„Ich weiß, tollkühne Wahnvorstellungen die Welt zu retten, sind ein unglückliches Gryffindor-Leiden, was sich einfach nicht ändern lässt, aber habt ihr beiden jetzt vollkommen euren Verstand verloren?“
Sie saßen zu dritt im Stuhlkreis auf dem Dachboden. Hermine zog in Harrys Richtung eine Augenbraue hoch, als ob sie sagen wollte: „Ich hab’s dir ja gleich gesagt“, aber Harry redete trotzdem weiter.
„Vermutlich, aber selbst Sie müssen zugeben, es ist keine schlechte Idee. Wenn Sie die Mittel, die Einrichtungen und Arbeitskräfte hätten, könnten Sie noch so viel mehr machen. Sehen Sie doch nur, welchen Fortschritt Sie hier alleine mit vier Leuten geschafft haben. Und einer von uns arbeitet auch nur halbtags.“
„Sie sind nicht einmal annähernd geheilt“, schnappte Severus. „Sie alle müssen noch einen langen, harten Weg beschreiten.“
„Aber sie haben es schon so weit geschafft – das haben Sie selbst gesagt!“, antwortete Harry. „Und Sie wollen auch Ihren Abgängern helfen, also lassen Sie uns zu Kingsley gehen, um, wenn Sie so wollen, für sie die Schirmherrschaft zu erlangen.“
„Das Ministerium wird sich keinen der Kinder – diejenigen, die momentan unter meiner Obhut stehen oder die, die jemals meine Schützlinge waren – auf dreißig Metern nähern!“, zischte Severus boshaft. „Sie haben selbst gesehen, was die mit ihnen machen. Ich werde sie dem nicht noch einmal aussetzen. Es ist schon schlimm genug, dass ich es so lange zugelassen habe.“
„Und wie ich bereits gesagt habe, die würden es auch nicht leiten, sondern wir“, entgegnete Harry bestimmt. „Ich rede hier von einer Stiftung, die von dem Ministerium gesponsert, aber von uns geleitet wird.“
„Wenn Sie denken, das Ministerium wird etwas sponsern, was sie nicht alleinig auch kontrollieren können, dann müssen Sie noch sehr viel lernen, Harry“, bemerkte Severus.
„Sie werden es aber vielleicht, wenn die drei meistverehrten Helden aus dem Krieg diesen Vorschlag unterbreiten“, antwortete Harry.
„Nichtsdestotrotz reine Arroganz, nicht einmal der berühmte Junge- der- überlebte, würde von dem Ministerium unbeschränkte Vollmacht erhalten“, erwiderte Severus.
„Nicht ich alleine, nein, aber wenn ich Hermine Granger und Severus Snape zu Kingsley Shacklebolt mitnehme, dann denke ich, hätte ich durchaus eine Chance“, warf Harry zurück.
„Wenn Sie denken, ich nähere mich dem Ministerium auch nur einen Schritt, damit ich um eine Schirmherrschaft bettle, dann sollten Sie noch einmal genau darüber nachdenken, Potter!“
„Wenn ich mal dürfte!“, unterbrach Hermine in der Hoffnung, es zu beenden, bevor es aus dem Ruder lief. „Es wäre kein Betteln, Severus. Kingsley hat oft genug gesagt, dass er und das Ministerium und die Zauberwelt in unserer Schuld stehen, die niemals mehr getilgt werden kann – wir könnten sehen, ob er bereit wäre, es zu versuchen. Mit all der Korruption in dieser Einrichtung muss selbst er sich eingestehen, dass der Betrag, von dem wir hier sprechen im Vergleich zu dem, was dort monatlich über den Tisch geht, lediglich Taschengeld sein wird. Kingsley respektiert dich, Severus, das sagt er jedes Mal. Soviel wir wissen, springt er vielleicht sogar auf die Möglichkeit an, egal, um was du ihn bittest.“
„Mein Ansehen beim Ministerium ist nicht ganz so gut, wie du vielleicht denkst“, antwortete Severus.
„Du musst mir nicht glauben, Severus, aber es ist eine Tatsache“, sagte Hermine.
„Du weißt rein gar nichts über mich!“
Hermine wich zurück, als ob er sie geschlagen hätte. Als sie dann sprach, war ihre Stimme leise: „Tue ich nicht?“
Harry war augenblicklich von seinem Stuhl aufgesprungen. „Genau, das ist verdammt viel, worüber man nachdenken muss und Ginny hat wegen ihrer Schwangerschaft eine recht harte Woche, also werde ich dann mal verschwinden.“
„Nicht nötig, ich kenne den Weg.“ Auf den Weg nach draußen schlug er die Tür zu, bevor ihm jemand antworten konnte.
Severus und Hermine blieben in dem provisorischen Büro zurück, sie saßen auf ihren Stühlen und starrten sich an. Hermines Blick war ausdruckslos und Severus‘ seiner hatte sich zunehmend verfinstert, jedoch nicht in dem Grade, den er immer trug, wenn er wütend war. Vielmehr wies er darauf hin, dass er wegen etwas verwirrt war.
Es war schon merkwürdig, fand Hermine, wie viele Bedeutungen in einem einzigen Gesichtsausdruck zu entdecken waren, wenn man sich einfach nur die Zeit nahm, auch danach zu suchen.
