Just to be - Epilog: Seit diesem Tag
von Xaveria
*~* Epilog: Seit diesem Tag *~*
„Der schönste Ausgleich im Leben ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen.."
Ralph Waldo Emerson
Ron Weasley saß in einer Sitzecke im Tropfenden Kessel und vertilgte das letzte Bisschen von seinem Shepherd’s Pie. Das war seit seiner Mutter das beste Essen, was er jemals zu sich genommen hatte, aber sie hatte seit Jahren nicht mehr richtig gekocht. Der Tropfende Kessel musste einen neuen Koch haben oder vielleicht sogar einen neuen Besitzer. Bis vor Kurzem war das Essen kalt gewesen und hatte nach Abfall geschmeckt und es hatte eine schreckliche, unnatürliche Textur angenommen. Tom wollte vorwärtskommen und das konnte man jetzt sehen.
„Du siehst aus, als ob es dir geschmeckt hat.“
Ron sah bei der Stimme auf und lächelte.
„Hannah! Geht’s dir gut?“
„Geht es. Und dir?“
„Sehr gut. Hast du in letzter Zeit schon das Essen hier probiert? Es ist ausgezeichnet.“
„Danke. Freut mich.“
Ron sah sie verwirrt an. „Bist du die neue Köchin hier?“
Sie schüttelte mit ihrem Kopf. „Neue Besitzerin. Tom wollte sich zur Ruhe setzen. Ich musste den alten Koch rausschmeißen. Der alte Kerl hatte nur noch ein Auge. Ein Koch ohne Tiefenwahrnehmung? Merlin. Überall nur Durcheinander, Hauptbestandteil der Rezepte fehlten, die Schnitte alle falsch…”
„Also, wen auch immer du eingestellt hast, dass hier ist wirklich ausgezeichnet. Und weißt du, ich denke, hier war es seit Jahren nicht mehr so sauber gewesen. Schätze, Tom hat diesen Ort hier etwas gehen lassen, was?“
„Du hast ja keine Ahnung.“
Ron lächelte. „Also… läuft das Geschäft dann?”
Hannah zuckte mit den Schultern. „Nicht schlecht. Könnte sicherlich besser laufen. Als Tom etwas verrückt wurde, fingen die Leute an woanders hinzugehen. Ich muss sie erst wieder zurückgewinnen.“ Sie lächelte ihn an. „Planst du öfters vorbeizukommen?“
„Mit Essen wie dem hier, absolut. Ich wohne genau über meinem Geschäft gleich um die Ecke. Das große Rote, wo stündlich irgendein Feuerwerkskörper hochgeht.“
„Nun denn“, antwortete Hannah lächelnd, „wenn wir dann jetzt Nachbarn sind, vielleicht sehe ich dich ja dann öfters.“
Er errötete. „Vielleicht wirst du das.“
Ron kam am nächsten Tag zum Mittagessen zurück. Und Abendessen.
Und den Tag danach.
Und den Tag danach.
*~*~*~*~*
Harry tauchte mit einem Bündel in seinen Armen am Grimmauldplatz auf. Severus befand sich gerade zufällig alleine im Wohnzimmer, als er durch den Kamin trat. Überrascht blickt er auf. Harry hatte ein paar Wochen freigenommen, um bei seiner Frau zu sein, welche nur vor wenigen Tagen ihr zweites Kind zur Welt gebracht hatte. Er hatte nicht erwartet, ihn vor dem nächsten Monat wieder zu sehen.
„Sei gewarnt, solltest du darauf bestehen, durchzukommen, werde ich nicht zögern, dich für die Arbeit einzusetzen.“
Harry schnappte diesen Kommentar als seine Begrüßung auf und ging hinüber zu Severus, drehte das Bündel in seinen Armen, damit er unter die Decken blicken konnte. „Ich denke, eine Vorstellung ist fällig. Severus, darf ich vorstellen, Albus Severus.“
Severus riss für den Bruchteil einer Sekunde seine Augen auf, bevor sich sein Blick wieder verhärtete. „Ich dachte, das hätten wir besprochen.“
„Haben wir. Wie immer habe ich mich dazu entschieden, genau das Gegenteil von dem zu machen, was du mir gesagt hast. Jetzt sag mir nicht, das überrascht dich.“
Severus seufzte. „Ich schätze nicht, obwohl ich nicht verstehen kann, wie du diesem armen Jungen solch einen lächerlichen Namen geben kannst.“
„Nun, James ist nach meinem Patenonkel benannt. Ich denke, wenn die Dinge wohl etwas anders gelaufen wären, dann hätte ich vielleicht einen Zweiten, also ist es nur gerecht, wenn mein zweiter Sohn diesen Namen ebenfalls trägt.“
Severus wusste, wären die Dinge etwas anders gelaufen, dann wäre er vermutlich der Vater und nicht Patenonkel von Lilys Kindern. Aber das musste Harry ja nicht wissen.
„Und warum denkst du, ist das so unglaublich passend?“
In diesem Moment, wie auf Kommando, öffnete der kleine Albus seine Augen. Severus war erstaunt Lilys (und Harrys) grüne Augen in dem winzigen Babygesicht zu sehen. Lilys Sohn.
„Es fühlte sich einfach richtig an.“
Severus und sein Namensvetter sahen sich für einen langen Moment einfach nur an, bevor Severus flüsterte: „Verstehe.“
„Ich denke, er mag dich“, sagte Harry.
„Mach dich nicht lächerlich. Niemand mag mich.“
„Du wirst doch sein Patenonkel werden, nicht?“
Severus erstarrte und blickte dann in Harrys ernstes Gesicht.
„Ich bin wohl kaum der Typ für irgendwen der Patenonkel zu sein.“
„Sei nicht albern. Du bist der beste – im Grunde der einzige Mensch – welcher sein Patenonkel sein sollte.“
„Ich kann mir kaum vorstellen, dass deine Frau dem zustimmt.“
„Glaub es ruhig. Es war im Grunde sogar ihre Idee gewesen.“
Severus seufzte. „Ich werde es nur unter der Bedingung machen, wenn du nicht irgendwas Dämliches anstellst und dich dadurch selbst gefährdest. Das Letzte, was ich gebrauchen kann, ist ein weiteres Waisenkind, dessen Eltern eine dämliche Entscheidung getroffen haben.“
„Erledigt.“
„Muss ich ihn halten?“
„Nein.“
„Gut.“
*~*~*~*~*
Lennox Gibbon wurde aus Askaban entlassen.
Und gleich wieder eingebunkert.
Und entlassen.
Und wieder eingebunkert.
Dieser Kreislauf wiederholte sich für den Rest seines Lebens.
Er konnte sich einfach nicht aus Schwierigkeiten heraushalten. Er litt unter einer Impulskontrollstörung und an Wutausbrüchen. Sein Zauberstab übernahm oftmals das Denken für ihn. Das Zaubergamot hatte immer weniger Mitleid mit ihm, während im Vergleich seine Verbrechen immer fataler wurden. Häufig waren immer irgendwelche Muggels beteiligt, was generell eine härtere Strafe nach sich zog, als wenn er sie gegen einen Zauberer ausgeübt hätte.
Er traf grundsätzlich schreckliche Entscheidungen. Sein Umgang bestand aus schlechten Menschen. Er würde nicht im Grimmauldplatz bleiben, und da er offiziell ein Erwachsener war, konnte Severus ihn nicht dazu zwingen, dort zu bleiben. Er konnte nur versuchen ihn davon zu überzeugen, dass es zu seinem Besten sein würde.
Er konnte ihn nie wirklich davon überzeugen.
Es gab nichts, was Severus noch machen konnte. Nichts, was Luna machen konnte. Nichts, was Hermine machen konnte. Nichts, was Harry machen konnte. Und sie hatten es alle versucht.
„Manchmal soll es einfach nicht sein“, erinnerte Harry ihn.
