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Fanfiction

Just to be - Alles Gute zum Geburtstag

von Xaveria

*~* Alles Gute zum Geburtstag *~*




„Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.“

Kopfschüttelnd überreichte Hermine ihm Leopolds Brief. Severus las mit verwirrtem Blick und zusammengezogenen Augenbrauen die geschriebenen Worte.

Was zum Teufel hatte Leopold Clairemont in Gryffindor verloren?

Severus hatte noch nie zuvor bei der Wahl eines Schülers falsch gelegen. Niemals. Als Dumbledore einmal ach so taktvoll erwähnt hatte, Severus sei mehr Gryffindor als Slytherin – als ob es eine Schande wäre, ein Slytherin zu sein – hatte Severus vollkommen erstaunt dagestanden, denn der Sprechende Hut hatte sich noch nie irgendwann mal geirrt. Er hatte Longbottom in Gryffindor akzeptiert, obwohl er während seiner ersten fünf Jahre Hufflepuff quer über sein lächerliches, pummeliges Gesicht geschrieben hatte. Er hatte Percy Weasley als einen Gryffindor akzeptiert, obwohl seine Ambitionen den wohl härtesten Slytherin in den Schatten gestellt hätten. Er hatte noch nicht einmal Hermines Sortierung infrage gestellt, da er aus persönlicher Erfahrung wusste, dass die Schüler mit den besten Noten nicht immer zwangsläufig alle Ravenclaws waren. Immerhin war es seit den siebziger Jahren meistens ein Slytherin gewesen, der als Klassenbester den Abschluss erreicht hatte.

Also, wenn der Hut immer richtig lag, würde das bedeuten, dass Severus sich irrte. Aber wie? Leopold war genauso sehr ein Gryffindor wie, nun, Severus einer war. Er kannte den Jungen jetzt sein ganzes Leben lang und seit seinem fünften Lebensjahr stand er unter seiner Obhut. Rosier war listig, er war kontrolliert, verriet niemals auch nur ein Gefühl. Verdammt noch mal, er war erwachsen. Nichts dergleichen waren irgendwelche Gryffindor-Eigenschaften.

War es der Einfluss von Hermine, Potter und Longbottom? Hatte er fälschlicherweise zu viel Gryffindor in das Haus gelassen? War es ansteckend?

Nun, zumindest hatte der Junge jetzt eine Überlebenschance. Zwischen seinem neuen Namen und seinem neuen Haus war er während seiner Zeit in Hogwarts so gut beschützt, wie es nur möglich war. Der Junge könnte es vielleicht sogar schaffen. Vielleicht. Severus hatte, was das Thema betraf, bereits seine Hoffnungen verloren.

Mit einem Seufzen rieb er sich die Augen. Er hatte nicht sonderlich viel geschlafen. Die Nächte, die er mit Hermine teilte, hatten ihn bisher die meiste Ruhe seit Jahrzehnten, wenn nicht sogar in seinem ganzen Leben, geschenkt. Aber Leopolds Abreise hatte eine Störung in dem Haus verursacht. Zunächst wäre da Ermengarde Rosier, die davon überzeugt war, sie würde ihren Bruder nie wieder sehen (genau wie ihre ältere Schwester) und hatte sich Stunden lang nicht beruhigen lassen, bis Severus letztendlich nachgegeben und ihr einen Beruhigungstrank gegeben hatte. Sie konnte nicht mehr alleine in ihrem Zimmer bleiben, also war sie in Margaret Macnairs Zimmer gezogen, dessen Panikattacken aufgrund der Ängste ihrer neuen Zimmernachbarin erneut auftraten. Wenn die eine nicht in einer schreienden Panikattacke aufwachte, dann war es die andere, was für Severus, Hermine und gelegentlich auch Luna für zwei schreiende und verängstigte Mädchen sorgte.

Aus Angst, die Kinder könnten sich an den Einschlaftrank gewöhnen, hatte er sie alle davon abgesetzt. Wenn diese Woche irgendein Hinweis war, dann hatte er recht behalten. Sie waren davon abhängig und die zusätzliche Störung verschlimmerte alles nur noch.

Severus schätzte, er sollte nicht allzu überrascht sein, als ungefähr eine Woche nach der Hauswahl Lovegood zu ihm an seinen provisorischen Schreibtisch in der Küche kam.

„Severus, wie ich sehe haben Sie jetzt einen weiteren Raum, seit Ermengarde sich das Zimmer mit Margarete teilt?“, fragte sie ohne große Einleitung.

Er hatte keine Ahnung, auf was sie hinaus wollte. Seine Antwort war es, seinen angefangenen Satz zu beenden und dann mit so viel Abscheu, wie er aufbringen konnte, zu ihr auf zu blicken.

„Sie mussten mich diese Woche jeden Abend rufen und auch schon viele Abende zuvor, um die schreienden Kinder zu beruhigen“, fuhr Lovegood fröhlich fort. „Ich denke, der nächste logische Schritt wäre, wenn ich auch über Nacht hier bleiben würde und jetzt, wo Sie ein Zimmer übrig haben, sollte ich es auch benutzen. Dann wäre ich die erste Person, die sie sehen und so könnte ich bei einer Panikattacke bereits das Schlimmste abwenden.“

Severus’ Gesicht blieb ausdruckslos. Vermutlich war die Idee gar nicht mal so schlecht, aber Severus wollte wirklich, ganz und gar nicht mit Lovegood unter einem Dach leben.

„Ich weiß, Sie sind jetzt hin und hergerissen, da Sie auf der einen Seite eine helfende Hand durchaus gebrauchen könnten, aber nun, auf der anderen Seite, wollen Sie nicht mit mir unter einem Dach leben.“

Merlin! Wie machte diese Hexe das nur? Hermine sagte immer wieder wie einsichtig Lovegood war, aber dieses Mädchen war schon beinahe eine Seherin. Severus fragte sich, ob sie vielleicht nicht doch eine Seherin war. Er glaubte nicht an viel, aber er glaubte an Seher. Diese Lektion hatte er auf den harten Weg gelernt.

„Ich leite vielleicht ein Waisenhaus, Miss Lovegood, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich auch jedes verlorene Kind aufnehme“, sagte er mit kalter Stimme.