Keiner von ihnen wollte als Erstes das Wort ergreifen. Hermine war sich nicht sicher, ob sie im Moment überhaupt mit Severus reden wollte. Es war genauso, wie sie befürchtet hatte: Sie hatte ihr Herz jemand anderen gegenüber geöffnet und dieser jemand erwiderte es nicht. Sie hätte damit leben können, wenn sie die Dinge einfach auf der körperlichen Ebene belassen hätten – eine Verabredung, wenn sie gerade wollten, etwas Bettgeflüster und dann wieder zurück zur Normalität.
Sie entschied sich dafür, es sich nicht auch noch anzuhören, also stand sie auf und ging zur Tür. „Hermine…“, hörte sie ihn sagen. Sie drehte sich um, um Severus nicht länger mit seinem finsteren Blick dort sitzen zu sehen, sondern er bedachte sie eher mit einem, nun, flehenden Blick.
Hermine versuchte den Kloß in ihren Hals herunterzuschlucken, bevor sie antwortete: „Bitte, sprich es nicht aus, Severus.“ Sie hielt eine Hand hoch, ohne seinen Blick zu treffen. „Ich verstehe schon.“
„Hermine“, wiederholte er diesmal mit belegter Stimme. „Bitte setz dich wieder zu mir.“ Sie schüttelte mit dem Kopf und starrte hinunter auf den Boden, bemüht nicht irgendwelche Gefühle zu offenbaren. Du hast das auch während des Krieges geschafft, dann kannst du das jetzt auch. Sie hörte Schritte hinter sich und eine vertraute Wärme, als sich Severus ihr näherte und ihre Hand nahm. „Bitte, Hermine.“ Als sie lediglich ihren Kopf schüttelte und noch immer ihren Blick abgewandt hielt, schlang er seine Arme um sie und legte seinen Mund an ihre Ohren. „Ich… habe mich aus Wut und… Angst im Wort vergriffen.“ Er küsste ihre Schläfe und drückte sie. „Du verstehst mich besser als es je jemand getan hat, Hermine. Besser als meine Mutter, besser als Lily Potter, besser als Albus Dumbledore. Du, Hermine.“
Sie antwortete ihm nicht, aber er spürte, wie sie leicht zitterte. „Ich meinte es, als ich dir gesagt habe, ich will eine richtige Beziehung mit dir“, fuhr er fort. „Ich weiß, das beinhaltet auch mich selbst emotional zu öffnen. Du musst allerdings verstehen, dass ich das nicht gewöhnt bin. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, meine Gefühle so lange zu unterdrücken, bis ich sie gar nicht mehr gefühlt habe. Ich habe das bereits so lange betrieben, dass ich, wenn ich mich einem Gefühl gegenüber konfrontiert sehe, ich es nur schwer verstehen kann. Ich kann nichts, was ich fühle wirklich benennen. Es verängstigt mich. Nicht nur, dass du diese Gefühle in mir auslöst, sondern sie auch noch ausspricht. Nach all den Jahren des Vermeidens, ist es einfach nur verwirrend.“
Er legte seine Lippen auf ihre Stirn, verweilte eine Weile dort und küsste sie sanft. „Ich versuche dich hineinzulassen, Hermine. Bitte sei geduldig mit mir. Ich schließe dich nicht absichtlich aus und ich habe es auch nicht vor. Ich bin kein Mann, der seine Versprechen bricht.“
„Ich weiß“, antwortete sie mit schwankender Stimme. „Ich… ich hasse es einfach nur zu sehen, wie du vor den Dingen davonläufst. Harry hat mir mal gesagt… er sagte mir, du seist der mutigste Mann, den er jemals getroffen hatte. Ich habe ihm damals aus vollem Herzen zugestimmt. Aber ich sehe, wie du vor der Welt, den Abgängern und der Bewunderung, die man dir schuldet, davon läufst.“ Sie zog sich etwas von ihm zurück und sah ihn direkt an. „Leopold hat mir eine Eule geschickt, in der er mir sagte, dass er einen Schokofrosch mit deiner Karte erhalten hatte und du andauernd aus dem Rahmen rennst, wenn er dich sieht.“
„Ich habe nicht zugestimmt, auf diesem Mist abgelichtet zu werden“, entgegnete Severus geradewegs heraus. „Da habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt.“
„Aber weißt du, was er mir sonst noch geschrieben hat? Er fragte mich, warum du bei ihm und seinen Geschwistern und allen anderen hier arbeitest, anstatt das Leben eines Kriegshelden zu genießen? Er fragte mich, ob du vor irgendwas davon rennst?“
„Gryffindor ruiniert die Spitzfindigkeit des Jungen komplett“, murmelte Severus.