*~*~*~*~*
Mit einem Grinsen überreichte Hermine ihrem Mann den Brief. Er überflog ihn kurz und sah sie dann an, sein Blick funkelte vor Belustigung. „Ich beginne langsam zu glauben, dass du einen schrecklichen Einfluss auf sie hast.“
„Was, du fängst jetzt erst an?“
„Ich hatte mich dazu entschieden, dir jeglichen Zweifel einzuräumen.“
„Offensichtlich war das ein Fehler.“
„Offensichtlich.“
„Eine weitere Gryffindor.“
„Ich gestehe, den habe ich nicht kommen sehen“, sagte Severus.
„Ich habe es.“
„Oh, hast du jetzt, wie?“
Hermine nickte. „Ermengarde wollte mehr als alles andere bei ihrem Bruder sein. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie den Hut angefleht hatte, sie nach Gryffindor zu sortieren. Außerdem weißt du sehr wohl, die Häuser laufen durch die Familien. Sobald der Hut ‚Clairemont‘ gehört hatte, hatte er vermutlich angenommen einen weiteren Gryffindor zu haben und hatte sich dementsprechend verhalten.“
Severus schüttelte mit seinem Kopf. „Der Hut weiß genau, wer sie sind. Slytherins betteln nicht. Das muss es gewesen sein, was ausschlaggebend war.“
„Wie auch immer, ein bisschen Abwechslung ist niemals verkehrt.“
„Abwechslung“, spottete Severus. „Genau. Bevor du und deine Freunde in unser Leben gekommen seid, hatte ich eine perfekte Bilanz von Slytherins, ohne irgendwelche Ausreißer. Jetzt habe ich zwei Gryffindors, einen Hufflepuff und einen Ravenclaw.“
„Slytherin hatte den anderen allerdings nicht sonderlich gut getan“, hob Hermine hervor.
Severus‘ Blick schweifte hinüber zur Küchentür, wo er wusste, dass die älteren Mädchen auf der anderen Seite saßen und lasen und sein Blick wurde nachdenklich. „Nein“, flüsterte er, „hat es nicht.“
Hermine nahm seine Hand und drückte sie.
„Das wäre nie passiert, wenn ich noch Hauslehrer wäre“, sagte Severus.
„Ich weiß.“ Hermine lächelte leicht. „Du weißt, Neville wird auf sie aufpassen, genau, wie er es immer mit Leo und den anderen getan hat.“
Da schnaubte Severus. „Ich ziehe es vor, nicht meine ganzen Hoffnungen auf ihn zu setzen.“
„Du könntest wirklich versuchen nett zu ihm zu sein, weißt du. Seit wir das hier angefangen haben, war er nichts anderes, als nett und zuvorkommend dir gegenüber gewesen.“
„Ich könnte. Aber ich werde es nicht.“
„Warum nicht?“ Sie ließ von seiner Hand ab und fuhr durch ihre Haare. „Das wird langsam wirklich lächerlich. Er will unbedingt dein Freund sein. Er hat alles gemacht, was du von ihm verlangt hast. Warum bist du trotz allem, was er für dich getan hat, immer so gemein zu ihm?“
Er seufzte. „Hast du jemals die Geschichte von dem Skorpion und dem Frosch gelesen?“
„Was?“
„Eine Muggel-Fabel. Ein Skorpion musste einen Fluss überqueren, aber er konnte nicht schwimmen. Also fragte er einen Frosch, ob dieser ihn nicht rüberbringen könnte. Der Frosch sagte: ‚Nein, das werde ich nicht tun. Sobald wir in der Mitte des Flusses sind, wirst du mich mit deinem Giftstachel stechen und wir werden beide sterben.‘ Der Skorpion versicherte ihm, er würde so etwas nicht tun, denn dann würde ja auch er sterben, also hätte er nichts gewonnen, wenn er ihn stechen würde. Der Frosch stimmte zu, ihn hinüberzutragen. In der Mitte des Flusses, an der tiefsten Stelle, stach der Skorpion den Frosch, wodurch der Frosch erstarrte und langsam ertrank. ‚Warum hast du mich gestochen?‘, fragte der Frosch. ‚Jetzt sterben wir beide…‘ Und der Skorpion antwortete einfach: ‚Das ist halt meine Natur.‘“
Hermine runzelte ihre Stirn. „Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, welche Moral diese Fabel enthält, aber was hat das mit Neville und dir zu tun?“
„Du hast mich gefragt, warum ich so unfreundlich zu Longbottom bin, obwohl er so hilfreich war, alles tat, um was ich ihn gebeten hatte und zu meinem Leidwesen versucht er weiterhin mein Freund zu werden.“
„Das habe ich, ja.“
„Das ist halt meine Natur.“
*~*~*~*~*
Ginny und Ron hielten beide Mollys Hände, als Harry und Hannah neben ihr saßen. Lunas verträumte Stimme sang sie in einem ruhigen, tranceartigen Zustand.
„Ich kann nichts versprechen“, sagte Luna. „Aber wir können es versuchen.“
Molly nickte langsam, traurig, als ob sie Luna nicht wirklich vor sich sehen könnte. „Ich habe nichts mehr zu verlieren“, schluchzte sie, ihre Stimme nicht ganz ihre eigene.
Luna führte Molly mit langsamer und sanfter Stimme den Weg ihrer Erinnerungen, ihrer Ängste, ihrer Reue hinunter, hielt sie mit nichts anderem als dem Klang ihrer Stimme ruhig und gelassen. Sie hatte von Severus gelernt, wie sie ihre Stimme mit Magie beeinflussen konnte – er hatte es geschafft ganze Klassen alleinig durch seine Stimme ruhig zu halten und jetzt schaffte es Luna, eine Person auf dieselbe Art und Weise ruhig und entspannt zu halten. Mollys Augen schlossen sich, ihre Atmung wurde flach, als sie von ihrer Reise erzählte, ihre Stimme erstickte, als sie noch einmal ihre Vergangenheit durchlebte.
Solche Behandlungen erforderten viele Sitzungen und selbst, wenn sie richtig durchgeführt wurden, konnten sie keinen Erfolg garantieren. Aber es war einen Versuch wert. Die Weasley-Familie hatte ihr Herz verloren und sie brauchten es wieder zurück.
Als Molly wieder aufwachte, schluchzte sie und umklammerte die Hände ihrer Kinder so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß anliefen. Es würde noch sehr viele Sitzungen brauchen, bis Molly wieder zu dem Menschen wurde, der sie mal war. Vielleicht würde sie auch niemals dort ankommen.
Aber es war ein Anfang.
*~*~*~*~*
Harry und Severus hielten den Jungen unten. „Xavier“, sagte Harry langsam. „Wir sind hier, um dir zu helfen. Entspann dich, wenn’s geht.”
Der Junge kämpfte weiterhin gegen sie an, verkrampfte sich, als wenn er gegen unsichtbare Kämpfer angehen würde, das Zittern in seinen Gliedmaßen machte es ihnen fast unmöglich ihm auf dem Hotelbett festzuhalten.
„Benutze deinen Kopf, Potter, stecke ihn in eine Ganzkörperklammer.“
Harry schüttelte mit dem Kopf. „Nicht hierfür. Das würde es nur noch schlimmer machen. Genau wie mit Schmerztränken, oder Schockzaubern oder dem Incarcerus. Brutale Gewalt und dummes Glück sind gegen das hier unsere einzigen Waffen.”
Severus betrachtete Harry mit neu gefundenem Respekt. Er hatte nicht gewusst, dass seine Probleme so schlimm gewesen waren, dass auch er solch ein Eingreifen benötigt hatte.
„Tut mir leid, Xavier“, sagte Harry reuevoll. „Wenn das hier vorbei ist, dann wird das Gift aus deinem Körper verschwunden sein und wir können dich nach Hause zu deiner Schwester Zenobia bringen und dann kannst du noch einmal von vorne anfangen. Aber ich warne dich: Die nächsten achtundvierzig Stunden werden die schlimmsten in deinem ganzen Leben sein.“
Xavier nickte, verkrampfte erneut und verlor dann sein Bewusstsein.
