Roses in the rain- Nach dem Abschluss - Al & Fionas Hochzeit
von Schwesterherz
Hier ist endlich das neue Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch! Und für alle, die die Nachricht noch nicht erhalten haben (Leert mal eure Posteingänge!):
Die Fortsetzung von Scorpius ist bereits hochgeladen. Hier ist der Link:
Kapitel 12
Al & Fionas Hochzeit
"Was hälst du davon?"
"Hm, sehr schick!"
"Und würde das auch für eine Hochzeit passen? Also es ist nicht zu overdressed oder sowas?"
"Nein, ich finde, das passt gut. Was sagst du, Damian?"
"Hm? Jaja, hervorragend."
Es war Sonntag, in sechs Tagen war die Hochzeit von Albus und Fiona und aus diesem Grund saßen Lily und Damian in einer exquisiten Boutique, die glücklicherweise auch sonntagvormittags über geöffnet hatte, und berieten Joceline Davies bei ihrer Kleiderauswahl. Lily hatte ihres bereits gefunden: Es handelte sich um ein hellblaues, bodenlanges Kleid aus Chiffon, welches an der Taille mit einem goldenen Riemen verschönert war. Das Oberteil war asymetrisch und besaß nur einen Träger auf der rechten Seite, der dem Taillenriemen vom Aussehen her stark ähnelte.
"Ach ich weiß nicht." Joceline betrachtete ihr aktuelles Exemplar kritisch vor dem Spiegel. Das Kleid besaß einen V-Ausschnitt und war lavendelfarbend. "Ich finde den Ausschnitt doch ein bisschen zu krass", murmelte sie, "und die Farbe ist etwas zu blass, nicht wahr?" Damian verdrehte die Augen, Lily seufzte. Es war ja nicht so, als wäre das das erste Kleid, was Joceline anprobiert hatte. "Willst du doch lieber ein rotes haben?", fragte Lily und konnte nur mit Mühe verhindern, genervt zu klingen. "Ich denke einmal, mit diesem hier würdest du mehr auffallen. Bestimmt werden viele rot tragen."
"Es geht mir ja nicht ums Auffallen", entgegnete Joceline, "aber... hm. Schlecht ist es eigentlich nicht. Es kommt auf jeden Fall in die engere Wahl." "Super!", stieß Damian hervor. "Damit haben wir jetzt ja drei! Mehr sollen wir nicht zulassen, das waren deine Worte!" "Also musst du dich jetzt entscheiden", ergänzte Lily und lächelte- ihre Vorfreude verflog jedoch, als sie Jocelines Blick bemerkte. "Und wie soll ich das anstellen?", ächzte diese. "Uff - also, Jo, so kenne ich dich wirklich nicht!", rügte Lily ihre beste Freundin, "sonst suchst du dir auch immer das erstbeste Teil aus und bleibst deinem Stil schlichtweg treu!" "Aber in Sachen Kleider besitze ich ja überhaupt keinen Stil!", stellte Joceline klar, "deswegen fällt es mir ja auch so schwer, mir eines auszusuchen! Ich will ja nicht wie verkleidet wirken, versteht ihr?" "Sicher", murmelte Damian. "Schaun wir mal", sagte Lily rigoros und stand auf.
"Wir hätten jetzt drei wunderbare Kleider. Das erste ist ein dunkelmarineblaues Neckholder-Kleid aus Satin, rückenfrei, mit silbernen Perlen zur Verzierung und mein persönlicher Favorit, wie du ja weißt. Das zweite ähnelt vom Aussehen her meinem- zumindest was den Ausschnitt und den Stoff betrifft- ist aber festlich rot und besitzt bloß eine kleine Stickerei unter der einen Brust. Das dritte ist das, was du gerade trägst und auch wenn die Farbe nicht so kraftvoll ist, passt sie doch gut zu deinen rotblonden Lockenhaaren. Mir gefallen alle Kleider, aber du sollst eines von ihnen tragen. Also - triff deine Wahl!" Joceline seufzte und sah für einen langen Moment in den Spiegel. Schließlich ergab sie sich: "Gut, also... mir gefällt das rote Kleid am Besten. Die zwei anderen sind auch schön aber die Ausschnitte sind mir bei beiden doch zu extrem." "Endlich geht's zur Kasse!", stöhnte Damian erleichtert. Joceline warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Jungs!", nuschelte sie bloß und zog los, um ihre Eroberung zu bezahlen.
Einige Zeit darauf waren Lily und Damian wieder zu Hause- das hieß, sie waren wieder in Lilys Elternhaus und unterhielten sich über Jocelines Neuerwerbung: "Du weißt, dass das das erste Kleid war, was sie anprobiert hatte, oder?", nörgelte Damian. "Ja, das ist mir auch nicht entgangen, aber sie hätte ja trotzdem etwas Besseres finden können! Zum Beispiel das Marineblaue", sagte Lily und stellte Damian eine dampfende Tasse Tee auf den Tisch, ehe sie sich mit ihrem eigenen Becher neben ihm niederließ. "An dem Kleid hast du einen Narren gefressen, oder?", fragte Damian belustigt. Lily schmunzelte. "Stimmt. Vielleicht hole ich es ja für die nächste Hochzeit." Damian schüttelte den Kopf. "So viel Geld für ein Kleid, was so selten getragen wird! Und von uns Männern werden noch immer Festumhänge erwartet!" Er setzte die Tasse an die Lippen und trank vorsichtig einen Schluck. "Nun, zumindest in der kalten Jahreszeit habt ihr uns Frauen gegenüber damit ein Vorteil", gab Lily zu bedenken. "Hm", grummelte Damian und zuckte die Schultern.
"Ein einfacher Anzug würde mir trotzdem genügen." "Die Zaubererwelt ist halt nur langsam im Wandel und gerade die Herren legen gerne Wert auf Tradition", erläuterte Lily. "Jaja", maulte Damian und gab ihr einen Kuss. "Übrigens: ich hatte ja keine Ahnung, dass Joceline so viel Aufheben um einen Ausschnitt macht! Hätte eher gedacht, dass sie zu gegebenen Anlässen auch einmal zeigt, was sie hat." "Erstens ist das in Jocelines Fall nicht ganz so viel - ich glaube, Körbchengröße B - und zweitens würde Cedric sie bestimmt niemals so aus dem Haus lassen!" "Hm, da mag was dran sein", gab Damian zu, "ich würde dich auch nur ungerne mit so einem Ausschnitt, wie zum Beispiel beim Lavendelfarbenden, auf die Hochzeit gehen lassen." "Na siehst du." Lily grinste zufrieden und nahm nun ihrerseits einen Schluck Tee.
Die Woche vor der Hochzeit war anstrengend und stressig. Lily und die anderen Vampirologenanwärter übten noch immer in ausdauerbeherrschenden Phasen diverse Kampftechniken, doch arbeiteten sie auch wieder mit den zukünftigen Auroren zusammen. Mit ihnen lernten sie gewisse magische Pflanzen kennen, die ihnen in Hinsicht auf Angriff und Verteidigung sehr nützlich erschienen. So sorgte der Blütenstaub einer Staude dafür, dass der Gegner erblindete und ein weiteres Gewächs ließ den Widersacher erstarren, was sehr nützlich war, sollte der Zauberstab im Kampf wirkungslos sein. Am Freitag, kurz vor Dienstschluss, hatte Mrs. Bradford eine bahnbrechende Ankündigung zu machen: "Kommende Woche werden wir uns erstmals mit diesen Waffen auseinandersetzen, die Sie hier im Vitrinenschrank sehen. Ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie einen ersten Kontakt risiko- und verletzungsfrei bewältigen können. Zudem ist es bis zu den Zwischenprüfungen nicht mehr lang- etwas mehr als sechs Wochen, wenn ich das richtig behalten habe - und es dauert seine Zeit, bis man mit diesen, nun ja, Werkzeugen, angemessen umgehen kann."
Lily wechselte einen ehrfürchtigen Blick mit Jareth. "Wahnsinn, oder?", murmelte er ihr zu. "Ja, nächste Woche kommt einiges zusammen", antwortete Lily nicht halb so begeistert, "diese, hm, erstmalige Waffenkunde und dann ist auch noch in sieben Tagen meine Fahrprüfung..." "Hey, das packst du bestimmt", sagte Jareth überzeugt, "meine ist kommenden Mittwoch, ich kann also nachempfinden, was du fühlst." "Hoffentlich ist es dann jedenfalls vorbei. So langsam überfällt mich richtige Missstimmung, wenn mir eine neue Fahrstunde bevorsteht. Viel Schlaf hatte ich diese Woche jedenfalls nicht." "Ich denke mal, wir werden die Prüfung schaffen und haben dann an der Front Ruhe - das heißt, wenn wir dann in die Verkehrszauberei des Ministeriums eingeführt worden sind, das wird ja auch noch einmal einen Vormittag verschlingen." "Grmph, ja... aber erst nach den Zwischenprüfungen, vorher habe ich dafür keinen Kopf!", stellte Lily klar.