„Ich denke, er hat jedoch einen Punkt. Ich bezweifle nicht, dass du hier am richtigen Ort bist, Severus, denn diese Kinder brauchen dich. Aber ich pflichte auch ihm bei, dass du vor etwas davon rennst. Du hast versucht vor mir und Harry zu flüchten, als wir dich angesprochen haben. Seit du aus deinem Koma erwacht bist, warst du nicht einmal in Hogwarts gewesen, du meidest die Medien, du hast, seit du die legale Vormundschaft beantragt hast, nicht einmal mit Kingsley gesprochen… Severus, du rennst davon und versteckst dich.“
„Genau wie du“, bemerkte er bestimmt. Er sprach nicht defensive oder mit Bosheit. Er versuchte sie so zu öffnen, wie sie es bei ihm tat. „Auch du vergräbst deine Gefühle, Hermine. Auch du rennst vor Dingen davon.“
„Vor was renne ich denn davon?“, fragte sie leise, nicht sicher, ob sie auch wirklich die Antwort wissen wollte.
„Du willst Liebe und doch fürchtest du dich davor, denn du leidest noch immer unter dem Schmerz vom Krieg und deines Verlustes und selbst die leichteste Berührung ist noch immer schmerzhaft auf einer offenen Wunde. Du steigerst dich hinein, anderen zu helfen, damit du deinen eigenen Schmerz begraben kannst. Und…“, er zögerte kurz, „… und du weigerst dich den Zauber bei deinen Eltern aufzuheben, weil du dich vor ihrer Vergeltung für deine Taten fürchtest.“
Sie entzog sich abrupt seiner Umarmung. „Du weißt nicht, wovon du da redest“, sagte sie mit einer Stimme, der es an jeglicher Wärme fehlte.
„Ich weiß, dass Harry Potter dich besser kennt, als du dich selbst“, sagte Severus. „Und er kennt dich gut genug, um zu wissen, dass du niemals deine Eltern komplett mit einem Vergessenszauber belegen würdest. Er kennt dich gut genug, um zu wissen, dass du entweder einen anderen Zauber oder selbst einen erfinden würdest, der zwar anhält, dir aber die Option lässt, den Zauber jederzeit in der Zukunft aufzuheben. Er kennt dich gut genug, um zu wissen, dass du den Großteil deiner Ferien entweder in Hogwarts oder bei deinen Freunden im Fuchsbau verbracht hast, weil es für dich einfach zu schwierig war, nach Hause zurückzukehren. Selbst ich hatte während deiner Schulzeit meine Vermutungen. Ich bin für eine sehr lange Zeit ein Lehrer gewesen, Hermine, und Schüler, die wiederholt ihre Ferien entweder in Hogwarts oder bei anderen Schülern verbringen, sind typischerweise die, die in ihrem Zuhause Probleme haben.“
Hermine schwieg und presste zitternd ihr Gesicht in Severus‘ Brust. Das Schluchzen übermannte sie, bevor sie sie aufhalten konnte. Tränen, die sie seit Jahren unterdrückt hatte, begannen jetzt zu fallen. „Sie sind dort, wo sie jetzt sind, glücklicher“, flüsterte sie.
„Wie könnten sie das, wenn sie nichts ahnend ein Leben ohne ihre Tochter leben? Diese großartige, brillante, nervige Frau, die ich gerade in meinem Armen halte?“
Sie schüttelte gegen seine Brust mit ihrem Kopf. „Sie – sie haben mich so unter-unterstützt, als sie erfahren haben, dass ich eine Hexe bin, aber sie… sie konnten es nie verstehen“, schluchzte sie. „Z-zu viel Abstand. Meine n-neue Welt und die, in der ich auf-aufgewachsen bin, sind einfach zu u-unterschiedlich. W-wir hatten sch-schon bald nichts mehr, w-worüber wir reden konnten. Sie können das, von dem sie nicht wissen, dass es existiert, auch nicht vermissen.“
Severus hielt sie einfach nur fest. Einer der Tricks ein erfolgreicher Spion zu sein, war zu wissen, wann man reden musste, aber noch viel wichtiger war es, zu wissen wann man schweigen sollte und alle Instinkte in seinem Körper schrien ihn an jetzt den Mund zu halten. Er hörte darauf, bisher hatte er sich immer darauf verlassen können.
„U-und s-selbst wenn ich sie zurückbringen w-wollte, k-könnte ich es nicht“, klagte sie. „Ich hatte Angst, s-sollten sie jemals gefunden werden, dann würde man einen V-Vergessenszauber bemerken, also habe ich sie u-unauffindbar gemacht. N-nicht einmal ich k-kann sie finden, um es r-rückgängig zu machen.“
Severus ließ sie noch etwas weinen, bevor er wieder sprach: „Ich könnte sie finden“, flüsterte er. „Ohne den Dunklen Lord und Albus… bin ich jetzt der mächtigste Legillimentor in ganz England.“ Er seufzte und drückte sie noch fester. „Okklumentik war mein Spezialgebiet und gerade deswegen bin ich in der Lage Schilde und Zauber in den Köpfen anderer zu entdecken, selbst wenn sie versteckt bleiben sollten. Wenn du willst…“
Hermine schüttelte heftig mit ihrem Kopf. „Nein, nicht nach all dieser Zeit. Sie haben jetzt ein Leben dort unten. Ich kann ihnen das nicht wegnehmen.“
Nickend küsste Severus ihren Kopf. „Trotzdem, Hermine, solltest du jemals den Wunsch haben… du musst nur fragen.“
„Lass mich“, sagte sie und hob ihren Kopf von seiner Brust, um seinen Blick zu treffen. „Du bietest mir deine Hilfe an und doch weigerst du dich meine Hilfe anzunehmen.“
„Deine Situation für Hilfe viel geeigneter als meine“, sagte er niedergeschlagen.
