von Malfoy Manor
2. Kapitel: Von Schwachstellen und Küssen
Hermine Granger
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, plagte mich sofort ein schlechtes Gewissen. Ich hätte Malfoy doch hinterher gehen sollen! Nicht einfach nachgeben und davonlaufen wie ein kleines Kind! Es musste doch irgendeinen vernünftigen Grund geben warum er so völlig fertig dort lag und weinte. Das tat man doch nicht einfach mal so… Und erst recht nicht jemand wie Draco Malfoy. Noch nie zuvor hatte ich ihn weinen gesehen und jetzt gingen mir die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Schon seit einer Woche, seit die Schule wieder angefangen hatte, hatte ich bemerkt wie die dunklen Ringe unter den Augen des Slytherins größer wurden, aber es war mir egal gewesen. Doch jetzt, ja, jetzt wollte ich unbedingt den Grund dafür wissen und ich wäre nicht mehr Hermine Granger, wenn mir das nicht gelang!
Hoch entschlossen stieg ich deswegen eilig aus meinem Bett, tapste ins Bad und schließlich angezogen und mit einer sauberen, weißglänzenden Bluse in die große Halle, wo ich zu meiner Enttäuschung jedoch keinen Eisprinzen von Slytherin vorfand, sondern nur seine ach-so-tollen Freunde. In meinen Gedanken dachte ich schon daran, wie ich es wohl schaffen würde, mehr über Malfoy herauszufinden. Nachspionieren war das erste was mir einfiel, aber dazu musste ich ihm erst einmal wieder begegnen und ich glaubte kaum, dass er so schnell nochmal in den Raum der Wünsche gehen würde. Jetzt wusste er ja, dass er definitiv nicht der einzige war, der diesen Raum nutzte. Ich dachte daran, wie es war als er mich gestern so völlig unverhofft gegen die Wand gedrückt hatte und widerwillig jagte ein erneuter Schauer meinen Rücken hinab. Mir war nicht richtig bewusst, wieso ich so extrem reagiert hatte, vielleicht war es nur die Angst, dass er mir etwas antat oder vielleicht lag es wirklich nur an den Erinnerungen, die ich noch von den Ferien hatte. Anscheinend kannte Draco Malfoy ab jetzt meine schlimmste Schwachstelle und ich musste dafür sorgen, dass er so eine Situation nicht noch einmal so ausnutzte!
Ich nahm es schon fast durch einen dunklen Schleier war, dass ich gar nicht aß, sondern nur in meinem Essen herumstocherte. Mit einem Seufzen stand ich also auf, schnappte mir meine Tasche und machte mich auf zum nächsten Unterricht. Nach einem flüchtigen Blick auf meinen Stundenplan, stellte ich fest, dass wir jetzt eine Doppelstunde Zaubertränke hatten. Meine Gelegenheit um mehr über Malfoy herauszufinden!
Das war meiner Meinung nach, dass erste Mal, dass ich mich auf Zaubertränke freute. Trotz dass wir jetzt Slughorn in diesem Fach hatten, war ich einfach nicht gut in diesem Fach. Zwar schaffte ich es immer noch auf ein Erwartungen übertroffen doch fiel mir das oft schwer.
Vor dem Zimmer angekommen, schaute ich mich erst einmal gründlich um und entdeckte nach einer Weile Malfoy, wie er seelenruhig an einer Wand lehnte. Keine Widerrede darüber, dass er völlig entspannt war, aber die üblichen Ringe unter seinen Augen zerstörten dieses Bild, doch schien dies niemanden außer mir zu kümmern. Als er mich erkannte huschte ein kurzes hämisches Grinsen über sein Gesicht und er nickte mir abfällig zu, wie als wäre ich nur ein Stück Dreck. Ich spielte kurz mit dem Gedanken zu ihm zu gehen und ihn für sein Verhalten ein paar heftige Cruciatus-Flüche auf den Hals zu jagen, aber ich wägte ab. Erst einmal nur beobachten!
Er beobachtete mich noch ein paar Minuten, bis er seinen Blick abwandte und stur auf den Boden vor sich schaute. Schon fast schien er in eine andere Welt abzutauchen, gar nicht mehr richtig da zu sein. Der Ausdruck auf seinem Gesicht jedoch machte mir etwas Angst; er schaute mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut auf den Steinboden auf dem er stand. So wie es aussah, hätte er diesen am liebsten zertreten wie ein kleines Insekt, denn auch seine Hände ballten sich zu Fäusten und als er wieder aufsah, war sein Blick auf mich gerichtet. Ich fragte mich, ob er es bemerkt hatte, dass ich ihn so anstarrte, also schaute ich schnell woanders hin, nur um sicher zu gehen. Doch er stieß sich mit einem leichten Ruck von der Wand ab und ging auf mich zu. Mit einer schnellen Kopfbewegung stellte ich zu meinem eigenen Leidwesen auch noch fest, dass außer uns beiden noch niemand da war, was mir ein Unbehagen ins Blut lockte und sofort durch meinen gesamten Körper strömte.
