch draufzahlen, damit sie ein zwölfjähriges Mädchen schänden können. Oder Zenobia Yaxley, die unten auf der Bühne jede vulgäre Anforderung erfüllt, die der Kunde sich wünscht, miteinbezogen sind Penetrationen von Gegenständen, wenn die Leute zahlen. Sie hat auf die schwere Tour gelernt, was passiert, wenn sie einen Wunsch ausschlägt.“ Er hielt für den Effekt inne und lächelte dann spöttisch, umklammerte Hermines Schulter und schüttelte sie. „Haben Sie jetzt genug gesehen?“

Hermine hatte zu viel gesehen. Sie drückte sich an Snape und Harry vorbei, eilte den Flur und die Treppe hinunter und hinaus aus der Tür. Sie rannte so schnell, dass sie nicht mitbekam, wie die fette russische Dame ihr hinterher rief, als sie die Tür hinter sich zuschlug. Sie wusste nur, sie musste nach draußen an die Luft. Nach draußen. Frische Luft. Alles, um den Geruch von Sex und Alkohol und Parfüm und Blut und Angst und Wut zu vergessen, alles, was sie dort drinnen so überwältigt hatte.

Sie erreichte die Straße, umrundete das Gebäude und erbrach sich, schluchzte und zitterte gleichzeitig. Sie keuchte, bis sie ihren gesamten Magen geleert und nichts weiter als Galle herauskam. Sie zitterte und schluchzte so schwer, sie konnte sich noch nicht einmal auf einen Reinigungszauber konzentrieren.

Es kam alles wieder zurück – Malfoy Manor. Bellatrix Lestrange, wie sie sie gefoltert hatte. Wie sie sie Fenrir Greyback angeboten hatte. Greyback hätte sie nicht nur gebissen, oh nein. Das würde er sich für später aufheben. Da gab es noch andere… animalische Tendenzen, die er sich zuerst hingeben würde. Sein Ruf war berüchtigt gewesen. Hermine erinnerte sich an seinen Atem auf ihrer Haut, wie er mit seinen schmutzigen Fingern durch ihre Haare gefahren war, wie er in ihr Ohr geflüstert hatte, dass er kaum darauf warten konnte zu wissen, wie sie schmeckte. Sie wusste, wie nahe sie in diesem Moment gekommen war, in genau derselben Position zu landen, wie dieses Mädchen dort oben. Sie hatte seit Jahren nicht mehr daran gedacht; das bisschen Okklumentik, was sie konnte, hatte es aus ihren Gedanken verbannt, hatte sie dazu gezwungen nichts zu fühlen. Aber das dort oben zu sehen… es war zu viel.

Plötzlich verschwand das Erbrochene vor ihr auf dem Boden und sie spürte, wie eine vertraute Hand über ihren Rücken fuhr. Harry. Er half ihr auf und zog sie in seine Arme, wo sie nur noch mehr schluchzte. Er festigte seinen Griff um sie, wie er es bereits schon so oft getan hatte.

„Severus“, zischte er über ihre Schulter. „Was zum Teufel sollte das alles? Sie wissen schon, Sie hätten es uns einfach auch erzählen können.“

„Das hätte ich, aber die Wirkung wäre ausgeblieben. Und was ist eigentlich mit Ihnen los, Granger? So empfindlich? Sie haben einen Krieg überstanden. Sicherlich haben Sie Schlimmeres als das hier gesehen.”

Hermine schüttelte gegen Harrys Brust ihren Kopf und durch ein paar zittrige Atemzüge, antwortete sie: „Nein. Nicht so. Niemals so.“ Fast, aber nicht ganz.

„Dann verstehen Sie jetzt“, sagte Snape ernst. „Das ist es, was mit beinahe jedem der Mädchen, welches seit den letzten fünf Jahren, die unter meinen Schutz stehen, passiert ist, die ihre sexuelle Reife erlangt haben. Das ist es, was aus jeder Tochter eines Todessers geworden ist. Eine Hure. Nur, hier geht es nicht um Sex – das ist Gewalt. Die Kunden zahlen extra dafür. Damit wird geworben, um Merlins willen. Ich konnte sie nicht aufhalten. Ich konnte das hier nicht aufhalten. Die Mädchen, sie streben das hier nicht an. Aber sie verlassen das Waisenhaus, in der Regel noch nicht volljährig, denn für gewöhnlich haben sie dann auch schon zum Ende ihres dritten Jahres Hogwarts verlassen, meistens wegen Schikane oder Kämpfen und sexuellen Übergriffen, die dann unweigerlich immer folgen und sie versuchen andere Arbeit zu finden. Die Arbeitgeber sehen ihren Familienamen und schmeißen sie raus. Sie kommen aus Verzweiflung hier her. Und das Traurigste an der ganzen Geschichte…“ Snape hielt inne und atmete einmal durch, vergrub seine Gefühle. „Das Traurigste an der ganzen Geschichte ist, kurz, nachdem sie hier angekommen sind, fangen sie an zu glauben, sie hätten es verdient. Dass das hier alles ist, für was sie gut sind.“ Er hörte auf zu reden, verschränkte seine Arme und wandte seinen Blick ab.

Harry und Hermine hielten sich noch immer fest. Hermine hatte sich etwas beruhigt und sich wieder gefangen, aber sie atmete noch immer tief durch.