„Nein, ist sie nicht. Mir zu helfen, bedeutet zwei Leben zu zerstören. Dir zu helfen würde das Leben von vielen obdachlosen, hilflosen Kindern verbessern.“
Severus schnaubte abwertend. „Du hast wirklich eine Gabe die Dinge zu verdrehen.“
„Aber es ist die Wahrheit“, sagte sie. „Ich kann mit meiner Entscheidung leben. Aber kannst du mit deiner leben?“
Das Schweigen erdrückte sie fast.
„Ich werde… mit dir und Harry zum Ministerium gehen“, flüsterte er, „wenn du zumindest über die Möglichkeit, die Zauber auf deinen Eltern aufzuheben, nachdenkst.“ Sie öffnete ihren Mund, als ob sie etwas sagen wollte, aber er fuhr fort, bevor sie die Chance hatte.
„Ich weiß, wie es ist eine schwierige Beziehung zu seinen Eltern zu haben, Hermine. Ich hasste meinen Vater; ich vermisse ihn auch nicht. Was meine Mutter betrifft… der Schmerz ist noch immer da. Sie war eine schwache Frau und mein Vater ein beleidigender und missbrauchender Mistkerl. In unserem Haus gab es nie viel Liebe. Ich war weder gewollt, noch kümmerte man sich um mich.
„Aber abgesehen davon, der Gedanke, dass sie mich niemals gekannt hätten… wäre weitaus schwieriger. Ich denke, ein schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern zu haben ist nicht so schlimm wie gar keines.“ Mit seiner linken Hand rieb er über ihren Rücken. „Ich habe jetzt nicht mehr die Möglichkeit mit ihnen zu reden. Du schon. Bitte sag mir, du wirst zumindest darüber nachdenken.“
Sie schniefte. „Und wenn ich das tue, wirst du dann mit uns zum Ministerium kommen?“ Severus nickte. „Okay, ich… ich werde darüber nachdenken.“
Damit verdiente sie sich ein weiteres Drücken. „Meine Hermine“, flüsterte er. „Bitte stelle nie meine Gefühle dir gegenüber infrage. Ich weiß, ich kann, wie du es immer so passend sagst, ein bitterer Mistkerl sein. Ich kann auch sehr abweisend sein – das ist vermutlich meine gewohnte Reaktion, sobald mich jemand aus meiner Wohlfühlzone drängt und du bist eine viel zu einfühlsame Person, um das zu verstehen. Ein paar Monate mit dir reichen da nicht aus, um diese Mechanismen komplett zu durchbrechen. Ich verspreche dir“, betonte er, „ich werde versuchen dir gegenüber nicht abweisend zu sein. Aber sollte ich mal scheitern, dann hoffe ich, du wirst es mir vorhalten, mich beleidigen, anschreien oder sonst etwas tun, was mir vor Augen hält, wie grausam ich zu dir bin. Aber bitte verspreche mir, dass du niemals wieder meine Gefühle oder meine Verpflichtung dir gegenüber infrage stellen wirst.“
„Verpflichtung?“
Severus nickte. „Ich bin dir verbunden, Hermine. Ich gehe nicht sonderlich oft oder einfach irgendwelche Beziehungen ein. Wenn ich das tue, dann voll und ganz. Solange du mich haben willst, bin ich dir verbunden.“
Sie drückte ihn und neigte leicht ihren Kopf, um ihn richtig zu küssen. Er konnte ihre Tränen schmecken. „Versprich es mir?“, flüsterte er gegen ihre Lippen.
„Ich verspreche es.“
*~*~*~*
Harry saß mit seinem Sohn auf seinen Arm vor dem Feuer. Ginny schlief bereits oben. Die Schwangerschaft bescherte ihr eine Müdigkeit, wie sie es zuvor noch nie gekannt hatte. Das Baby war hellwach, seine braunen Augen suchten die Grünen seines Vaters. Sein Haar war genauso schwarz, wie das von Harry, aber er hatte Ginnys Augen.
„Du hast die Augen deiner Mutter…“, flüsterte Harry sanft und wiederholte die Worte eines anderen Mannes, der sie einmal ihm gegenüber erwähnt hatte.
„Deine Mutter ist eine bemerkenswerte Dame, James“, sagte Harry. „Genau wie deine Großmutter, aber leider wirst du sie niemals kennenlernen und ich kann mich auch nicht an sie erinnern. Sie sieht jedoch aus, wie deine Mutter. Vermutlich etwas, was ein Therapeut für mich mal aussortieren könnte, was meinst du?“
James antwortete nicht, sondern starrte seinen Vater weiterhin an.
„Habe ich dir jemals erzählt, wie ich deiner Mutter den Antrag gemacht habe? Ich werde dich nicht damit belästigen, wie wir uns kennengelernt oder uns verliebt haben; dein Geschichtsbuch wird es sicherlich beschreiben. Aber wir ich sie gefragt habe, mich zu heiraten? Das ist ein Geheimnis und eines, welches ich jetzt mir dir teilen werde, du kleiner Glückspilz.“
James riss voller Erwartung seine Augen auf.
