Just to be - Expecto Patronum
von Xaveria
*~* Expecto Patronum! *~*
Hermines Mund war voller Sägespäne. Sie versuchte zu schlucken, aber konnte es nicht. Ihre Hände waren schweißnass. Und sie hatte ein unglaublich qualvolles Gefühl, das sie gerade eben alles ruiniert hatte. Was sagte man nur, nachdem man alles ruiniert hatte? Im Moment war alles, was Hermine sagen konnte: „Äh…“
Severus war ihr keine Hilfe. Er starrte sie einfach nur an, seine schwarzen Augen waren so weit aufgerissen, wie noch nie zuvor, sein Gesicht weiterhin ausdruckslos.
„Ich, äh…“
Konnten sie jemals wieder zurückkehren?
„Ich…“
Severus schloss seine Augen und schien sich selbst zu beruhigen, bevor er seinen Mund öffnete.
„Ahm…“
Er öffnete seine Augen und traf ihren Blick. „Hermine…“ Und sie wusste, sie wusste einfach, er würde sie abweisen.
„Bitte“, flüsterte sie. „Ich… es tut mir leid. Vergiss es einfach…“
„Wie kann ich das vergessen?“ Sein Gesicht war noch immer eine Maske.
„Ich wünschte du würdest…“, sagte sie mit kleiner Stimme.
„Warum?“
„W-Warum? Weil du… weil du nicht… weil wir…“ Sie schnaubte in dem Versuch, sich wieder zu fangen. „Wegen deines Patronus'.“
„Was ist damit?“
„Es ist noch immer eine Hirschkuh.“
„Und was in aller Welt hat das mit irgendwas zu tun?“
„Ich... zwingst du mich dazu, es zu buchstabieren? Ich würde einfach lieber nur…“
„Lieber was?“
„Severus, bitte!“, zischte sie. „Tut mir leid, dass ich überhaupt etwas gesagt habe. Tut mir leid, dass ich alles so verkompliziert habe. Ich bin nur… tut mir leid.“
Sie schnappte sich ihren Morgenmantel vom Sessel und zog ihn hastig über.
„Wo willst du hin?“
Sie schüttelte lediglich mit ihrem Kopf und ging in Richtung Tür. Aber Severus war schneller. Er umfasste ihren Arm und wiederholte seine Frage: „Wo willst du hin?“
Ein weiteres Kopfschütteln. „Mein Zimmer. Mein altes Zimmer. Ich kann hier nicht bleiben.â€
„Bitte geh nicht.“
„Es tut weh!“, spukte sie. „Es tut so weh. Ich kann nicht… es tut einfach nur weh.“
„Hermine“, flüsterte Severus. „Komm, setz dich zu mir.“
Sie ließ sich von ihm zurück zum Bett führen, wo er sie auf die Bettkante setzte und sich selbst vor sie auf den Boden kniete und ihre Hände in seine nahm.
„Deine Gefühle sind unerwartet“, sagte er. „Und ich gestehe, ich habe niemals erwartet, eine Liebeserklärung von dir zu hören.“
„Bitte…“
„Aber sie ist nicht unerwünscht“, sagte er.
„Oh gut, ‚nicht unerwünscht‘, ein durchaus großartiges Lob“, entgegnete Hermine sarkastisch. Sie fühlte sich so erniedrigt. „Ich bin froh, das zu hören.“
„Hermine!“, zischte er scharf. „Bitte, das ist… das ist auch schwierig für mich.“
„Kannst du mich nicht einfach zurückweisen und das hier beenden?“
„Nein.“
„Ich kann nicht-“
„Deine Gefühle werden erwidert!“
Ihre tränengefüllten Augen trafen seinen Blick. „Was?“
„Ich sagte… ich erwidere deine Gefühle.“
Sie schloss ihre Augen und schüttelte mit ihrem Kopf. „Mach dich nicht über mich lustig.“
„Tue ich nicht“, erwiderte er angegriffen. „Ich meine es ernst.“
„Also… tust du das wirklich?“
Er nickte.
„Sag es“, flehte sie, sehr wohl wissend, wie sie sich nach einem dummen Mädchen anhörte, aber es kümmerte sie nicht. „Ich muss es hören. Bitte.“
Nachdem er sich geräuspert hatte, sah er sie direkt an und sagte langsam und bewusst: „Hermine Granger… Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch“, wisperte sie. „Aber ich verstehe nicht… die Hirschkuh…“
„Sie ist kein Symbol für meine Liebe für Lily, gegenteilig zu dem, was alle zu denken scheinen.“ Severus benutzte selbstverständlich die Redewendung ‚was alle zu denken scheinen‘ ziemlich freizügig. Nur Harry, Hermine, Ron und Dumbledore wussten von der Hirschkuh und alle hatten dieselbe, offensichtlich falsche, Schlussfolgerung gezogen.
„Ist sie nicht?“
Er verneinte dies. „Ich dachte, du würdest es bereits wissen. Ich hatte von dir erwartet, es zu wissen. Vielleicht kann ich dir ja dann doch noch etwas beibringen.“ Er lächelte schief. Sie schlug ihm spielerisch auf den Arm.
„In meinem einem Jahr, wo ich Verteidigung unterrichtet habe, habe ich mich sehr viel mit den Patroni beschäftigt, viel mehr als noch in meiner Vergangenheit. In den letzten Monaten habe ich versucht mich in meiner Freizeit weiterhin damit auseinanderzusetzen, denn dieses Phänomen hatte auch mich verwirrt. Ja, Patroni können sich im Zusammenhang zu einer unerwiderten Liebe verändern. Aber dieses Phänomen ist ziemlich selten. Patroni sind Wächter, Reflexionen von demjenigen, der sie zaubert. Ein Patronus würde wohl kaum die Person widerspiegeln, wenn er lediglich auf vorübergehende, sich ständig ändernde Sehnsüchte basiert. Dann wäre er eine wirklich schlechte Quelle der Identifikation. Viele Hexen und Zauberer können einen zaubern und all diejenigen, die lieben können, aber nur wenige ändern sich aufgrund der Person, zu der man sich hingezogen fühlt. Bei Menschen, die sich nach einer anderen Person sehnen, ändert sich der Patronus, aber nicht bei denen, die wirklich lieben.“
„Okay…“ Hermine war sich nicht sicher, was sie damit anfangen sollte. Eine Hirschkuh reflektierte Severus Charakter genauso gut, wie ihrer von einer Fledermaus dargestellt würde. Es war Lilys Patronus, daran konnte man nichts rütteln. Es war ein Symbol für Lily und sie wusste es und sie wusste auch, dass er es wusste. Auch sie hatte die Eigenschaften eines Patronus nachgelesen, da es noch immer der Zauber war, der ihr die meisten Schwierigkeiten bereitete. Offensichtlich hatte sie nicht genug gelesen.