„Wieso starrst du mich so an, Granger?!“ fragte er genervt und blickte mir tief in die braunen Augen. Die Tatsache, dass er gut einen Kopf größer war als ich und ich so zu ihm hochsehen musste, machte mir fürchterliche Angst, die sich in Form eines kleinen Zitterns zeigte. „Oh, tut mir ja furchtbar leid, Allmächtiger!“ brach ich hervor, versuchte mit aller Kraft mich unter Kontrolle zu halten.
„Gute Entscheidung; Respekt vor der Obrigkeit zu haben“ grinste er sarkastisch und das Grinsen auf seinen Lippen wurde so breit, dass ich es am liebsten mit meinen Händen beseitigt hätte. „Hör auf damit, Granger, du glaubst ich merke das nicht, aber genau das tue ich sehr wohl. Du denkst wohl ziemlich oft an mich, hm?“ fragte er eher zu sich selbst, bevor er mir einen kurzen, leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen presste, aus dem ich mich nicht befreien konnte, da seine Arme mal wieder den Weg versperrten.
Was er sich dabei dachte, konnte ich schlecht ahnen, obwohl ich dieses Kribbeln in meiner Magengegend versuchte zu ignorieren. Ich redete mir ein, dass ich das fühlen würde, egal wen ich küsse und nicht dass es an Malfoys unglaublich weichen Lippen lag, denn am liebsten hätte ich mich jetzt übergeben, ihn alle möglichen Schimpfwörter ins Gesicht geschrien, jedoch legte er seine Hand auf meinen Mund, wodurch ich nur ein gefluchtes Gemurmel herausbrachte. Also versuchte ich zumindest meinen Geist vor ihm zu verschließen, damit er nicht herausfand, was ich in diesem Moment dachte. In Gedanken baute ich eine Mauer auf, Stück für Stück, obwohl es mir ziemlich schwer fiel, da ich nicht besonders gut in Okklumentik war.
„Lass es einfach bleiben, Schlammblut, oder ich mach damit weiter. Ich kenne ab jetzt deine Schwachstelle“, sprach er leise und mir entfuhr ein unterdrückter Schmerzensschrei, als er sich mit seinem ganzen Gewicht auf meinen rechten Oberarm lehnte.
Danach ließ er von mir ab, marschierte zu der Wand an der er vorher stand und beobachtete die Schüler die erst jetzt hierher kamen. Ich schüttelte schnell den Kopf, damit ich den Gedanken an diesen Kuss vergaß.
„Wieso bist du so in Gedanken, Mine? Stimmt irgendetwas nicht?“
Harrys Stimme holte mich mit so einem starken Ruck aus meinen Tagträumereien, dass ich zusammenzuckte als hätte mich ein Blitz getroffen. Schnell schüttelte ich den Kopf und setzte ein Lächeln auf: „Nein, alles in Ordnung“, meinte ich und versuchte so ehrlich zu klingen wie es nur ging.
„Wenn du meinst“, sagte Harry, der mir anscheinend nicht so ganz glaubte, bevor er den Klassenraum betrat, dem Professor ein freundliches „Guten Tag, Professor“ zurief und sich dann an ein freies Pult setzte. Ich nahm an, dass Ron anscheinend mal wieder verschlafen hatte, also setzte ich mich an ein anderes, sehr weit hinten liegendes Pult und begann meine Sachen auszupacken.
Nach wenigen Minuten erfüllten sich meine Gedanken, denn Ron kam völlig außer Puste in den Raum gestürmt, entschuldigte sich schnell und ließ sich dann erleichtert neben Harry auf den Stuhl sinken. Der Platz neben mir blieb frei und so stützte ich den Kopf auf meine Hand und versuchte mich ausschließlich auf den Unterricht zu konzentrieren.
Malfoy nachspionieren würde später folgen, heute Abend war er vielleicht nochmal im Raum der Wünsche, das musste ich ausnutzen!
Draco Malfoy
Was dachte sie sich denn dabei? Ich wollte sie nur küssen, ihr ein wenig Angst damit machen, aber dann sorgte sie auch noch dafür, dass mir der Kuss eines Schlammbluts gefiel? Nein, das tat es definitiv nicht! Schlammblüter können nicht gut küssen und erst recht nicht Hermine Granger!
Ich fragte mich nur, warum sie sich die ganze Zeit Gedanken um mich machte. Sie machte sich nicht nur Gedanken, sondern auch Sorgen um mich, was mich ziemlich nervte. Ich wollte im Moment einfach alleine sein. Allen beweisen, dass ich das wirklich konnte, nur würde mir das bestimmt nicht gelingen, wenn mich die ganze Zeit so eine Gryffindore bedrängte und mir hinterherspionierte.
Schon alleine wie sie da saß, so völlig übereifrig dem Unterricht lauschend. Bei jeder Gelegenheit, die sich ihr bot meldete sie sich um ihre Besserwisserei preis zugeben. Dann hüpfte sie auf ihren Stuhl herum, wie ein kleines Baby, einen Arm in die Höhe gestreckt und ein amüsiertes, kindliches Geräuch ausstoßend.
Oh, wie sie ihn doch anwiderte!
Egal, wie gut sie küssen konnte und egal wie gut sie die Mauer um ihren Geist auch hielt, dass würde er sich nicht gefallen lassen! Was er gestern im Raum der Wünsche getan hatte, war allein seine Sache und das würde sie auch definitiv bleiben, das musste er jetzt bloß noch Hermine Granger beibringen...
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