„Es war der Morgen nach Voldemorts Niedergang. Ich hatte keine Zeit gehabt an diesem Tag deine Mutter wirklich zu sehen; sie hatte um den Verlust deines Onkels Fred getrauert und hatte bei ihrer Familie gesessen. Zum ersten Mal seit Jahren kam sie endlich zur Ruhe. Ich war bei meiner eigenen Familie gewesen, deine Tante Hermine. Ron war bei seiner Familie, und sie und ich haben uns einfach nur gehalten und geweint und geweint und noch mehr geweint.
„Aber am nächsten Morgen bin ich im Gryffindor-Turm aufgewacht und bin dann durch das Schloss gelaufen. Es war beinahe komplett zerstört; überall diese Trümmer und kleinere Brände. Und der Gestank, James, dieser Gestank…“
Er brauchte einen Moment, um sich wieder zu sammeln, bevor er weiter erzählen konnte.
„Ich habe um mich herum Tod und Zerstörung gesehen. Das Aufräumen hatte noch nicht begonnen und es würde Jahre dauern wieder alles vollständig zu reparieren. Teile des Schlosses sind noch heute vollkommen zerstört. Aber während ich über das Gelände und durch das Schloss gelaufen bin, da habe ich mich gefragt, ob es so etwas wie ‚normal‘ je wieder geben wird, nachdem man so etwas durchlebt hatte. Würde ich jemals wieder in einem Café sitzen können, um dort wie ein normales menschliches Wesen einen Kaffee zu trinken und um die Zeitung zu lesen? Würde ich jetzt für immer der Gefahr wachsam gegenüber sein? Ich schätze, die Wirklichkeit liegt wohl irgendwo dazwischen.
„Jedenfalls, als ich so über das zerklüftete Gelände lief, vorbei an den Blutlachen, den Trümmerhaufen, habe ich sie gesehen, Ginny, deine Mutter, wie sie einfach nur dort stand. Inmitten all dieser Zerstörung stand da dieser fuchsrote Engel, gekleidet vollkommen in Weiß und sie sah so sauber und rein und lebendig aus. Ich wusste, wenn etwas so unglaublich schön nach all dieser Hässlichkeit sein konnte, dann konnten wir auch weiter machen. Wir könnten, wir würden unsere Welt wieder neu aufbauen. Und es würde wunderschön werden.
„Ich bin also zu ihr gegangen, habe meine Arme um sie gelegt und sie einfach nur gehalten. Ich habe ihren Duft aufgenommen und ihren Sanftmut in meinem Armen gefühlt. Sie war so weich! Wie konnte jemand, der vom Kampf so gestählt war gleichzeitig so weich sein? Das ist deine Mutter: eine Frau voller Widersprüche, die zusammengefasst, absolut ehrwürdig sind.
„Nachdem ich sie eine lange Zeit einfach nur gehalten habe, habe ich sie ganz sanft auf ihre Schläfe geküsst, ungefähr so.“ Er küsste James auf seine linke Schläfe. „Und ich habe zu ihr gesagt: ‚Heirate mich.’ Es war keine Frage, sondern eine Forderung gewesen, vielmehr wie eine Tatsache. Und weißt du, was sie getan hat, James? Sie hat mit ihrem Kopf genickt, als ob sie sagen wollte: ‚Harry Potter, selbstverständlich werde ich dich heiraten. ‘ Und dann hat sie ihren Mund geöffnet und gesagt: ‚Ich habe seit sieben Jahren auf diese Frage von dir gewartet. ‘
„Ich bin ein sehr glücklicher Mann, James Sirius Potter. Ich habe viele geliebte Menschen verloren; ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass die meisten Menschen, die ich verloren habe, die waren, die ich und die mich im Gegenzug geliebt haben. Es ist nicht unbedingt gesund so zu leben. Aber als ich an diesem Tag deine Mutter gesehen habe, da wusste ich, wie sehr ich sie liebte und ich habe meine Arme um sie geschlungen und wusste, ich würde sie nie wieder los lassen.“
Er neigte seinen Kopf, um den weichen, pudrigen Duft seines Sohnes einzuatmen. „Ich werde auch dich niemals gehen lassen, James. Du bist etwas Wunderschönes, was sie und ich erschaffen haben. Du wirst nicht aufwachsen und das wissen, was ich weiß.“
Wann bin ich je zu so einem Einfaltspinsel geworden?
Vermutlich an dem Tag, an dem ich Vater geworden bin.
*~*~*~*
Leopold kümmerte sich nicht großartig um Geschichte der Zauberei, aber zumindest wurde der Unterricht nicht von Professor Binns gehalten. Er hatte viele Gerüchte darüber gehört, wie langweilig sein Unterricht gewesen war und selbst Miss Granger hatte ihn in einem ihrer Briefe vorgewarnt. Professor Lasky jedoch war engagiert und gut informiert. Und, nun, etwas eigensinnig. Aber das machte Leopold nichts aus.
Zumindest nicht bis heute.