Der Morgen des 23. Januars 2027 ähnelte dem Hochzeitsmorgen von Molly und Mathis im November nicht im geringsten- nicht nur, dass es trocken - wenn auch kalt - war und Damian dieses Mal mit von der Partie war, sie nicht mit Auto reisen mussten und die Männer statt Anzüge ihre Festumhänge rausgelegt hatten- nein, die Trauung fand auch erst am Nachmittag statt und zwar im Fuchsbau. Lily war bereits ganz aufgeregt- die Hochzeit von Ted und Victoire einige Jahre zuvor hatte sie noch in prachtvoller Erinnerung. "Lily, das Kleid steht dir wirklich hervorragend!", lobte Harry seine Tochter, als diese in ihrer Aufmachung bedächtig die Treppe hinabstieg und dabei ihr Kleid ein wenig raffte. "Ja, nicht?", Damian bedachte Lily mit einem stolzen Blick und gab ihr einen Kuss. "Und du glaubst wirklich, dass dein Bolerojäckchen bei den Temperaturen heute ausreicht?", fragte Ginny skeptisch. Sie trug einen mitternachtsblauen Umhang und hatte sich eindeutig gegen ein Kleid entschieden. "Mum, alle, die in meinem Alter oder etwas älter sind, werden sich hüten-", Lily stockte, "-andererseits, vielleicht könnte ich einen zum Überziehen nehmen. Auch wenn das Zelt beheizt ist, sicher ist sicher, oder?" "Das finde ich aber auch!", stimmte Ginny zu. "Ich hole dir eben einen passenden Umhang", meinte Damian und hastete noch einmal in seinem violettfarbenem Festumhang die Treppe hinauf. Kurz darauf erschien er mit einem Umhang, den Lily sich über die Schultern legen und nur notfalls zubinden konnte. Er war ein paar Blaunuancen dunkler als ihr Kleid und passte deswegen sehr gut dazu. Lily bedankte sich bei ihrem Freund mit einem Kuss.
"Dann können wir ja los, immerhin sollten wir etwas früher da sein", sagte Harry und öffnete die Haustür. "Ja, Dad", nuschelte Lily und folgte ihm. Sie traten auf den Zugangsweg, sahen sich einmal umsichtig nach Muggeln um, die vielleicht gerade vorbei spazierten- was jedoch nicht der Fall war- und disapparierten nacheinander. Sie apparierten direkt vor das schiefstehende Gebäude von Lilys Großeltern. Im Obstgarten konnten sie bereits das Festzelt erkennen. Die kahlen Bäume würden normalerweise trostlos wirken, doch sie waren mit festlichen Fähnchen und Bändern geschmückt, so dass sie einen nicht ganz so bedauerlichen Eindruck vermittelten. Vor dem Zelt standen Lucy und James, die ihren Verwandten und diversen Gästen offenbar die Plätze zeigen sollten, denn sie hielten gewisse Sitzpläne in ihren Händen. Lucy unterhielt sich soeben mit Hagrid- vermutlich ging es um irgendwelche Tierwesen.
Harry begrüßte seinen ältesten Stammhalter als Erstes erfreut: "Hallo, James!" "Hey, Dad - Mum. Hallo, Lily und Damian!" James gab seinem Dad und Damian die Hand und umarmte seine Mutter und Lily. "Schön, dass ihr es geschafft habt - Lily, du sollst nämlich auch noch einmal die Gäste platzieren", meinte James und fummelte einen weiteren Plan aus seinem dunkelblauen Festumhang hervor. "Ja, da bin ich natürlich wild drauf", murmelte Lily, nahm den Sitzplan aber an sich. "Dann führe ich aber als Erstes Damian an seinen Platz!", bestimmte sie und zog Benannten mit sich ins Zelt, was noch beinahe unbesetzt war. Eine Gelegenheit, die Lily und Damian vor dem Sitzplatz von Letzerem nicht ungenutzt verstreichen ließen.
"Das dauerte ja auffällig lange", kommentierte James mit einem Hang zum Höhnischen, als Lily wieder vor dem Zelteingang auftauchte, und musterte seine Schwester argwöhnisch. "Selbst wenn- die Hintergründe, die dazu führten, haben dich nicht zu interessieren!", erwiderte Lily schärfer als beabsichtigt. Sie blickte rasch zur Seite- zwar hatte sie mit Damian bloß geknutscht, aber ihr Vater konnte trotzdem komisch werden, wenn er es nicht schaffte, diese Tatsache rechtzeitig auszublenden. Doch er und auch Ginny waren etwas entfernt in eine Unterhaltung mit Bill und Fleur vertieft, wofür Lily dankbar war. "Da kommt Tantchen Muriel", James zeigte mit dem Kopf auf eine ausgezerrte und sehr klapprige Gestalt mit einem federbesetzten rosa Hut, "eigentlich wollte ich sie ja für dich in Empfang nehmen, aber jetzt hast du dir mit deiner zickigen Antwort selbst ins Bein geschnitten!" Mit diesen Worten wandte Lilys Bruder sich Molly und Mathis zu, die sie soeben erreichten, und geleitete sie ins Zelt. Lily sah stöhnend zu der nervtötenden Frau hinüber. Sie würde in wenigen Jahren an der Runden Zahl 140 kratzen aber von abkratzen konnte trotzdem nicht die Rede sein- nicht, dass Lily das wollen würde...
"Ah, der jüngste Potterspross also", war Muriels Begrüßung und dann: "Hab ich das richtig gehört, du lässt dich mit Blutsaugern ein?!" Lily ermahnte sich selbst innerlich zur Ruhe und setzte ein unechtes Lächeln auf. "Ich werde Vampirologin, falls du das meinst. Komm, ich zeig dir deinen Platz." "Ja, richtig. Vampirologin. So ein Quatsch! Ich sag dir, du hast von einem dieser Biester einen Braten in der Röhre, noch ehe deine Ausbildung beendet ist! Diesen Bestien ist ebenso wenig zu trauen wie Werwölfen! Und du tätest gut daran, nicht mit so einem Pack zu verkehren!" Lily klammerte sich an ihrem Sitzplan fest. "Mir hat vergangenes Jahr ein Werwolf das Leben gerettet. Und Vampire sind nicht zwangsweise Bestien! Sie können ebenso zivilisiert sein wie wir! Mehr noch, dieses Altmodische, was viele Zauberer und Hexen auch heute noch benutzen, gibt es bei ihnen beinahe nicht mehr, sie sind viel fortschrittlicher!" "Es sei denn sie beißen dir die Kehle durch und dazu wird es früher oder später kommen, wenn du diesen Weg weiter gehst!", blaffte Tante Muriel. "Wie du meinst", schnappte Lily grantig, "hier ist dein Platz!" Sie drückte die Alte auf einen der zierlichen, goldenen Stühle und kehrte ihr dann, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, den Rücken zu.
Mit weit ausgreifenden Schritten lief sie über den lilafarbenen Teppich im Mittelgang wieder hinaus und murmelte dabei Verwünschungen gegen ihren ältesten Bruder und vor allem gegen diese untolerante, ignorante, vollkommen entsetzliche Frau! Vor dem Zelt erwarteten sie zwei weitaus angenehmere Gäste. "Bei Merlins geblümten Unterhosen, was ist denn mit dir los?", fragte Joceline, scheinbar schwankend zwischen Entsetzen und Neugier, "dir qualmen ja förmlich die Ohren!" Cedric, der neben ihr stand und ihre Hand hielt, nickte zustimmend. "Tantchen Muriel", erwiderte Lily knapp. Jo verzog das Gesicht. "Ach je. Ich erinnere mich lebhaft. Wieso hat Albus die eingeladen?" "Weil er höflich ist, vermute ich. Du siehst übrigens fantastisch aus!" Joceline lächelte geschmeichelt und zuckte die Schultern: "Rot steht mir eben!" "Wer ist Tantchen Muriel?", wollte Cedric mit leicht angespannter Tonlage wissen. Lily erklärte es ihm und berichtete auch, was für eine nette Unterhaltung sie soeben hatte führen dürfen. "Hmpf", grummelte Joceline, "dann kann ich mich ja schon einmal darauf einstellen, dass sie mich auf Nelson anspricht!" Lily seufzte: "Sieht ganz so aus."