„Hast du denn nicht bemerkt, Hermine, das sich ein Patronus nur dann verändert, wenn es eine einseitige Liebe ist, die lediglich Schmerz hervorruft, anstatt eine gegenseitige, gemeinsame Liebe? Hat sich Harrys Patronus verändert, um sich dem von seiner Frau anzupassen?“
Sie schüttelte mit ihrem Kopf. Harrys war noch immer ein Hirsch, Ginnys ein Pferd.
„Zweifelst du an ihrer Liebe zueinander?“
Ein erneutes Kopfschütteln. Nein. Harry und Ginny waren verrückt aufeinander.
„Was ist mit Luna und… Longbottom“, spottete er bei dem letzten Wort.
„Nein“, flüsterte sie. Lunas war noch immer ein Hase. Nevilles eine Kröte.
„Zweifelst du ihre Liebe an?“
„Nein.“ Sie waren vielleicht nicht verheiratet und vielleicht würden sie auch niemals heiraten (da es nicht Lunas Stil zu sein schien), aber Hermine wusste, ihre Liebe war tief und ewig und ihre Beziehung war vermutlich etwas von Dauer.
Severus zielte mit seinem Zauberstab auf die Wand und sagte: „Expecto Patronum!“ Aus der Zauberstabsspitze schoss eine silberne Hirschkuh, welche durch das Zimmer hüpfte und dann zu Hermine kam, um an ihrer Wange zu schnuppern.
„Ich habe für gewöhnlich immer an Lily gedacht, wenn ich ihn gezaubert habe“, begann er flüsternd. „Es war immer ein schwacher Patronus, aber er hatte funktioniert. Ich hatte angenommen, genau wie du, sie wäre eine Widerspieglung von ihr und für eine sehr lange Zeit habe ich das auch geglaubt. Weißt du, woran ich jetzt denke?“ Hermine schüttelte wieder einmal mit ihrem Kopf. „Ich denke an dich, wie du laut den Kindern vorliest, frei und liebend, und ohne jegliche Vorurteile an deinem ersten Abend, als du hier warst. Daran denke ich und die Hirschkuh schießt stärker als je zuvor hervor. Es ergibt auch für mich keinen Sinn. Wie könnte ich ihren Patronus herbeirufen, wenn ich an dich denke?
„Er hat sich in die Hirschkuh verwandelt, weil Lily mich niemals geliebt hatte und seitdem hat sich der Patronus nicht mehr verändert, weil du mich liebst. Ich denke, sie ist ein allgemeines Symbol für die Liebe. Dafür muss sie stehen, denn ich habe seit Monaten nicht mehr an Lily gedacht. Nur dich.“ Er lächelte gequält. „Die Hirschkuh ist jetzt ein Teil von mir, sie spiegelt mich wider, und wenn ich mir auch etwas weniger Feminines gewünscht hätte, habe ich genauso viel Einfluss darauf, wie jeder anderer Zauberer auch, nämlich gar keinen.
„Und jetzt zaubere deinen“, sagte er. Sie schüttelte abermals ihren Kopf. Sie befand sich nicht in der richtigen Verfassung, um einen Patronus zu zaubern.
„Du kannst es“, flüsterte er. Er erhob sich vom Boden und setzte sich hinter sie, schlang seine Arme um sie und zog sie fest gegen seine Brust. Er legte ihren Zauberstab in ihre Hand und schloss seine Hand darum. „Erinnerst du dich an unseren Ausflug zu deinem Geburtstag?“ Er küsste ihren Kopf. „Unsere erste gemeinsame Nacht?“ Ein Kuss auf die Wange. „Wie wir uns gestern Nacht unter der Dusche gehalten haben?“ Ein weiterer auf ihren Hals.
Weinend nickte sie.
„Wie hast du dich da gefühlt?“
„Ge-geliebt?“
„Zaubere deinen Patronus.“ Seine Stimme war sanft und ermutigend.
Mit einem Seufzen rief sie die Erinnerungen herbei, die er aufgezählt hatte. Seine Hand umhüllte ihre, sie sprachen den Zauber und vollführten gemeinsam die Zauberstabsbewegung.
„Expecto Patronum!“
Heraus schoss ihr Otter, ihr wunderschöner Otter, der bereits ihr gesamtes Leben ihr Patronus war. Er war ein Teil von ihr, wie alles andere. Er schwamm in spielerischen Kreisen um sie beide herum.
„Siehst du, Hermine, wenn sich die Menschen in einer gebundenen, vollkommenen Beziehung befinden, dann müssen sie sich nicht zwanghaft mit einer anderen Person beschäftigen, sogar bis zu dem Punkt, wo sie sich nach ihr oder ihm verzehren. Es bestimmt ihr ganzes Sein. Aber eine wahre Beziehung, eine wahre Liebe, verändert nicht den Patronus.“ Er ließ seine Arme zu ihren Hüften gleiten und legte sein Kinn auf ihrer Schulter ab. „Mein Patronus ist unverändert, genau wie deiner, denn das hier, wir beide, das ist wahr“, flüsterte er. „Ich habe dir gesagt, ich verschenke nicht leichtfertig meine Loyalität oder mein Herz, Hermine. Das habe ich auch so gemeint. Lily wird immer ein Teil von mir sein, auch das habe ich dir gesagt, aber das bedeutet nicht, ich bin nicht in der Lage jemand anderen zu lieben, besonders jemand, der auch mich liebt. Es ist mehr als ich verdiene und nicht etwas, was ich unüberlegt wieder aufgeben werde.“
Sie drehte sich zu ihm herum und schlang ihre Arme um ihn. „Ich liebe dich“, flüsterte sie.
