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Fanfiction

Just to be - Die Nacht wird immer dunkler

von Xaveria

*~* Die Nacht wird immer dunkler *~*



Ein Trinkglas zerschmetterte an der Wand über den Kamin, zerschellte in tausend kleine, funkelnde Splitter auf dem Boden. Augenblicklich erschien Kreacher und wischte die Scherben weg und murmelte etwas über die brutale Barbarei des Mannes, der das Glas geworfen hatte.

Severus ließ sich in den Sessel fallen und stützte seinen Kopf in seinen Händen ab. Leopold Clairemont hatte noch vor Ende seines ersten Jahres Hogwarts verlassen. Er war sich so sicher gewesen, dass dieser Junge, mit seiner Sortierung in Gryffindor und seinem geänderten Familiennamen und der Tatsache, dass er wirklich Freunde hatte, länger als jeder andere durchhalten würde. Severus hatte sogar gewagt, zu glauben, er wäre der Erste von ihnen, der eventuell Hogwarts abschließen und die Chance auf ein richtiges Leben haben könnte.

Er war ohne Warnung oder Erklärung verschwunden. Geflüchtet auf einem Thestral, hatte Minerva gesagt. Der Junge musste wirklich ein Gryffindor sein, wenn er sich für solch eine theatralische Flucht entschied.

Wo hatte er nur seinen Fehler gemacht? Mit ihm hatte er doch alles richtig gemacht.

„Severus?“, hörte er eine Stimme mit einem starken schottischen Akzent. Er blickte auf, so verloren in seinen Gedanken und seinem Bedauern, dass er vergessen hatte, dass sich noch Menschen um ihn herum befanden, die ihn beobachteten, mit ihm die Neuigkeiten geteilt hatten.

Er stand auf und wirbelte zu Minerva herum.

„Was für eine beschissene Einrichtung leiten Sie da eigentlich, wenn dort Kinder mitten in der Nacht das Gelände verlassen können, ohne dass es jemand bemerkt?“

„Also, Severus--“

„Ich werde uns beide die Beleidigung ersparen, indem ich vorgebe, mein Jahr als Schulleiter sei eine Vorzeigeerfahrung gewesen, aber kein Schüler hatte es da geschafft wegzulaufen, obwohl sie damals wirklich einen guten Grund gehabt hätten, es auch wirklich zu tun und sie sind alle gescheitert, weil ich zu ihrer eigenen Sicherheit Vorkehrungen getroffen hatte! Ich habe sichergestellt, dass sie nicht abhauen konnten! Sie konnten nicht abhauen, denn das wäre einem Selbstmord gleichgekommen!“

„Hören Sie mal, Severus-“

„Und haben Sie nicht genug durch ihre dämlichen Fluchtversuche gelernt?“, spuckte er, als er auf Harry, Hermine, Neville und Luna deutete. „Sie hätten es besser wissen müssen als die Thestralherde so nahe am Schloss weiden zu lassen. Sie hätten, wenn nicht für den Unterricht, nicht auf dem Gelände sein dürfen!“

Harry und Hermine sahen sich an und zuckten dann mit ihren Schultern. Es war wirklich eine dumme Flucht gewesen. Das konnten sie jetzt zugeben.

„Ich--“

„Und Sie wussten, er war einer von ihren Kindern, Minerva. Jedes Jahr informiere ich Sie persönlich darüber und jedes Jahr bitte ich Sie darum, dass sie besonderen Schutz erhalten und jedes Jahr ignorieren Sie meine Bitte und beinahe jedes Jahr verschwinden Schüler.“

„Es--“

„Haben Sie sich jemals mit Mr. Clairemont getroffen? Haben Sie bisher irgendwelche Berichte, insbesondere von der Fakultät, erhalten? Haben Sie bemerkt, dass etwas nicht mit ihm stimmte? Haben Sie überhaupt versucht, Ihren Pflichten nachzukommen, Schulleiterin?“, loderte er, das letzte Wort triefte nur so vor Gift und Sarkasmus.

„Da--“

„Minerva, dieses Jahr war ich nicht nur lediglich ihr Lehrer und Begleiter, ich war ihr verdammter legaler Vormund. Damit verdiene ich dasselbe Entgegenkommen Ihrerseits, wie Sie es jeden anderen Elternteil gegenüber zeigen, die einen besonderen Wunsch äußern und Sie haben ihn trotzdem durch Ihre Finger gleiten lassen!“

Jeden anderen Elternteil. So sehr sie der Gedanke an Leopold auch quälte, so viel kleiner und hagerer als die anderen Kinder seines Alters, der jetzt ganz alleine durch England streifte, konnte Hermine einfach nicht das Anschwellen ihres Herzens bei diesen Worten verhindern.

Minerva gab fürs Erste auf ihm zu antworten und stand einfach nur da, während sie ihm zuhörte, ihn dabei beobachtete, wie er wie ein gefangener Tiger auf und ab lief.

„Nächstes Jahr habe ich noch zwei weitere, Minerva. Kann ich davon ausgehen, dass sie, wie die anderen, auch keine bessere Chance bekommen? Soll ich einfach hinnehmen, sie auch zu verlieren, weil Sie es nicht für nötig halten, Ihren bedürftigsten Schülern, Ihre gesegnete Aufmerksamkeit zu schenken?

