von Odo der Held
Hermine ging zum Abendessen. Sie machte sich große Sorgen ob Owen wegen dem Treffen rausgeschmissen wurde. Aber vielleicht wurde er ja nur verwarnt.
Ganz bestimmt. Sie hatten ja nichts Schlimmes gemacht.
Aber Owen Baker tauchte beim Abendessen nicht auf.
Minerva McGonagall betrat die Plattform und stellte sich hinter das Adlerpult. Sie räusperte sich und sprach einen Sonorus auf ihre Kehle.
„Meine Lieben. Ich muss Euch über etwas informieren. Leider ist Professor Baker erkrankt und wird bis auf weiteres nicht mehr unterrichten können. Der Runenunterricht fällt erst einmal aus. Aber er ist ja auch nicht prüfungsrelevant. Vielen Dank!“ Dann setzte sie sich wieder.
Ginny war bedröppelt. „Das ist so schade. Er ist so nett. Hoffentlich hat er nichts Schlimmes und kann doch schnell wieder kommen.“
Das glaubte Hermine nicht! Professor McGonagall hatte ihn bestimmt rausgeschmissen. So schade. Und Hermine wusste nicht einmal wie sie ihn erreichen konnte. Aber vielleicht kontaktierte er sie ja bald!
Sie hatten nämlich keine Möglichkeit mehr sich unterhalten zu können, weil Professor Snape Hermine plötzlich am Arm angefasst hatte und augenblicklich mit ihr appariert war.
Auf dem Apparierpunkt der Schule hatte er sie losgelassen, ihr in die Augen gesehen und eiskalt reagiert. „Gehen Sie in Ihren Turm, Prinzessin. Aber pronto!“ Dann war Hermine geflüchtet.
Hermine trottete nach dem Abendessen zurück zum Gemeinschaftsraum und verkroch sich in ihrem Bett.
Als es Nacht wurde war sie hellewach. Scheiße, scheiße, scheiße! Wie hatte Snape es so schön gesagt? Verfickte Scheiße! Oh, jaaaa! Schimpfen tat wirklich gut!
Hermine trottete langsam in Richtung Astronomieturm hoch. Sie brauchte frische Luft.
Oben angekommen zurrte sie den Gürtel ihres Morgenmantels fester um sich und zauberte ohne Zauberstab, den sie vergessen hatte, einen Wärmezauber aus ihrem Zeigefinger. Er funktionierte.
Wohlig eingemuckelt starrte sie in den dunklen Sternenhimmel.
Plötzlich hörte sie hinter sich ein Knarzen der Dielenbretter. „Was machen Sie nur immer für eine Scheiße, Miss Granger?“
Hermine hatte es geahnt. Schon wieder Snape. Konnte er sie mal in Ruhe lassen? Immer musste er da sein. „War das eine rhetorische Frage?“
„Rhetorisch und wirklich interessiert.“
„Ich möchte mich nicht rechtfertigen.“
„Ich bin Ihr Lehrer, Miss Granger. Wenn ich es verlange, dann haben Sie sich zu rechtfertigen.“
Er trat näher und sie sah das aus den Augenwinkeln.
„Ich muss gar nichts, Sir.“
„Was geht in Ihnen vor, Miss Granger?“ Er ließ sich neben ihr auf der Bank fallen.
Hermine sah, dass er noch vollständig gekleidet war. „Was in mir vorgeht? Milliarden Gedanken, die alle nicht für fremde Ohren bestimmt sind.“
„Warum haben Sie meine Kollegin und mich belauscht?“
„Das war nicht geplant. Ich wollte nur frische Luft schnappen, dann hörte ich Sie beide und war neugierig.“
„Und warum waren Sie im Folterkeller?“
„Sie erwähnten Professor Vektor gegenüber, dass es einen Folterkeller gäbe. Ich war neugierig.“
„Und warum waren Sie heute mit Baker in dem Café?“
„Wir haben gemerkt, dass wir uns auf Anhieb gefielen.“
Hermine fiel etwas ein. „Wie haben Sie uns eigentlich gefunden?“
„Er verließ das Schlossgelände und ich war interessiert wo er hinwollte. Bevor er appariert ist, habe ich eine Zauber gesprochen, der die Wege nachverfolgen kann.“
Eine Weile schwiegen sie. Dann blickte Snape auf den Boden. „Minerva war stinkwütend.“
„Auf mich?“
„Nein. Auf Baker. Sie hat ihn des Schlosses verwiesen. Er hat dann gepackt und ist gegangen.“
„Das tut mir so leid. Es ist doch nichts passiert zwischen uns.“
Hermine merkte, dass Snape sie von der Seite ansah. „Das ist egal“, sagte er. „Sie sind seine Schülerin und nicht seine Freundin. Er hat sich nicht mit Ihnen privat zu treffen.“
„Das habe ich ihm erst auch gesagt. Er meinte, Kaffee trinken würde man in der großen Halle ja theoretisch auch zusammen. Ich fand den Kommentar amüsant.“
„Finden Sie ihn attraktiv, Miss Granger?“
„Unheimlich.“
Snape atmete verärgert ein. „War mir gleich klar, als ich ihn gesehen habe.“
„Und was ist so schlimm daran?“
„Nichts. Männer schauen ja auch gerne attraktiven Frauen hinterher.“
Hermine schwieg als Zustimmung. „Gab es noch nie eine Schülerin, die Sie gerne mal verführt hätten?“
Er blickte sie wegen der intimen Frage verwundert an. „Doch.“
„Wen?“
„Wieso stellen Sie mir so mutig private Fragen?“
„Weil ich Sie nicht ansehen brauch.“
Von ihm kam ein Schnauben.