„Sag es mir jeden Tag“, bat er sie inständig.
Sie nickte. „Jeden Tag.“ Sie summte zustimmend. „Weißt du was? Du kannst wirklich ein romantischer Trottel sein, wenn du es willst.“
„Ich bin nicht romantisch.“
„Wie du meinst.“ Sie wusste, sie – und nur sie alleine – kannte den wahren Severus, den, der unter Schichten von Schichten und jahrelanger Verteidigung begraben war. Wenn jemand zu ihm dorthin gelangte, war er menschlich, jemand, der genau wie jeder andere Liebe schenkte und erhielt.
Was für eine Schande, dass dies das am besten behütetste Geheimnis in der gesamten Zauberwelt war. (1)
*~*~*~*
Severus war kein materialistischer Mensch und war es nie gewesen. Für viele Jahre war es einfach aus der Tatsache heraus, dass seine Familie ihn nicht mit sonderlich viel Hab und Gut unterstützen konnte, also lernte er ohne gut zurechtzukommen. Während der Kriege oder seiner Zeit als Spion wäre es untauglich gewesen irgendeine Art Bindung zu einer anderen Person einzugehen, da sie ihm oftmals im Handumdrehen entgleiten könnten (und auch des Öfteren würden). Nach dem Krieg… da war es beinahe zu einer Gewohnheit von ihm geworden, weder Besitz zu suchen, noch zu behalten.
Mit diesem Hintergrund verdutzte ihn die Reaktion der Kinder. Hermine hatte es geschafft, ein paar Süßigkeiten und Geschenke von dem Weasley-Geschäft zu erhalten. Es war nicht viel, vermutlich noch nicht einmal genug für einen angemessenen Weihnachtsmorgen für ein durchschnittliches Kind, aber diese Kinder… nun, ihre Erfahrung war eine andere. Schon wahr, viele stammten aus alten Zauberfamilien mit viel Geld, aber das war vor vielen Jahren, bevor sich noch einige von ihnen daran erinnern konnten und alles, was sie kannten, waren leere und einsame Weihnachten, die Severus für gewöhnlich einfach ignoriert hatte.
Zunächst waren sie verwirrt – wer hatte all das gekauft? Wofür war all dies? Was würden sie als Gegenzug leisten müssen? Stets seine kleinen Slytherins, dachte Severus. Immer gleich nach dem Haken suchen. Luna und Hermine mussten sehr viel Überzeugungsarbeit leisten, damit sie die Geschenke akzeptierten und sie auch genossen. Zuerst hielten sie die Geschenke vorsichtig, als ob sie dem Ganzen nicht recht trauen würden. Dann, nach einem Nicken von Severus, begannen sie die Geschenke behutsam zu öffnen. Sie hatten einfach nur auf die Geschenke gestarrt, ohne einen Laut von sich zu geben und hatten ihre Geschenke eingehend betrachtet. Und dann, ganz langsam und bedächtig, hatten sie angefangen, sich über ihre Geschenke zu freuen. Es hatte nicht lange gedauert und schon bald war das gesamte Haus gefüllt mit dem Lachen von fünfzehn Kindern, die zum ersten Mal einen richtigen Weihnachtsmorgen feierten.
Severus beobachtete sie dabei, wie sie sich wie ganz normale Kinder verhielten und auch miteinander umgingen und da hatte er an das vorherige Jahr zurückgedacht, bevor eine gewisse buschig haarige Hexe und ihr begriffsstutziger Volksheld in sein Büro gestürzt kamen und sich dem Hirngespinst, ihn und diese Kinder zu retten hingegeben hatten. Wie er sie verachtet hatte, wie er sie dafür gehasst hatte. Er kannte die Mängel seiner Arbeit und hatte es nicht für gutgeheißen, sie von ihnen beiden auf die Nase gebunden zu bekommen. Er hatte sich nie erträumt, mit ihrer Hilfe, dass sich die Dinge so ändern würden. Es erfüllte Severus für die Zukunft mit etwas Hoffnung, was für ihn das aller größte Geschenk war.
*~*~*~*
„Miss Granger?“, flüsterte Leopold. Er hatte sich zu ihr auf die Couch gesetzt, wo sie nicht sonderlich nahe neben Mr. Snape saß (wen dachten die beiden, würden sie hier eigentlich etwas vormachen?). Vielleicht konnte er ja auch helfen. Er schien zu wissen, was Mädchen mochten. Aber nein. Er konnte ihn nicht fragen. „Ich muss mit Ihnen reden“, drängelte er. Hermine nickte und deutete auf die gegenüberliegende Seite des Zimmers.
„Was ist los?“, flüsterte sie zurück.
„Ich… ich habe ein Geschenk von jemandem bekommen, aber ich habe nichts für diesen jemanden“, war die angespannte Antwort.
Hermine lächelte leicht. „Oh, Leopold, mach dir keine Sorgen. Menschen verschenken nichts in der Erwartung, auch etwas zu erhalten. Sie schenken, weil sie es möchten.“
„Ich möchte ja!“, zischte er. „Aber ich konnte ihr nichts kaufen und jetzt hat sie mir etwas geschenkt und…“
Verständnis zeichnete sich in ihren Augen ab. „Das ist eine besondere Freundin, nicht?“ Er nickte. Sie brauchte all ihre Selbstkontrolle, um nicht breit zu grinsen und den kleinen Jungen aus Freude über seine erste Liebe zu drücken. Er war vielleicht ein Gryffindor, aber immer noch genug Slytherin, um so etwas nicht zu genießen. Also beruhigte sie sich wieder. „Weißt du, wer dir da vielleicht helfen könnte?“ Er schüttelte mit seinem Kopf. „Mr. Snape. Er… versteht wohlmöglich besser, was du gerade durchmachst als ich.“
Leopold schüttelte erneut mit seinem Kopf. Mit Snape zu reden war schon an einem guten Tag schwer genug. Nach den Worten, die sie gestern gewechselt hatten… nein, das konnte er nicht.