„Ist es das, wozu Hogwarts geworden ist, Minerva? Nach dem Krieg und allem, was passiert ist, hat sich die Schule dazu entschieden, nicht auf diese vernünftigen Anfragen und Sorgen der Eltern in Bezug auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder zu reagieren? Oder haben Sie sich dafür entschieden, dass bei den Kindern mit einem gewissen Hintergrund diese Standards nicht zutreffen?“

Er hielt in seinem Schritt inne und starrte Minerva jetzt direkt an. Die Maske war verschwunden und die Gefühle waren offen für jeden auf seinem Gesicht zu sehen. Wut. Enttäuschung. Angst. Sorge.

Ernsthaft, es waren die Gefühle eines jeden Elternteils, dessen Kind spurlos verschwand, dachte Harry. Dieselben Gefühle, die auch ihn ergreifen würden, wenn es sein Sohn wäre, der von Hogwarts flüchtete und dann verschwand.

„Hermine“, flüsterte Harry. Mit einem fragenden Blick nickte sie. Sie lauschten vielleicht dem Geschrei und ihre plötzliche Rückkehr würde für sie schon genug aufwühlen. Am besten sie ginge jetzt zu ihnen und es würde sie etwas ablenken. Leise zog sie sich aus dem Wohnzimmer zurück und ging die Stufen hinauf. Mit jedem Schritt spürte sie das Gewicht dieses Tages auf sich.

War sie wirklich heute Morgen in Sydney aufgewacht? Hatte Severus wirklich die Grenzen der Apparation gesprengt, um sie zu finden? Waren sie wirklich den ganzen Weg zurückgeflogen? Und jetzt mit solchen erschütternden Nachrichten konfrontiert zu werden… für einen Tag war das eindeutig zu viel.

Sie hörte Schritte hinter sich und sah Luna auf sich zukommen. „Du solltest es besser nicht alleine machen“, flüsterte sie. Hermine nahm die Hand ihrer Freundin und drückte sie.

„Ich bin froh, dass du wieder zurück bist“, sagte Luna. „Ich wusste, du würdest wieder zurückkommen. Er war irgendwie… leer.“

„Leer?“

Luna nickte. „So als wenn das, was ihn zu ihm macht, verschwunden war. Jetzt ist es wieder zurück. Du bist wieder zurück. Und du wirst ihn nie wieder verlassen, oder?“

Es war weniger eine Frage als eine Aussage. Hermine schüttelte ihren Kopf.

„Ich schätze, er hat dich gefragt, als er dich gefunden hat“, redete Luna weiter. „Ich freue mich wirklich für euch. Für euch beide. Und für sie. Das hier wird ihnen guttun.”

„Ich hoffe, es wird uns allen guttun“, antwortete Hermine. „Leider wird das“, sie deutete die Treppe hinunter, „alles andere überschatten. Es wird sie alle verletzen. Besonders Ermengarde.“

Luna nickte grimmig. „Wir waren bei ihm so nahe.“

„Das dachte ich auch.“

„Denkst du, ihm ist etwas passiert?“

„Keine Ahnung. Wir schicken uns wöchentlich Briefe und er hat nie irgendwas erwähnt. Was ist mit Neville – hat er irgendwas gehört?“

Luna schüttelte mit dem Kopf. „Nichts.“

„Wann denkst du sollten wir es ihnen sagen?“

„Nicht allzu bald“, flüsterte Luna. „Aus irgendeinem dummen Grund kann ich nicht anders als zu denken, dass er noch rechtzeitig gefunden werden kann und sie gar nichts erst davon erfahren müssen. Wir wissen einfach noch nicht genug.“

„Genau“, antwortete Hermine.

„Wir sollten dich jetzt zu ihnen bringen. Das wird sie genug ablenken, damit wir uns überlegen können, was wir als Nächstes tun sollen.“

Mit einem Nicken folgte Luna in die Bibliothek, wo die Kinder an den Tischen saßen und irgendwelche Sachen auf Pergament schrieben. Vierzehn Köpfe drehten sich beim Öffnen der Tür in ihre Richtung. Vierzehn Augenpaare wurden weit aufgerissen, als sie sahen, wer da in der Tür stand. Vierzehn Füße rannten zu der Tür und vierzehn Paar Arme schlangen sich um Hermine, stießen sie zu Boden.

Über den Schluchzern und Schreien und Lachen konnte sie erkennen, dass sie wirklich erleichtert waren, sie wieder zu sehen. Sie schienen nicht traumatisiert, sondern einfach nur erleichtert zu sein. Diese Erkenntnis erfüllte Hermines Herz mit Wärme. Sie hatten aufgrund ihrer Taten keine schweren Schäden davongetragen. Sie musste vor Erleichterung weinen.

„Ich werde immer zurückkommen“, versicherte Hermine ihnen, küsste ihnen auf die Stirn, selbst wenn es ihr schwerfiel, da einige von ihnen sich an jeden möglichen Körperteil von ihr klammerten, bemerkte sie bereits das Kribbeln in ihren Gliedmaßen. „Immer.“


*~*~*~*



Nachdem Severus mit seiner Wuttriade fertig war, sackte er zurück auf die Couch und fuhr mit seinen Händen durch seine Haare.