Sie behandelten gerade die ersten Tage des zweiten Krieges und Leopold hatte sich so gut es ging für das, was kommen würde, gewappnet. Mr. Snape (oder war es Professor Snape – Leopold hatte ja keine Ahnung, dass er für fast zwei Jahrzehnte der Zaubertränkemeister in Hogwarts gewesen war) hatte ihn gewarnt, dass er vermutlich unschöne Dinge über seine Eltern hören würde. Vermutlich sogar von den anderen Schülern.
Er war jedoch nicht darauf vorbereit, es aus dem Mund eines Professors zu hören.
„Die Todesser“, sagte Professor Lasky mit einer befehlenden Stimme, „waren die wohl widerwärtigsten, bösesten Zauberer, die je auf dieser Erde gewandelt sind. Ihre Ergebenheit dem Dunklen Lord gegenüber war gänzlich und schon beinahe zwanghaft. Es hat sie in unmenschliche Monster verwandelt, die zu jeder Gewalttat fähig waren. Sie haben zum Scherz die Muggels gejagt, sie haben aus Spaß die Familien Muggelgeborener gefoltert.“
Leopold spürte, wie ihm das Blut aus dem Kopf lief, und umklammerte, um sein Leben ringend, bis seine Knöchel weiß anliefen, den Schreibtisch.
„Sie haben ihre Opfer in etwas Unmenschliches verwandelt, haben sie so unmenschlich gemacht, wie sie es selbst in ihrem Herzen waren.“
Atme, sagte er sich. Einfach nur atmen. Er weiß nicht, dass Mummy dich immer in den Arm genommen, dich geküsst und dir gesagt hat, dass sie dich liebt. Er weiß nicht, dass Daddy dir immer jede Frage beantwortet hat, dass Daddy immer eine Antwort für dich hatte. Er kann es nicht wissen. Niemand kann das.
Bei dem Gedanken an sein riesiges Geheimnis, welches schwer auf seinen kleinen Schultern lastete, und ihn beinahe erdrückte, begann Leopold Clairemont zu hyperventilieren. Nicht hier, nicht hier, nicht hier…
Er hörte ein Schluchzen und versuchte sich davon zu überzeugen, dass es nicht aus seinem Mund gekommen war.
Plötzlich lag eine große Hand auf seinem Kopf und eine Stimme, die noch vor wenigen Sekunden befehligend geklungen hatte, strich jetzt beruhigend über ihn. „Schon gut, Junge. Ich weiß, es ist für dich ein schwieriges Thema, in Anbetracht dessen, was du verloren hast. Ich denke, du wirst für den Rest des Tages entschuldigt sein. Miss Phillips, wären Sie so freundlich und würden Sie Mr. Clairemont zurück zum Gryffindor-Turm begleiten?“
Leopold hörte nichts und hielt seine Augen fest verschlossen, doch schon bald spürte er eine kleine, weiche Hand, die ihn aus dem Raum führte. Sie waren im Korridor, bevor er sich seiner Umgebung bewusst wurde. Er sah in die hellblauen Augen von Clara, die aussah, als würde sie jeden Augenblick selbst in Tränen ausbrechen.
„Hier“, sagte sie und führte ihn auf eine Bank im Korridor. Sie ließ seine Hand los und schlang ihre Arme um ihn. Leopold, seine Scham jetzt vollkommen verschwunden, vergrub seinen Kopf an ihrer Schulter und begann zu weinen. Sie sagte nichts, sondern hielt ihn einfach nur, während er weinte. Beim besten Willen, Leopold konnte sich nicht erinnern, jemals von jemandem gehalten worden zu sein, wenn er geweint hatte, zumindest nicht seit dem Verlust seiner Eltern. Kein Slytherin würde das jemals tun. So sehr die Gryffindors auch ihre Fehler hatten, Leopold fühlte zum ersten Mal, dass er genau dort, wo er auch einsortiert worden war, hingehörte.
*~*~*~*
„Sie hat es ziemlich schwer, Severus“, sagte Lovegood traurig. „Als sie drei war, hat sie ihre Eltern verloren, also hat sie praktisch keinerlei Erinnerungen an sie, dann ist vor drei Jahren ihre Schwester verschwunden und jetzt auch noch ihr Bruder.“
Severus rieb sich seine Augen. So sehr auch Margaret Macnairs Panikattacken zurückgegangen waren, waren Ermengarde Rosiers und ihre Albträume wieder aufgetaucht. Er wollte ihr nicht wieder den Beruhigungstrank geben, aber langsam befürchtete er, dass er keine andere Wahl hatte, wenn sie jemals wieder eine Nacht durchschlafen sollte (oder ihn mal durchschlafen ließ – die Schreie des Mädchens durchbohrten alle Etagen im Haus). Mit ihm, Hermine und Lovegood im Haus hatte er schon seit einiger Zeit davon abgesehen jeden Abend seinen Patronus zu zaubern, der ihn aufgrund irgendwelcher Gefahren wecken sollte und so wurde er immer als Erstes von den Schreien geweckt.