„Das heißt, sollte er es überleben“, murmelte Harry, nachdem er sich vergewissert hatte, dass Xavier wirklich bewusstlos war.
„Du glaubst es nicht?“
Harry zuckte mit den Schultern. „Nicht nur war sein Körper komplett vergiftet, da hängt auch noch ein Fluch mit dran, der die Drogen wirksamer macht und daher sind sie schwieriger aus dem System zu bekommen, da immer wieder ein Rückfall ausgelöst wird. Es wird sehr schmerzhaft werden.“ Er sah zu Severus hinüber. „Für uns alle.“
Harry hatte nicht übertrieben. Während Yaxleys Körper das Gift abstieß und unter den schmerzhaften Entzugserscheinungen litt, begann er zu krampfen und bekam Anfälle, während er gleichzeitig unter magischen Kontrollverlusten und Energieausbrüchen litt. Nicht einmal die Unzerbrechlichkeitszauber konnten die Fenster und Möbel vor den Angriffen schützen.
Als Xavier Yaxley dann zwei Tage später seine Augen öffnete, war er von Kopf bis Fuß mit blauen Flecken und Platzwunden übersät. Er war erschöpft und wund und verwirrt und sowohl mental, als auch körperlich und magisch ausgelaugt.
Er hatte sich in seinem Leben noch nie besser gefühlt.
*~*~*~*~*
Hermine legte den Propheten zur Seite und warf Severus einen bedeutungsvollen Blick zu. Bei seinem fragenden Ausdruck schob sie ihm die Zeitung hinüber, damit er die Überschrift lesen konnte.
MINISTER KÜNDIGT ARBEITSPROGRAMM AN
Prioritäten werden Kriegswaisen und Muggelgeborenen mit Magieverlust eingeräumt.
Severus‘ Augenbrauen verschwanden in seinem Haaransatz, als er sich die Zeitung schnappte, um den ganzen Artikel zu lesen. Laut dem Artikel hatte der Zaubereiminister die Abteilungsleiter dazu überstimmt Zauberer und Hexen in untergeordneten Positionen einstellen, um die Moral wieder aufzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen, eine Re-Sozialisation in die Gemeinschaft und die Wirtschaft von Zauberengland wieder anzukurbeln. Weiter im Artikel stand beschrieben, wie den Kriegswaisen auch ohne ZAGs und UTZe eine Position gegeben werden würde. Im Laufe der Zeit würde noch weiterer Unterricht hinzugefügt werden, damit die Teilnehmer dann ihre ZAGs und UTZe durch unabhängige Studien nachholen und sich damit für besser bezahlte Positionen bewerben konnten.
Der Artikel beschrieb, wie die ganze Initiative durch niemand anderem, als von Harry Potter verwaltet wurde, welcher dem Minister auch das Programm vorgestellt hatte. Potter war nach seinen dienstfreien Jahren (aus „familiären Gründen“) wieder zurück, um die Position als Direktor und Vorsitzender zu übernehmen.
Bekannt wird es als die Potter-Stiftung sein.
Severus blickte zu seiner Frau auf und lächelte, ein wirkliches Lächeln. Sie wussten beide, wie viele Diskussionen, Überredungskünste, Führsprachen und politisches Manövrieren und sogar Drohungen es Harry gekostet hatte, um das wahr werden zu lassen. Er hatte niemals aufgegeben oder sich durch mangelnde Unterstützung entmutigen lassen. Sie hatten dreieinhalb Jahre hart hinter den Kulissen gearbeitet, um das hier zu schaffen. Und nur sehr wenig davon war schön gewesen.
Aber das war es das wert.
Sie würden jetzt für ihre Zukunft eine Chance haben, alle von ihnen.
*~*~*~*~*
„Ich kann nicht glauben, dass es jetzt vorbei ist.“
Luna Lovegood stand vor dem Kamin am Grimmauldplatz, ihr Zuhause für die letzten fünf Jahre.
„Es war sehr… interessant“, sagte Severus mit Blick auf dem Boden. Er wusste nicht recht, was er zu Luna sagen sollte, aber er wusste, wenn es um Luna ging, dann mussten zwischen ihnen keine Worte gewechselt werden. Sie wusste es einfach.
„Ich werde auch nicht emotional werden“, sagte sie. „Ich weiß, Sie hassen das und Sie fühlen sich unwohl, und wenn Sie sich nicht wohlfühlen, frustriert Sie das, und wenn Sie frustriert sind, werden Sie bissig und das würde keinen von uns etwas bringen, nicht wahr?“
„Es ist ja nicht so, als ob Sie uns nie wieder sehen werden“, hob Severus hervor. „Im Grunde werden Sie sie während der Schulzeit viel häufiger sehen.“ Er versuchte, die Eifersucht aus seiner Stimme zu entfernen. Nicht, dass er irgendwas vor ihr verheimlichen könnte.
„Ich weiß, aber es wird nicht dasselbe sein, oder? Es ist das Ende einer Ära.“
Er nickte nachdenklich. „Das ist es dann. Und was für eine Erfahrung das für jeden von uns war.”
„Wissen Sie, das war das Letzte, was ich dachte, was ich tun würde. Ich hatte immer angenommen, ich würde irgendeinen Kerl heiraten, der genauso verrückt ist, wie ich und wir würden dann auf der Suche nach irgendwelchen mythischen Kreaturen, von denen mein verstörter Vater immer gesprochen hatte, die Welt bereisen. Stattdessen habe ich Dämonen bekämpft und anstatt nach ihnen zu suchen und sie zu untersuchen, habe ich mein Bestes gegeben, sie zu vernichten.“
Sie lächelte traurig. „Ich dachte, ich würde an diesem Tag glücklich sein, den Tag, an dem Sie mich hier nicht mehr in Vollzeit brauchen. Den Tag, an dem wir entschieden, sie würden nicht mehr so viel Intervention benötigen.“ Sie seufzte. „Ich schätze, es ist wahr, was man so sagt – sei vorsichtig, was du dir wünschst.“
„Sie brauchen Sie noch immer, Lovegood“, betonte Severus. „Weshalb wir jetzt auch hier stehen und diese Unterhaltung führen.“
Sie nickte. „Es fühlt sich hier jetzt so leer an.“
„Sehr ruhig.“
„Zu ruhig für meinen Geschmack.“
„Dann haben Sie die richtige Entscheidung getroffen.“
„Es ist nur… es wird sich jetzt alles verändern, nicht wahr?“
„Das Leben ist eine Veränderung, Lovegood. Und so viel verändert sich nicht. Nicht für Sie.“
„Das weiß ich, oberflächlich tut es das wirklich nicht. Ich bin noch immer ihre Therapeutin, ich werde es jetzt nur in Hogwarts machen und nicht mehr hier, sondern dort für alle Schüler und nicht nur für sie und ich werde es jetzt offiziell als ein Belegschaftsmitglied machen als eher unter dem Tisch. Und zu jeden Ferien werde ich zurückkommen. Aber… wir hatten ein wirklich nettes, kleines Zuhause hier, wir alle das ganze Jahr über unter einem Dach. Uns gegen die Welt, in der Hoffnung ein paar Leben zu retten.“
„Bei Ihnen hört sich das alles so romantisch an“, sagte er gedehnt und gab sein Bestes sarkastisch und genervt bei ihrer Zusammenfassung zu klingen.
Luna schüttelte ihren Kopf und betrachtete ihn mit diesem bedenklichen Blick, der ihn immer aus der Fassung brachte. „Nicht romantisch. Nur wunderschön.“
Severus räusperte sich. „Sie werden sich noch verspäten, wenn Sie nicht bald gehen.“
Luna schüttelte mit ihrem Kopf. „Nein, werde ich nicht, aber ich weiß, Sie wollen, dass ich verschwinde, bevor Sie noch emotional werden. Ihnen fällt es so, wie es im Moment ist, schon schwer, es zu kontrollieren. Ich will Ihnen nicht noch mehr Unbehagen bereiten, als es die Situation bereits tut.“
Sie trat auf ihn zu und ohne Warnung schlang sie ihre Arme um ihn. „Danke für alles, Severus“, sagte sie mit belegter Stimme. „Es war mir eine Ehre.“
Jeder Instinkt in Severus’ Körper schrie danach sich von ihr loszureißen, aber er konnte einfach nicht den Willen aufbringen. Zögernd, ganz langsam, schlang er ebenfalls seine Arme um sie.