„Das würde ich auch gar nicht von Ihnen erwarten“, kam prompt die Antwort. „Aber Sie müssen zugeben, Sie brauchen mich. Hermine übernachtet aus anderen Gründen hier und wohnt nicht in diesem Haus, Neville kommt nur an den Wochenenden und Harry kehrt abends wieder zu seiner Familie zurück. Also ernsthaft, im Grunde akzeptieren Sie nur noch eine weitere Person, und dazu noch eine, deren Fähigkeiten Sie durchaus benötigen.“

„Jedenfalls“, fuhr Lovegood Severus‘ innerer Wut gegenüber unbekümmert fort, „schlage ich vor, wir versuchen es eine Woche und sehen dann, wie es funktioniert. Ich verspreche Ihnen, ich werde Sie und Hermine nicht stören und Ihnen nicht im Wege stehen. Hoffentlich werden Sie zustimmen, dass die positiven Aspekte den negativen gegenüber überwiegen.“

Damit verschwand sie einfach. Da er keine andere Wahl hatte als ihr zuzustimmen, stöhnte Severus lediglich auf.


*~*~*~*



Während dessen spielte Hermine mit dem Gedanken im Grimmauldplatz einzuziehen, wenn auch aus komplett anderen Gründen. Sie verbrachte immer mehr Nächte mit Severus, immer nur in ihrem Zimmer, niemals in seinem. Seit sich ihre Beziehung verändert hatte, war sie im Grunde noch nie in seinem Schlafzimmer gewesen. Er war ein unglaublich privater Mensch und sie wollte nicht herumschnüffeln.

Der Druck jeden morgen früh aufzustehen, um in ihre Wohnung zu verschwinden, zu duschen und sich für die Arbeit umzuziehen, nur um dann wieder zu den Kindern zurückzukehren, bevor sie aufstanden, stieg stetig an. Es fühlte sich an, als ob sie herumschlichen und etwas Verbotenes taten, was nun wirklich nicht der Fall war. Sie wollten es jetzt auch nicht unbedingt auf die Titelseite des Propheten schaffen (wo es vermutlich landen würde, sollte es an die Öffentlichkeit gelangen), aber ihre Freunde, die davon wussten, waren durchaus diskret. Die Kinder hatten in ihren jungen Leben bereits so viel gesehen, dass zwei einwilligende, erwachsene Menschen in einer Liebesbeziehung, die ansonsten keinerlei Bindungen hatten, nicht allzu traumatisierend sein sollten. Und Hermine verbrachte so oder so ihre gesamte Zeit hier. Es war durchaus sinnvoll.

Doch gleichzeitig wollte sie Severus auch nicht einengen. Was sie jetzt hatten, funktionierte für sie beide. Es war nicht so, dass sie keine Zeit miteinander verbringen wollten, aber zu wissen, eine Ausweichmöglichkeit zu haben, beruhigte ihn vermutlich. Seine Privatsphäre war in den letzten sechs Monaten überaus strapaziert worden und es noch weiter zu drängen, würde vermutlich einem Selbstmord gleichkommen. Aber jetzt genug davon. Jetzt würde sie die Tür öffnen und ihren neusten Kollegen begrüßen, der ab jetzt jeden Tag hier arbeitete.

„Professor Potter!“, rief sie, als sie schwungvoll die Tür öffnete. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Severus mit einem Augenrollen in der Küche verschwand.

„Professor Granger!“ Harry warf seine Arme um Hermine und küsste sie auf die Wange. Zwischen ihrer vielen Zeit am Grimmauldplatz und seiner wachsenden Familie, hatten die beiden in den letzten Wochen nicht sonderlich viel Zeit gehabt, sich zu sehen. Es war ein unglücklicher aber natürlicher Schritt im Erwachsenwerden, das wusste sie, aber sie war auch froh, wieder ihre Zeit gemeinsam mit ihm verbringen zu können, genau wie damals, zu ihrer Zeit in Hogwarts.

Vielleicht war er ja der Nächste, der auch noch hier einziehen wollte, dachte sie voller Ironie. Würden da nicht Severus‘ Träume wahr werden – Harry Potter und Luna Lovegood als Mitbewohner. Oh na schön, vermutlich besser als, sagen wir mal, eine Zelle in Askaban.

Vielleicht.

„Komm setz dich, wir haben noch etwas Zeit, bevor wir in den Unterricht müssen“, sagte Hermine, als sie zu den Sesseln vor dem Kamin deutete. „Weißt du, in Zukunft solltest du durch den Kamin hierher kommen – Severus mag es nicht, wenn zu viele Leute wissen, wo wir sind und er befürchtet, so könnten wir entdeckt werden.“

„Wäre ich ja, aber aus irgendwelchen Gründen werde ich ständig blockiert.“

Vermutlich eine Bestrafung für seinen unangekündigten Besuch. „Ich werde dafür sorgen, dass er die Sperre aufhebt“, sagte Hermine mit einem Augenrollen. „Wie geht’s Ginny? Sie hatte kaum Zeit mir eine Eule zu schicken.“

„Ihr geht es wirklich gut, dem Baby geht es gut – es wird übrigens ein weiterer Junge.“

„Oh Harry, das ist wundervoll.“

„Ich wollte es dir ja sagen. Aber offensichtlich, wenn ich nicht einfach im Morgengrauen irgendwo hereinschneie, schaffe ich es wohl nicht irgendwelche Informationen weiterzuleiten.“ Sie lachten. Gut, dass Severus nicht hier war, auch wenn er vermutlich zuhörte. Er konnte noch nicht darüber lachen.

„Und wie geht es James?“

„Wirklich gut. Er setzt sich jetzt schon von ganz alleine auf und wird vermutlich jeden Tag anfangen zu krabbeln.“ Er durchsuchte seine Taschen und zog ein Foto von einem schwarzhaarigen, braunäugigen Baby heraus, welches vor dem Kamin saß und versuchte einen goldenen, fliegenden Schnatz mit seinen pummeligen Händen über seinem Kopf zu fangen.

„Ein geborener Sucher“, bemerkte Hermine glücklich.

„Natürlich ist er das – er ist mein Sohn“, antwortete Harry mit unverkennbarem Stolz. Hermines Herz füllte sich mit Glück für ihren Freund. Das war alles, was er immer wollte. Eine eigene Familie. Ein einfacher Traum für einen der größten Helden in der Zauberwelt. Hermines Gedanken schwankten zu dem anderen lebendigen Helden, mit dem sie die Nacht zuvor verbracht hatte. Was waren seine Träume? Was waren ihre?