„Mir tut es schrecklich leid, Severus“, sage Minerva letztendlich, nachdem sie es wagte, ihm zu antworten. Er hob seinen Blick zu ihr hoch. Ihre Beziehung war nie wieder zu den freundschaftlichen Neckereien vor Dumbledores Tod zurückgekehrt und nach all den Jahren war es an die frühere Leichtigkeit nie herangekommen. Jedoch hatten sie in den letzten sechs Jahren eine aufrichtige Arbeitsbeziehung aufgebaut, als er angefangen hatte, die Kinder nach Hogwarts zu schicken.

Er verzog seine Augen zu Schlitzen. „Ich will keine Entschuldigungen von Ihnen, Minerva“, sagte er mit gefährlich eisiger Stimme.

Sie nickte knapp. „Ich weiß.“

Mit einem besorgten Blick hinüber zu Longbottom und ohne ein weiteres Wort, trat sie in den Kamin und kehrte nach Hogwarts zurück.

Dennoch rasten weiterhin Severus‘ Gedanken. Wo war es nur schiefgelaufen? Wo war es bei diesem Kind nur schiefgelaufen? Mit all den anderen konnte er seine Fehler benennen. Zu viele Kinder und er ganz alleine. Sein naiver Glaube, dass sie in Hogwarts beschützt seien, genau, wie er immer seine Schützlinge beschützt hatte. Sein mangelnder Status als ihr legaler Vormund, um bei Schwierigkeiten nach Hogwarts gerufen zu werden; das Ministerium hatte diese Briefe immer erhalten und Glastonbury hatte nichts getan, um ihnen zu helfen. Ein Mangel an Ressourcen, um die schweren Probleme anzusprechen, bevor sie nach Hogwarts gingen.

Aber mit Leopold Clairemont… verstand er es nicht. Er hatte doch alles richtig gemacht oder zumindest hatte er das gedacht. War das hier irgendein karmischer Ausgleich für seine Versöhnung mit Hermine? War das seine Bestrafung, weil er endlich zum ersten Mal in seinem verkorksten Leben seine persönliche Erfüllung und einen inneren Frieden gefunden hatte?

Die Stimme war längst verschwunden, aber konfrontiert mit nur einem weiteren Fehler, konnte er nur bei sich selbst die Schuld suchen. Mal ehrlich, wem sonst konnte er die Schuld geben?

„Severus…“

Er blickte bei dieser verhassten Stimme auf und sah, wie Lonbottom ihn besorgt anstarrte. Dieser verfluchte, beschissenen Neville Longbottom.

„Wo zum Teufel waren Sie, als das passiert ist?“, zischte er. „Sie sollten auf ihn aufpassen, für ihn da sein. Er ist in Ihrem bescheuerten Haus!“

„Severus-“

„Nein! Kommen Sie mir jetzt nicht mit ‚Severus‘! Sie hatten nur eine verdammte Verantwortung in Hogwarts – Leopold Clairemont im Augen behalten und mir berichten, sollten Probleme auftreten. Eine. Verdammte. Verantwortung. Und jetzt sagen Sie mir nicht, Sie hatten zu viel mit Ihrem Unterricht zu tun – Sie unterrichten nur ein Wahlfach und das nur in Teilzeit! Ich habe ein Pflichtfach in Vollzeit für alle sieben Jahrgänge unterrichtet, habe als Doppelagent agiert und während des gesamten Krieges meine Geschichten für gleich zwei Kriegsherren bereitgehalten und habe es noch immer geschafft euren verfluchten Haufen im Auge zu behalten und habe eure erbärmlichen Hälse öfters, als ihr wahrscheinlich wisst vor irgendwelchen Schwierigkeiten beschützt!

„Longbottom, Sie sind wahrlich inkompetent in allem, was Sie angehen. Besitzen Sie denn nicht die Fähigkeit auch mal irgendwas richtig zu machen? Wie schaffen Sie es nur, nachts zu schlafen?“

„Severus!“, protestierte Harry, als er vorsichtig eine Hand auf seine Schultern legte, die Severus nicht einmal versuchte abzuschütteln. Longbottom wirkte blass und errötet zugleich, während er nur oberflächlich durchatmete. „Neville hat sich jede Woche mit Leopold getroffen. Das hat er mir selbst gesagt. Sie hatten eine wöchentliche Verabredung zum Tee. Leopold hatte ihm nie etwas gesagt. Stimmt’s, Neville?“

Longbottom nickte, sein Blick löste sich von Severus.

„Was auch immer passiert ist, passierte recht schnell, richtig? Du hast dich zuletzt am Donnerstag mit ihm getroffen und er schien glücklich und machte sich in all seinen Klassen ziemlich gut. Dann hat dich heute Nacht eine seiner Mitbewohnerinnen aus dem Bett geholt, richtig?“

Wieder nickte Longbottom. „Sie sagte, er musste etwas in London finden.“

„Vielleicht kommt er ja dann hierher?“, spekulierte Harry.