„Die Ehre war ganz meinerseits“, flüsterte er, die Worte mit einer tieferen Bedeutung behaftet, als sie es eigentlich waren. Er wusste, sie würde es verstehen. Sie verstand es immer. Verstand ihn immer. Auf so viele Arten verstand sie ihn besser als jeder andere, sogar besser als Hermine. Sie unterschieden sich nicht sonderlich voneinander.
Noch lange, nachdem sie verschwunden war, starrte er hinunter auf den Boden, bewegte keinen Muskel, bis er merkte, wie sich ein weicher Arm um seine Hüften schlang und ein buschiger Kopf gegen seinen Hals kitzelte.
„Ich schätze, dann sind es nur noch wir beide?“, flüsterte Hermine.
Severus legte seine Arme um ihre Schultern und küsste seine Frau auf ihre Schläfe. „Nur noch wir beide.“
„Das heißt, bis Juni.“
Severus lächelte bei den Gedanken an ein volles, lautes Haus. „Ich kann es kaum erwarten“, gab er zu.
Hermine drückte ihn. „Ich auch.“
*~*~*~*~*
Draco Malfoy war niemals zum Grimmauldplatz zurückgekehrt. Er konnte sich ihnen nicht noch einmal gegenüberstellen. Selbst wenn sie ihn willkommen hießen, so wusste er auch, war es nur widerwillig und damit konnte er nicht leben. Nicht mehr.
Es hatte ihn schon genug gekostet seinen inneren Widerstand zu überwinden, um sich seinen eigenen grundlegenden Bedürfnissen zu ergeben und sich in dem Arbeitsprogramm vom Ministerium einzuschreiben. Das war schwierig. Jeder kannte ihn – wer er war, was er während des Krieges getan hatte oder auch nicht. Der Hohn und die schmutzigen Blicke, damit konnte er leben. Es war die Gleichgültigkeit von den anderen, die ihn beinahe zerbrach. Draco hasste es, sich unsichtbar zu fühlen. Selbst als eine Straßenratte hatte er es bevorzugt getreten und beschimpft zu werden, als die Blicke, die immer direkt durch ihn hindurchgingen, so als wenn er nicht existieren würde.
Er wusste, sie wollten ihn ablehnen. Unglücklicherweise für sie hatte das Ministerium eine „keine Ablehnung“-Politik erlassen. Eine Nische konnte und würde für jeden qualifizierten Anwerber gefunden werden. Zum Leidwesen aller, war Draco qualifiziert.
Sie platzierten ihn an dem hintersten Schreibtisch in der dunkelsten Ecke in der wohl unwichtigsten Abteilung des Ministeriums. Dracos Arbeit bestand darin Papiere zusammenzustellen, sie zu ordnen und sie zu binden, um sie dann in Schlitze zu werfen, damit sie durch das Ministerium verschickt wurden. Es war langweilig und einfach. Aber es war ein Leben. Zum ersten Mal in seinem Leben sorgte Draco für sich selbst.
Er blickte bei einem nach Luft schnappen von dem Sandwich-Mädchen auf. Ihre Blicke trafen sich seit dieser schrecklichen Nacht in der Nockturngasse zum ersten Mal wieder.
„Draco“, flüsterte sie.
„Brigita.“
„Ich, ähm, ich wusste nicht, dass du auch hier arbeitest“, sagte sie und legte ein Sandwich auf seinen Schreibtisch.
„Erster Tag“, murmelte er.
Ein unbehagliches Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, bevor Brigita wieder das Wort ergriff: „Macht es dir Spaß?“ Sein Blick verriet ihr, wie viel Spaß genau ihm seine neue Arbeit machte.
„Also“, redete Brigita weiter, „es ist vielleicht nicht viel, aber es ist besser als die Alternative. Ich weiß, ich bringe lieber den Männern ihr Essen als… nun, ich ziehe es dem vor. Nach einer Weile gewöhnst du dich daran.“
Draco zuckte mit den Schultern. Welche Wahl hatte er schon noch in seinem Leben?
„Ich, ähm, ich hatte nie die Möglichkeit gehabt, dir zu danken“, flüsterte sie. „Damals konnte ich noch nicht darüber reden, es war zu… zu schwierig für mich. Zu schmerzhaft. Zu frisch. Aber das ist jetzt schon lange her und… nun, du hast mir das Leben gerettet, Draco.”
Mit gesenktem Blick schüttelte er seinen Kopf.
„Doch hast du“, beharrte sie. „Wegen dir habe ich jetzt eine Möglichkeit auf ein richtiges Leben. Nicht länger muss ich… das machen. Wegen dir habe ich meine Familie wiedergefunden, die Hilfe bekommen, die ich brauchte, ich habe jetzt zum ersten Mal, seit ich ein kleines Mädchen war Eltern – richtige Eltern.“
Draco schüttelte mit seinem Kopf und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
„Jeder im Haus hat sich gefragt, was mit dir passiert ist“, sagte sie nach einer weiteren langen unangenehmen Pause. „Besonders wir Mädchen. Diejenigen, die du gerettet hast. Vor den Kleinen reden wir nicht darüber; es gibt keinen Grund für sie, zu wissen, wo wir waren und zu was wir da… gezwungen wurden. Ähm, ich lebe jetzt nicht mehr dort. Die Mädchen und ich haben uns eine Wohnung genommen. Hermine und Severus, sie hätten uns dort weiterhin wohnen lassen, haben uns gesagt, wir sollten bleiben, sie haben uns sogar angefleht, aber wir wollten es zumindest versuchen. Wir wollten sehen, ob wir es wirklich schaffen die Erwachsenen zu sein, für die sie so hart gearbeitet haben. Sie sagten, sie seien so stolz auf uns.
„Diese Stiftung erlaubt es uns allen unsere ZAGs und UTZe zu bekommen. Hermine und Severus haben uns geholfen, uns darauf vorzubereiten. Sie hat uns diese wirklich praktischen bunten Stundenpläne aufgestellt und sie funktionieren wirklich! Severus bringt uns all diese Zaubertränke bei und Hermine hilft uns mit unseren Verzauberungen. Beide helfen uns bei Verwandlung – sie versuchen sich immer gegenseitig zu übertrumpfen, es ist wirklich bezaubernd – und selbstverständlich bringt und Severus jeden Fluch, Zauber, Verhexung oder Gegenzauber in Verteidigung bei. Er will nie wieder, dass wir irgendwie machtlos sind. Und Neville bringt uns alles über Pflanzen und Kräuter bei. Ich denke, ich werde schon in ein paar Monaten meine ZAGs ablegen können; das ist das Einzige, was mir wirklich wichtig ist. Und dann hoffe ich, bekomme ich eine bessere Arbeit, obwohl diese hier gar nicht so schlimm ist.
„Du kennst sicherlich das alte Sprichwort – ‚Zu leben ist die beste Rache‘. Als ein unabhängiger Erwachsener zu leben ist die beste Art und Weise ihnen zu zeigen, dass sie uns nicht zerstören können, egal, wie sehr sie es auch versuchen. Ich muss dir und Severus und Hermine dafür danken. Ich kann jetzt wegen dem, was du für mich getan hast, gut leben. Das können wir alle. Ich weiß, sie wollen uns vor alles und jedem beschützen, aber dazu werden sie nicht immer in der Lage sein. Das haben wir schon sehr früh auf den harten Weg gelernt. Ich weiß, sie sind stolz, selbst wenn sie denken, wir hätten zu Hause bleiben sollen. Wir gehen noch oft zum Abendessen nach Hause. Ich werde ihnen sagen, dass ich dich gesehen habe und dass du gut aussiehst. Oder auch nicht, wenn du nicht willst, dass ich etwas sage.“
Sie räusperte sich. „Entschuldige, ich tendiere manchmal dazu, zu viel zu reden. Dafür muss ich Luna danken - sie hat mich dazu ermutigt, so viel wie möglich darüber zu reden. Ich finde, je mehr ich darüber rede, desto weniger schmerzhaft ist es. Es ist fast so, als ob darüber zu reden einen körperlichen Abstand zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart schafft und ich kann so viel Abstand, wie ich nur kriegen kann, gebrauchen.