„Aber im Ernst“, sagte Harry, als er etwas näher zu seiner Freundin hinüberrutschte. „Wie geht es ihm mit alle dem? Ich meine, ich weiß, ich bin kaum sein Liebling. Er hat mir nie wirklich die Erlaubnis gegeben hierher zu kommen, aber die Tatsache, dass ich nicht augenblicklich verflucht worden bin, als ich angeklopft hatte, gibt mir etwas Hoffnung, er könnte es vielleicht akzeptiert haben.“

Hermine seufzte und zauberte einen wortlosen Muffliato. Wenn Severus schon zuhörte, dann gab es keinen Grund für ihn das jetzt auch noch zu hören. Sie würde sich um die Auswirkungen ihn einfach so mit seinem eigenen Zauber zu blocken, später kümmern.

„Du musst das verstehen, Harry, und ich denke, das tust du auch, aber er hat das, was mit deinem Vater damals geschehen ist, niemals überwunden. Zumindest nicht komplett. Du erinnerst dich doch bestimmt noch, was Dumbledore mal gesagt hat – manche Wunden sind zu tief, um zu verheilen? Also, ich glaube niemand, nicht einmal er selbst, hatte jemals versucht, sie zu heilen. Und da gibt es viel, was geheilt werden muss – aus seiner Sicht hatte dein Vater ihn schikaniert, belästigt, ihn öffentlich bloß gestellt und ihm dann das Mädchen gestohlen und geheiratet, welcher er geliebt hat. Du weißt, seine Eindrücke sind von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt.“

Harry nickte. Er konnte sich noch gut an seine Reaktion erinnern, nachdem er vor all den Jahren Snapes Erinnerungen im Denkarium gesehen hatte. Wie sehr er in diesem Moment mit Snapes Einschätzung seinem Vater gegenüber übereingestimmt hatte. Wie sehr er ihm zugestimmt hatte, nachdem Snape ihm seine Erinnerungen im Bootshaus überlassen hatte.

„Also hat er es nie überwunden und du bist diese lebende, atmende Erinnerung an die Tatsache, dass sie James anstatt ihn geheiratet hatte. Ich bin mir sicher, es hat ihm das erste Mal in der Großen Halle unglaublich wehgetan, dich zu sehen und dort ihre Augen in James Gesicht zu erkennen. Ich glaube, die Entscheidung dich zu hassen, hat er genau dort getroffen, denn mit Hass ist einfacher umzugehen, als mit Trauer. Ich denke, es war einfacher für ihn James zu hassen, als um Lily zu trauern, die ein Teil von dir ist und für jeden, der sie kannte, sichtbar war.“

Sie griff nach seiner Hand und umschlang seine Finger. Einer von ihnen drückte leicht zu; sie war sich nicht sicher, wer von ihnen.

„Ich habe die Hoffnung, er könnte mich mögen, aufgegeben, Hermine“, sagte Harry mit schwerer Stimme. „Ich habe akzeptiert, dass er es nie tun wird. Aber ich will ihm helfen, doch ich befürchte er glaubt mir nicht.“

„Das tut er“, sagte Hermine. „Glaube es oder nicht, aber er weiß, dass du es ernst meinst. Genau, wie du gesagt hast, er hat dich nicht in die Bewusstlosigkeit verflucht, als du heute hier aufgetaucht bist.“

„Hast du ihn beschwichtigt?“

„Das habe ich vielleicht.“ Sie grinste, doch dann senkte sie ihre Stimme zu einem Flüstern. „Er vertraut mir und meiner Meinung in Bezug auf dich und so lässt er dich helfen. Ich schätze, ich wollte einfach nur, dass du verstehst, woher das alles kommt.“

„Er hat dir all das erzählt?“ Harry konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sich Snape irgendwem, noch nicht einmal seiner Geliebten gegenüber, so öffnen würde.

Hermine schüttelte mit ihrem Kopf. „Nicht mit so vielen Worten. Ich habe… ihn in den letzten Monaten einfach nur etwas besser kennengelernt, das ist auch schon alles.“

„Ich wette, das hast du“, fügte Harry frevelhaft hinzu. Hermine schlug ihm spielerisch auf die Schulter. „Ich sollte ihm dann wohl keine weiteren Babyfotos mehr zeigen, was?“

„Für eine Weile vielleicht.“

„Damit kann ich leben.“ Harry wandte seinen Blick für eine Minute gedankenverloren ab, bevor er dann wieder zu seiner Freundin hinüberblickte. „Glaubst du, er wird jemals fähig sein… na ja, mich neutral zu betrachten? Er kannte meine Mutter so gut und ich wollte nur… er ist der Einzige, der noch übrig ist.“

Hermine drückte Harrys Hand. „Ich weiß es nicht. Ich hoffe, er kann es. Deinetwillen und seinetwillen. Wenn er mit dir reden könnte, dann schafft er es vielleicht auch, seine eigene Trauer um sie und den Hass deinem Vater gegenüber zu überwinden. Vielleicht keine absolute Versöhnung, aber zumindest einen Abschluss.“ Sie seufzte. „Vielleicht schaffen wir das irgendwann alle einmal.“

Diesmal war Harry an der Reihe, ihre Hand zu drücken.


*~*~*~*



Severus hatte den ganzen Tag nach irgendeiner Entschuldigung gesucht, Potter zu verfluchen und ihn rauszuschmeißen. Aber Potter, der kleine Dorn in seiner Seite, der er schon immer gewesen war, verweigerte ihm genau dies.

Er tat alles, um was Severus ihn bat. Alles. Er hatte sogar einen Kessel ohne Magie und Widerworte geschruppt. Etwas, was er zu seiner Schulzeit niemals getan hätte. Er vermutete, es war etwas kindisch von ihm, aber er wollte Potter nicht in diesem Haus haben. Selbst wenn es Hermine glücklich machte. Selbst wenn er ein nicht ganz hoffnungsloser Lehrer war, was die nichtmagischen Fächer anging. Alles, was er brauchte, war ein Grund ihn zu verfluchen und Potter gab ihm einfach keinen.

Verdammt, selbst die Kinder hatten gut auf die Nachricht reagiert, als er heute Morgen beim Frühstück verkündet hatte, Potter würde jetzt ganztägig hier sein. Sie hatten gelächelt. Gelächelt! Wegen Potter gelächelt! Verräter, allesamt.

Als Nächstes hatten sie seinem Matheunterricht gelauscht, Notizen gemacht und sich gut in seinem kleinen Quiz geschlagen. Severus hatte ihn aus dem Hintergrund beobachtet, in der Hoffnung ihn nervös zu machen, ihm seinen besten Todesser-Blick zugeworfen. Nichts. Er hatte alles gemeistert. Selbst die Gleichungen waren korrekt.