„Keine Ahnung“, sagte Longbottom. „Die Schülerin hatte nicht viel gesagt; ich denke, sie weiß auch nicht sonderlich viel. Sie sagte, auch für sie war es eine Überraschung, da es ihm gestern noch gut zu gehen schien.“

„Sehen Sie?“, sagte Harry mit sanfter Stimme, ohne Zweifel, die Stimme, die er immer bei seinem Sohn benutze. „Keiner von uns konnte irgendwas tun. Es gab keine Anzeichen, gar nichts. Neville hätte nichts machen können. Sie hätte nichts tun können. Niemand von uns hätte irgendwas verhindern können.”

Severus schüttelte mit dem Kopf. „Ich hätte auf Therapiestunden in Hogwarts drängen sollen. Was auch immer es war, eine Entgleisung, ein Flashback, was auch immer… es hätte angesprochen werden sollen.“

„Er hatte mich“, antwortete Longbottom leise. „Und er hatte Luna. Ich habe sie manchmal mitgebracht, damit sie sich mit ihm unterhalten konnte. Er hatte Hermine; sie haben sich wöchentlich geschrieben.“

„Mehr hätten Sie nicht tun können, Severus“, sagte Harry beruhigend. „Ziehen Sie Trost daraus. Manchmal ist alles nicht gut genug.“

Harry nickte Neville kaum merklich zu. Da Neville ihn verstand, entfernte er sich leise aus dem Wohnzimmer und ging die Treppen hinauf zu Luna und Hermine.

Severus fiel im Sessel zusammen und vergrub seinen Kopf in seinen Händen. Harry setzte sich behutsam neben ihn und bemerkte, dass Severus, schweigend, ach so leicht zitterte. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie vollkommen alleine waren, legte Harry seine Hand auf Severus‘ Rücken. Zum zweiten Mal an diesem Tag schüttelte Severus ihn nicht ab.

„Ich dachte, diesmal hätte ich alles richtig gemacht“, wisperte Severus.

„Sie haben alles, was in Ihrer Macht stand, getan“, antwortete Harry ebenso leise. „Manchmal soll es einfach nicht sein.“

Falls sich Severus etwas in Harry Berührung gelehnt hatte oder ein leises Geräusch der Qual aus seiner Kehle zu hören war, ignorierten es beide Männer.

Keiner würde es jemals ansprechen.


*~*~*~*



Thestrale waren weitaus langsamer als Leopold erwartet hatte.

Die Art und Weise, wie Mr. Potter es ihnen erzählt hatte (und wie es in Die Geschichte Hogwarts geschrieben stand), klang es ganz so, dass eine Reise auf einem Thestral von Hogwarts nach London nur wenige Stunden dauern würde. Stattdessen war jetzt der halbe Tag bereits verstrichen und Leo vermutete, er hatte noch nicht einmal die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht.

Bei dieser Geschwindigkeit würde er London nicht nach Einbruch der Dunkelheit erreichen.

Er fragte sich, ob ein Besen nicht schneller gewesen wäre.

Er würde weitaus länger verschwunden sein, als er eigentlich vorhatte.

Verdammt.


*~*~*~*



Severus betrat den Keller und zauberte einen starken Schweigezauber. Er richtete seinen Zauberstab auf einen alten, dreckigen, verbrauchten Kessel auf einer Werkbank in der Ecke und verwandelte ihn in eine Kristallvase mit roten Rosen, auf deren Blüten noch immer Tau klebte. Er ging hinüber auf die andere Seite des Raumes und steckte den Zauberstab zurück in seine Ärmel. Mit einem finsteren Blick und einem gequälten Schrei warf er gewaltsam seine beiden Hände in einen Stoß aus stabloser Magie in die Richtung der Blumenvase und zerstörte die Kristallvase und die Rosen in einem Regen aus funkelenden Scherben und Blumenabfällen.

„Severus?“

Er drehte sich um, nur um Hermine auf der Treppe stehen zu sehen, die ihn offenbar gefolgt war. Er hatte vergessen abzuschließen. Als er ihren überraschten Blick sah, senkte er seine Arme und ließ sich auf den Stuhl fallen. Sie näherte sich ihm, schlang von hinten ihre Arme um ihn und legte ihr Kinn auf seine Schulter.

„Neville meinte, er sollte zusammen mit Luna in die Winkelgasse gehen und sehen, ob sie dort Leopold finden können.“

„Hmm“, antwortete Severus. „Ich sollte auch gehen. Ich musste nur…” Er verstummte. Er wusste, er musste sich beruhigen, bevor er sich unter andere Menschen wagen konnte (oder sollte). Er verlor nicht oft seine Kontrolle, aber wenn er es tat, war seine Nähe einfach nicht sicher.

„Wofür war das?“, flüsterte Hermine und deutete auf die Zerstörung in der Ecke.

Seine Antwort wurde von einem schweren Seufzen eingeleitet.

„Mir war danach, etwas Schönes zu zerstören.“


*~*~*~*



Sie entschieden sich für die Suche aufzuteilen. Hermine und Harry würden im Grimmauldplatz bleiben, um auf die Kinder aufzupassen und für die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass Leopold bei ihnen auftauchen sollte. Luna und Longbottom befanden sich in der Winkelgasse, da sie mutmaßten, er würde zumindest im magischen Teil Londons anfangen.