„Also? Wen?“, harkte Hermine nach.
„Miss Turpin ist sehr ansehnlich. Und Sie auch.“
„Ich??“
„Ja. Sie.“
„Naja, ich habe ja gehört wie Sie zu Professor Vektor gesagt haben, ich sei … fickbar, aber geglaubt habe ich es Ihnen nicht.“
„Sie sind sehr ansehnlich und fickbar, Miss Granger.“
Wieder begann eine Schweigeminute.
„Miss Granger, was haben Sie ehrlich gedacht, als Sie den Pranger gesehen haben?“
Hermine seufzte. „Ich habe an Sex gedacht.“
Sie konnte nicht sehen, dass Snape leise lächelte. „Hatte ich doch recht!“
„Ja, Sie hatten recht. Sind Sie jetzt zufrieden?“ Hermine knurrte. Es war nicht schön, dass er so gut raten konnte und nachher so selbstgefällig reagierte, weil er wusste, dass er recht gehabt hatte. Sie gönnte ihm den Triumph nicht.
„Seit wann haben Sie Sex, Miss Granger?“
Nun schnaubte Hermine.
Er blickte sie weiter fragend an. Hermine gab schließlich auf. „In meinen Gedanken seit Jahren. Faktisch noch gar keinen.“
Das erstaunte Severus massiv. „Sie sind Jungfrau! DAS hätte ich nicht gedacht.“
„Was Sie sich denken oder nicht ist mir herzlich egal.“
„Na, na, na! Wie reden Sie denn mit mir?“ Sagte es verärgert, meinte es amüsiert.
Hermine war kurz davor sauer zu werden, aber noch riss sie sich am Riemen. „Ich rede mit Ihnen so wie ich es muss. Ich rede anständig und benutze keine Schimpfwörter für Sie, was mir sehr schwer fällt.“
XOXOXOX
Snape zog plötzlich seinen Zauberstab aus der Manteltasche und sagte: „Colloportus“ zur Dachluke und dann „Homenum Revelio.“
Aus der Stabspitze kamen die Namen Hermine Granger und Severus Snape hinaus. Sonst nichts.
„Beschimpfen Sie mich mal, Miss Granger. Dann geht es Ihnen besser.“
Hermine fuhr geschockt-belustigt zu ihm herum. „Ich kann Sie doch nicht beleidigen!“
„Und wieso nicht? Ich mache es doch auch. Ich beleidige Menschen. Das tut gut. Zwar nur vor Septima, aber ich mache es. Sie haben mich ja immerhin dabei erwischt!“
„Ich verstehe Sie nicht“, sagte Hermine vorsichtig. „Ich verstehe nicht, wieso Sie mich aus dem Café geholt haben. Ich sollte Ihnen doch scheißegal sein. Egal weil ich ich bin und weil ich Gryffindor bin.“
„Miss Granger, meine Pflicht ist es in erster Linie auf Sie aufzupassen. Sie sind zwar 18 und im Zauberer- und Muggelgesetz rechtmäßig volljährig, aber ich kann es mir doch nicht mitansehen, und ich darf auch nicht, dass Sie sich mit ihm einlassen! Das hat nichts damit zu tun, ob Sie Hermine Granger und eine Gryffindor sind. Das hat damit zu tun, dass ich Sie immer beschützen muss.“
Hermines Herz schlug schmerzhaft in ihrem Brustkorb. Wie er das sagte, es klang wundervoll beschützend.