Potter war kurz vor dem Abendessen verschwunden, als er meinte, er müsste nach Hause zu seiner Familie. Er hatte vor Severus gestanden, seine grünen Augen hatten in seinem kleinen, erbärmlichen, lächelnden Gesicht gestrahlt. „Ich wollte Ihnen danken Severus, dass Sie mir diese Möglichkeit gegeben haben.“ Und dann hatte er ihm seine verdammte Hand gereicht!

Genau in diesem Moment, kam Hermine zu ihnen hinüber. „Oh, gehst du schon, Harry?“, fragte sie abwesend. Da er sie nicht enttäuschen wollte (er hatte ihr immerhin versprochen, er würde es versuchen), nahm er Potters Hand und schüttelte sie so schnell wie möglich.

Hermine hatte gestrahlt. Potter hatte gestrahlt. Severus’ Blick hatte sich verfinstert.

Nachdem Potter dann gottseidank verschwunden war und Severus hinter ihm die Tür mit etwas mehr Kraft als vielleicht nötig gewesen wäre, geschlossen hatte, hatte Hermine ganz leicht ihre Hand auf seinen Arm gelegt, sich auf die Zehenspitzen gestellt und ihn auf die Wange geküsst.

„Danke“, flüsterte sie. „Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.“

Ich werde niemals dein Vertrauen missbrauchen, hatte sie gesagt.

Doch wird sie, das tun sie alle, verspottete ihn die Stimme.

Severus wollte nicht auf diese Stimme hören. Hermine hatte zum ersten Mal außerhalb ihres Schlafzimmers ihm gegenüber Zuneigung gezeigt. Es fühlte sich… gut an. Wenn das seine Belohnung dafür war, Potter gegenüber nett zu sein („nett“ wurde in diesem Fall sehr freizügig definiert), wäre er sogar bereit, es noch einmal zu versuchen.

Wenn er Hermine aber erst einmal oben hatte, dann würde er sich selbstverständlich so verhalten, als ob er noch etwas mehr Überzeugung bräuchte.


*~*~*~*



Ein Gryffindor zu sein, war gar nicht mal so schlecht, entschied Leopold.

Miss Granger war absolut begeistert gewesen, als sie seine Eule erhalten hatte, und hatte augenblicklich mit allen möglichen Ratschlägen und Tipps und Anekdoten aus ihrer Zeit im Gryffindor-Turm geantwortet. Ihre Begeisterung für einen neuen Gryffindor war offenbar eine Haus-Eigenschaft. Er hatte sich augenblicklich in ihrer Mitte willkommen gefühlt. Niemand hatte nach seinem Blutstatus gefragt, nur Fragen zu seiner Person gestellt. Als er erwähnte, er habe seine Familie im Krieg verloren, hatte er nichts weiter als Mitgefühl von seinen neuen Hauskameraden erhalten.

Er fand sie laut, ungestüm, neugierig und zum Teil etwas dümmlich. Aber trotzt allem, begann er den Turm und die Menschen darin zu mögen.

Professor Longbottom hatte ihm eine Eule geschickt und ihn darum gebeten, sich einmal die Woche mit ihm “zu treffen”, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung mit ihm war. Leopold hatte zugestimmt (er war immerhin ein Lehrer), aber er wusste auch, es war relativ unwahrscheinlich, als ein Gryffindor herausgepickt und schikaniert zu werden. Er hatte auch den Eindruck, dass alleine durch sein Haus die Lehrer viel mehr bereit waren, ihn zu beschützen. Allerdings hatte er bisher noch immer nicht verstanden, warum er ausgerechnet in dieses Haus sortiert worden war. Was an ihm war so Gryffindor? Er fühlte sich willkommen, klar, aber er hatte auch das Gefühl sich nicht wirklich einleben zu können. Nichtsdestotrotz würde er das Beste daraus machen.

„Das Beste daraus machen“, war eine Aufgabe, die sich nach dem dritten Tag bereits verbessert hatte.

„Ist dieser Platz noch frei?“ Leopold blickte auf, um ein Mädchen mit roten, lockigen Haaren und einer Brille neben sich am Haustisch in der Großen Halle stehen zu sehen. Sie trug eine schiefe Gryffindor-Krawatte und sah etwas nervös aus. Leopold nickte und deutete auf den Platz zu seiner Rechten. Sie setzte sich.

„Ich bin Clara Phillips“, bemerkte sie leise. Merlin, aber waren das blaue Augen.

„Leopold Clairemont“, antwortete er so, als ob er sich in Trance befände.

„Liest du gerade Zauberkünste?“, fragte sie ihn und deutete auf das Buch vor ihm. Er nickte. „Ich mag Professor Flitwick“, fuhr sie fort. „War es nicht aufregend, wie er einfach die Dinge durch die Luft schweben lassen konnte?“

Leopold hatte gesehen, wie Mr. Snape es beinahe jeden Tag in seinem Leben getan hatte, also verstand er nicht so recht, was daran so aufregend war, aber er nickte lediglich. „Richtige Magie“, sagte sie.

Clara hatte es den Atem verschlagen. „Ich habe vor dieser Woche hier niemals wirklich richtig Magie benutzt.“ Sie sah ihn nervös an. „Ich hatte Angst, es würde nicht funktionieren.“

„Ich habe dich gesehen“, sagte Leopold ohne nachzudenken. „Im Unterricht. Du warst die Erste, die es hinbekommen hat. Du warst brillant.“

Clara lächelte ihn an. Leopold lächelte zurück und versuchte nicht zu erröten.

„Möchtest du heute Nachmittag in Zauberkünste neben mir sitzen?“, flüsterte sie, ohne wirklich seinen Blick zu treffen.

Leopold nickte. „Ja, bitte“, flüsterte er zurück. Das kleine Mädchen strahlte ihn förmlich an, schnappte sich einen Apfel vom Tisch und verschwand mit einem kleinen Winken.

Leopold sah ihr nach. Er hatte zuvor nie wirklich über Mädchen nachgedacht… nun würde er in seiner Zeit in Hogwarts, wie lange sie auch immer andauern mochte, bestimmt sehr viel über Clara Phillips nachdenken.

Er hoffte nur, keiner würde je von seinem Geheimnis erfahren.