Laut Severus‘ Erfahrung hatte nicht einer seiner Abgänger Hogwarts für die Winkelgasse verlassen. Sie verließen Hogwarts, um unterzutauchen, vor der Schikane der anderen Hexen und Zauberer zu fliehen. In die Winkelgasse zu flüchten kam gleich, in eine Grube voller Wühlmäuse zu springen. Kopfüber.

Er dachte, es wäre nutzlos dort zu suchen, aber sie hatten darauf bestanden. Sie konnten es ja überprüfen, wenn sie es wollten. Wenn sie sich dadurch besser fühlten.

Es wurde langsam dunkel. Leopold konnte zur Winkelgasse gegangen sein; falls er da war, dann hätten Luna und Longbottom ihn längst gefunden. Es war immerhin nur eine Straße, voll mit Menschen. Ein unbeaufsichtigtes Kind um diese Zeit würde Aufmerksamkeit erregen.

Leopold jedoch war gewachsen…

Nach seiner Erfahrung suchten die meisten von ihnen Zuflucht in der Muggelwelt. Dort konnten sie verschwinden und anonym werden. Nur aus reiner Verzweiflung kehrten sie meistens in die Zauberwelt zurück, für gewöhnlich in einer Form der Versklavung für eine Madam oder als Kriminelle. Die Muggelwelt war zu schwierig für sie. Alle von ihnen waren Reinblütler ohne irgendeine Erfahrung, um in dieser seltsamen Welt zu überleben. Severus hatte in dem letzten Jahr versucht, diesen Fehler zu beheben; zwischen ihm selbst, Hermine und Harry konnten sie ihnen eine ziemlich verständliche Lebensweise der Muggels vermitteln. Der Grimmauldplatz befand sich in einer Muggel-Nachbarschaft, und obwohl die Kinder nicht öfters als ein oder zweimal in der Woche das Haus verließen, war es doch zumindest eine unterschwellige Preisgabe in die Welt.

Vielleicht konnte Leopold das zu seinem Vorteil nutzen.

Severus seufzte. Nachdem er jetzt Camden ohne Erfolg abgesucht hatte, disapparierte er und entschied es in Southwark zu versuchen.

Es würde eine lange Nacht werden.


*~*~*~*



Luna und Neville wanderten jetzt seit Stunden durch die Winkel- und Nockturngasse und noch immer kein Anzeichen von Leopold.

„Wie lange haben wir gebraucht, als wir mit den Thestralen geflogen sind?“, fragte Luna.

„Verdammt, wenn ich das wüsste“, antwortete Neville traurig. „Habe damals nicht wirklich darauf geachtet, doch es hat sich nicht so lange angefühlt, wie es vielleicht sollte, wenn man die Entfernung berücksichtigt.“

Luna summte nachdenklich. „Ich habe mich nur gefragt, ob es möglich ist, dass er vielleicht noch gar nicht angekommen ist. Vielleicht wurde er ja aufgehalten oder ist noch immer unterwegs.“

Neville schüttelte seinen Kopf. „Er ist heute Nacht um zwei verschwunden, vielleicht sogar noch früher. Wenn er da wirklich abgehauen ist, dann wäre er bereits vor Stunden angekommen.“

„Du denkst nicht, ihm ist unterwegs vielleicht etwas passiert?“

Neville suchte mit Bedacht seine Worte aus. „Wenn das der Fall wäre, dann können wir es im Moment unmöglich wissen. Wir können auch genauso gut hier alles gründlich absuchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er hier auftaucht, ist immer noch am größten.“

Luna nickte und nahm Nevilles Hand und drückte sie. „Okay“, flüsterte sie.



*~*~*~*



Da Leopold zuvor noch nie auf einem Thestral geflogen war, hatte er keine Ahnung, wie er eigentlich absteigen sollte. Der Boden war immer noch recht weit entfernt und er wusste nicht, wie er das Biest zum Hinknien bringen sollte, damit er hinunterrutschen konnte, ohne sich zu verletzen.

Es war relativ einfach gewesen, das Tier zu lenken. Es war schnell und ruhig über England geflogen und war in einem verlassenen Hinterhof in der Winkelgasse gelandet. Unglaublich, aber nicht einmal hatte es sich verflogen oder war in der Nähe von Muggeln gelandet, zumindest hatte er es nicht mitbekommen.

Leopold entschied dann, so hoch war es nun auch nicht und er würde sich einfach an der Seite hinunterhängen lassen. Er landete auf seinen Füßen, wenn er auch tief in die Hocke gehen musste und Schmerz durch seine Füße schoss. Er zuckte mit den Schultern, in der Annahme, es war für sein Haus beinahe symptomatisch. Und was für ein Gryffindor scheute sich schon vor etwas Schmerz, wenn es um ein richtiges Abenteuer ging?

Tapferkeit, Mut und Edelmut…

Leopold war noch immer Slytherin genug, um zu wissen, dass es nur einen schmalen Grad zwischen Mut und Sorglosigkeit gab. Ein Teil in ihm dachte, diesmal hatte er vielleicht die Linie überschritten. Ein anderer Teil in ihm dachte, er konnte nicht oder sollte nicht weniger als das, was er gerade tat, tun.