„Ich habe so viele Jahre schweigend verbracht, dass ich jetzt schätze, ich versuche, die verlorene Zeit aufzuholen. Also, wenn ich ein vertrautes Gesicht sehe, dann kann ich nicht anders als meinen dummen Mund zu öffnen und zu reden, bis sie entweder weggehen oder ich nicht mehr weiß, was ich sagen soll.“
Sie wandte ihren Blick ab. „Manchmal brauche ich ziemlich lange, bis ich nicht mehr weiß, was ich sagen soll. Ich schätze, ich will dir einfach nur noch so viel sagen, Dinge, die ich die letzten Jahre sagen wollte, seit… seit eben dieser Nacht. Und nach allem, was du für mich getan hast, denke ich, das Netteste, was ich für dich tun kann, ist dich in Ruhe zu lassen und mich wieder auf den Weg zu machen. Ich bin froh, dass es dir gut geht, Draco. Als du nicht mehr zurückgekommen bist, habe ich mir Sorgen gemacht. Ich habe sehr oft an dich gedacht.“
Mit einem schüchternen Nicken drehte sie sich um. „Brigita“, rief er ihr hinterher. Sie drehte sich eifrig zu ihm. Er hielt ihr das Sandwich entgegen. Er hatte kein Geld dabei. „Ich kann nicht – ich habe nicht – ich bin heute nicht sonderlich hungrig.“
Sie schüttelte ihren Kopf und schob es zu ihm zurück. „Das geht auf mich“, sagte sie. „Genau wie das, was ich dir morgen und den Tag danach und danach und danach bringen werde, bis ich es dir zurückzahlen konnte. Freies Mittagessen ist das Mindeste, was ich für dich tun kann; ich schulde dir so viel mehr. Aber das ist ein Anfang. Später denke ich mir dann etwas Besseres aus.“
Er schaute von dem Sandwich zu ihr und wieder zurück und nickte dann leicht dankend mit seinem Kopf.
„Ich komme hier jeden Tag zum Mittagessen und Tee vorbei“, sagte sie. „Für den Fall, solltest du während dieser Zeiten planen woanders zu sein. Um dich vor meinem Gerede zu verschonen. Dein Sandwich wird immer auf dich warten, wenn du zurückkehrst. Dafür werde ich sorgen. Eine Sache weniger, um die du dich kümmern musst.“
Mit einem letzten Lächeln drehte sich Brigita um und ging weiter zum nächsten Schreibtisch. Sie verrichtete die Arbeit von Hauselfen. Draco sah, wie die anderen Arbeiter ihr nur die Sickel zuschoben, ohne sie anzusehen, sie überhaupt wahrzunehmen oder irgendwie zu registrierten. Ihre Augen waren auf die Sandwiches und nicht auf das Mädchen gerichtet. Sie war unsichtbar für sie, genau, wie auch er für sie unsichtbar war.
Er sorgte dafür jeden Tag an seinem Schreibtisch zu sitzen, wenn sie vorbeikam. Er würde sie bemerken. Und er würde mit ihr sprechen. Und er würde ihr dabei helfen, sich daran zu erinnern, dass sie ein Mensch war, der es wert war, bemerkt zu werden und nicht ignoriert und vergessen wurde.
*~*~*~*~*
Als er zum ersten Mal zum Grimmauldplatz gekommen war, hatte Severus fünfzehn seiner Schützlinge, nachdem sie Hogwarts verlassen hatte, verloren. Die Aufenthaltsorte von neunen von ihnen kannte er. Sechs von ihnen hatte er verloren. Irgendwann hatte er drei von ihnen gefunden. Es war nicht immer unbedingt ein glücklicher Augenblick, wenn er es tat.
Das Schlimmste war es eines Morgens über den Tod von Reynard Selwyn im Propheten zu lesen. Es war nur ein kleiner Artikel über einen jungen Mann, den man in der Nockturngasse gefunden hatte, gestorben in einem Straßenkampf.
Reynard war kurz zum Grimmauldplatz gekommen, bevor er weggelaufen war. Severus hatte alle Türen und Fenster verzaubert, aber das funktionierte nur, um die Welt draußen zu halten. Es hielt sie nicht davon ab, einfach durch die Haustür hinaus zu spazieren und zu verschwinden. Es hatte nur zu ihrem Schutz dienen sollen – ein Fluchtweg, um sicherzugehen, sollte ein ungewollter Gast, es schaffen in das Haus zu gelangen. Dann könnten sie zumindest flüchten.
Er fragte sich, ob die Entscheidung richtig gewesen war. Hermine sagte, sie war es, aber Severus hinterfragte noch immer seine Entscheidung. Er konnte lernen etwas anderes als Perfektion zu akzeptieren, aber er würde sich niemals mit dem Scheitern anfreunden. Besonders, wenn so viel auf dem Spiel stand.
Vor Hermine härtete er seinen Ausdruck und blockierte alle Gefühle.
Alleine weinte er.
Er hatte immer gewusst, intellektuell, dass er nicht erwarten konnte, alle von ihnen zu retten. Er konnte für sie nicht ihre Entscheidungen treffen. Alles war er ihnen geben konnte, war sein Bestes und hoffen, dass es reichen würde. Manchmal war es einfach nicht genug.
„Manchmal soll es einfach nicht sein“, würde Harry ihn dann erinnern.
Er wusste, Harry hatte recht. Aber es zu wissen, machte es nicht gerade einfacher.
*~*~*~*~*
Durch den Kamin betrat Severus die Wohnung seiner sechs Töchter. Wie er es jeden Abend machte. Er überprüfte ihre Sicherheitszauber an allen Fenstern und Türen, er schützte ihren Kamin, er überprüfte all die Eulen, die eingetroffen waren und er redete mit jedem Mädchen. Er drückte jede Einzelne und erkundigte sich nach ihrem Tag im Ministerium. Er sagte jeder Einzelnen, wie stolz er auf sie war.
Heute Abend waren seine Umarmungen länger und inniger, seine Stimme leiser. Nachdem er mit Valentina gesprochen hatte, spannte er sich an, als er erkannte, dass jemand fehlte.
„Wo ist Brigita?“, fragte er angespannt. Er war zur selben Zeit, wie jeden Abend hier und sie alle wussten, er erwartete von ihnen, auch anwesend zu sein. Andernfalls würde er sich sorgen.
Die Mädchen tauschten verstohlene Blicke aus und er richtete sich weiter auf. „Weg“, sagten sie alle gemeinsam.
„Weg?“, wiederholte Severus, seine Neugier war geweckt. Etwas stimmte nicht.
„Ja“, sagte Valentina etwas zu argwöhnisch, ihr Blick huschte hin und her. „Weg.“
„Weg wohin?“
„Nicht wichtig!“, sagte Valentina allzu schnell. „Was ist denn das, was du da mitgebracht hast?“
„Kekse, die Mum für euch gemacht hat, und versucht jetzt nicht das Thema zu wechseln, ihr wisst, das wird nicht funktionieren. Was verheimlicht ihr alle vor mir?“
Sie waren „Severus und Hermine“ wenn noch andere anwesend waren, aber unter sich waren sie seit Jahren immer „Mum und Dad“ oder „Mum und Daddy“ gewesen. Es war aus dem Geheimnis entstanden, um ihre wahren Identitäten zu schützen, sowohl die der Mädchen und ihrer Eltern. Ihr kleines Geheimnis.
„Nichts!“, sagten sie alle wieder viel zu schnell und versuchten ein Lächeln und Kichern zu verbergen.