Hermine nickte. „Ich verspreche es dir.“
Noch immer schüttelte er wild mit seinem Kopf. „Würde es dir lieber sein, wenn ich ihn für dich frage?“ Da nickte er. „In Ordnung, dann werde ich das machen.“
*~*~*~*
Hermine ging langsam wieder zur Couch zurück und setzte sich mit einem kleinen Lächeln etwas näher neben Snape. Er hob seinen Arm, damit er ihn hinter ihr auf der Rückenlehne ablegen konnte, sie allerdings nicht wirklich berührte. Anstand war wichtig, selbst wenn es nur eine Farce war und jeder Bescheid wusste. Besonders wenn Longbottom ihn von der anderen Seite des Raumes aus angrinste. Severus ignorierte ihn und wandte sich stattdessen an Hermine, um eine fragende Augenbraue hochzuziehen. Sie beugte sich etwas näher zu ihm und begann leise zu erzählen.
„Leopold hat ein paar Mädchenprobleme“, flüsterte sie, bevor sie eine Hand auf seinen Arm legte, als es so aussah, als ob ihm seine Augen aus dem Kopf fallen würden, und begann sie ihm das Dilemma des Jungen zu erklären.
„Verstehe“, sagte er, ohne ihren Blick zu treffen.
„Ist das zuvor schon einem von ihnen passiert?“
Severus schüttelte seinen Kopf. „Nicht, dass ich wüsste. Ich denke jedoch, wenn es passiert wäre, hätte es ihnen vielleicht geholfen. Die Liebe eines Freundes… nun, es kann einen kleinen Jungen davor bewahren dumme Dinge zu tun, zumindest für so lange, wie er ihre Zuneigung halten kann.“
Hermine wusste, er sah sich selbst in Leopold und er kannte die Macht von Freundschaft (oder Liebe), ihre Schönheit und ihre Gefahren.
„Also, was schlägst du vor?“, fragte sie ihn.
Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin auch mal mit Lily in solch einer Situation gewesen. Im ersten Jahr. Ich hatte nichts für sie und sie hatte mir etwas geschenkt. Es war ein leeres Buch, ein Tagebuch, aber ich habe es als Zeichenblock benutzt.“
„Du zeichnest?“
„Hatte ich“, antwortete er und fügte dann schnell hinzu: „Und nein, du darfst dir meine Arbeit nicht sehen.“
„Schande. Du hast die Hände eines Künstlers. Ich wette, du bist sehr gut darin.â€
Ein erneutes Achselzucken. „Jedenfalls hatte ich nichts für sie. Ich habe mich dafür gehasst. Für das nächste Jahr hatte ich alles daran gesetzt, dies zu ändern. Ich habe jeden Monat etwas Geld zurückgelegt und ihr einen Schal gekauft. Sie hatte ihn jeden Tag getragen, selbst nachdem… nun, sie hatte ihn ziemlich oft getragen.“
Hermine wagte es eine Hand auf sein Knie zu legen, und dort leichte Kreise zu ziehen.
„Merlin, Hermine, hier sind Kinder!“
„Na und?“
„Das ist eine äußerst erogene Zone für mich.“
„Dein Knie?“ Er nickte. „Wirklich?“ Er bedachte sie mit einem seiner typischen Blicke. „Interessant. Das habe ich nicht gewusst. Ist dieses Wissen bekannt?â€
„Könnten wir vielleicht das Thema wechseln?“
Sie zog ihre Hand zurück. „Also, was sollen wir ihm sagen?“ Ihre Blicke glitten hinüber zu dem blonden Jungen in der Ecke, wo er mit seiner Schwester redete.
„Er wird ihr heute eine herzzerreißende Dankeskarte per Eule schicken“, sagte Severus langsam. „Und dann werden er und ich uns etwas überlegen.“
Hermine nickte. „Ich hoffe jedoch, du wirst mir irgendwann mal deine Zeichnungen zeigen“, sagte sie. „Du bist solch eine Sammelratte. Ich weiß, du hast sie noch irgendwo.“
Er verweigerte ihr eine Antwort.
*~*~*~*
Am zweiten Weihnachtsfeiertag stand eine braunhaarige Hexe mit ihrem Enkel auf einem öffentlichen, vernebelten Londoner Platz. Andromeda Tonks umklammerte in ihrer einen Hand ein kleines Stück Pergament und in der anderen die winzige Hand ihres Enkels. Auf dem Pergament stand eine Anschrift, die sie sehr gut kannte, aber jetzt, wo sie sich unter dem Fidelius befand, konnte sie den Ort nicht mehr alleine finden.
Sie hatte sich zunächst sehr geziert wieder zum Grimmauldplatz zurückzukehren. Es erinnerte sie einfach an zu viele schmerzhafte Dinge. Sie dachte an Sirius, der für sie mehr ein Bruder war als ihre eigenen Schwestern und Regulus, welcher hier aufgewachsen war. Sie dachte an ihre Tante Walburga, diese verhasste Frau, die sie aus dem Familienstammbaum verbannt hatte. Sie dachte an ihre Schwestern und die Monster, die sie geheiratet hatten, diese verdrehten Gestalten, zu denen sie geworden waren. Andromeda dachte an ihren Ehemann und ihre Tochter und ihren Schwiegersohn, welche sie alle innerhalb von drei Monaten verloren hatte. Sie blickte hinab auf ihren blauhaarigen Enkel, welcher sie mit einer vorderen Zahnlücke angrinste. Das war der Grund, warum sie noch lebte, warum sie sich nicht selbst das Leben genommen hatte, nachdem man ihr jeden und alles, den sie geliebt, genommen hatte. Dieser kleine Junge, dieser wunderschöne, kleine Junge war alles, wofür sie noch lebte.