Aber er wollte die Wahrheit und Hermine wollte diese Chance nutzen. „Wieso sind Sie immer so ungerecht zu den Gryffindors? Wegen Harry?“
Snape schnaubte. „Nein. Natürlich nicht. Es ist wegen James, Sirius und Remus.“ Er blickte sie an. „Sie kennen die Geschichte?“
Hermine nickte.
„Ich kann einfach nicht vergessen, wie sie damals zu mir waren“, fuhr er fort.
„Aber wir heute, und besonders Harry, haben Ihre Übellaunigkeit gegenüber unserem Haus nicht verdient. Man kann ja zum Beispiel auch nicht die heutige deutsche Generation für den Schaden im Zweiten Weltkrieg verantwortlich machen.“
Der Vergleich zog. „Ich weiß, dass Sie recht haben, Miss Granger. Trotzdem!“
„Ich weiß wie das ist, wenn man nicht aus seiner Haut kann, Sir.“
Wieder schwiegen Sie. Dann fiel Hermine etwas ein. „Weshalb waren Sie eigentlich vor den Ferien im Keller, wo Sie mich getroffen haben?“
„Ich habe Sie gehört und bin hinter Ihnen hergegangen.“
„Im Dunkeln??“
„Ja. Im Dunkeln. Ich kenne mich da unten sehr gut aus. Als Junge war ich auch schon immer da und habe Erkundigungsgänge gemacht.“
„Wieso haben Sie mich damals nicht für mein Umherstreunen bestraft?“, wollte Hermine wissen.
„Was soll das wem nützen?“
„Danke“, sagte Hermine, fast wispernd. Dann fiel ihr was ein. „Sie sind bestimmt froh, dass Sie Sybil los sind, was?“
Er war von diesem Ausbruch an Ehrlichkeit und Mut milde amüsiert, fügte sich aber für den Moment. „Ja, bin ich. Eine Nervensäge weniger.“
„Warum sind sie immer so unendlich böse, Professor?“, fragte Hermine nun endlich leise.
„Bin ich das? Oder bin ich bloß ehrlich?“ Ihm fiel was auf. „Wieso sagen Sie eigentlich Sybil zu ihr?“
„Weil ich sie nicht leiden konnte. Sybil klang abschätzig genug.“
Nun musste Severus leise lachen. „Sie erstaunen mich immer wieder, Miss Granger.“
Hermine sah ihn wegen dem seltenen Lachen an. Schwieg aber.
Dann trennten sich ihre Wege.
Owen Baker kontaktierte Hermine nicht mehr und die Woche verging. Am Samstag wanderte Hermine gegen 2 Uhr in der Früh wieder runter in die Kerker.
Wenn schon niemand ihre Wünsche teilte, dann wollte sie wenigstens ihren Gedanken nachhängen.
Ihre Füße trugen sie in den Raum mit dem hölzernen Reitpferd und noch einmal fragte sie sich, was das Pferd bezwecken sollte.
„Man hat die Person, die gefoltert werden soll, darauf gesetzt. Die Person konnte sich mit den Füßen nicht am Boden abstützen und das gesamte Körpergewicht hing zwischen den Beinen.“
Hermine drehte sich nicht um.
„Autsch!“, sagte sie aber.
„Das nehme ich an.“
„Woher wissen Sie um den Zweck des Pferdes? Selbst ausprobiert?“
Snape amüsierte sich über ihren Mut. „Nein. Aber nachgelesen.“
„Darüber haben wir Bücher??“
„Internet, Miss Granger. Das Ding heißt Spanisches Pferd. Warum auch immer.“
Hermine drehte sich um. Snape stand im Morgenmantel in der Kerkertür und sah sie mit Zauberstab in der Hand an. Im Zauber des Lumos sah sie ihn schmunzeln.
Hermine ging auf ihn zu und er trat einen Schritt zur Seite. Sie ging an ihm vorbei, schweigend, und betrat den nächsten Raum mit dem Pranger.