Brigita war hier irgendwo und er würde nicht gehen, bis er sie gefunden hatte.

Es war kalt und dunkel geworden und die Geschäfte schlossen gerade. Die Gasse war gefüllt mit Menschen, die noch schnell die letzten Erledigungen vom Tag erledigen wollten. Er schlängelte sich seinen Weg durch die Menge und zog seine Kapuze tiefer in sein Gesicht, damit ihn niemand erkannte. Er wusste, körperlich begann er langsam seinem Vater ähnlich zu sehen und hier war kein passender Ort, um als ein Rosier entlarvt zu werden.

Leopold ging um die Ecke und sah, wie dort Professor Longbottom und Miss Lovegood die Straße entlang liefen und sie schienen nach etwas zu suchen. Vermutlich ihm.

Nicht gut. Sie würden ihn nur zurück nach Hogwarts oder zum Grimmauldplatz bringen, bevor er Brigita finden konnte.

Ohne Zweifel steckte er dafür bereits in riesigen Schwierigkeiten.

Besser also nicht mit leeren Händen zu verschwinden.

Als sie sich ihm näherten, ihn aber noch nicht sehen konnte, schlüpfte er hinter ein paar Lattenkästen, bis sie an ihm vorbei waren und die Ecke umrundet hatten.

Erleichtert atmete er aus und Leopold versuchte die Kapuze noch tiefer zu ziehen, als er weiterging.


*~*~*~*



Lange nachdem Severus, Luna und Neville verschwunden waren, ging Hermine die Treppe hinauf, nur um in eine starke Umarmung gezogen zu werden.

„Hermine“, hauchte Harry. Der Tag war so hektisch gewesen, dass er sie bisher gar nicht vernünftig willkommen heißen konnte. „Wir haben uns alle solche Sorgen gemacht.“

Sie schloss ihre Augen und erwiderte Harrys Umarmung. „Tut mir so leid. Ich habe alle hängen gelassen, ich habe sie im Stich gelassen, dich, das hier, ich habe all das getan, von dem ich geschworen hatte, dass ich es nie tun würde und aus solch einem bescheuerten Grund…“

Harry schüttelte nur seinen Kopf und zog sie näher an sich heran. „Du hast nichts falsch gemacht. Du bist unter dem Stress nur etwas durchgedreht. Wir alle drehen manchmal durch. Ihnen geht es gut; jetzt sogar noch besser, wo du wieder da bist. Severus geht es jetzt wieder besser.“

„Mir geht’s auch besser“, flüsterte Hermine.

„Mir auch.“ Er zog sich etwas von ihr zurück. „Ich muss dir etwas gestehen, Hermine…“

„Du hast es ihm gezeigt?“

Er nickte. „Entschuldige.“

Ein Kopfschütteln. „Ich denke, er musste es sehen, um zu wissen, was und was es nicht war.“

„Ich denke, das musste ich auch.“ Bei ihrem fragenden Blick erklärte er sich: „Ich habe, seit es passiert ist, nicht mehr darüber nachgedacht. Ich habe nicht zugelassen darüber nachzudenken, ich wollte es nicht. Die Scham, die Schuld, einfach alles. Jetzt, wo ich es wieder gesehen habe, kann ich davon ablassen.“

Hermine nickte. „Severus davon zu erzählen, so schwer und schmerzhaft es vielleicht auch war, hat mir auch geholfen, es loszulassen.“

Harry lächelte leicht. „Ich bin so froh, dass es nicht unsere Freundschaft verletzt hat.“

„Ich auch. Es hätte mich umgebracht, neben Ron auch noch dich zu verlieren.“

Harry zog sie zurück in seine Umarmung. „Du wirst mich niemals verlieren, Hermine.“

„Du mich auch nicht“, flüsterte sie. „Ich verspreche dir, ich werde niemals mehr weglaufen, nicht so und schon gar nicht ans andere Ende der Welt.“

„Und ich verspreche“, sagte Harry mit erstickter Stimme, „niemals mehr, nie wieder der Grund für einen Streit zwischen dir und Severus zu sein. Du weißt, ich kann manchmal etwas eigensinnig sein und ich weiß, dadurch verursache ich ziemlich viele Schwierigkeiten, selbst wenn ich es nie absichtlich tue. Ich schätze, was ich versuche hier zu sagen… ich werde in Zukunft versuchen weniger… ‚ich‘ zu sein.“

Doch Hermine verneinte dies. „Höre niemals auf du selbst zu sein, Harry Potter. Niemals.“



*~*~*~*



Leopold wusste genau, was der Siebtklässler gesagt hatte: Es war ein Bordell und es befand sich in der Nockturngasse. Leider hatte er keine Ahnung, wie ein Bordell aussah oder wie er eines finden sollte. Er hatte in seiner Naivität gedacht, es sei so einfach zu finden, wie eine Kneipe oder ein Quidditch-Geschäft oder die Eulenpost – also, ein Gebäude, bei dem draußen ein Schild in die Straße hängen würde, wo der Name des Geschäfts und seine Tätigkeit draufstanden.