Lily führte Joceline und Cedric zu ihren Plätzen und stellte dabei fest, dass diese ein ganzes Stück weiter hinten waren als zuvor Tante Muriels Stuhl. Das musste damit zusammenhängen, dass Joceline und Cedric nicht direkt zur Familie gehörten, sondern 'bloß' gute Freunde bzw. Bekannte waren. Lily empfand das als unfair, doch weder Jo noch Cedric schien die Sitzaufteilung zu kümmern. "Die weißen und goldenen Blumen, die sich um die Stützstangen der Stühle ranken, sehen richtig romantisch aus!", schwärmte Joceline als sie sich niederließ, obwohl sie normalerweise gar nicht unbedingt zu den Frauen gehörte, die sich für Kitsch und Romantik interessierten. Aber auch Lily musste zugeben, dass die floristische Dekoration etwas hatte. Auch die goldenen Ballons im Vordergrund - dort, wo sich Albus und Fiona in Kürze das Ja-Wort geben würden - besaßen ihren Charme.
Zum Glück war Tante Muriel der einzige, unerfreuliche Gast. Mit den restlichen Leuten, die Lily zu ihren Plätzen geleitete, hatte selbige keinerlei Probleme: Ted und Victoire, welche einen deutlich erkennbaren Schwangerschaftsbauch besaß, was ihr einen missbilligen Blick von Tante Muriel einbrachte; Rose und Simon; Roxanne, die extra für die Hochzeit eine Erlaubnis von Hogwarts erhalten hatte, die es ihr ermöglichte, ihre Schule für den heutigen Nachmittag und Abend zu verlassen; Scorpius, der Lily freundlich begrüßte und sich nach ihrer Ausbildung erkundigte; Charlie, der extra aus Rumänien angereist war - und natürlich Hugo. Als er mit seinen Eltern eintraf, fiel Lily ihm jubelnd um den Hals, denn sie hatten sich seit Weihnachten überhaupt nicht mehr gesprochen.
Sie erwartete, dass er sie ebenso freudig begrüßen würde, doch als er ihr bloß halbherzig den Rücken klopfte, löste sie sich von ihm und besah ihn skeptisch. Er war blass und sah traurig aus. Lily biss sich auf die Unterlippe. "Ist alles in Ordnung?", fragte sie leise. Er schüttelte bloß den Kopf. "Jenny und ich-", er stoppte und senkte seinen Blick, wohl damit Lily den Tränenschleier in seinen Augen nicht so genau zur Kenntnis nehmen konnte. "-Wir haben uns getrennt", brach es dann aus ihm hervor. Hermine legte ihrem Sohn sanft eine Hand auf die Schulter. "Oh", sagte Lily betroffen. "Wann denn das?" "Vor eineinhalb Wochen", krächzte Hugo. "Es ging einfach nicht mehr, andauernd lagen wir uns in den Haaren." "Und das leider nicht auf so neckische Weise wie Hermine und ich immer", fügte Ron mitleidig hinzu.
"Oh, Man. Tut mir Leid, Hugo." Lily wusste nicht so ganz, wie sie mit ihrem Cousin, der einem Zombie in grünem Festumhang ähnelte, umgehen sollte. Also schloss sie ihn einfach in die Arme und nach einem kurzen Augenblick des Zögernds konnte Hugo sich in ihre Umarmung fallen lassen. Lily meinte sogar, einen leisen Schniefer zu hören, doch als Hugo sie sanft zurückschob, waren seine Augen trocken. "Danke", sagte er schlicht und lächelte ein schiefes, sehr schwaches Lächeln. "Ich glaube, wir gehören zu den Letzten, die Trauung beginnt jeden Moment", meinte Hermine, wobei sie ihrem Mann einen gereizten Blick zuwarf. Dieser hob beschwichtigend die Hände: "Hey, wir sind doch noch rechtzeitig gekommen, oder etwa nicht?" "Schon aber man muss es doch nicht bis auf die letzte Minute ausreizen, Ronald!" "Konnte ich denn ahnen, dass mein Toilettengang länger dauern würde?!", erwiderte Ron hitzig. Lily richtete ihren Blick auf ihren Onkel und hob die Augenbrauen. Er bemerkte den Ausdruck in ihren Augen und seine Ohren liefen scharlachrot an. "Ja, normalerweise schon", antwortete Hermine ihm trocken. "Lasst uns jetzt reingehen."
Im Zelt saßen beinahe alle Anwesenden auf ihren Stühlen. Die Atmosphäre war erwartungsvoll. Offenbar sollte es wirklich jeden Moment losgehen. Schnell eilte Lily an Damians Seite. Hugo nahm hinter Damian platz, seine Eltern widerrum neben ihrem Sohn. Neben Lily saß James und grinste ihr vielsagend zu- sie ignorierte ihn. An Damians anderer Seite saßen Arthur und Molly. Letztere musste sich schon jetzt stark zusammen nehmen, um nicht in Tränen auszubrechen. Neben Lilys uncharmantem Bruder waren noch zwei leere Plätze - sie gehörten zu Ginny und Harry, die allerdings erst vor der Braut und deren Vater den lilafarbenen Teppich entlangschreiten würden. Ganz vorne im Zelt, dort, wo der Teppich endete, entdeckte Lily einen sehr nervös ausschauenden Albus und dessen Trauzeuge Jordan Miller in bemerkenswerten Festgewändern- Jordan Miller, ein junger Mann mit milchkaffeefarbener Haut, schwarzen Haaren und eindrucksvollen, dunklen Augen war Albus bester Freund, war es schon seit dem ersten Hogwartsjahr an gewesen. Jordan klopfte seinem Kumpel beruhigend auf die Schulter. Al sah nicht so aus, als würde das helfen. Lily schmunzelte. Und dann stellte sich das allseitige Gemurmel ein und Ginny und Harry gingen mit einem breiten Lächeln den Mittelgang entlang und winkten hier und da jemandem zu. Ginny hielt Liv im Arm, die ruhig an ihrem Schnuller nuckelte und neugierig um sich schaute, was vielen Gästen ein entzücktes "Ohhh!" entlockte. Und kaum hatten Lilys Eltern sich neben James niedergelassen, ertönte auch schon Musik, die scheinbar aus den goldenen Ballons über Albus entsprang. Es war nicht der Hochzeitsmarsch von Mendelssohn Bartholdy, dennoch ähnelte die Melodie dem Stück diskontinuierlich.
Und dann trat Fiona mit ihrem Vater ins Zelt und alle Köpfe (selbst der von Klein-Liv, wenn wohl auch aus anderen Gründen) wandten sich ihnen zu. Ein Raunen ging durch die Reihen. Fionas Gesicht leuchtete und in ihrem bodenlangen, mit feinen Stickereien verziertem Brautkleid, welches mit einer eleganten Neckholderform versehen war, sah sie umwerfend schön aus. Als Fiona näher kam, den Brautstrauß fest in ihrer Hand, erkannte Lily, dass die Stickereien auf ihrem Kleid aus Zierperlen und Kügelchen bestanden. Außerdem trug Fiona Muriels kostbares Diadem, was ihr einfach fabelhaft stand. "Ma!", quakte Liv und streckte die Ärmchen nach ihrer Mutter aus. Ginny gab ihrem Enkelkind schmunzelnd einen Kuss auf den Kopf und strich ihr über die Wange. Fiona erreichte Al, der sie unverwandt anstarrte und so aussah, als könnte er nicht glauben, dass diese Frau ihn heiraten wolle. "Meine verehrten Anwesenden", sagte eine ölige Stimme und Lily entdeckte vor dem Brautpaar den Zeremonienzauberer, der sich wohl irgendwann an seinen angestammten Platz gemogelt haben musste und nicht sonderlich sympathisch wirkte, "wir sind heute hier versammelt, um die Verbindung zweier treuer Seelen im Bund der Ehe beizuwohnen..." Lily sah zu Damian hinüber, da sie seinen Blick gespürt hatte. Er lächelte und beugte sich zu ihr hinab, um sie zu küssen. "Wofür war der denn?", hauchte Lily milde erheitert. "Ich dachte gerade, du siehst so wunderschön aus, da musste ich dich einfach küssen", flüsterte Damian sanft lächelnd zurück. Lily hob eine Augenbraue. "Soso." "Das ist die Wahrheit!" "Ja, ist in Ordnung." Lily schmunzelte und nahm Damians Hand in ihre. "Vielleicht stehen wir ja auch irgendwann dort", murmelte sie ihm zu und kicherte leise, als sie seine Miene wahrnahm; eine Mischung aus Überforderung und Glücksseligkeit.