Und jetzt hatte sie ihn hergebracht. Sie wollte es nicht, aber Harry war überaus überzeugend gewesen. Er liebte sein Patenkind so sehr und besuchte ihn immer mindestens am einem Wochenende im Monat, für gewöhnlich mit seinem eigenen Sohn im Schlepptau. Harry würde den Jungen niemals irgendeiner Gefahr aussetzen und er würde die gesamte Zeit über anwesend sein. Und obwohl Andromeda ihre Zweifel und legitime Gründe hatte, nicht hier sein zu wollen, vertraute sie Harry. Wenn Harry sagte, Teddy würde es hier gefallen, dann hätte Teddy vermutlich hier seinen Spaß.
Teddy für seinen Teil riss sich los, als sie die Tür erreichten und er seinen Patenonkel dort stehen sah. Teddy verfügte über dieselbe Angstlosigkeit, wie seine Mutter sie in seinem Alter an den Tag gelegt hatte – rauschte gleich los in die Aufregung, ohne zu schauen, wo er hinlief und würde dann über seine eigenen Füße fallen und auf dem Boden landen. Immer laut lachend. Ja, in dem Jungen steckte sehr viel von seiner Mutter.
Er war genauso freundlich und vergebend und akzeptierend, wie Remus es war, obwohl Andromeda ihn nicht sonderlich lange gekannt hatte. Sie hatte ihren Schwiegersohn zunächst nicht mit offenen Armen empfangen – abgesehen von der Tatsache, dass er ein Werwolf und arbeitslos war, war er dreizehn Jahre älter als ihre Tochter und sie hatten recht schnell geheiratet. Als er dann Nymphadora wenige Wochen nach ihrer Heirat verlassen hatte, schwanger und alleine, war sich Andromeda sicher, ihr Bauchgefühl hatte richtig gelegen. Als Remus dann zurückgekehrt war, hatte Andromeda ihm den Eintritt verwehrt. Ihr Mann war auf der Flucht und ihre Tochter war depressiv mit einem Baby auf dem Weg. Sie gab schließlich aufgrund der Beharrlichkeit ihrer Tochter nach. Nymphadora hatte ihn mit offenen Armen empfangen und sie hatte ihrer Mutter gesagt, er sei ein guter Mann, der nur verschwunden war, um sie alle zu schützen. Remus war auf seine Knie gefallen und hatte seinen Kopf gegen den geschwollenen Bauch seiner Frau gepresst und um Vergebung gebettelt. Er hatte geschworen, er würde sie nie wieder in seinem ganzen Leben verlassen und er würde ab jetzt der Vater sein, der sein Kind verdient hatte. Er hatte sich so gefürchtet zu lieben, aber mit Nymphadora an seiner Seite, fing er an, es sich zu erlauben.
Laut denen, die es gesehen habe, starben Remus und Nymphadora kämpfend, Hand in Hand.
Diese beiden Dummköpfe hätten nie ihren Sohn zurücklassen sollen, um zu kämpfen. Egal, was auch der Grund gewesen sein mochte. Aber jetzt war es für solches Bedauern bereits zu spät.
Andromeda verstand, dass im Krieg gute Menschen schlechte Dinge aus guten Gründen taten. Ihr Schwiegersohn war so jemand. Ihr Ehemann war so ein Mensch. Harry Potter war einer von ihnen.
Und genauso war auch Severus Snape einer von ihnen.
Andromeda wusste ganz genau, wer ihren Mann und ihre Tochter und ihren Schwiegersohn ermordet hatte: ihre Schwester Bellatrix und Antonin Dolohov. Jetzt war ihr Enkel die noch einzige Verbindung zu ihnen und dieser spielte gerade oben auf dem Dachboden mit Harry und Dolohovs Sohn und Bellatrixs Nichte und Neffen. Sie wusste, ganz rational, dass diese Kinder nicht ihre Eltern waren (wie oft hatte sie selbst alleine in ihrem Schlafzimmer gestanden und sich immer wieder und wieder gesagt: „Du bist nicht wie sie!“?) und sie wusste auch, dass mit Harry an Teddys Seite nichts passieren würde, egal, wer sonst noch da war.
Dennoch konnte sie das Gefühl nicht abschüttelten, dass auch Severus ein guter Mensch war, der etwas Schlimmes tat, indem er sich um diese Kinder kümmerte, wenn auch aus einem guten Grund.
*~*~*~*
Hermine hatte seit dem Krieg nicht sonderlich viel mit Andromeda Tonks zu tun gehabt und davor noch weniger, aber nichtsdestotrotz saß sie jetzt mit ihr an einem Tisch und beide beobachteten Teddy, wie er mit den Kindern der Todessern spielte.
„Ich kann es mir nicht einmal ansatzweise vorstellen…“, sagte sie.