*~*~*~*



„Alles in Ordnung, Severus?“

Mit einem finsteren Blick schaute Severus auf, als sich Potter während des Mittagessens einfach neben ihn auf den freien Stuhl setzte. Severus und die anderen saßen immer zusammen mit den Kindern zum Essen am Tisch, aber oftmals saß Severus etwas abseits. Manchmal war er versunken in seinen Gedanken oder in irgendwelchen Papieren, schon beinahe so wie in Hogwarts.

„Potter“, antwortete er leidenschaftslos, ohne Harrys Blick zu treffen. Das war schon höflich für ihn, wenn es um Potter ging.

„Hören Sie, Hermine und Luna verbringen ihre Mittagspause in der Winkelgasse, um etwas einzukaufen, also denke ich, ist jetzt der passende Moment, um es Ihnen zu sagen.“

„Mir was sagen?“

Potters Stimme fiel auf ein Flüstern hinab. „Nächsten Donnerstag hat Hermine Geburtstag, und wie ich sie kenne, hat sie es vermutlich gar nicht erwähnt.“

Severus spürte, wie sämtliches Blut aus seinem Kopf rauschte.

„Nein“, sagte er langsam. „Hat sie nicht.“

„Habe ich mir doch gedacht. Das macht sie nie, keine Sorge. Also, jetzt wissen Sie’s. Jetzt können Sie entscheiden, was Sie mit dieser Information anfangen wollen.“

Severus legte seine Gabel etwas zu heftig auf den Tisch ab, wodurch Potter zusammenzuckte und alle Kinder in seine Richtung blickten. Ein einziger Blick von Severus war genug, damit sich alle wieder ihren eigenen Tellern zuwandten.

„Das ist alles?“, zischte er. „Sie lassen diese Bombe einfach vor meine Füße fallen und entscheiden dann, Sie lassen mich ‚entscheiden, was ich damit tun sollte‘?“ Nicht ein Hinweis, was von ihm erwartet wurde? Wollte Potter ihn gerade verarschen? Nicht einmal zu seinen schlimmsten Zeiten hätte Severus einen Feind dermaßen auf den Trockenen liegen gelassen.

„Nervös, nicht wahr?“ Potter lächelte ihn mitfühlend zu. „Entspannen Sie sich. Hermine erwartet nichts zu ihrem Geburtstag. Mit zwei Kerlen als ihre besten Freunde, ist sie, was das betrifft, nicht sonderlich sentimental, nicht?“

Dafür könnte Severus Potter umbringen. Also erwartete sie nichts von ihren Freunden. Severus hatte eher gedacht, er sei mehr, als nur ein Freund für sie. Das würde doch Erwartungen mit sich bringen… oder nicht? Aber was erwartete sie?

Du denkst, du seist mehr als nur ein Freund, wo du doch wahrscheinlich viel weniger bist, sagte die Stimme. Sie hat es dir vermutlich nicht gesagt, weil sie lieber mit jemandem anderen als mit dir ihre Zeit verbringen will. Severus schüttelte mit dem Kopf, um die Stimme zum Schweigen zu bringen.

„Potter…“, flüsterte Severus. „Ich bin nicht bloß... ein Freund für sie, oder?“

Potters Augen leuchteten auf und er lächelte. „Nein, das denke ich nicht. Also gut, Sie wollen vermutlich etwas für sie machen. Mir wäre es eine Freude, nun Sie wissen schon, Ihnen in jeglicher Weise zu helfen…“

Severus durchwühlte seinen Kopf nach einem möglichen Ausweg, aber er konnte letztendlich nichts finden. Er würde am liebsten niemanden um Rat fragen. Aber Lovegood war vermutlich nutzlos, Longbottom war in Bezug auf alles vollkommen nutzlos und Potter kannte sie besser als sonst jemand. Aber er wollte wirklich, unter keinen Umständen, Potter um Hilfe bitten. Er mochte es nicht in der Schuld von jemandem zu stehen, schon gar nicht in Potters.

„Ich würde es ihr zu Liebe tun und nicht als einen Gefallen für Sie“, bot Potter an. „Ich weiß, der Gedanke, irgendwie in meiner Schuld zu stehen, schreckt Sie ab.“

Konnte man ihn inzwischen wirklich so einfach durchschauen? Lovegood war schon schlimm genug, aber jetzt wusste sogar schon Potter, was er dachte.

Wie erniedrigend.

Da musste er seiner inneren Stimme mal zustimmen.

Potter klopfte Severus leicht auf die Schulter. Arg! „Keine Sorge, Severus, ich werde Ihnen helfen. Ich musste auch einmal einen ersten Geburtstag mit Ginny durchstehen und glauben Sie mir, ich habe die ganze Nacht Blut und Wasser geschwitzt, in der Hoffnung es nicht zu vermasseln. Aber Sie haben Glück, da Hermine nicht weiß, dass Sie es jetzt wissen, werden ihre Erwartungen recht niedrig sein. Also das heißt, egal, was Sie machen werden, es wird das Richtige sein.“

Alleine die Anwesenheit von vierzehn Kindern war der Grund, warum Severus nicht Potters Zunge aus seinem verdammten Mund fluchte.


*~*~*~*




An ihrem Geburtstag lief Hermine abends die Treppen am Grimmauldplatz hinunter, ihre Nase hatte sie in einem Buch vergraben, als sie in zwei warme Objekte, die ein Drittes, sich Windendes hielten, stieß.

„Harry! Ginny! Was macht ihr so spät noch hier?”

„Babysitten“, antwortete Ginny, als sie James an Harry weiterreichte, um ihre Freundin zu umarmen. „Alles Gute, Liebes.“

„Danke, Gin“, sagte Hermine und verstand noch immer nicht, warum ihre Freunde hier waren. „Aber was meinst du damit, Babysitten?“

„Du und ich haben heute woanders Pläne“, bemerkte eine tiefe Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um, nur um Severus zu sehen, der einen Mantel trug und ihren in seiner Hand hielt. „Und wir sollten jetzt besser los, damit wir uns nicht verspäten.“

„Pläne?“

„Es ist doch heute dein Geburtstag oder etwa nicht?“

Hermine stand noch immer sprachlos da. Sie hatte Severus nicht gesagt, wann ihr Geburtstag war und hatte auch nichts von ihm erwartet, wenn er es denn gewusst hätte. Er lächelte nicht direkt, aber seine Augen funkelten - er sah so aus, als ob er wirklich etwas mit oder besser für sie machen wollte. Sie lächelte ihm zu und akzeptierte den Mantel, als er ihn über ihre Schultern legte.