"...Fiona Henderson, willst du Albus Severus Potter lieben, achten und beschützen und ihm treu sein in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod euch scheide, so sage: 'Ja'." "Ja", brachte Fiona deutlich hervor. Hinter ihr quietschte Liv ausgelassen und klatschte unkoordiniert in ihre kleinen Händchen. Lily grinste. "Als könnte sie verstehen, worum es geht!", sagte sie an ihre Mutter gewandt. "Albus Severus Potter, willst du Fiona Henderson lieben, achten und beschützen und ihr treu sein in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod euch scheide, so sage: 'Ja'." "Ja", sagte Albus und lächelte der Mutter seiner Tochter liebevoll zu. Hinter ihm schluchzten seine Großmutter und Fionas Mum synchron in ihre Taschentücher. Ginny neben James atmete tief durch. In ihren Augen schimmerten zwar Tränen, aber sie bemühte sich, sich zusammenzunehmen.
Lily hätte sich auch gewundert, wenn ihre Mutter wahrhaftig in Tränen ausgebrochen wäre- das passte nicht zu ihr. Dieses komische Gespräch mit den entwachsenen Kindern neulich war skurril genug gewesen! Im Hintergrund konnte Lily hören, wie Hagrid sich geräuschvoll in einem trompetenartigen Ton die Nase putzte- sie schüttelte den Kopf und schmunzelte milde. "Dann seid ihr hiermit im Leben vereint", sprach der Zeremonienzauberer, hob seinen Zauberstab über die Köpfe des Brautpaares hinweg und ließ einen silbernen Sternenschauer über es regnen, der sich spiralförmig um die beiden Körper rankte, welche sich nun eng aneinander schmiegten. Applaus und Jubel brandete auf und die goldenen Ballons über dem Brautpaar zerplatzten- farbenprächtige Vögel kamen aus ihnen hervor und eine handvoll Schnatze umschwärmten das frischvermählte Paar.
Im Nu war jenes von den Gästen umringt, doch Lily und ihre Eltern gehörten zu den Ersten, die den Brautleuten gratulieren konnten. "Alles, alles Gute!", jubelte Lily und zog erst ihren Bruder und dann ihre Schwägerin in eine stürmische Umarmung. "Herzlichen Glückwunsch!", schlossen Ginny und Harry sich herzlich an und nahmen auch ihrerseits ihren Sohn und dessen Ehefrau in die Arme. "Vielen Dank, ihr Lieben", antwortete Fiona gerührt. Sie strich ihrer Tochter über die Wange, die schon seit Längerem die Arme nach ihr ausstreckte. "Gleich, Mäuschen. Bei Grandma hast du es doch gut!" "Grandma!", wiederholte Ginny und wechselte einen Blick mit ihrem Mann, "daran habe ich mich noch immer nicht gewöhnt!" Lily gluckste: "Früher oder später wirst du das aber müssen!" "Später wäre mir lieber", gestand Ginny, musste aber auch grinsen. "Ich glaube, wir versperren den Übrigen ein wenig den Weg", sagte Harry, "kommt, lasst uns etwas beiseite treten." Da sich eh niemand mehr auf seinem Platz befand, hob der Zeremonienzauberer kurzerhand seinen Zauberstab und schwang ihn durch die Luft. Die goldenen Stühle stiegen hinauf bis unter das Zeltdach und eine goldene Tanzfläche ergoss sich von der Zeltmitte aus auf dem Grasboden. Die gleichfarbigen Stühle ordneten sich um runde Tischchen an, die mit weißen Tischdecken überdeckt waren, ehe sie ein wenig schwankend gen Boden schwebten. "Also der ehemalige Zeremonienzauberer konnte das weitaus eleganter", bemerkte Ron, was ihm einen giftigen Blick vom Nachfolger des Benannten einbrachte.
Eine Band mit teils silbernen, teils goldenen Sakkos betrat ein Podium, auf dem verschiedenartige Musikinstrumente standen. Mindestens zwanzig Kellner wuselten mit schimmernden Silbertabletts ins Zelt, manche von ihnen trugen Feuerwhiskey, Elfen- und Holunderblütenwein, Goldlackwasser, Butterbier oder harmlosen Kürbissaft, andere schmackhaftes Gebäck oder Sandwiches. "Dabei gibt es später noch ein Büffet", sagte Ron und rieb sich schon einmal den Bauch. "Dad, du bist unmöglich", murmelte Rose, die Albus soeben beglückwünscht hatte und jetzt zu ihnen trat. "Will die Braut nicht gleich den Strauß werfen, ehe es auf die Tanzfläche geht?", fragte Harry und grinste seiner Nichte zu. "Haha", maulte diese, "ein gefangener Brautstrauß reicht mir!" Sie bedachte Lily mit einem gemeinen Blick, die sich gegen Damian lehnte, der sie von hinten umarmte. "Aber vielleicht kann Lily ja Stellung beziehen!" Harry verschluckte sich an seinem Butterbier und sah erst Rose, dann Lily entgeistert an. "Nein, das muss echt nicht sein", erwiderte Lily, "ich bin noch nicht einmal mit meiner Ausbildung fertig!" Sie lachte, als sie die ungeheuer erleichterte Miene ihres Vaters registrierte.
"Das hat dein Bruder und seine Angetraute auch nicht davon abgehalten", entgegnete Rose ungerührt. "Albus und Fiona leben aber schon einige Jahre zusammen", wandte Damian ein, "Lily und ich dagegen..." Er stockte. "Ja, Schatz? Wann haben wir unseren ersten Jahrestag?", fragte Lily und schaute über ihre Schulter nach oben, um ihn angrinsen zu können. "Ähm-", er lächelte verlegen und sah sie entschuldigend an, "ehrlich gesagt kann ich das nicht auf den Tag genau sagen... das war ja etwas Übergreifendes gewesen irgendwie." Lily seufzte und verdrehte die Augen. "Jungs!", stöhnte sie an alle gewandt und richtete ihr Wort dann noch einmal ausschließlich an Damian: "Nur, damit du es weißt: es ist der 02.03." "Ah- okay." "Hoffentlich passiert dir das mit dem Hochzeitstag später nicht!", prustete Ron erheitert. "So wie dir, stimmt's?", schoss es sofort aus seiner Ehefrau. Ron rollte mit den Augen und fuhr sich durchs Haar. "Das war ein einziges Mal! Als du mit Rose schwanger warst! Da war ich eben vollauf damit beschäftigt, dass ich bald Vater werden würde!" "Aber-" "-Achtung an alle unverheirateten weiblichen Gäste dieses Tages: ich werfe jetzt den Strauß!", fiel Fiona von vorne Hermine ins Wort und durchbrach so die Plänkerei zwischen selbige und ihrem Mann. Lily wechselte einen amüsierten Blick mit ihren Eltern- sie konnte sich nich erinnern, wann Ron und Hermine es einmal einen Abend ohne ihr halbernstes Gezanke ausgehalten hätten.
Lily beobachtete, wie gerade einmal eine Handvoll Frauen zur Brautfrau spurteten. Sie entdeckte keinen einzigen Rotschopf unter ihnen. Kein Wunder: Roxanne fühlte sich mit ihren 16 Jahren für eine Hochzeit garantiert noch zu jung, Rose hatte keine Lust auf einen zweiten Strauß, Lucy gehörte sowieso nicht zu den Frauen, die auf sowas standen und der Rest ihrer Cousinen- nämlich Molly und Victoire- waren bereits verheiratet. Außerdem hatte Molly braunes Haar. Allerdings konnte Lily zu ihrer Überraschung Emma Brown unter den Hochzeitswilligen entdecken. Auch Damian war sie aufgefallen: "Ist das nicht die, die sich in den 'Drei Besen' als Wirtin oder so etwas ausbilden lässt?" "Genau", bestätigte Lily. "Sie war in Albus Jahrgang in Ravenclaw- wahrscheinlich ist sie eine von Fionas engeren Freundinnen. Außerdem ist sie Mariks Schwester, hast du das gewusst?" "Ich habe es zwischendrin einmal mitbekommen", sagte Damian, schien aber nicht weiter daran interessiert zu sein.