Jetzt wo Leopold genauer drüber nachdachte, entschied er, Bordelle wollten vielleicht nicht unbedingt ihre Anwesenheit kundtun. Zauberer mit einem guten Ruf würden solche Einrichtungen aus Angst gesehen zu werden sicherlich meiden… oder etwa nicht?

Er kniete sich gegen eine feuchte Ziegelwand neben ein paar Behältern und schlang seine Arme und seine knochige Knie. Diese „Rettungsmission“ verlief ganz und gar nicht nach Plan. Er vermutete, er hätte lieber vorher in sein Slytherin-Erbe und Herkunft nachsehen sollen, bevor er wie ein Gryffindor davonlief – ein paar Informationen über den Zielort ausfindig machen, wie man dort hineinkam, nach was er Ausschau halten sollte, und so weiter. Stattdessen umklammerte er, was im Nachhinein, eine ziemlich vage Beschreibung eines Ortes war, den es vielleicht gar nicht gab. Er fragte sich, was Snape wohl sagen würde, wenn er es wüsste. Er erzitterte bei diesem Gedanken. Er war ohne Warnung mitten in der Nacht aus Hogwarts geflohen und fehlte jetzt beinahe den ganzen Tag in der Schule. Natürlich wusste Snape es bereits. Er hatte vorhin Professor Longbottom und Luna Lovegood gesehen. Snape suchte sicherlich bereits nach ihm. Seine blassgrauen Augen folgten einem Mann mit einer verdeckten Kapuze, als er auf ein heruntergekommenes Gebäude zuging, bei dem die Tür beinahe aus den Angeln fiel. Er tippte mit seinem Zauberstab in einem Muster dagegen (es sah beinahe so aus, als ob er ein Pentagramm zeichnen würde) und entblößte ein kräftigeres, viel größeres Gebäude, wo er rote Laternen in den Fenstern sehen konnte.

Leopolds kleine Stirn legte sich in Falten, als sich das Gebäude, nach dem Eintreten des Mannes, wieder zurück verwandelte. Ein magisch maskiertes Gebäude überraschte ihn nicht – sie waren in der Zauberwelt ziemlich gängig, besonders bei Häusern, die sich in Muggel-Gegenden befanden, wie der Grimmauldplatz – aber er fand es merkwürdig, dass ein Gebäude in einer magischen Gegend so verwandelt war. Besonders hier, eine Gasse, die berühmt für ihre verruchten Affären war.

Während ein weiterer Mann auf das Gebäude zuging und dasselbe Muster tippte und im Inneren verschwand, dachte er darüber nach. Einige Minuten später verließ ein Mann das Gebäude, sein Gesicht gerötet und auf seiner Glatze konnte er Schweißperlen ausmachen. Der verschwitzte Mann sah sich schnell um, bevor er disapparierte.

Als Leopold langsam aufstand, setzen sich die Einzelheiten in seinem Kopf zusammen. Das war es. Das war der Ort, wo Brigita war. Er konnte es im Innersten seines kleinen Gryffindor-Herzens fühlen. Das war es, warum er sie nicht finden konnte, trotz der Runden, die er durch die Nockturngasse gezogen hatte; das Gebäude war für ihn nicht sichtbar.

Da Leopold jetzt das Muster gesehen hatte, überquerte er schnell die Straße und zog seinen Zauberstab aus seinem engen Ärmel. Als er vor der Tür stand, wiederholte er das Muster, nur um ungefähr zehn Meter zurück geschleudert zu werden. Es war, als ob er gegen eine Wand gelaufen und gewaltsam auf die andere Seite geschmissen worden war.

Ein weißes Licht schimmerte um die Tür. Seufzend stand Leopold wieder auf. Eine Alterslinie, wenn er raten müsste; genauso wie in Hogwarts im Lagerraum für die Zutaten von Zaubertränken.

Verdammt, dachte er.

Jetzt war es zu spät, um nach Hogwarts zurückzukehren. Er war zu weit gereist und hatte zu viel riskiert, um jetzt mit leeren Händen umzukehren. Er liebte seine große Schwester einfach zu sehr, um es nicht zumindest zu versuchen.

Tapferkeit und Mut und Edelmut…

Hoffend, dass es keine Voraussetzung für eine Gryffindor-Rettungs-Mission war, auf einem noblen Ross zu reiten, lief Leopold einfach die Gasse hinunter. Er wusste, das hier war ein dunkler Ort mit vielen dunklen Zauberern, die dunkle Absichten hegten, aber er konnte nicht anders, als sich an die winzige Hoffnung in seinem Herzen zu klammern, dass jemand, irgendjemand, vielleicht bereit war, einem Kind zu helfen, der seiner Schwester retten wollte.



*~*~*~*



„Komm nach Hause, Severus“, flehte der silberne Otter. „Komm nach Hause, damit wir uns sammeln können; Luna und Neville sind bereits zurück und wir sollten unsere Informationen austauschen.“

Severus schüttelte mit seinem Kopf. Er wollte nicht ohne den Jungen wieder nach Hause gehen.

Aber es war bereits spät, er hatte jetzt beinahe jede Ecke in Muggel-London abgesucht und nichts gefunden.