Andromeda schüttelte ihren Kopf. „Versuchen Sie erst gar nicht.“
„Ich bin froh, dass Sie ihn vorbeigebracht haben“, flüsterte Hermine. „Er ist ein guter Junge und das hier sind wirklich gute Kinder. Sie sind nicht ihre Eltern, wissen Sie.“
Andromeda nickte. „Das weiß ich. Dennoch… es birgt Erinnerungen.“
Jetzt war es Hermine, die nickte. „Da bin ich mir sicher.“ Sie seufzte. „Umgeben von den Kindern zu sein, deren Eltern seine Eltern ermordet haben… ich hoffe, er weiß es nicht. Zumindest jetzt noch nicht.“
Ein Kopfschütteln war ihre Antwort. „Tut er nicht und wird er auch nicht. Ich weiß nicht, ob ich ihn noch einmal hierher bringen werde, aber Harry ist das sehr wichtig und Harry ist wichtig für Teddy und ich vertraue Harrys Urteil.“ Sie lächelte leicht. „Eines Tages wird er es wissen und verstehen. Aber nicht, wen er noch so jung ist.“
„Ich wünschte, er müsste es niemals erfahren“, flüsterte Hermine. „Mal angenommen sie werden Freunde, was würde ihm das antun? Selbst wenn sie sich nicht befreunden, sondern sich einfach nur immer wieder in Hogwarts über den Weg laufen – können Sie sich vorstellen, wie das für ihn sein würde? Mit dem Wissen durch die Halle zu laufen, dass die Menschen, die mit dir unter einem Dach wohnen, die Kinder von den Leuten sind, die deine Eltern umgebracht haben?“ Sie wandte sich jetzt komplett an die ältere Frau. „Gott, Andromeda, wir hätten ihn niemals herbringen dürfen, oder? Es tut mir so schrecklich leid.“
Andromeda schüttelte lediglich mit ihrem Kopf. „Teddy ist unglaublich nachsichtig. Das hat er von seiner Mutter, welche Remus verziehen hatte, als er sie verließ. Er hat es von seinem Vater, welcher der Welt für all die Schandtaten, die ihm angetan wurden, zum größten Teil vergeben hatte. Und er hat es von seinem Patenonkel. Ich denke nicht, dass er irgendwelche Rachegefühle hegen wird. Und falls er doch welche haben sollte, hoffe ich, wird Severus es ihm ausreden.“
Hermine sah sie fragend an. „Severus? Warum?“
„Seine Erfahrung kommt der von Teddys am nächsten.â€
„Was… wollen Sie damit sagen, Severus hat etwas Ähnliches durchgemacht?“
Andromeda nickte. „Hat er… hat er Ihnen nie erzählt, warum er den Todessern beigetreten ist?“ Hermine schüttelte mit ihrem Kopf. Es war ein Thema, welches die beiden noch nicht einmal angeschnitten hatten. Er wollte sich nicht öffnen und sie wollte ihn nicht fragen. Unabhängig von allem hatte sie sich selbst eine Geschichte zusammengereimt: Severus wurde sowohl in seinem Haus (ein Halbblut-Slytherin hatte es niemals einfach, ganz zu schweigen von jemandem, der aus einer ärmlichen Familie stammte), als auch außerhalb (auf den ersten Blick von den Gryffindor-Herumtreiber gehasst und verabscheut von den Ravenclaws) geächtet. Er stammte aus einem Haus ohne große Liebe und mit noch weniger Zuneigung. Er war brillant, aber seine Talente wurden nicht von den anderen anerkannt. Die Todesser gaben ihm einen Grund, einen Platz, wo er hingehörte. Sie gaben ihm Macht und Schutz, all das, was er so verzweifelt benötigt und niemals erhalten hatte. Er war ein verarmter Halbblütler in einer Welt, wo die reichen Reinblütler die Herrschaft besaßen und man hatte ihm einen Stuhl an dem großen Tisch angeboten. Manchmal war es eben besser, sich dem Teufel anzuschließen, als seinem Weg treu zu bleiben.
Das hatte Sinn ergeben. Aber plötzlich sah es danach aus, dass dies nicht die ganze Geschichte war, falls es überhaupt die richtige Geschichte gewesen war.
„Was ist passiert?“, fragte Hermine letztendlich und versuchte nicht allzu geschockt oder verzweifelt zu klingen. Ein Teil von ihr wusste, sie hätte nicht fragen sollen. Wenn Severus es sie wissen lassen wollte, dann hätte Severus ihr davon erzählt. Aber die Neugierde in ihr gewann, beinahe so wie immer, und so hatte sie dennoch gefragt.
„Seine Eltern wurden von Auroren getötet“, antwortete Andromeda flüsternd.
„Was… warum? Sein Vater war ein Muggel und von dem, was ich von seiner Mutter weiß, war sie nie der Typ, die sich mit irgendwelchen--“
„Waren sie auch nicht“, unterbrach Andromeda sie schnell. „Das ist ja das Tragische daran. Lord Mulciber, auf ihn hatte man ein Kopfgeld ausgestellt, war wegen etwas zu Eileen und Tobias gegangen und ein Auror war ihm bis dorthin gefolgt und hat dann dort sowohl Mulciber als auch die beiden ‚Todesser-Sympathisanten‘ ausgeschaltet, die man dort zusammen mit ihm angetroffen hatte.“ Sie seufzte traurig. „Es war so schrecklich. Auroren hatten die Macht und Erlaubnis Unverzeihliche zu zaubern und man hatte immer einen großen Bogen um sie gemacht. Es war eine unglaublich schreckliche und beängstigende Zeit. Unschuldige Menschen wurden in Kriegen umgebracht, aber nur sehr wenige durch die Hand des Ministeriums. Die Autorität des Ministeriums hing an einem seidenen Faden und sie konnten sich keinerlei Fehler erlauben. Sie mussten auf der Seite der Guten stehen, egal wie. Das Ministerium wollte nicht als schwach dastehen und hatte die gesamte Affäre unter dem Teppich gekehrt.“
Hermine dachte, ihre wurde schlecht.
„Ich kannte Severus von der Schule“, fuhr Andromeda fort. „In seiner Familie herrschte vielleicht nicht sonderlich viel Zuneigung und man hat ihn vielleicht vernachlässigt und seine Umstände waren vermutlich dürftig und er hat wahrscheinlich seinen Vater gehasst, aber in einem können Sie sich sicher sein – der Junge liebte seine Mutter.“
Das erklärte dann wohl alles, dachte Hermine. Je mehr Schmerz ein Thema in ihm hervorrief, desto mehr verdrängte Severus es. Er hatte niemals, nicht auch nur einmal, seine Mutter erwähnt, genauso wie er niemals vor Harry Lily erwähnt hatte.