„Er schickt mir wöchentlich eine Eule“, seufzte Severus. „Und Longbottom sagt, der Junge scheint sich gut zu machen.“
„Soweit er es ihm bekannt ist, aber mal ernsthaft, Severus, wie viel wussten Sie wirklich, was immer mit den Schülern los war?“
Lovegood hatte nicht ganz unrecht. Das war immer der Fall. In vielerlei Hinsicht war Lovegood eine schlimmere Besserwisserin als Hermine. Und das sollte schon etwas bedeuten.
„Was schlagen Sie dann vor, Lovegood?“
„Besteht überhaupt die Möglichkeit, dass Minerva den Jungen am Wochenende hinauslässt, damit er seine Schwester besuchen kann?“
Severus schüttelte mit dem Kopf. „Keine. Die Sicherheit wurde nach dem Krieg massiv angezogen. Nur noch den Fünftklässler und den höheren Jahrgängen sind jetzt die Hogsmeade-Ausflüge erlaubt und es gibt nur noch zwei im Jahr. Mr. Clairemont ist ein Erstklässler und praktisch ohne eine Familie. Sie wird es niemals erlauben.“
Lovegood seufzte. „Was haben Sie in der Vergangenheit getan, wenn so etwas passiert ist?“
Er zog nur eine Augenbraue hoch. „Ich glaube, das wäre nicht sonderlich hilfreich.“ Lovegood schien zu verstehen, dass er vorher nie etwas unternommen hatte. Er hatte nicht mehr unternehmen können. Er war einfach zu beschäftigt gewesen.
„Also gut, in ein paar Wochen sind die Weihnachtsferien und er wird dann nach Hause kommen, nicht?“, fragte Lovegood. Severus nickte. „Vielleicht können wir ihr ja dann für nur ein paar Wochen leicht dosiert den Trank verabreichen, bis sie ihren Bruder wieder sieht und erkennt, dass alles gut ist. Dann wird sie eventuell besser damit umgehen können.“
„Lovegood, der Trank…“
„Ist, was das Mädchen braucht“, sagte Lovegood bestimmt. „Sie braucht unbedingt Schlaf. Sie befindet sich wieder in dem Teufelskreis; sie schläft sehr wenig, wodurch sie tagsüber verängstig ist und dadurch noch weniger schläft.“
Severus schüttelte seinen Kopf. „Sie tun so, als ob ich sie hier herkommen lasse und sie dann bitte irgendwelche Gräueltaten zu begehen, was, wie ich vermute, ihre Meinung ist, da ich mich um die Bedürfnisse von den Kindern der Todesser kümmere.“
„Hmm“, bemerkte Lovegood abwesend.
Severus zog eine Augenbraue hoch. „Was?“
„Ich finde es nur recht seltsam… warum sollten sie wissen, wer sie wirklich sind? Warum sollten sie ihre Herkunft kennen?“
„Sie müssen ihre medizinische Krankengeschichte einsehen, welche leider an ihre wahren Namen gebunden ist“, sagte Severus. „Es ist ein magisches Verzeichnis, also kann ich es nicht verändern. Heiler sehen ihre Familiennamen und weigern sich zu kommen.“
„Das hört sich nicht so an, als ob es legal sein sollte, oder?“, bemerkte Lovegood sachlich. „Werden Sie nicht schon bald mit Kingsley reden? Vielleicht sollte es mal angesprochen werden.“
„Ich kann es erwähnen, bis ich blau anlaufe. Ich bezweifle, dass es irgendwas ändern wird.“
„Vielleicht nicht, aber Sie haben nichts zu verlieren, wenn Sie es versuchen“, war Lovegoods Antwort. „Was ist mit Madam Pomfrey?“
Severus kämpfte damit, seine Gesichtszüge neutral zu halten. „Was ist mit ihr?“
„Nun könnte sie nicht vorbeikommen und sie sich mal ansehen? Irgendwann werden sie so oder so alle Mal unter ihrer Obhut stehen.“
„Poppy… schuldet mir gar nichts.“
„Es war sie, die Sie im Bootshaus gefunden hat“, sagte Lovegood. Es war keine Frage.
„Sie hat vielleicht ein paar Wunden gesäubert, aber zu dem Zeitpunkt schwebte ich nicht mehr in Lebensgefahr.“
„Sie wollen ihre Hilfe nicht“, bemerkte Lovegood und las in seinem Gesicht, als ob es ein offenes Buch wäre, welches ihr genau erzählte, was in dieser Nacht passiert war. Soweit Severus wusste, übte sie sich nicht in Legillimentik. „Sie hatten erwartet zu sterben, aber als Sie sich dazu entschieden haben zu leben, wollten Sie keinerlei Hilfe. Also haben Sie sich selbst gerettet, indem Sie sich in ein künstliches Koma versetzt hatten. Aber das ist noch nicht alles, oder? Erinnern Sie sich noch an die vielen Male, die uns die Carrows auf den Krankenflügel geschickt hatten?“
Severus schaffte es kaum, ihren Blick zu treffen. „Das ist schon in Ordnung, wissen Sie“, sagte sie fröhlich, als ob sie ihm von ihren Plänen für das Wochenende erzählen würde. „Nicht Sie waren es, der die Strafen verteilt hat, nicht wahr? Sie haben uns immer leichtere Strafen gegeben, wenn Sie es denn konnten. Und nachdem alles vorbei war, haben wir es auch verstanden.“
„Haben Sie das? Wie könnten Sie?“
„Harry und ich sind mal zu Dumbledores Gemälde gegangen“, sagte sie. „Und er hat uns erzählt, wie Sie es waren, der Dumbledore umgebracht hatte, damit der Dunkle Lord Ihnen über allen anderen vertraute und Sie somit Hogwarts leiten konnten. Wir haben darüber spekuliert, wer die Alternativen gewesen wären. Bellatrix Lestrange vielleicht? Oder Yaxley? Selwyn? Macnair? Lucius Malfoy? Dolores Umbridge?” Sie leierte die Namen ohne jegliche Abscheu hinunter. Es erfreute ihn zu sehen, dass sie nicht länger die Eltern mit den Kindern in Verbindung brachte. „Jeder von ihnen hätte mich und Neville und Ginny für das, was wir getan haben, umgebracht. Sie haben prinzipiell weggesehen. Hat Ihnen niemals jemand dafür gedankt?“ Ihre Stimme war unglaublich leicht für ein so schweres Thema.