Severus verschränkte seine Arme und bedachte sie mit seinem berüchtigten Professor Snape-Blick.
Leider waren sie diesem Blick bereits gewöhnt und daher hatte er nicht mehr dieselbe Macht, wie noch bei seinen Schülern. Dennoch, er würde dem auf den Grund gehen. Dachten seine Mädchen wirklich, sie konnten ihn an der Nase herumführen?
Er hörte, wie sich das Schloss drehte und war zugleich erbost. Hatte er ihnen nicht klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie jedes Mal, wenn sie die Wohnung verließen oder wieder betraten, den Kamin benutzen sollten? Das war die einzige sichere Art und Weise diese Wohnung zu verlassen.
Obwohl seit ihrer Befreiung von diesem schrecklichen Ort inzwischen mehr als fünf Jahre vergangen sind und sie unglaubliche Fortschritte gemacht haben… manchmal, da wollte er sie alle einfach nur in einen Sack packen, diesen Sack über seine Schulter schmeißen und sie zurück zum Grimmauldplatz schleifen, wo er sie dann für immer beschützen könnte. Er bewunderte wahrhaftige ihre Unabhängigkeit und den Erfolg, den sie damit hatten. Aber er würde niemals aufhören sich Sorgen zu machen. Niemals.
Die Tür öffnete sich und er drehte sich um, um dort Brigita an Draco Malfoys Arm stehen zu sehen. Das Paar erstarrte, wie Kaninchen beim Anblick eines Fuchses. Wenn wir uns nicht bewegen, dann wird er uns auch nicht sehen können.
Severus blickte sich um und sah, dass die anderen Mädchen Blicke zwischen einem Grinsen und vorgeheuchelter Unschuld aufsetzten. Also das war es, was sie versuchten, vor ihm zu verstecken. Einer von ihnen hatte einen Freund. Einen Freund, den er allzu gut kannte. Und sie hatte ihm Severus gegenüber nicht erwähnt. Keine von ihnen. Warum hatte ihm niemand etwas gesagt?
Brigitas Wangen liefen rot an und ihre – schluck – Verabredung wandte seinen Blick ab und küsste – küsste! – sie auf die Wange, bevor er verschwand.
„Wiedersehen, Draco“, riefen die fünf Mädchen ihm gemeinsam hinterher, wodurch sich Brigitas Gesichtsfarbe nur noch weiter vertiefte.
*~*~*~*~*
„Ist er gut zu dir?“, fragte Severus mit verschränkten Armen vor der Brust.
Sie nickte. „Er ist wundervoll zu mir.“
„Er hat kein Geld, weißt du.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Genauso wenig wie ich.“
„Liebst du ihn?“
Sie nickte. „Seit dem Tag, an dem er mich von diesem schrecklichen Ort gerettet hat.“
„Liebt er dich?“
Brigita seufzte und wandte ihren Blick ab. „Ja. Ich denke, er tut es.“
„Aber er hat es nicht gesagt?“
Sie lächelte ihn schüchtern an. „Wie lange hast du Mum geliebt, bevor du es ihr gesagt hast?“
Das war ein fairer Punkt.
„Wenn er dich verletzt, dann wirst du es mir sofort sagen.“
Es war ein Befehl und Brigita fasste es als solchen auf. „Natürlich. Dir und Leo, euch beiden.“ Sie lachte leicht. „Ihr könnt ihn dann abwechselnd verfluchen.“
„Ich meine es ernst, Brigita.“
„Genau wie ich.“
Für eine sehr lange Zeit sagte keiner der beiden Slytherins ein Wort, bis Severus schließlich seine Augen zusammenkniff und dann mit gebieterischer Stimme verkündete: „Und er wird dich nicht… berühren… bevor du verheiratet bist?“
Sie stand für einen Moment komplett erstarrt dar, bevor sie antwortete: „Nein“, sagte sie. „Wird er nicht. Er hat es selbst gesagt.“
Da riss Severus überrascht seine Augen auf. „Hat er das also?“
Sie nickte. „Hat er. Er ist ein guter Mann”, sagte sie. „Er war immer gut zu mir.“
Severus lächelte. „Ja, das war er.“
*~*~*~*~*
„Du wusstest es?“, rief Severus, verwirrt darüber, ob er schockiert oder wütend war.
„Oh ja, seit einer Ewigkeit“, sagte Hermine gelassen und tauchte ihre Feder in die Tinte. „Wir dachten, es sei am besten, wenn wir es dir nicht sagen. Du bist eben ein … überbehütender Vater.“
„Kannst du es mir verübeln?“
„Nein. Aber ich kann die Geheimnisse unserer Töchter vor dir bewahren.“
„Das solltest du nicht tun, weißt du.“
„Nun, wenn es um Jungs geht, dann sollte ich es.“
Er spannte sich an, als ihn ein weiterer Gedanke durch den Kopf schoss. „Hat einer von den anderen Mädchen etwa, einen…“, hier schluckte er, „einen Freund?“
Hastig konzentrierte sich Hermine darauf, die überflüssige Tinte von ihrer Feder zu schütteln.
*~*~*~*~*
Hermine hatte nicht gewusst, was sie mit sich selbst anfangen sollte, nachdem das letzte Kind nach Hogwarts gegangen und die Mädchen in ihre eigene Wohnung gezogen waren.
Sie und Severus hatten sich von Anfang an gegen ein eigenes Kind entschieden. Üben, ja. Aber auch wirklich einen Versuch starten? Nein. Es wäre den anderen nicht fair gegenüber; es fühlte sich wie ein Verrat an.
Sie waren sich auch nicht sicher, ob sie je wirklich eigene Kinder haben würden können. Beide waren während des Krieges dem Cruciatus ausgesetzt gewesen, Severus vermutlich öfters als jeder andere lebende Mensch in ganz England. Dazu kam, beide hatten weitaus andere Verhexungen und Flüche während dieser Zeit mitbekommen. Die meisten waren nur nach einem Bruchteil von dem, was sie durchgemacht hatten, bereits unfruchtbar. Sie hatten sich entschieden, das lieber nicht herauszufinden.
Außerdem war sie bereits Mutter von fast zwanzig Kindern. Sie war keine Maschine.
Aber was sollte sie jetzt mit ihrem Leben anfangen?
Das Ministerium war uninteressant und Hogwarts unpraktisch.
Das Haus war einfach viel zu ruhig.
Sie hatte viel Zeit damit verbracht ihre Gedanken und ihre Erfahrungen als Person aufzuschreiben, die Kriegswaisen aufgezogen und unterrichtet hatte. Sie hatte sich mit Luna kurzgeschlossen und ihre Meinung zu diesem Thema aufgeschrieben. Es half ihnen beiden sich zu erinnern und Hermines Gedanken zu klären, während Severus im Keller unten seine Zaubertränke zubereitete. Er hatte sich dafür entschieden, die Zaubertränke in einer Massenware zu produzieren, die ihre Albträume im ersten Jahr ferngehalten hatten. Ihre Kinder waren nicht die Einzigen, die ihn brauchten. Obwohl sein Preis erwerbsfähig und unterhalb des Marktpreises lag, war es finanziell genug, um sie das Jahr über zu versorgen. Die Nachfrage war einfach so hoch. Er hatte den Mädchen sogar beigebracht ihn selbst herzustellen, sollten sie jemals Interesse an der Herstellung von Zaubertränken haben. Keine von ihnen hatte es.
Severus hatte eines Tages ihre Niederschrift gelesen und vorgeschlagen, es zu veröffentlichen. Es war im Grunde eine Fallstudie in Bezug auf Kriegstraumata. Wenn sie die Namen ihrer „Subjekte“ anonym hielt, könnte sie es veröffentlichen und noch anderen Kindern helfen.
Sie mochte die Idee. Sie mochte die Idee sogar viel zu sehr. Luna hatte begeistert zugestimmt.