„Wie alt war er da?“
„Ich glaube, es war der Sommer nach seinem sechsten Jahr“, flüsterte Andromeda. „In seinem fünften Jahr war er ein Mitglied in einer Gruppe von Pro- Dunkle Lord- Slytherins, aber er hatte sich ihnen nie vollkommen hingegeben. Ich weiß noch immer nicht, warum. Aber danach… nachdem er gesehen hatte, was seinen Eltern passiert war, nach der Reaktion des Ministeriums, das Fehlen jeglicher Unterstützung von Seiten der Schule aus, entschied er, er konnte all dies nicht mehr tun. Er konnte keinen Schutz von den Guten erwarten. Also tat er das Einzige, was er tun konnte – er trat der einzigen Organisation bei, die dafür sorgen konnten, dass die Leute für das, was sie getan hatte, auch bezahlten. Obwohl er seine Missionen und die Methoden hasste, hatten sie das Einzige, was Slytherins am meisten respektierten: Macht. Und er brauchte wirklich ganz dringend einen mächtigen Sponsor.“
Hermine fehlten die Worte und schaffte nur ein winziges Kopfschütteln. Der Krieg schaffte es wirklich, dass gute Menschen schlechte Dinge aus vollkommen guten Gründen taten.
*~*~*~*
Leopold fand Teddy Lupin gar nicht mal so schlimm. Stimmt, er hatte Hufflepuff quer über sein Gesicht geschrieben und es war seltsam, wie je nach Stimmung seine Haarfarbe wechselte, aber er war freundlich und verurteilte niemanden von ihnen und er brachte Ermengarde zum Lachen. Clara sah fast genauso aus, wenn sie lachte. Clara…
Sie hatte ihm zu Weihnachten eine Schachtel mit Schokoladenfröschen geschenkt. Nichts Großes, nichts Teures, aber genug, um Leopold zum Lächeln zu bringen. Niemand hatte jemals zuvor nur ihm etwas zu Weihnachten geschenkt.
Clara war etwas ganz Besonderes. Sie wusste nicht, wer er war und mochte ihn, sie wollte in seiner Gesellschaft sein. Er wollte das nicht vermasseln. Leopold wusste nur sehr wenig über Mädchen, aber bisher hatte er durchaus verstanden, Mädchen mochten Geschenke. Also… was könnte er ihr schenken?
Er schaute hinunter auf seine Schokofrosch-Sammelkarten. Er hatte Mr. Longbottom (er war wirklich pummelig gewesen), Schulleiterin McGonagall (sie stand so ruhig und starr da, dass Leopold kurz dachte, es sei ein Muggel-Foto) und Miss Lovegood (welche verträumt blickte und auf etwas deutete, was sich außerhalb des Rahmens befand). Er erinnerte sich an sein erstes Mal, wo er mit Clara die Karten getauscht hatte. Sie hatte ihm mit diesem Spiel vertraut gemacht und er erinnerte sich daran, wie sie ihm die Snape-Karte gegeben hatte. Er hatte sie noch immer in seiner Truhe. Sie schien die Karten zu mögen.
Er fragte sich…
Er verließ den Dachboden und verschwand in dem Zimmer, welches er sich mit Ermengarde teilte. Er öffnete seine Truhe und entfaltete vorsichtig seinen goldroten Gryffindor-Schal, wo er die Karte drin eingewickelt hatte. Der Snape auf der Karte warf Leopold einen Blick zu, lächelte spöttisch, und marschierte aus dem Rahmen. Leopold behielt sie nur, weil Clara sie ihm geschenkt hatte. Er wollte sich nicht wirklich von der Karte trennen, aber wenn es Clara glücklich machen würde, dann machte er es gerne.
Leopold kletterte zurück auf den Dachboden und fand Mr. Snape. Snape wechselte sich damit ab immer wieder Miss Granger und Mrs Tonks nervöse Blicke zuzuwerfen und die Kinder zu beobachten.
Da er wusste, es würde vermutlich niemals eine ‚gute‘ Zeit geben ihn zu fragen, entschied Leopold, dann sollte er es lieber gleich hinter sich bringen. Nachdem er die Karte in seiner Handfläche versteckt hatte, ging er so selbstbewusst, wie er es wagte auf Snape zu.
„Kann ich mit Ihnen sprechen?“
Severus zog eine Augenbraue hoch.
„Bitte, es ist wichtig. Es geht um… sie.“
Severus nickte und folgte dem Jungen hinunter in den Flur auf der dritten Etage. „Also?“, fragte er in dem Versuch Gleichgültigkeit und Ungeduld in seine Stimme zu legen.
Leopold richtete sich auf und ohne Umschweife legte er seinen Wunsch dar. Als er fertig war, erstach Severus ihn mit seinem Blick.
„Auf gar keinen Fall“, waren die knappen Worte.
„Bitte, ich weiß, sie würde es mögen und es ist etwas Einzigartiges, was ich ihr schenken könnte und… also… es kostet niemanden etwas.“
„Nein“, wiederholte Severus und wandte sich ab, um wieder die Treppe zum Dachboden hinauf zu gehen.
„Miss Granger meint, Sie würden es verstehen!“, protestierte er. Das ließ Severus innehalten, aber er drehte sich nicht um. „Sie sagte, Sie seien auch mal in dieser Situation gewesen und Sie könnten mir helfen.“
Da hatte sie natürlich recht. In Leopold und seinen Freunden sah er sich und Lily in ihrem Alter. Ein einsamer Junge, der verzweifelt versuchte seine beste Freundin zu beeindrucken, ein hübsches Mädchen, ein Mädchen, welches er bereits in diesen jungen Jahren geliebt hatte. Das Mädchen, welches seinen Abstieg in die Dunkelheit vielleicht hätte verhindern können, wenn sie nur etwas länger ein Teil seines Leben gewesen wäre.
Vielleicht würde Leopold ja dort erfolgreich sein, wo Severus gescheitert war.
Gott, aber Hermine würde eines Tages noch seinen Tod bedeuten!
Er verfluchte sich, dass seine Gefühle seine Handlungen vorschrieben und so drehte er sich um, bedachte Leopold mit einem wilden Blick und einem kurzen Nicken. Ohne Worte riss er Leopold die Karte aus der Hand, presste sie gegen die Wand und schrieb mit seinem Zauberstab seinen Namen unter das Foto.