„Wenn Sie hiermit nicht umgehen können“, sagte Snape, „dann haben Sie nichts bei mir oder den Kindern verloren. Sie können es sich aus dem Kopf schlagen zu helfen. Wenn Sie es nicht ertragen können, zu wissen, wie es ist, in ihrer Hölle zu leben, dann lassen Sie es lieber ganz bleiben.“

Er begann davon zu laufen. Harry schaute hinunter zu Hermine. „Alles in Ordnung?“, flüsterte er. Sie nickte. „Bei mir auch“, sagte er. Sie nickten sich gegenseitig verstehend zu. Er ließ von ihr ab und sie standen nebeneinander, als sie auf Snapes davongehenden Rücken blickten.

„Severus“, rief Hermine. Er hielt an und drehte sich um. „Wenn es Ihr Plan war, uns einzuschüchtern, dann ist er gescheitert. Jetzt, mehr als noch zuvor, wollen wir helfen. Nicht nur denen, die im Waisenhaus leben, nicht nur denen, die in Hogwarts sind, sondern alle von ihnen.“ Ihre Stimme war jetzt selbstbewusst, sicher.

Er betrachtete sie. „Es ist mehr als nur das hier, Granger“, sagte er. „Die Jungen verschwinden in der Regel früher als die Mädchen, sie schließen sich irgendwelchen Straßenbanden an oder begehen irgendwelche belanglose Kleinverbrechen, damit sie sich über Wasser halten können. Die meisten von ihnen verbringen immer etwas Zeit in Askaban. Dementoren sind noch immer dort, egal, was das Ministerium auch behauptet. Die Wächter machen ihnen Schwierigkeiten. Sie müssen zu ihrer eigenen Sicherheit in Einzelhaft gehalten werden, da auch andere Insassen scharf darauf sind ihre Wut an ihnen auszulassen. Manchmal sehen sie ihre Eltern, nachdem sie den Kuss erhalten haben.

„Die meisten von ihnen schaffen es nicht über ihr drittes Jahr in Hogwarts hinaus, egal welches Geschlecht. Horace lässt sich nicht dazu herab auf die Schüler zuzugehen, die aus weniger geschätzten Familien stammen und der Sprechende Hut scheint kategorisch eine andere Hauswahl auszuschließen. Die anderen Slytherins nehmen ihnen den Schaden, der ihr Haus erlitten hat, übel. Ich werde nicht einmal anfangen Ihnen zu erzählen, was die Schüler aus den anderen Häusern ihnen antun. Es genügt zu sagen, dass sie bis zu dem Zeitpunkt, wo sie die Schule verlassen, bereits genug Erfahrung in Sex und Gewalt gesammelt haben, Gefälligkeiten aus anderen Häusern und ihrem eigenen.

„Ich sage ihnen, sie sollen ihre Köpfe unten und ihre Münder geschlossen halten, immer eine defensive Haltung einnehmen und immer achtsam sein, aber trotzdem scheinen die Schwierigkeiten sie immer zu finden. Minerva, das muss ich ihr zugestehen, versucht diese Dinge aufzuhalten, wenn sie von ihnen weiß, aber oftmals leiden sie schweigend und verschwinden lieber, bevor sie zu einer Autoritätsperson gehen, denn, um es offen zu sagen, vertrauen sie niemanden von ihnen.

„Also, jetzt habe ich Ihnen einen Geschmack von alle dem gegeben, Granger, und Ihnen wird gleich schlecht. Potter sieht aus, als wenn man ihn mit einem Schockzauber belegt hätte. Und jetzt werde ich Ihnen folgende Frage stellen und ich erwarte eine ehrliche Antwort: Glauben Sie ernsthaft, wahrhaftig, dass Sie damit umgehen können?“

Hermine wusste, es würde schwierig werden. Schmerzhaft. Potenziell gefährlich für ihre Karriere. Vielleicht kostete es sie sogar ein paar Freunde. Es würde ihren Ruf in der angesehenen Zaubergesellschaft ruinieren. Und trotz all dieser bekannten Dinge war Hermine sich in ihrem Leben nie etwas so sicher gewesen.

„Absolut“, antwortete sie. Sie drehte sich zu ihrem Freund um. „Harry?“

Harry nickte. „Ich habe im Krieg nicht das getan, was ich getan habe, um jetzt eine Welt zu erschaffen, wo Zauberer dies unschuldigen Kindern antun können. Ich bin dabei. Auf ganzer Linie.“

Snape bedachte sie mit einem resignierten Blick. Es war klar, er hatte gehofft, sie würden nach dem hier abhauen, ihn und seine Waisen alleine lassen. Stattdessen schüttelte er nur den Kopf und sagte: „Also schön.“ Seine Stimme tropfte nur so vor Resignation und Verzweiflung. Vielleicht war er bereits über seine Grenzen hinausgeschossen. Als er sie zurück zu ihrem Apparationspunkt vor Borgin und Burkes führte, konnten sie ihn ein „Verfluchte, beschissene Gryffindors“, murmeln hören.


*~*~*



Als nächstes: Harry unterbreitet Severus ein Angebot, welches er nicht ablehnen kann… auch wenn er es wirklich, sehr gerne tun würde. Irgendeine Ahnung, was das wohl sein könnte?


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Als ich das erste Harry-Potter-Buch las, habe ich mir meinen Bademantel angezogen und so getan, als ob ich Harry wäre. Ich rannte im ganzen Haus herum uuund... kann nicht fassen, dass ich das gerade erzählt habe.
Matthew Lewis