Ein Buch zu schreiben war sowohl einfacher, als auch schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatte. Da sie das geschriebene Wort liebte, hatte sie angenommen, es würde ganz einfach, wie von alleine laufen, ganz natürlich, und sie würde innerhalb weniger Wochen fertig sein. Sie hatte sich extra dafür einen Laptop zugelegt. Auf der einen Seite hatte sie all das Material und einen guten Grundriss, mit dem sie arbeiten konnte. Sie wusste, was sie wann schreiben würde. Auf der anderen Seite tauchten Schreibblockaden zu den ungewöhnlichsten Zeiten auf, meistens, wenn sie von dem einen Fall auf den anderen übergehen oder von dem einen Traumata auf das andere verweisen wollte. Sie wollte es professionell halten, nicht klinisch, fesselnd, aber nicht allzu unterhaltsam. Hier ging es um ein ernstes Thema. Sie wollte es mit dem nötigen Respekt und Ernst behandeln, welches es auch verdient hatte.
Sie betrachtete sich selbst als einen Co-Autor, selbst wenn Luna nie wirklich ein Wort geschrieben hatte. Sie stellte ihre Notizen und Erinnerungen für Hermine zur Verfügung, damit sie sie untersuchen konnte, um Lunas Sicht der Dinge, Ideen und Gedanken zu dem Thema zu bekommen. Zwischen ihnen beiden hatten sie wahrhaftig eine Kurzanleitung für die Traumatherapie für magische Patienten zusammengestellt.
So etwas war noch nie in Zauberengland veröffentlicht worden.
Die zwei sich bekriegenden Buchverlage hatten sich in einen Bieterkrieg über das Manuskript begeben. Niemals zuvor hatte irgendeine Hexe oder ein Zauberer eine Abhandlung über psychologische Probleme bezüglich von Kriegstraumata verfasst. Und niemals zuvor hatte ein Mitglied des Goldenen Trios ihre Erfahrung in Worte gefasst. Es würde ganz von selbst laufen.
Aber das war für Hermine nicht wichtig. Es war für sie selbst wie eine Katharsis: Ihre Gefühle sortieren, ihre Erfahrungen aufzeichnen und ihr Leben der letzten Jahre noch einmal durchleben. Selbst wenn es an sich nicht um ihr Leben ging, war es doch auch eine Biographie. Es war eine Art und Weise dieses ehrwürdige Experiment, zu welchem sie alle ihr Leben verschrieben hatten, zu ehren und zu verewigen. Sie waren so weit gekommen. Diese Reise sollten sie niemals vergessen. Und es gab eine reelle Möglichkeit, dass sie damit noch anderen helfen konnten.
Sie konnte es kaum erwarten, ein weiteres Buch zu schreiben.
*~*~*~*~*
Zum ersten Mal in seinem Leben wartete Severus Snape auf dem Bahnsteig 9 ¾, während der Hogwarts Express im Bahnhof einfuhr. Seit Hermine in sein Leben zurückgekehrt war, vor beinahe sieben Jahren, hatte sie immer diese Aufgabe übernommen. Davor hatte es nie jemanden gegeben, den er von dem letzten Zug des Jahres abholen könnte. Bei den wenigen Gelegenheiten hatte Glastonbury immer darauf bestanden.
Aber dieses Jahr war es etwas ganz Besonderes.
Eine Parade von fünfzehn Kindern bahnte sich ihren Weg zu ihm hindurch, angefangen von Erstklässlern und höher. Die meisten von ihnen unterhielten sich mit Freunden und umarmten sich zur Verabschiedung. Als sie ihn erreichten, begrüßten sie ihn auf ihre Weise. Gryffindors und Hufflepuffs bestanden darauf ihn in der Öffentlichkeit zu umarmen (die Hufflepuffs eher schüchtern, die Gryffindors rannten geradewegs auf ihn zu). Nur widerwillig ließ er es über sich ergehen, aber er ging sicher, dass sie seinen Unmut und Missfallen mitbekamen. Sie wussten es besser, als ihn ernst zu nehmen. Die Ravenclaws schüttelten seine Hand und die Slytherins hielten einen respektvollen Abstand ein und nickten höflich.
Ernsthaft war das denn so schwer?
Die Slytherins waren den anderen zahlenmäßig überlegen. Doch trotz allem, was er seiner Frau sagte, war Severus froh etwas Abwechslung drin zu haben. Sie waren jetzt wahrhaftig ihre eigenen Menschen und nicht mehr ihre Eltern. Keiner von ihnen trug mehr den alten Familiennamen. Ihre Zukunft war jetzt nicht mehr in Stein gemeißelt. Noch nicht.
Die Dinge liefen relativ gut in Hogwarts. Mit Luna und Neville und Poppy in der Belegschaft hatten sie immer jemanden auf ihrer Seite. Vielen war es gelungen trotz ihrer Geschichte das Radar zu unterfliegen, auch wenn einige nicht allen Schikanen aus dem Weg gehen konnten. Aber die Probleme waren schnell gelöst, genau wie bei jedem anderen Kind. Mindestens einmal im Jahr musste er zu Minerva, weil irgendeiner von ihnen in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte. Obwohl er nicht mehr ihr offizieller Vormund war, betrachtete Minerva ihn aus Respekt heraus allerdings als den ihren. Slughorn war weiterhin der Hauslehrer, der sich am wenigsten für sie einsetzte, was Severus unglaublich enttäuschte, ihn aber auch nicht sonderlich überraschte, also verstrickten sich seine Slytherins tendenziell in die meisten Schwierigkeiten. Aber bisher wurde keiner mehr von ihnen vertrieben.
Man konnte nur abwarten.
Akademisch schafften sie zumindest ihre Klassen, selbst wenn keiner von ihnen besonders hervorstach oder sich im oberen Feld befand. Er würde niemals einen Vertrauensschüler oder eine Schülersprecherin oder einen Schulsprecher haben, bis auf eine Ausnahme. Keine Quidditch-Kapitäne oder Teammitglieder. Aber die meisten von ihnen würden ihre ZAGs bekommen, was genug sein würde, um ihnen einen Platz in der Zauberwelt zu verschaffen. Sie hätten dann einige Möglichkeiten. Nicht alle würden ihre UTZes ablegen können, aber die ZAGs gaben ihnen genug Möglichkeiten. Sie hatten Freunde. Es war gut genug. Severus hatte sich vor Langem dazu entschlossen, Poppys verjährten Rat „gut genug“ zu akzeptieren. Er würde nie aufhören die Perfektion anzustreben, aber jetzt würde er sich auch mit Weniger zufriedengeben. Er hatte gelernt die beste Anstrengung zu honorieren, als sich auf die Mängel zu konzentrieren. Sie waren so unglaublich weit gekommen. Wie könnte er denn da überhaupt enttäuscht sein?
Die Hexe, die ihn begleitet hatte, lächelte und hieß alle willkommen.
Es war nicht nur die Zufriedenheit alle Kinder auf einmal von Hogwarts wieder im Grimmauldplatz zu sehen. Es war ganz besonders ein Kind von Hogwarts, auf dessen Wiedersehen er wartete.
Dieses besagte Kind (ernsthaft, er war ein Mann) erschien in der jetzt ausgedünnten Menge. Er war groß mit sandblonden Haaren und grauen Augen. Er war dünn, aber gesund und er lief mit derselben Selbstsicherheit wie sein später Vater. Er lächelte mit der Wärme seiner Mutter. Hand in Hand lief er neben einem hübschen Mädchen mit langen, lockigen roten Haaren, welchen ihn mit absoluter Anbetung anblickte. Seine Hand fuhr zu der Hüfte des Mädchens und wenn er dachte, niemand würde hinsehen – oder es kümmerte ihn nicht, wenn ihn jemand sah – küsste er sie. Gryffindors schienen es generell immer egal zu sein, wenn sie beobachtet wurden.
Leopold Clairemont. Siebtklässler. Er hatte Hogwarts abgeschlossen und seine UTZe bestanden. Der erste seiner Schützlinge, der es geschafft hatte.