Er hasste es, auf diesem lächerlichen Ding abgebildet zu sein. Es romantisierte seine Errungenschaften und spielte die negativen Seiten seines Lebens herunter. Das Bild auf der Karte war das eines Mannes, der in diesem Bootshaus gestorben war, ein Mann, den er nicht mehr erkannte. Der Snape in dem Bild fing den Blick von dem Severus aus Fleisch und Blut ein. Der Snape auf dem Foto sah älter, wütender und müder und weniger geliebt aus, als er es jetzt tat. Was hatte den Unterschied gemacht? Das kürzere Haar? Die andere Kleidung? Sich um die Kinder zu kümmern? Aber das war eine noch größere Herausforderung, als in seinem alten Leben, mit noch weniger Erfolgschancen, wo ihn das Scheitern jeden Tag mitten ins Gesicht starrte. War es die Unterstützung von Harry und seinen Freunden, die sich genau wie er vollkommen dazu verschrieben hatten, den Kindern zu helfen? War es die Tatsachen, dass ihn Zeit und Abstand von seinem alten Leben getrennt hatten? War es das, was allen passierte, die lebten, obwohl sie eigentlich hätten sterben sollen?
Er wusste, was Albus gesagt hätte. Er hätte gesagt, es war, weil Severus jetzt die Nächte in den Armen einer Frau verbrachte, die ihn liebte und die auch er liebte und an die er sich gebunden hatte. Albus würde ihn beschuldigen sich um die Kinder zu sorgen, anstatt sich lediglich um sie zu kümmern (und ja, da gab es einen Unterschied), was ihn so jung hielt. Liebe, wahre Liebe, in verschiedenen Formen, war, was Albus dem gutschreiben würde.
Er überreichte dem Jungen wieder die Karte, welche sie schweigend entgegennahm, doch seine Augen leuchteten voller Hoffnung auf. „Miss Lovegoods Eule befindet sich, glaube ich, im Wohnzimmer“, bemerkte Severus gleichgültig und verschwand in Richtung der Treppen.
Er hörte, wie Leopolds kleine Füße die Stufen hinuntereilten, und konnte das kleine Lächeln, welches seine Lippen zierte, nicht unterdrücken, als er dem Jungen viel Glück wünschte. Merlin allein wusste, er würde es gebrauchen.
*~*~*~*
In dieser Nacht, nachdem Andromeda und Teddy mit dem Versprechen wieder zu kommen, verschwunden waren, kuschelte sich Hermine an Severus heran, drückte ihn fester, als sie es vermutlich für gewöhnlich tun würde, und atmete tief seinen Duft ein. Er hielt sie genauso fest, ohne auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln.
Er war ein außerordentlicher Mann. So viel Schmerz in seinem Leben erfahren zu haben, auf so viele unterschiedliche Art und Weise und dennoch schaffte er es mehr als ein Dutzend Waisenkinder aufzuziehen und noch immer einen Platz in seinem Herzen zu finden, um auch sie zu lieben… das war einfach überwältigend.
„Ich kann deine Gedanken hören“, flüsterte er.
Sie kicherte. „Ja, das schätze ich mal.“
„Das würde ich dir niemals antun, Hermine“, sagte er ernst. „Nicht ohne deine Erlaubnis.“
Sie lächelte. „Danke.“
Er küsste ihre Stirn. „Willst du darüber reden?“
Ein Kopfschütteln. „Halte mich einfach nur.“
Er gehorchte.
„Habe ich dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe?“, fragte sie.
Er lächelte in die Dunkelheit und sie gab vor es nicht zu wissen. „Ich denke, du solltest es mir lieber noch einmal sagen.“
„Ich liebe dich.“ Sie betonte jedes Wort mit einem Kuss auf seine Brust.
„Und ich dich“, wisperte er. Er summte zufrieden und schloss seine Augen. „Sag es mir morgen noch einmal.“
„Ich werde es dir jeden Tag sagen“, antwortete sie. Das würde sie. Er hatte es noch nicht oft genug in seinem Leben gehört. Das konnte sie nie wieder gut machen, aber sie könnte es versuchen. „Jeden Tag.“ Für den Rest meines Lebens.
*~*~*~*
Worte der Autorin: (1) Also ich kann euch schon sagen hören: „Jetzt warte mal einen Moment! Wenn nur eine nicht erwiderte Liebe eine Verwandlung des Patronus auslöst, wie erklärst du dann Lilys Hirschkuh? Die passte zu James Hirsch und ihre Liebe war vollkommen und nicht unerwidert! Eine Handlungslücke! Ich sage euch, eine Handlungslücke!“ Also, eigentlich sollten Severus und Hermine das diskutieren, aber ihre Unterhaltung hatte ein eigenes Leben entwickelt und ich konnte sie nicht wieder zu ihrem eigentlichen Thema zurückbringen ohne es unglaublich erzwungen wirken zu lassen. Also hier die Erklärung: Ich denke, Lilys Patronus war bereits eine Hirschkuh und wäre es auch gewesen, wenn sie nicht James geheiratet hätte. Bedenkt, ihr Patronus war nicht der von James, sondern hat ihn nur ergänzt. Ich mag den Gedanken, dass es dafür steht, wie gut sie wirklich zusammengepasst haben. Von den beiden Charakteren, deren Patroni sich im Buch verändert haben ( Tonks und Severus) verwandelte sich ihre Patroni in das Abbild derer, die sie geliebt haben. Bei beiden wurden zu dieser Zeit ihre Gefühle nicht erwidert. Daher denke ich, war Lilys Patronus schon eine Hirschkuh, bevor sie mit James zusammengekommen ist. Alles klar? So sehe ich das zumindest.
Im nächsten Kapitel: Hermine findet noch etwas, was sie retten möchte. Irgendeine Ahnung, was das wohl sein könnte?
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Weil ich ein riesiger Fan von Gary Oldman bin, war ich bei unserem ersten Treffen völlig eingeschüchtert. Dabei ist er echt ein cooler Typ und ich habe mich in seiner Gegenwart sofort sehr wohl gefühlt.
Daniel Radcliffe