„Ich schätze, dann sollten wir keine Zeit verlieren“, sagte Hermine. Severus antwortete ihr nicht, als er die Tür für sie öffnete und ihr andeutete, sie sollte durchtreten. Sie sah nicht, wie er und Harry einen Blick austauschten. Harry lächelte und winkte ihm kurz zu und Severus antwortete mit einem Augenrollen. „Sollte irgendetwas passieren, werde ich es wissen“, waren Severus‘ verabschiedende Worte.

„Ich hege keine Todeswünsche“, antwortet Harry.

Als sie erst einmal draußen waren, spürte Hermine, wie er ihre Hand nahm und sie in eine feste Umarmung schloss.

„Herzlichen Glückwunsch“, flüsterte er, kurz bevor er sie disapparierte.

Potter hatte ihm erzählt, Hermine war weder materialistisch, noch wirklich, an irgendwelchen großartigen romantischen Gesten interessiert. Sie war es offenbar schon nicht vor dem Krieg gewesen und danach hatte es offenbar noch mehr abgenommen. Perfekt. Severus war in keinem von beiden sonderlich gut.

Potter hatte ihm auch gesagt, Hermine mochte nichts lieber, als gutes Essen und an einem sicheren, ruhigen, friedlichen Ort zu sein. Keine Wälder, sie hatte sie nach ihrer monatelanger Jagd nach Horkruxen im Zelt abgeschworen (Severus war überrascht zu erkennen, wie viel Zeit sie wirklich in diesem Zelt verbracht hatten – waren es wirklich fünf Monate gewesen?). Sie misstraute sowohl großen Menschenmengen, als auch engen Räumlichkeiten, wo sie nicht einfach einen Ausgang erkennen konnte. In der Öffentlichkeit beobachtete sie ständig die Menschen und war für alle Schwierigkeiten gewappnet.

Keine Geschenke, keine Natur, keine fremden, öffentlichen Plätze oder geschlossene Räumlichkeiten und keine Menschenmengen. Severus entschied, da gab es wirklich nur eine einzige Möglichkeit.

Selbst in England wurde es zu dieser Jahreszeit langsam kühler, aber die Küste von Brighton erfuhr dieses Jahr eine besonders warme Periode. Der Mond war zu drei viertel voll und nahm weiter ab, also brauchten sie sich keine Sorgen um irgendwelche Werwölfe machen. Er hatte alles, was er brauchte in eine Hosentasche gestopft (keine Roben, nicht heute Abend) und hielt Hermine in seinen Armen. Er hoffte, er hatte eine gute Wahl getroffen.

„Wo sind wir, Severus?“, fragte Hermine, nachdem s die Welt aufgehört hatte, sich um sie zu drehen. Er nahm ihre Hand und führte sie aus der Gasse hinaus, in die er appariert hatte.

„Brighton“, flüsterte er. Er drückte ihre Hand und sagte dann: „Mach dir keine Sorgen – wir sind absolut sicher.“

Er führte sie schweigend durch die Straßen und hinunter zur Küste, welche Gott sei Dank leer war.

Heimlich zauberte er ein paar Muggel-Abwehr-Zauber, um sicherzugehen, dass es auch so blieb. Man durfte ja trotz allem nicht die Sicherheit aus den Augen lassen.

Heute Nacht war die See ruhig, das einzige Geräusch war das leise Plätschern der Wellen gegen den Sand. Das Mondlicht schimmerte in der Abenddämmerung; der Himmel war lavendelblau und ging langsam in Schwarz über. Zum Glück war es auch noch wolkenlos. Schon bald würden die ersten Sterne durchschimmern, besonders dann, wenn Severus die Straßenbeleuchtung etwas dimmte, was er auch vorhatte.

Er führte sie zum Ufer, weit genug entfernt, dass sie nicht von der Flut überrascht wurden, die gerade einbrach, und zog ein Taschentuch aus seiner Tasche. Mit einer schnellen Handbewegung verwandelte er es in eine große Decke, welche er auf den Boden legte. Er nahm Hermines Hand und lud sie ein sich auf den Boden zu setzen. Dann zog er einen winzigen Korb aus seiner Tasche hervor und nach einer weiteren flinken Bewegung, verwandelte sich der Korb zurück in seine normale Größe. Ein Picknickkorb.

Severus redete sich ein, er war weder sentimental noch romantisch. Es war lediglich eine Möglichkeit Hermine auszuführen, ohne sie zu verängstigen. Selbst Potter hatte zugestimmt, es könnte eine gute Wahl sein. Aber Merlin steh ihm bei, wenn er sich nicht ernsthaft fragte, ob er nicht kopfüber in einen Liebesroman gestürzt war.

Zwischen ihr und den Kindern da erkannte er sich kaum noch wieder.

Hermine für ihren Teil sah ruhig und glücklich aus. Sie hatte wirklich nicht von ihm erwartet, dass er dieses Ereignis zur Kenntnis nehmen würde, ganz zu schweigen davon, sie zu einem Abendessen im Mondschein am Meer auszuführen.

Severus vermutete, man könnte dies hier vermutlich als ihr erstes, richtiges Date verbuchen.

„Severus, das ist…“ Hermine verstummte, als er die Gefühle in ihrer Stimme hörte. „Ich bin sehr berührt.“ Sie ließ von seiner Hand ab und spähte in den Korb. „Du hast dir sehr viele Umstände gemacht.“

„Ich wünschte, ich könnte das behaupten, aber ich hatte keinerlei Umstände. Diese verfluchte Hauselfe hat das Essen zubereitet und ich habe mir lediglich einen Ort überlegt, wo wir es zu zweit ganz in Ruhe genießen können. Tut mir leid, dass es nicht mehr ist.“

„Nicht“, sagte Hermine. „Es ist alles, was ich wirklich haben möchte.“

Für eine ganze Weile saßen sie in einem angenehmen Schweigen da und aßen die Köstlichkeiten aus dem Korb. Sie nippten an dem Wein, den Kreacher für sie eingepackt hatte und später verzauberten sie die Gläser so, dass sie sich automatisch wieder füllten. Beide wussten noch sehr wohl, was passiert war, als sie das letzte Mal zusammen Alkohol getrunken hatten. Der Himmel wurde zunehmend dunkler und die ersten Sterne begannen zu funkeln.