Severus konnte ihr nicht antworten.
„Also das hätten sie tun sollen. Dürfte ich Ihnen wohl im Namen von Dumbledores Armee danken?“ Sie hielt ihm ihre Hand entgegen. Severus zögerte und nahm sie dann, um sie kurz zu schütteln. „Danke, dass Sie uns beschützt haben, selbst wenn Sie es uns niemals wissen lassen wollten.“
Severus nickte lediglich leicht. „Das war meine Pflicht, Miss Lovegood.“
„Ich denke, Madam Pomfrey versteht das, Severus. Sie ist immerhin eine recht schlaue Hexe. Vielleicht wäre sie nicht so abgeneigt, hierher zukommen. Sie behandelt die Slytherins immer genauso wie die Gryffindors und die Ravenclaws und die Hufflepuffs. Ich denke nicht, dass sie irgendwelche Vorurteile ihnen gegenüber haben wird.“
Wenn ein weiterer Hogwarts-Mirtarbeiter außer Longbottom den Kindern gegenüber so aufgeschlossen wäre, dann wäre es vermutlich Poppy.
„Soll ich Neville bitten, mit ihr zu reden?“ Severus nickte. Er hatte sich noch immer nicht an die Art und Weise gewöhnt, wie er jedes Mal, wenn er sich mit Luna Lovegood unterhielt die Kontrolle über das Gespräch verlor. Sie schaffte es, alles zu verdrehen und doch alles zu offenbaren, was besprochen werden musste.
Schließlich stand sie auf. „Noch eine Sache, Severus. Ich weiß, Sie waren an meiner Entführung aus dem Hogwarts-Express nach Malfoy Manor beteiligt. Ich wollte einfach nur… nun, Danke sagen. Man hätte mich vermutlich ansonsten umgebracht, nicht wahr?“
Severus sah keine Notwendigkeit darin, Lovegood darüber aufzuklären, was mit ihr geschehen wäre, wenn er nicht ihre Gefangennahme arrangiert hätte. Der Dunkle Lord war ziemlich unzufrieden mit ihm gewesen. Er hatte die Lovegood-Familie für ihre Pro-Potter-Propaganda auslöschen wollen. Nach seinem Treffen mit dem Dunklen Lord hatte Severus es kaum geschafft seinen Körper zum Schloss hinauf zu zerren und Poppy hatte ihm nicht ihre Hilfe angeboten. Er war draußen vor der Eingangstür im Schnee zusammengebrochen und hatte dort die ganze Nacht gelegen.
*~*~*~*
„Hermine?“
„Hmm?“, kam die verschlafene Antwort. „Nicht heute Nacht, Severus.“
Er verdrehte seine Augen. „Nein, nicht das.“ Aber vielleicht morgen früh.
„Was dann?“
„Ist Luna Lovegood eine Legilimentorin?“
Hermine gab ein weniger damenhaftes Schnauben von sich. „Und du bezeichnest dich als den wohl mächtigsten Legilimentor in ganz England, was? Solltest du das nicht wissen?“
Er gab ein verzweifeltes Geräusch von sich. „Ist sie eine oder nicht?“ Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass Lovegood eine Legilimentorin war, da weder der Dunkle Lord noch Albus Dumbledore Severus‘ Schilde durchbrechen konnte, aber dennoch… es war beunruhigend, wie sie sie alle durchschauen konnte.
„Nein, ich glaube nicht. Warum, tut sie es schon wieder?“
„… irgendwie.“
„Willst du darüber reden?“
Severus schüttelte nur mit dem Kopf. Hermine wusste es besser, als nachzufragen. Er würde mit ihr darüber reden, wenn er es wollte. Wenn er es nicht wollte, dann würde er auch nicht reden, also gab es keinen Grund ihn dazu zu drängen.
*~*~*~*
Die Überschrift stammt aus einen Zitat von Lao-Tse: „Wer sich selbst definiert, kann nicht erfahren, wer er wirklich ist.“
Im nächsten Kapitel: Unsere Helden machen einem Abstecher in das Ministerium, wo sie einen Crash-Kurs in der Nachkriegspolitik bekommen.
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