Leider ging der Strauß nicht an Emma, sondern an eine für Lily unbekannte Dame, die etwas älter als Albus sein dürfte. Kurzentschlossen nahm Lily Damian an die Hand und wuselte sich zu der ehemaligen Ravenclaw durch. "Hallo, Emma!", begrüßte sie sie schließlich. "Hallo, Lily!", erwiderte Emma die Begrüßung erfreut, "wie geht es dir so, außerhalb von Hogwarts? Vermisst du die Schule bereits?" "Sie war jedenfalls nur selten körperlich so anstrengend wie meine Ausbildung zur Zeit", musste Lily einräumen und berichtete von den harten Trainingsstunden unter der Aufsicht von Mrs. Bradford. "Ach herrje, das klingt wirklich mühsam", sagte Emma, "und verletzungsfreudig!" "Es muss aber sein - je stärker und präziser wir werden, desto eher können wir es mit Vampiren aufnehmen, die sich gegen die Gesetze stellen. Es ist überlebenswichtig, auch, wenn ich abends immer völlig k.o. bin!" Emma nickte verstehend und Lily lenkte das Thema in andere Bahnen, indem sie zu der Stelle hinüber nickte, wo Fiona eben ihren Strauß losgeworden war: "Aber was war das denn gerade? Hast du etwa den Wunsch zu heiraten?" "Wer hat den nicht?", entgegnete Emma bloß verschmitzt grinsend. "Lily, hier bist du!" Verdutzt drehte Lily sich der Stimme zu- es war Fiona, die mit Liv auf dem Arm auf sie zueilte und losplapperte, sobald sie sie erreicht hatte: "Ich habe Liv gerade gestillt und jetzt wird es allerhöchste Zeit, dass wir die Tanzfläche einweihen, ich glaube, die Gäste werden schon ungeduldig!" "Manche nicht", erwiderte Lily grinsend, die an ihren Vater denken musste, der das Tanzen gerne einmal aufschob, weil er darin nicht sonderlich begabt war.
"Aber viele! Und deswegen wärst du mir eine große Hilfe, wenn du dich währenddessen um Liv kümmern würdest! Wie gesagt, satt ist sie, es könnte nur sein, dass- h-ha-haaatschii!", unterbrach sie ein langer Nieser. Liv giggelte, als sie so durchgeschüttelt wurde. "-Sie gleich nach einer neuen Windel verlangt", ergänzte Lily grinsend und griff schon nach ihrer Nichte, "alles klar, ich pass auf sie auf." "Ich danke dir!" "Fiona, bist du soweit?", Albus hatte sie erreicht und sah sie fragend an. "Ja, sicher - H-hatschi! - was ist denn das nur, meine Nase kribbelt ohne Unterlass!" "Ähm-", meldete sich Damian zu Wort, "eventuell wegen Clyde? Lilys Kniesel?" "Was hat der damit zu tun?", fragte Lily verständnislos. "Ich hab dir doch heut früh den Mantel geholt. Clyde-", Damian stoppte kurz, als Fiona erneut niesen musste, "-hatte darauf gelegen. Ich habe zwar einen Zauber angewandt, aber vielleicht ist nicht alles abgegangen." "Eine Allergie also", fasste Emma zusammen. Damian nickte. Fiona sah aus, als würde sie einen weiteren Nieser krampfhaft unterdrücken. "Gut, dann geht jetzt und entfernt euch von mir", sagte Lily mit einem schiefen Lächeln, "ich achte auf eure süße Tochter."
Al lächelte seiner Schwester dankbar zu und wandte sich an seine Frau: "Ich wollte sowieso keine Haustiere besitzen. So, dann können wir ja jetzt endlich den Tanz einleiten." Er gab seiner Tochter einen Kuss auf die Stirn, nahm Fiona bei der Hand und führte sie bedächtig von Lily weg auf die vergoldete Fläche, wobei sie einen letzten Nieser zum Besten gab, der die Umstehenden zum Grinsen brachte. Die Band begann mit dem Spielen. Damian flachste: "Ich gehe jede Wette ein, dass sie dich, oder vielmehr den Umhang, heute meidet wie die Drachenpocken!" "Was muss Clyde meinen Mantel auch als Körbchen benutzen", erwiderte Lily und lachte. Sie verfolgte Al und Fiona mit ihrem Blick und musste schmunzeln. Offenbar hatte ihr Bruder mehr Talent zum Tanzen als Harry. Es sah beeindruckend aus!
"Wer hätte gedacht, dass es Allergien gegen Knieselfell gibt?", eröffnete Emma kurz darauf erneut das Gespräch. "Tja, ich glaube, es ist Katzenfell doch ziemlich ähnlich und dagegen sind auch einige Menschen allergisch", antwortete Damian. Emma nickte und schmunzelte, als Liv, die fortwährend leise irgendwelche Silben aneinanderreihte, plötzlich kurzfristig die Tonlage lauter werden ließ. "Nur noch wenige Monate, dann wird sie ihre ersten Sätze sagen! Das ist ja auch echt lieb von dir, dass du dich um Liv kümmerst", lächelte Emma an Lily gewandt. "Das mache ich doch gerne", entgegnete jene und knuddelte das Baby ein bisschen. Sie liebte diesen Geruch, den bloß die Kleinen besaßen. "Immerhin ist sie mein Patenkind!" "Oh, tatsächlich? Das wusste ich gar nicht!", sagte Emma überrascht. "Ich hätte dich jetzt liebend gerne zum Tanz aufgefordert", murmelte Damian, der sich offensichtlich ein wenig zurückgesetzt fühlte, "aber ich denke, mit einem Baby auf dem Arm kannst du das schlecht umsetzen." Lily zuckte gleichmütig die Schultern: "Ach, dann kann der größte Andrang erst einmal abpflaumen. Das hat doch auch was für sich." Liv begann zu quengeln und Lily erfühlte den Grund in Handumdrehen. "Kommst du mit für frische Windeln sorgen?", fragte sie Damian, der seufzte und nickte.
Auf dem Weg hinüber zum Fuchsbau trafen sie auf Flora, die soeben in Zeitlupentempo das Zelt anpeilte- mit Anthony an den Händen, der wackelig einen Fuß vor den anderen setzte. In seiner mindgrünen Jacke, auf der goldene Schnatze aufgestickt waren, sah er einfach nur zum Knuddeln niedlich aus! Mit großem Hallo begrüßte man sich auf der Hälfte des Weges. "Er macht sich ja echt gut im Laufen!", staunte Damian. "Ja, aber er braucht noch viel Hilfestellung, ohne meine Hände zum Festhalten kann er das Gleichgewicht beim Gehen noch nicht behalten", wandte Flora ein. "Das kommt noch und dann wirst du dir wünschen, dass er es nicht gelernt hätte", lachte Damian. "Und hast du inzwischen eine Wohnung gefunden?", wollte Lily wissen. "Hmpf. Natürlich nicht! Joceline und Cedric hatten da obermäßig Glück aber ich... wenn ich auch nur erwähne, dass ich ein lärmendes Kind habe, das in wenigen Monaten die ganze Wohnung auf den Kopf stellt, sieht es meistens schon schwarz aus!"
"Notfalls kannst du einen Verwechslungszauber anwenden", riet Damian schmunzelnd. "Um mich dann beim Ministerium erklären zu müssen - nein danke! Außerdem würde der nicht ewig halten und dann sitz ich wieder auf der Straße." Flora seufzte. "Ach, wir haben ja noch ein paar Monate, das schaffen wir schon. Nicht wahr, du kleiner Stinker?" Sie wuschelte ihrem Sohn durch das schwarze Haar, was inzwischen schon ganz gut gewachsen war. Anthony lachte ausgelassen - Liv in Lilys Armen dagegen jammerte und drängelte somit zum Aufbruch. "In ein paar Monaten kann sie das Töpfchen benutzen, dann habt ihr mit der Geschichte kaum noch Scherereien", ermunterte Flora sie. "Hm", meinte Lily nur, die von Al ganz andere Sachen gehört hatte. Damian hob die Hand: "Na gut, dann werden wir uns mal um den Winzling kümmern. Bis später!" "Jup. Vielleicht sind wir ja schon beim Zelteingang, wenn ihr zurückkommt." Flora setzte ihren gemächlichen Gang mit ihrem Sohn fort und Lily tat es ihr, erheitert prustend, gleich.
Tatsächlich waren Flora und Anthony nicht mehr zu sehen, als Lily und Damian fünfzehn Minuten später wieder in den Obstgarten zurückkehrten. Die Sonne senkte sich bereits rapide dem Horizont entgegen. "Meinst du, wir können gleich einmal tanzen?", fragte Damian hoffnungsvoll als sie das Festzelt betraten. "Bestimmt", beteuerte Lily und sah sich nach jemandem um, der sich ebenfalls gut um ihr Patenkind kümmern würde. Sie bemerkte ihren Vater, der mit Mathis und Ted an einem der Tische saß und sich offenbar soeben eine Pause gönnte. Schnurstracks hielt sie auf ihn zu. "Dad, kannst du bitte Liv übernehmen? Wir sind noch überhaupt nicht dazu gekommen, zu tanzen", bat Lily. "Sicher, gib sie nur her", antwortete er und ließ sich seine Enkeltochter auf den Schoß setzen. Als Lily sich mit Damian in das Gewühl der Tanzenden begab, hatte sie das Gefühl, dass ihr Vater ganz froh war, eine vernünftige Ausrede parat zu haben, so schnell nicht noch einmal das Tanzbein schwingen zu müssen. Sie stellte sich mit Damian in Position und legte los.