„Was tust du für gewöhnlich an deinem Geburtstag?“, fragte er schließlich, nachdem er einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte.

Sie lehnte sich mit einem Seufzen gegen ihn. „Seit dem Krieg gar nichts mehr. Ich wollte nicht allzu viel Aufmerksamkeit oder darüber nachdenken. Selbst wenn du mich jetzt nach meinem Alter fragen würdest, würde ich einen Moment brauchen, um mich zu erinnern.“

„Warum?“

„Weil ich die meiste Zeit in meinen Kopf noch eine achtzehnjährige Flüchtige bin, die jeden Tag weitere Freunde und Familienmitglieder verloren hat“, sagte sie traurig. „Und jedes verstreichende Jahr erkenne ich, wie weit ich mich von alle dem und ihnen entfernt habe. Die Tatsache, wie viel Zeit manchmal bereits vergangen ist, verängstigt mich. Also, wenn ich meinen Geburtstag nicht beachte, kann ich es ignorieren.“

Severus geriet in Panik und dachte, er hätte wirklich nicht auf Potter hören sollen.

„Aber“, fuhr sie fort. „Das hier ist wirklich wundervoll. So etwas habe ich zuvor noch nie getan. Es hat eine einfache Schönheit – das Meer, meine ich. Etwas Ewiges. Es bringt mich dazu zu denken… vielleicht sollte ich mich nicht schuldig fühlen, überlebt zu haben. Vielleicht sollte ich das Leben genießen. Ich weiß, wäre ich gestorben, ich hätte gewollt, dass meine Freunde genauso wie zuvor lebten. Ich meine, welchen Sinn hat das Leben schon, wenn man sich davor fürchtete, es zu leben, richtig?“ Sie lächelte Severus ehrlich an und neigte leicht ihren Kopf, um ihn leicht zu küssen. „Also danke, Severus. Das ist das beste Geschenk, welches du mir hättest geben können.“

„Eine Epiphanie?“

„So was in der Art, ja.“

„Dann bin ich froh“, sagte er. Der Abend wurde immer dunkler und anstatt ein Feuer zu entfachen, welches nur Aufmerksamkeit erregen würde, verließ sich Severus auf das reflektierende Mondlicht. Dunkelheit und Schatten waren für ihn Sicherheit. In der Dunkelheit konnte er sich etwas entspannen und auf Gefühle zurückgreifen, die er unbewusst so tief vergraben hatte, dass er manchmal vergaß, sie wirklich noch zu besitzen. Hier im Mond- und Sternenlicht und der sanften Dunkelheit des Meeres und etwas gelöst durch den Rotwein, wusste er, konnte er sicher und ehrlich sprechen, genau wie an dem Abend, den sie vor dem Kamin verbracht hatten.

„Du verdienst es, glücklich zu sein, Hermine… Ich will dich glücklich sehen.“

„Du machst mich glücklich“, antwortete Hermine.

Severus dachte an noch etwas anderes, was Potter ihm erzählt hatte: „Hermine ist zerbrechlich. Sie macht nichts leichtfertig, aber sie will auch nicht verletzt werden. Wenn sie also mehr als nur eine Freundin mit gewissen Vorzügen für Sie ist, dann wäre vielleicht jetzt kein schlechter Zeitpunkt es sie wissen zu lassen, wenn Sie das nicht bereits schon getan haben.“

Er dachte auch an etwas, was ihn mal seine Mutter gesagt hatte, als sie ihn wegen Lily so zerbrochen gesehen hatte: „Frisch gewagt ist halb gewonnen, Severus.“

„Und du machst mich glücklich – ich bin seit Langem nicht mehr so glücklich gewesen. Aber… da gibt es etwas, was ich dir sagen muss.“

Er spürte, wie sich Hermine in seinen Armen anspannte und er drückte sie beruhigend. Sie denkt, du wirst die Sache mit ihr ausgerechnet an ihrem Geburtstag beenden, sagte die Stimme. Du wirst wirklich deinem Ruf gerecht, Snape.

Schraub deinen Mut nur bis zum höchsten Grad,
sagte sich Snape selbst und versuchte die Anstachelungen der Stimme zu ignorieren.

„Seit den letzten Monaten… haben wir unsere Zeit zusammen komplett auf das Schlafzimmer beschränkt. Wir müssen es noch immer irgendwie benennen oder wirklich darüber reden. Und obwohl es wirklich wundervoll gewesen ist, ist es mir nicht mehr genug.“ Er drehte sie in seinen Armen, so, dass sie ihn ansehen konnte, und hoffte schlichtweg, der Mut würde ihn nicht verlassen. „Hermine, ich will eine richtige Beziehung mit dir. Ich will keine offene Zuneigung zwischen uns, besonders nicht in der Öffentlichkeit oder vor den Kindern und ich will auch nicht auf irgendwelche Paar-Verabredungen mit den Potters gehen, und ich werde dir keinerlei Versprechungen machen können, was die Zukunft betrifft, aber ich weiß, ich will in jeder Hinsicht mit dir zusammen sein.“

Hermine war überrascht, aber in ihrem Blick konnte er nichts anderes als Glück erkennen. Sie nickte. „Ich auch, Severus. Ich will all das. Aber ich bin…”

„Du bist mir wichtig“, unterbrach er sie flüsternd und fürchtete sich vor den Worten, die sie vielleicht vollendet hätte. „Du bist mir sehr wichtig und ich will derjenige sein, der dich glücklich macht. Ich will derjenige sein, der dafür sorgt, dass du all die Schrecken vergisst.“

„Ich will das auch, Severus. Aber…“

„Aber?“ Er hielt die Luft an, wappnete sich vor ihre Rückweisung. Zumindest bin ich kämpfend untergegangen.

„Ich fürchte mich davor“, begann sie zu wispern, „ich fürchte mich davor, verletzt zu werden.“ Sie war deshalb genauso nervös wie er.

„Hermine… ich weiß, ich kann dir für die Zukunft nichts versprechen. Ich kann dir nicht versprechen, dich niemals zu verletzten, denn ich werde es vielleicht unbewusst tun, aber ich werde dir versprechen, ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit deine Ängste nicht wahr werden. Du weißt, ich gebe nicht leicht meine Loyalität oder mein Vertrauen und du besitzt beides.“

Du machst dich lächerlich, warnte ihn die Stimme. Sie wird dich doch nur abservieren.