Leopold bemerkte sie und führte seine Freundin durch die Menge. Zuerst ging er zu Severus‘ Begleiterin, seine Schwester Brigita, und umarmte sie herzig. Brigita stachen Tränen in ihre Augen, als sie ihren Bruder an sich heranzog. Severus konnte sie immer wieder und wieder flüstern hören: „Ich bin so stolz auf dich.“ Brigitas Verlobungsring funkelte in dem Sonnenlicht, als sie die Umarmung ihres Bruders erwiderte. Leopold stellte seine Freundin seiner älteren Schwester vor und als sich Ermengarde zu ihnen gesellte, um ihnen alles über ihre ZAGs zu erzählen, glitzerte stolz ihr Vertrauensschülerinnenabzeichen auf ihrer Brust. Severus wurde von einer Welle des Stolzes erfasst. Die Rosiers hatten es wahrhaftig geschafft. Alle drei von ihnen. Er hätte nie gedacht, er würde diesen Tag noch einmal erleben.
Nachdem er sich von seinen Geschwistern gelöst hatte, ging Leopold zu Severus hinüber. Die zwei Männer standen sich jetzt auf Augenhöhe einfach nur gegenüber und sahen sich sehr lange an.
„Nicht hier“, warnte Severus ihn leise.
Leopold scheiterte und zog den älteren Mann in eine feste Umarmung.
„Ich kann einfach nicht anders“, flüsterte Leopold.
Vermutlich zum einzigen Mal überhaupt erwiderte Severus eine Umarmung in der Öffentlichkeit.
Er war einfach so verdammt stolz auf diesen Jungen.
„Gut gemacht“, sagte er schroff, kämpfte mit all seiner Selbstkontrolle nicht von seinen Gefühlen in der Öffentlichkeit übermannt zu werden. „Gut gemacht.“
Leopold drückte ihn. „Danke“, flüsterte er. Er versuchte, sehr viele Dinge in dieses eine Wort zu stecken. Severus verstand ihn.
Er räusperte sich und zählte stumm alle seine Kinder. Sechszehn an der Zahl. Nein, warte, siebzehn. Das Mädchen, Leopolds Freundin, war noch immer bei ihnen. Sie würde sie heute nicht begleiten, aber Severus vermutete, er würde in den kommenden Monaten noch einiges mehr von ihr zu sehen bekommen.
Merlin alleine wusste, er hatte durch Hermine, der Leopold seit sieben Jahren wöchentlich schrieb, genug von ihr gehört: Clara dies und Clara das. Er wollte dem Jungen mehr Zeit mit ihr geben, aber die Jüngeren mussten jetzt nach Hause. Die Potters, Luna und Longbottom waren bereits dort, um sie zu begrüßen. Die Mädchen waren auch bereits eingetroffen. Brigita hatte auch Malfoy eingeladen, doch ob er wirklich zu einer so großen Versammlung kommen würde, das war noch ungewiss. Irgendwie hoffte Severus, er würde vorbeischauen. Xavier Yaxley würde heute Abend auch vorbeikommen, genau wie ein paar anderen der älteren Jungen. Selbst Weasley mit seiner Frau wurden erwartet; jetzt wo ihnen beide der Tropfende Kessel gehörte, brachten sie manchmal zu solchen Versammlungen etwas Essen mit. Aber heute war das nicht der Fall. Heute hatte sich Molly Weasley bereit erklärt für alle zu kochen.
Er würde sie nicht länger warten lassen.
Und wenn ein früheres Verschwinden bedeutete, dass Severus sie nach den Monaten der Ruhe endlich wieder alle zu Hause hatte, war es… nun… einfach noch viel besser.
Über ihren Köpfen hinweg sah er einen blauhaarigen Jungen, der mit seiner Großmutter Arm in Arm den Bahnsteig entlangging. Kurz trafen sich Severus‘ und Andromedas Blicke und sie schenkte ihm ein kleines Lächeln und leichtes Nicken. Teddy Lupin war mit vielen der Kinder befreundet geblieben, besonders seinen Hauskameraden in Hufflepuff. Das hatte Andromedas Sicht der Kinder gegenüber etwas verändert.
„Alle da?“, fragte er. Nach einer Welle der nickenden Köpfe (und einem Abschiedskuss zwischen Leopold und seiner Freundin), nickte er schließlich auch. Margaret Macnair, schon immer die Anhänglichste unter ihnen, wählte diesen Moment, um zu Severus‘ Seite zu fliegen und sich unter seinen Arm zu quetschen. Nachdem er sich sicher war, dass genug Kinder um ihn herumstanden, um ihn von der Menge abzuschirmen, zog er sie noch ein Stückchen näher an sich heran. Sie fühlte sich in seinen Armen einfach am sichersten. Er hoffte, das würde sich niemals ändern.
Er führte sie und die anderen von dem Bahnsteig.
„Lasst uns nach Hause gehen.“
~Nox~
*~*~*~*~*
Der Skorpion und der Frosch ist eine richtige Fabel. Die Moral der Geschichte: Wir können nicht ändern, wer wir sind. In dieser Geschichte war es mein Ziel, nicht die Natur unserer Hauptcharakteren zu verändern, sondern sie wachsen zu lassen, während sie sich noch immer treu blieben. Ich hoffe, ich habe es geschafft.
Manch haben sich im letzten Kapitel vielleicht gewundert, weil Snape und Harry sich dort duzen… aber Mensch, ich dachte, es sei an der Zeit, dass Harry zumindest das verdient hat. Und im Epilog vergehen wieder ein paar Jahre, also wollte ich ihn nicht noch länger leiden lassen. Die Beziehung zwischen den beiden hat sich grundlegend verändert und deshalb mein Entschluss. Luna hingegen ist das ein ganz anderes Thema, diese Beziehung ist einfach nur… bizarr… die beiden verstehen das schon irgendwie und Luna ist Severus da auch nicht böse. Sie hat ihn so oder so schon durchschaut und drängt ihn nicht aus seiner Wohlfühlzone, da reicht Harry vollkommen aus.
An dieser Stelle noch ein riesiges Dankeschön an meine Beta Fiore! Vielen, vielen Dank für deine immense Geduld und ich habe unsere Diskussionen genossen. Du hast mir wirklich das Leben gerettet. Dann ein genauso großes Danke an all die lieben Seelen dort draußen, die ein Feedback hinterlassen oder die diese FF still genossen haben. Sofern die Autorin es geschafft hat, dass sich nur einer über dieses Thema Gedanken macht, denke ich, hat sie sehr viel erreicht. Leider, so hat sie selbst gesagt, basieren die Tatsachen der Mädchen leider auf Fakten:
„Ich hatte niemals vorgehabt den ‚Moralapostel‘ bei diesem Thema zu spielen. Dieses Geschichte wurde nur zum Vergnügen und der Unterhaltung willens geschrieben. Zu allererst hatte ich gehofft, euch zu unterhalten und vielleicht auch, den ein oder anderen zum Nachdenken anzuregen. Ich weiß, viele von euch waren von dem Schicksal der Mädchen im Bordell tief berührt. Leider basiert dieser Teil der Geschichte leider auf Fakten. Ich habe die Dynamik aus dem Buch ‚Disposable People‘ von Kevin Bales, in dem das Thema der modernen Sexsklaverei in Thailand angesprochen wird. Nur sehr wenig davon war ausgedacht. In der echten Welt gibt heute noch Mädchen in derselben Position und man kann ihnen helfen, indem das Thema bewusster wahrgenommen wird und die helfenden Organisationen die Hilfe bekommen, um die Mädchen dort aus diesem Leben zu befreien.“
Und dem kann ich mich nur anschließen. Bei mir hat sie es geschafft. Es ist wahrlich ein Thema, über welches ich mir zuvor noch nie irgendwelche Gedanken gemacht habe. Mir ist nicht einmal in den Sinn gekommen, dass die Kinder der Todesser in der Regel genauso unschuldig sind, wie alle anderen Kinder auch. Schande, ehrlich. Von daher kann auch ich mich nur an dieser Stelle zutiefst verneigen. Vielen, vielen Dank!
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