Für eine Weile schwiegen sie und fügten sich dem walzerähnlichen Rhythmus, wobei sie sich zwischendrin tief in die Augen sahen. "Erinnerst du dich?", brach Lily letztendlich das Schweigen, "als wir das erste Mal getanzt haben? Vorletztes Weihnachten?" "Wie könnte ich das vergessen?", erwiderte ihr Gegenüber schmunzelnd, "ich war so nervös, als du tatsächlich mit mir tanzen wolltest! Und dann trat ich dir auch noch auf die Füße! Das war mir so unangenehm..." "Also, wo du das erwähnst... du hast dich seitdem ja wirklich verbessert!" Damian hob eine Augenbraue und drehte sie einmal im Kreis. "Ich kenne diesen Ausdruck in deiner Stimme- nimmst du mich etwa auf den Arm?" Lily sah ihn betont geschockt an. "Wie könnte ich?!" "Na warte!" Sie schrie auf, als Damian ihren Oberkörper in seinen Armen nach hinten kippen ließ. "Denkst du etwa, ich lass dich fallen?", Damian grinste sie an und zog sie wieder hoch. "Du Ekel!", schnaubte Lily, konnte allerdings nicht verhindern, dass ihre Mundwinkel zuckten. "Das war nicht sehr galant von dir!"
"Ärgert Sie dieser Herr?", fragte eine vertraute Stimme von rechts und Albus schob sich neckisch zwischen das Pärchen. "Ich zeige Ihnen jetzt einmal, wie das geht!", wandte Al sich schmunzelnd an Damian und tanzte daraufhin mit Lily davon, die sich das Lachen verbeißen musste, als sie auf Damian zurückschaute, der ihnen empört hinterhersah. "Kompliment, du tanzt wirklich gut!", lobte Lily ihren Bruder. Das war ihr ja auch schon beim Eröffnungstanz aufgefallen. "Fiona und ich hatten unsere kostbare Zeit für genau fünf Tanzstunden geopfert", antwortete Al und nickte zu seiner Angetrauten hinüber, welche mit einem Mann tanzte, den Lily nicht kannte. Er wirkte um einiges älter als viele der anderen, die aus Albus und Fionas Jahrgang stammten, in etwa so alt wie Lilys Vater. "Offenbar hat es was gebracht." "Wer ist ihr Tanzpartner?", fragte Lily neugierig. "Mein Chef", über Al's Lippen glitt ein schiefes Lächeln, "es ist ein seltsamer Gedanke, ihn auf meiner Hochzeit zu wissen. Und in dieser Aufmachung ist er mir ziemlich fremd. Fionas Boss ist auch hier. Immerhin schulden wir ihm eine Menge." "Und ist die Hochzeit bisher nach deinem Geschmack?", wollte Lily wissen. Al nickte. "Bisher läuft alles wie am Schnürchen! Hoffentlich bleibt das auch so, nicht dass Muriels Gestänker einem der Gäste zu viel wird oder so." "Was musst du sie auch einladen!", tadelte Lily ihren Bruder. "Sie gehört zur Familie, Lily!", protestierte er. Sie rollte bloß mit den Augen. Das Lied endete.
"Hm. Fionas Arbeitskollegin schielt die ganze Zeit so zu mir herüber- soll ich das ignorieren oder den höflichen Gentleman geben?", wollte Al von Lily wissen. "Heute ist deine Hochzeit! Ich weiß, dass du es nicht magst, wenn die Leute so tun als würden sie dich kennen und so einen Wirbel um dich machen, nur weil du Harry Potters Sohn bist, aber zur Feier des Tages könntest du sie wenigstens nach einem Tanz fragen." "Solange sie sich dann nicht total an mich klammert", murmelte Al und ging zur benannten Frau hinüber, um sie höflich zum Tanzen aufzufordern. "Na, hat dein Bruder dich einfach stehen gelassen?" Lily wandte den Kopf. Ted lehnte an einem der Tische und grinste ihr zu. "Er will jetzt für eine andere Frau den Gentleman geben", erklärte Lily heiter. Ted schnaubte belustigt. "Dann darf ich dich zum nächsten Tanz bitten?", fragte er und hielt Lily seine Hand hin, wobei er seine zuvor braunen Haare scherzhaft vergissmeinnichtblau färbte, eine Farbe, die hervorragend unpassend war zu seinem weinroten Festumhang. Zeitgleich fing die Band wieder an zu spielen. Lily lachte und legte ihre Hand in seine. "Das fand ich früher schon immer so cool, wenn du das gemacht hast." "Manche Dinge ändern sich eben nie." Ted legte seine Hand an ihre Hüfte und sie begannen, sich zum Takt der Musik zu bewegen. "Ich kann kaum glauben, zu welch wunderschönen Frau du während meiner Abwesenheit geworden bist, Lily... als ich mit Victoire vor zwei Jahren nach Afrika aufbrach, warst du noch ein Teenager... und schau, wie erwachsen du jetzt bist! Etwas beängstigend ist das schon!" Ted grinste.
"Manche Dinge ändern sich eben doch", schmunzelte Lily, "was die Tatsache, dass du in wenigen Monaten Vater wirst, ja auch bestätigt!" "Oh, ja... mein Gott, bald ist es endlich soweit! Keine Nachtruhe mehr und dafür mehr Kaffeekonsum als gesund ist!" "Und - nicht zu vergessen- dieser Gestank beim Windeln wechseln!" "Ja. Das wird eine richtig schöne Zeit", sagte Ted mit einer leisen Ironie in der Stimme, doch sein Lächeln zeigte, dass er es nicht so meinte. "Tja. Offenbar sind die Kleinen im Nu groß. Frag Mum, die kann dir da offensichtlich ein Lied von singen!" "Wieso?" Lily seufzte und erzählte von dem kurriosen Gespräch, was sie vor kurzem mit ihrer Mutter beim Frühstückstisch geführt hatte. "Vielleicht denkst du irgendwann ja mal genauso wie sie", sagte Ted daraufhin. Lily verdrehte die Augen. "Der Punkt ist, dass sie so tut, als würden wir auswandern! Dabei können wir uns täglich sehen, wenn wir wollen!" "Dann denk doch einmal daran, wie häufig Molly ihre Tochter heutzutage noch zu sehen kriegt! Als ihr jünger wart, wart ihr häufiger im Fuchsbau, doch nun? Sie sieht Ginny an besonderen Tagen, wie Weihnachten oder eben Hochzeiten oder eventuell auch einmal an einem Geburtstag... aber das war's auch schon. Und das Jahr hat massenhaft Tage!" "Hm", Lily biss sich auf die Unterlippe. "Vielleicht ist da doch mehr dran, als ich dachte." Ted zuckte die Schultern. "Reg dich einfach nicht drüber auf, sondern besuche deine Mum öfter, wenn du irgendwann 'ne eigene Bude hast. Sie wird es dir gewiss danken." "Sagt Ted der Poet!", witzelte Lily und fing sich einen Klaps auf die Schulter ein.