„Severus“, wisperte Hermine kaum hörbar. Sie sah ihn direkt an und in ihren Augen konnte er die Sterne und den Mond sehen, genau, wie an diesem einen Abend die Flammen des Kamins in ihren Augen geschimmert hatten. „Ich lebe jetzt seit Jahren in einer unaufhörlichen Angst. Du hast mich bereits dazu inspiriert beruflich ein Risiko einzugehen und ich bin sehr froh, dass du das getan hast. Ich denke, dass hier… das ist, was ich bereits sehr lange möchte. Ich will eine Beziehung mit dir. Ich will von dir als meinen Partner denken können und nicht jedes Mal ein Nomen suchen müssen, welches passen könnte, wenn ich an dich denke. Ich habe versucht meine Gefühle zurückzuhalten, weil ich Angst hatte, sie würden nicht erwidert werden. Ich bin schon zuvor verletzt worden…“ Sie verstummte. Severus wusste, von wem sie sprach. Weasley.

„Du brauchst keine Angst zu haben, Hermine“, sagte Severus und nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Du hast mir versprochen, du würdest niemals mein Vertrauen betrügen und ich glaube dir. Ich verspreche dir dasselbe.“ Er küsste sie, sanft, ehrlich, hinreichend.

„Du machst ganz schön viele Versprechen für einen Mann, der mich davor gewarnt hatte, er könnte kein Einziges abgeben“, stichelte sie.

Er lächelte, ein ehrliches Lächeln, das erste an diesem Abend. „Du bringst mich eben dazu all meine eigenen Regeln zu brechen“, flüsterte er. „Vielleicht ist es an der Zeit, wenn ich sie komplett umschreibe.“ Er küsste sie erneut.

„Ich auch“, sagte sie.

„Hermine… darf ich dich etwas fragen?“

„Natürlich, Liebling“, sagte sie. Liebling. Eine Liebkosung. Sein Lächeln wurde nur noch breiter.

„Zieh in den Grimmauldplatz. Komplett.“

„Das ist keine Frage.“

„Bitte. Ich will dich jede Nacht bei mir haben, in meinem Zimmer, in meinem Bett. Zusammen. Zieh aus deiner Wohnung aus, du bist doch so oder so kaum noch dort. Zieh aus deinem kleinen Zimmer aus, meines ist viel größer und gibt uns mehr Möglichkeiten. Komm zu mir.“

In Hermines Blick leuchtet Überraschung und dann Verwirrung und dann Glück auf. Sie nickte. „Okay“, war alles, was sie flüsterte.

Du stellst dir nur selbst ein Bein und wirst enttäuscht, bemerkte die Stimme.

Halt die Klappe, sagte sich Severus. Ich muss nicht mehr auf dich hören.

Die Stimme verschwand.

Severus zog ihren Kopf zu sich und küsste sie diesmal richtig und leidenschaftlich, bis er schließlich auf ihr lag und das leise Stöhnen, welches ihren Lippen entfloh, wurde durch das Meer verschluckt. Ihre Hände waren überall. Er hatte sich doch noch so gut im Griff, um nicht zu vergessen, dass sie hier in der Öffentlichkeit waren, also schaffte er es so viel Selbstkontrolle zurückzubehalten, um aufzuhören, bevor das Verlangen zu groß wurde.

„Bring mich nach Hause, Severus“, schnappte sie nach Luft. Er nickte. Er ließ die Decke und den Korb verschwinden und disapparierte sie direkt mit voller Konzentration in sein Schlafzimmer im Grimmauldplatz. Die Kraft seiner Konzentration sorgte dafür, dass sie direkt auf dem Bett landeten, wodurch Hermine überrascht auflachte.

„Man braucht schon einen sehr mächtigen Zauberer, der auch seine eigenen Anti-Apparations-Zauber überwinden kann“, bemerkte sie mit einem schiefen Lächeln.

„Ich denke, ich habe dir schon vorher gezeigt, wie mächtig ich sein kann.“

„Oh ja, das hast du schon einige Male getan. Aber ich würde jetzt gerne eine etwas… persönlichere Demonstration haben“, forderte sie ihn heraus. Er war, was das anging ein sehr schneller Lerner gewesen.

Er schluckte schwer, drückte sie hinunter auf das Bett, kletterte auf sie drauf und machte genau das. Immer und immer wieder.


*~*~*~*



Sie waren sich nicht sicher, was es gewesen war, aber etwas am Grimmauldplatz musste James gefallen haben, denn er war viel früher und mit viel weniger Aufregung eingeschlafen. Harry und Ginny hatten ihren Vorteil daraus gezogen und waren fast augenblicklich mit leicht offenstehenden Mündern, die Köpfe aneinander gelehnt um halb sieben abends auf der Couch eingeschlafen. Luna hatte alle Kinder in ihre Betten gebracht.

Luna konnte nur den Kopf schütteln, als sie die beiden sah. Das war also ihre Verstärkung?

Lächerlich. Sie hatte sie mit einem Lächeln zugedeckt. Dann hatte sie Neville gerufen und ihm gesagt, Snape sei an diesem Abend anderweitig beschäftigt. Die Potters hatten sich nicht einmal gerührt, als Neville seiner Freundin die Treppe hinaufgefolgt und die Tür hinter sich zugeschlagen hatte.

Und so war der Grimmauldplatz an diesem Abend komplett gefüllt: vierzehn Kinder, die eine seltene Nacht ohne Albträume erlebten; Severus und Hermine in seinem Schlafzimmer, die jetzt ihre neu gestandenen Gefühle für den jeweils anderen feierten und demonstrierten; Neville und Luna die in ihrem Schlafzimmer ein paar gestohlene Stunden verbrachten, bevor er wieder zurück nach Hogwarts musste; und Harry und Ginny, die jungen Eltern, die einen glückseligen Schlaf auf der Couch im Wohnzimmer genossen und dabei ihren Sohn in ihren Armen hielten.

Als die Potters am nächsten Morgen aufwachten, ihre Haare komplett zerzaust, ihre Augen verklebt und Spucke in seltsamen Mustern an ihrem Kinn klebend, fand Harry eine kleine Notiz auf dem Tisch. Das Wort war in der krakligen Schrift des Halbblutprinzen verfasst. Er lächelte, als er es las.

Danke.


*~*~*~*



„Schraub deinen Mut nur bis zum höchsten Grad“ stammt aus Macbeth. [1./7]

Im nächsten Kapitel: Zwei unserer Helden machen einen Spaziergang und unterhalten sich und eine Frage wird beantwortet. Zumindest zum Teil.


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