Er schätzte, es war vielleicht gar keine so schlechte Idee sich wieder am Grimmauldplatz zu sammeln, um zu erfahren, was Luna und Longbottom gefunden hatten.

Mit einem traurigen Seufzen und dem Gefühl versagt zu haben, disapparierte Severus.



*~*~*~*



Der alkoholdurchtränkte Haufen, über den Leopold stolperte, beschimpfte ihn.

Er blickte hinunter zwischen seine Füße und sah dort einen blondsträhnigen Mann mit einem blauen Auge. Leopold dachte, dass er ihm bekannt war, aber er konnte ihn nicht direkt einordnen.

Der Mann lächelte spöttisch und rollte sich wieder gegen die Wand. Er sah wütend und aufgebracht, aber vor allem, verzweifelt aus.

Da formte sich ein Gedanke in Leopolds Kopf.

„Sir, bitte, können Sie mir helfen?“

Der Mann scheuchte ihn mit einem uneleganten Winken davon. Er war vielleicht betrunken. Leopold war sich da nicht ganz sicher. Er hatte zuvor noch nie jemanden betrunken gesehen. Falls Snape jemals betrunken war, dann war er es nie vor ihnen gewesen. Was seine Eltern anging… ehrlich, er konnte sich nicht erinnern.

Die wenigen Erinnerungen an seine Eltern füllte sein Herz nicht mit der Leere, wie es so oft der Fall gewesen war. Wenn er jetzt von seinen Klassenkameraden hörte, wie sie sich über ihre Eltern beschwerten, dann musste er selbst immer an Snape denken.

Wie überaus seltsam.

Mit einem Kopfschütteln kehrte er wieder in die Gegenwart zurück, sah hinunter zu dem Mann, welcher jetzt seine Augen geschlossen hatte und versuchte so gut es ging mit der dreckigen Wand, gegen die er lag, zu verschmelzen.

Leopold kniete sich neben ihn, bis sie auf einer Augenhöhe waren. Er wusste, es war riskant und vermutlich ziemlich dumm, aber er hatte keine andere Wahl.

„Sir, ich brauche Ihre Hilfe“, wiederholte er.

Der ramponierte Mann grunzte und drehte sich von ihm weg. „Hau ab“, murmelte er.

„Bitte!“

„Lass mich alleine! Verdammt noch mal, hau endlich ab!“

Leopold griff in seine Tasche und fand dort die Galleone, die Clara in seine Hand gedrückt hatte, bevor er auf den Thestral gestiegen war. „Du weißt nie, wann du es gebrauchen kannst“, hatte sie gesagt. Er drehte die Münze ein paar Mal in seiner Hand um, bevor er sagte: „Ich kann Sie auch bezahlen.“

Der Mann kämpfte damit sich aufzurichten und schaffte es schließlich sich gegen die Wand zu lehnen und sah Leopold direkt an.

„Jetzt hör mir mal zu“, sagte der Mann gefährlich langsam, welches über eine noble Reinrassigkeit hinwegtäuschte. „Du befindest dich hier an einem Ort, an dem ein Junge deines Alters nichts verloren hat. Niemals. Du hast ja keine Ahnung, was Leuten wie dir, hier passieren könnte und du willst es auch nicht wissen. Mir ist egal, was du denkst, was du hier so dringend tun musst, aber es ist sicherlich nicht wichtig genug, um sich noch hier nach Einbruch der Dunkelheit aufzuhalten. Und jetzt verschwinde von hier, bevor dir noch etwas zustößt.“

„Aber ich muss sie retten“, spuckte Leopold verzweifelt und wedelte wild in die Richtung des Bordells, welches hinter der heruntergekommenen Hütte verborgen war. „Meine Schwester – sie ist dort drinnen – die haben sie – ich muss sie dort rausholen!“

Die blutunterlaufenen Augen des Mannes verengten sich. „Dort… drinnen?“ Er deutete auf die Hütte, welche sich gerade erst von dem größeren, beleuchteten Gebäude wieder zurück verwandelte.

Leopold nickte.

Der Blick des Mannes traf für einen kurzen Moment den seinen, bevor er die Straße vor sich hinunterblickte. Er schien mit sich selbst in Zwietracht zu stehen. Das Schweigen wurde lauter, während es dunkler und kälter und nebeliger wurde.

Leopolds Herz pochte so wild, dass er sich sicher war, der fremde Mann konnte es von der Wand hallen hören.

Letztendlich richtete sich der Mann, ohne Leopold dabei anzusehen, auf. Er schwankte etwas, richtete sich dann etwas und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.

„Wie heißt sie?“

„Brigita.“

Der Mann betrachtete Leopold eingehend. „Brigita“, wiederholte er ruhig.

Leopold nickte.

„Rosier?“

Leopold zögerte, bevor er wieder nickte und betete, dass es nicht seine Chance auf Hilfe ruinieren würde. Der Mann schloss lediglich seine Augen, schüttelte mit dem Kopf und schwieg weiterhin, bevor er disapparierte.


*~*~*~*



Dreimal dürft ihr raten, wer das wohl war?

„Mir war danach, etwas Schönes zu zerstören“ stammt aus dem Film Fight Club.

Im nächsten Kapitel: Teil zwei von diesem Kapitel


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