„Alle Wege führen wieder zurück hier hin, Miss Granger. Wieso?“
„Der Pranger ist für mich ein Mahnmal, Sir.“
„Wofür?“
„Ein Mahnmal, dass ich meinen Willen durchziehe und mich um meine Wünsche kümmere.“
„Erklären Sie mir das?!“
„Dann würde ich mich vor Ihnen geistig entblößen.“
„Das habe ich auch! Ungewollt. Aber ich habe! Jetzt sind Sie dran.“
Hermine wusste, dass er recht hatte. „Wie soll ich es ausdrücken….hm…sagen wir es mal so. ich werde kribbelig, wenn ich vor dem Pranger stehe. Meine Phantasie wird angeregt.“
„Miss Granger, Sie drücken sich wirklich kryptisch aus!! Sie möchten gerne mal gefickt werden, während Sie in dem Pranger stecken. Ja oder nein?!“
Sie drehte sich geschockt und aufgewühlt wegen seiner deftigen Begriffe zu ihm um. „Ja.“
„Na also. Nun sind Sie schon einen Schritt weiter. Sagen Sie es doch laut und deutlich. Dann geht es Ihnen besser.“
Hermine wusste, dass er sie aus ihrem Dornröschenschlaf rauslocken wollte. „Ich glaube fest, dass es mich anmachen würde in dem Pranger festzustecken und von hinten genommen zu werden.“
Severus zog elegant eine Augenbraue hoch. „Sehen Sie? Es geht doch. Und wie fühlt es sich an?“
Sie konnte nicht lügen. „Es fühlt sich befreiend an.“
„Haben Sie ihn so schon mal ausprobiert? Ohne Mann?“
Hermine schüttelte den Kopf. „Ich könnte mich ja nicht selbst arretieren.“
„Ich bin ja jetzt da.“
Ungläubigkeit stand Miss Granger nicht, fand Severus. „Ja, und ich lasse Sie wieder raus. Sie brauchen es nur sagen.“
„Bei Ihnen weiß man nie, Sir….“
„Wollen Sie mich beleidigen, Miss Granger? Na kommen Sie, probieren Sie es aus. Ich bin hier und lasse Sie wieder raus. Und Sie brauchen bei solchen Spielchen ein Losungswort. Nur wenn Sie das sagen, lässt die andere Person Sie wieder raus.“
„Welches Losungswort?“
„Das wird vorher abgesprochen. Suchen Sie sich eins aus.“
„Aber ich würde mich nie in Ihrer Gegenwart im Pranger arretieren lassen, Sir.“
„Schade. Ich hätte Sie bei Nennung des Losungswortes befreit.“ Er sagte es, drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
Hermine starrte seinem Schatten nach. Und biss sich selbst in den Hintern. Sie hatte ihre Chance verpasst. Verpasst. Durch eigene Blödheit. Aber mir wäre doch kein Losungswort eingefallen!
Auf dem Weg zurück in den Gryffindorturm dachte sie über Losungswörter nach. Es war noch Mai. Maiglöckchen wäre ein gutes Losungswort gewesen. Oder Schnee. Oder Regen.
Hermine tadelte sich selbst. War ja klar! Jetzt fielen Ihr lauter gute Wörter ein!
Der Montag begann mit Zaubertränkekunde. Eine Doppelstunde. Doppelstunden waren bei Snape zum Brauen da und Hermine passte wie immer auf. Erst schrieb der Professor immer den Trank an die Tafel, dann erklärte er ihn kurz und die Klasse musste sich die Trankzutaten im Buch durchlesen.
Zum Schluss liefen die Schüler in den anliegenden Zutatenraum und holten sich die Gläser und Phiolen ab.
Hermine musste recht nah an Professor Snape vorbeigehen um in den Vorratsraum zu kommen. Sie blickten sich kurz in die Augen als dies geschah und Hermine wusste nicht warum, aber sie sah ihn länger an und sagte: „Regen.“
Der Professor runzelte kurz die Stirn, glättete sie dann wieder und ein leises verstehendes Lächeln glitt über sein Gesicht.
Als die Klasse dann am Brauen war und Hermine konzentriert in den Kessel vor sich starrte und überlegte, wie es weiterging, hörte sie mit einem Mal im Nacken leise hinter sich: „Regen ist ein sehr gutes Losungswort, Miss Granger. 5 Punkte für Gryffindor.“
Dann spürte sie kühle Luft und der Professor war weg.
Hermine schmunzelte. Eine Stunde später hatte Hermine Harry und Ron den Kessel überlassen und stand nun daneben und sah ihnen beim Zutatenschnippeln- und hacken zu. Snape trat an den Tisch und warf erst einen Blick in den Kessel, sagte nichts und schaute dann den Jungs kurz auf die Finger.
Dann blieb er hinter Hermine stehen und schaute weiter zu. Harry und Ron begannen sich abzustimmen, wer als Erster mit Reinwerfen dran war. Da sagte Snape hinter Hermine leise: „Wenn Sie noch möchten, dann bin ich um 2 Uhr im Kellerraum.“
Dann war er weg.
Hermines Herz schlug laut und beängstigend. Heute Nacht also.
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