Kurz darauf fand Lily sich an einem Tisch mit Roxanne wieder, die soeben mit ihrem Bruder getanzt hatte und offenbar kein Verlangen danach spürte, sich gleich wieder ins Getümmel zu stürzen. Lily nippte an ihrem Butterbier und fragte ihre Cousine: "Und in Hogwarts ist alles okay? In deinem Liebesleben auch?" Roxanne zuckte die Schultern. "Joa, ist schon nicht übel." "Was?" "Beides." "Bist du noch mit Michael zusammen?" Roxanne sah ihren Gegenüber überrascht an. "Du weißt davon? Ich war mir sicher, bei Mollys Hochzeit kein Sterbenswörtchen von ihm erzählt zu haben." "Ich habe euch letzten Sommer nach dem letzten Quidditchspiel zusammen gesehen", erläuterte Lily den Grund ihres Wissens. "Oh." "Du willst echt nicht darüber reden, stimmt's?" "Ach", Roxanne schnaubte,"es lohnt sich einfach nicht, darüber zu sprechen." "Ist da zwischen euch so wenig Gefühl im Spiel?", fragte Lily und dachte bei sich, dass es sich dann ja überhaupt nicht lohnte, zusammenzubleiben. Ihre Cousine fuhr sich durch die Haare und seufzte. "Das ist es nicht. Wir empfinden schon etwas füreinander, aber... Lysander und Lorcan sind sich sicher, dass Michael mich nur ausnutzt und sie verstehen nicht, dass ich das nicht glaube... dass ich ihnen nicht glaube... ich bin nämlich davon überzeugt, dass sie bloß eifersüchtig sind, weil Michael der erste Junge ist, der neben ihnen einmal länger eine Rolle in meinem Leben spielt. Meine vorherigen Dates hielten ja nicht lange." "Das kann gut angehen", murmelte Lily. "Habt ihr euch deswegen gestritten?" "Mehr als einmal", Roxanne verdrehte die Augen, "es ist momentan nicht einfach mit den beiden. Und dann muss ich mich auch noch auf meine Noten konzentrieren - mannomann, das Leben kann echt anstrengend sein!" Lily schmunzelte. "Wem sagst du das? Letztes Jahr um diese Zeit ging es bei mir echt drunter und drüber!" Roxanne nickte. "Ich erinnere mich lebhaft." Lily seufzte: "Und dabei weißt du nur die Hälfte!" "Ach?", sensationslüstern schaute Roxanne ihre Cousine an, doch Lily winkte ab. "Ich will nicht darüber reden, ist Schnee von gestern. Und sehr privat." "Hm. Wie du meinst." Lily lächelte entschuldigend, aber Roxanne klang nicht eingeschnappt.
Gerade tranken beide einen weiteren, großen Schluck Butterbier, als ihre Großmutter sich neben ihnen niederließ. "Ich bin einfach zu alt für mehr als zwei Tänze am Stück!", schnaufte sie und tastete nach eine ihrer Spangen, die sich beim Tanzen gelöst hatte. "Ach Grandma, du bist doch erst - äh - 76!", winkte Roxanne ab und grinste frech. "Werde du erst einmal so alt wie ich, junge Dame, dann reden wir noch einmal über das Thema!", antwortete Molly senior unvermutet grimmig. Sie steckte sich ihre Spange wieder ins Haar und seufzte. "Und wie geht es euch?", fragte sie dann milder gestimmt. "Joa, gut", murmelte Roxanne. "Kann mich nicht beklagen", schloss sich Lily ihr an. Molly erwiderte ihren Blick und kniff die Augen zusammen. "Wirklich? Bist du nicht langsam zu dem Schluss gekommen, dass deine Ausbildung zur Vampirologin viel zu gefährlich ist und du dir lieber etwas Anständiges suchen solltest?", fragte sie scharf. "Nein, meine Ausbildung gefällt mir, dankesehr", zischte Lily gereizt zurück, "außerdem bin ich der Meinung, dass es sehr anständig ist, unschuldige Menschen vor bösartigen Vampiren zu retten!"
"Nanana, ihr streitet doch nicht etwa an einem so festlichen Tag wie heute?", mischte sich Lilys Großvater Arthur ein, der hinter Charlie hervorgetreten war, und seiner Frau nun seine Hände auf die Schultern legte. "Sie will einfach nicht begreifen, was gut für sie ist!", zischte Molly und wandte sich direkt an Lily, "ich habe seit einiger Zeit die Zeitung durchforstet - wusstest du, dass im letzten Monat zwölf Menschen von Vampiren ausgesaugt wurden?!" Arthur sah skeptisch zu seiner Frau hinunter: "Das waren doch diese seltsamen Teenagermädchen, die die Blutsauger angehimmelt hatten und unbedingt auch Vampire werden wollten. Und das war ein einziger Fall, nicht mehrere." "Also ich finde ja-", versuchte Roxanne, sich einzubringen, doch ihre Großmutter fuhr ihr über den Mund, indem sie schnappte: "-Die Opferzahl ist dieselbe!" "Die Sache war nicht autorisiert", gab Lily zu, die diese Geschichte nur ganz lasch in einer Pause während des Trainings mitbekommen hatte, "aber die Mädchen gaben ihre Einwilligung. Ich habe dir doch erzählt, dass-" "-Ja, das sagen diese Monster, nicht wahr?", giftete Grandma Molly, "könnt ihr etwa nachweisen, dass die Mädchen gebissen werden wollten? Soweit ich weiß, können ausgesaugte Leichen nicht sprechen!" "Wie ich schon sagte, die Vampire haben sich dem Gesetz widersetzt", knurrte Lily ungehalten, "sie wurden von ausgebildeten Vampirologen gejagt und zur Strecke gebracht, denn sobald sie sich einmal gegen die Richtlinien gestellt haben, gibt es keine Vorschrift oder Verfassung, die sie noch weiter schützt. Eigentlich ziemlich ungerecht." "Ungerecht?", keifte Mrs. Weasley und konnte es offenbar nicht fassen.
"Ja, ihnen wird nicht einmal der Prozess gemacht. Wir stehen somit beinahe grenzenlos über ihnen und bestimmen über Individuen. Dass sie sich das gefallen lassen, ist verschroben genug." Mollys Gesicht war vor Zorn über Lilys Worte rot angelaufen. "Molly, lass es gut sein", mahnte Arthur. "Sie ist erwachsen und hat ihre eigenen Ansichten. Hör auf, ihr deine Meinung aufzwingen zu wollen!" Molly schnaubte und erhob sich. "Lily, deine Denkweise ist vollkommen bizarr! Du gehst davon aus, dass diese Wesen menschlich sind aber es sind Monster, hörst du? Bei Merlins Bart, ich hoffe, dich bringt deine groteske Weltanschauung nicht ins Grab!" Mit diesen Worten kehrte Grandma Molly ihrer Enkelin den Rücken zu und verschwand in der Menge. "Ich kann schon verstehen, was du meinst, Lily", meinte Arthur nachdenklich. "Aber Molly hat in einem Punkt recht: Vampire sind keine Menschen! Mach dir das bewusst, okay?" Er lächelte ihr aufmunternd zu und folgte seiner Frau. Lily seufzte. "Das heißt nicht, dass wir ihnen übergeordnet sind", murmelte sie und stand auf, um etwas Ablenkung zu finden.
Ablenkung fand sie dann in Gestalt von Hugo, der mit Damian an einem Tisch am Ende des Festzeltes saß und offenbar Trübsal blies. Kurzerhand ging Lily zu ihnen hinüber und setzte sich auf Damians Schoss, der bereitwillig zurückgerückt war und offenkundig erleichtert war, dass sie dazu stieß. "Na, Hugo, heute noch gar nicht getanzt?", fragte sie ihren Cousin aufmunternd. "Hm", machte Hugo unwillig und ruckte mit dem Kopf, was wohl 'nein' bedeuten sollte. Vor ihm stand eine Flasche Feuerwhiskey. Lily hob beide Augenbrauen. "Ernsthaft?" Sie zeigte mit dem Kopf auf die Flasche. "Ist doch nicht dein Problem, oder?", fauchte Hugo sie unerwartet zornig an. "Schon gut!" "Stell dir vor, was du machen würdest, wenn wir Schluss gemacht hätten", wisperte Damian ihr ins Ohr. Lily sah ihn getroffen an. "Tut mir Leid", murmelte sie an Hugo gewandt, "Grandma Molly will mich noch immer von meinem Berufswunsch abhalten... deswegen bin ich noch ein wenig geladen." "Macht nichts", sagte Hugo knapp und nippte an seinem Schnaps. Er schüttelte sich. "Magst du vielleicht mit mir tanzen?", fragte Lily ihn duldsam. "Nö", war alles, was Hugo erwiderte. "Bin nicht in der Stimmung", ergänzte er schaufend als er Lilys Blick bemerkte und kippte den Rest der Flasche auf Ex. Es war nicht mehr sonderlich viel, aber es reichte, um ihn zum Schielen zu bringen. "So, das genügt! Für dich gibt es jetzt nur noch Kürbissaft!", bestimmte Lily energisch. "Ich bin volljährig!", protestierte Hugo, "und du bist nicht meine Mutter!" "Trotzdem werde ich nicht zulassen, dass du die Hochzeit meines Bruders ins Profane ziehst, indem du dich betrinkst und ihm am besten noch besoffen vor die Füße reiherst!", entgegnete Lily entschlossen. "Dein Aus mit Jenny tut mir Leid aber mein Verständnis besitzt gewisse Grenzen- das ist eine davon!" "Doofe Zicke", grummelte Hugo, erhob sich und ging. Lily starrte ihm nach. "Was hat er da gerade gesagt?" "Vergib ihm", riet Damian und gab Lily einen Kuss, um sie versöhnlich zu stimmen, "er ist heute eben echt nicht gut drauf." "Sprecht ihr von Hugo?", fragte eine feminine Stimme und sie sahen auf.
Molly und Mathis standen vor ihnen, beide mit erhitzten Gesichtern und jeweils einem Glas Holunderblütenwein in der Hand. "Können wir uns zu euch setzen?", fragte Mathis. "Logisch", sagte Lily und lächelte dem jungen Ehepaar zu. Dieses erwiderte das Lächeln und ließ sich auf den Stühlen nieder. "Ja, wir haben gerade von Hugo gesprochen", nahm Lily den Faden wieder auf. "Heute erinnert er mich mehr als je zuvor an seinen Vater", schnaubte Molly. "Er ist so eine Frohnatur, normalerweise ist es eine Seltenheit, wenn er kein Grinsen im Gesicht hat. Und heute? Er schleicht hier umher wie ein Geist, seine Miene ist düsterer denn je, sämtliche Manieren sind ihm abhanden gekommen...", Molly sah auf die leere Flasche hinab, "...und offenbar trinkt er mehr Feuerwhiskey als ihm gut tut." "Ron kam mir jetzt aber nicht griesgrämig oder humorlos vor", wandte Mathis ein. Molly zuckte die Schultern. "Das mit den Manieren und dem Feuerwhiskey ist aber wahr." Lily und Damian wechselten einen Blick. "Er ist nicht grundlos in dieser Stimmung", erklärte Lily. "Wahrscheinlich hat er sich vor Kurzem von seiner Partnerin getrennt", mutmaßte Mathis. Er registrierte Lilys Gesichtsausdruck und sagte nur: "Oh."
"Das erklärt tatsächlich so einiges", murmelte Molly und sah zu Hugo hinüber, der soeben von Hermine gerügt wurde, die ihm demonstrativ die zweite Flasche Feuerwhiskey wegnahm. Lily seufzte: "Da kann man wohl nichts machen." "Nur die Zeit wird helfen", sagte Mathis. "Das kann dauern." Lily stimmte ihm zu und wechselte dann das Thema, da sie spürte, dass ihre eigene Laune auch erheblich gesunken war: "Und - wie findet ihr euch in euren Rollen als Ehefrau und Ehemann zurecht?" "Es ist schön", antwortete Molly und lächelte. "Immer, wenn mein Blick auf den Ring fällt, überkommt mich ein Gefühl der Freude. Mathis geheiratet zu haben war die beste Entscheidung meines Lebens!" Mathis beugte sich zu ihr hinüber und gab ihr lächelnd einen Kuss. "Ist dein Vater inzwischen zu dem gleichen Schluss gekommen?", wollte Damian wissen. "Hm, naja", sagte Molly gedehnt. Mathis ergänzte: "Er akzeptiert mich inzwischen als ihren Ehemann- Zähneknirschend. Vermutlich deswegen, weil ich noch immer glücklich in England wohne und noch nicht nach Deutschland ausgerissen bin." "Wenn er doch auch nur so gehandelt hätte wie Grandma!", seufzte Molly.
Lily senkte den Blick. Und da fiel ihr etwas ein: "Molly- habe ich nicht noch etwas gut bei dir? Wegen den Knieseljungen, die ich dir damals abgenommen hatte?" "Jaah?", teils fragend, teils skeptisch sah Benannte sie an. "Könntest du vielleicht einmal mit Grandma reden, und sie daran erinnern, dass auch ich inzwischen aus den Kinderschuhen gewachsen bin? Ich erinnere mich nämlich noch genau, wie sie zu dir meinte, dass ihr beide, also Mathis und du, erwachsen wärt und dass ihr schon wissen würdet, was ihr tut." "Ja. Und?" "Nun, entweder sieht sie mich nicht als erwachsen an oder-", Lily seufzte tief, "-ich weiß auch nicht! Jedenfalls will sie nicht einsehen, dass ich Vampirologin werde. Sie hält das für schwachsinnig und ist davon überzeugt, dass ich mich nur ins Verderben stürzen würde... also, mal ehrlich, gleiches Recht für alle, oder? Mit mir ist sie nur am Diskutieren, aber vielleicht hättest du ja mehr Erfolg?" Molly fuhr sich durch die braunen, gelockten Haare. "Ich weiß es nicht. Aber ich werde sehen, was ich tun kann." "Danke", erwiderte Lily ehrlich. "Es würde mir viel bedeuten, wenn Grandma auch mir zutrauen würde, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann." Damian strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn und fragte: "Möchtest du tanzen?" "Gern", sagte Lily und erhob sich. "Viel Spaß!" Mathis zwinkerte ihnen zu. "Oh, den werden wir haben!", erwiderte Damian lachend und nahm Lilys Hand in seine.
Der Tag schritt voran und Lily wurde nicht bloß von ihrem Freund über die Tanzfläche gewirbelt- James, Harry, Fred Scorpius und sogar Bill ließen es sich nicht nehmen, für eine Weile ihre Tanzpartner zu sein. Als Lily endlich dazu kam, sich von dem halbwarmen Büffet etwas aufzufüllen, war es schon lange duster. Noch ein Problem, wenn man in den Wintermonaten heiratete. "Falls wir jemals eine Hochzeit planen sollten - dann bitte im Sommer", sagte Lily an Damian gewandt. Er schmunzelte nur und nickte. "Also - wie können sie es nur wagen?!", zischte Tante Muriel in ihrer Nähe und rümpfte missbilligend die Nase. Lily schaute zur Seite, um zu sehen, was Albus' vermutlich ältester Gast meinte. Natürlich: mit 140 Jahren war man wohl nicht tolerant genug, um ohne Spitze mitansehen zu müssen, wie Sharon und Lucy sich liebevoll küssten - dies auch noch in einer nicht so lebhaften Ecke, wo sie zwar mehr für sich waren- den Gästen aber auch etwas mehr auffielen, als mitten in der Menschenmasse. "Hast'e ein Problem damit?", pampte eine schwarzhaarige junge Frau Muriel kampflustig an. Lily erkannte sie als eine von Albus besten Freundinnen: Ginger Richard hatte noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Ein wenig ähnelte sie vom Verhalten her Flora.
"Absolut!", erwiderte die Alte, "das gehört sich einfach nicht! Zu meiner Zeit-" "-Ja, aber die is schon längst abgelaufen, Weib!", würgte Ginger Muriel ab, "also halt deine Klappe und lass die Zwei ihre Liebe zeigen! Es ist nix Verwerfliches, kapiert?!" Muriel schnappte empört nach Luft. "Das muss ich mir nicht bieten lassen! Ich werde mich beim Gastgeber beschweren!" Ginger zuckte die Achseln: "Tu, was'de nicht lassen kannst. Aber ich bin seine beste Freundin, ich denke, den Gang wirst du umsonst machen!" Lily und Damian wechselten einen Blick. "Schon interessant, was sich innerhalb von 100 Jahren so verändern kann", murmelte Letzerer. "Innerhalb von 100 Jahren?", Lily sah ihren Freund ungläubig an und zog die Augenbrauen hoch, "dann denke bloß einmal an den Anfang unseres Abschlussjahres zurück und wie wir da miteinander umgegangen sind! Ich sage dir, irgendetwas ändert sich ständig!"
"Richtig", stimmte Damian zu und zog sie in seine Arme, ohne darauf zu achten, dass sie ihren Teller noch in der einen Hand hielt. "Ich hoffe, bei all den Veränderungen bleibt unsere Liebe beständig." Lily lächelte und ließ es zu, dass Damian sein Gesicht dicht vor das ihre brachte. "Ich glaube, da kann ich dich beruhigen", flüsterte sie. Ohne hinzusehen, stellte sie ihre kaum angerührte Mahlzeit beiseite, schlang die Arme um Damians Hals und legte ihre Lippen sanft auf die seinen. "Das will ich niemals missen", stellte sie klar, nachdem sie sich atemlos voneinander gelöst hatten. "Da sind wir schon zwei", lächelte Damian und küsste Lily erneut auf ganz ähnliche Weise, wie Lucy und Sharon es vorhin getan hatten. Keiner von ihnen beachtete Muriels Genörgel im Hintergrund.
TBC
*Lilys Kleid: http://www.designerabendkleider.com.de/a-line-floor-length-one-shoulder-blue-dress.html
*Jocelines Kleid: http://www.designerabendkleider.com.de/elegant-rot-etui-linie-bodenlang-ein-schulter-kleid.html
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Samstag, 01.07.
Freitag, 02.06.
Mittwoch, 24.05.
Es hat mich beruhigt, zu sehen, dass eigentlich niemand die Szenen beim ersten Take schafft.
Evanna Lynch