
von marie29
Mal wieder ein dickes Dankeschön an Mabji und Zaubertrankmeisterin und viel Spass beim Weiterlesen!
25. Kapitel
Teddy reckte sich, sein kleiner Bauch begann zu rumoren und auch Severus verspürte den plötzlichen Hunger, als der köstliche Duft der Gemüsesuppe in sein Bewusstsein drang.
Er hatte nicht bemerkt, dass Harry hereingekommen war, so versunken war er in seine Erinnerungen gewesen. Jetzt sah der ihn verschmitzt an und drückte seine Hand. "Na, wieder da?", fragte er leise und erneut verspürte Severus die tiefe Ruhe, die ihn erfasste, sobald Harry ihn berührte und er nickte lächelnd.
Diese ungewöhnliche Verbindung, die seit dem Kuss des Dementors zwischen Harry und ihm bestand, hatte sie anfangs beide verwirrt, ja erschreckt und keiner hatte gewagt, darüber zu reden, bis Ginny die eigenartige Beklemmung, die fast greifbar im Raum lag, während sie beide sich krampfhaft bemühten, einander nicht anzusehen, nicht mehr ertrug.
Die Weasleys und Hermine waren gerade fröhlich winkend verschwunden, nachdem sie Kreachers Festmahl mit ein paar Gläsern Kräuterbowle gekrönt hatten. Minerva war gleich nach dem Essen nach Hogwarts zurückgekehrt, auf Dumbledores Drängen hin, der es gar nicht erwarten konnte, sein von Filch eingeschmuggeltes Double aus seinem Rahmen zu vertreiben.
Und so blieben sie zu dritt mit Teddy zurück, der schnarchend am Sofa lag. Die Anspannung des Tages hatte auch den Jungen ergriffen. Er hatte sich nach Severus' Rückkehr an ihn geklammert und nichts konnte ihn bewegen, ihn loszulassen, bis er vor Erschöpfung einschlief. Erst da hatte der ihn aufs Sofa gebettet.
Jetzt saßen sie, wie so oft zuvor, in den Sesseln am Kamin, Ginny zwischen ihnen an Harrys Knie gelehnt auf dem Teppich. Doch das Schweigen, das sonst für alle drei so beruhigend gewesen war, hatte einen schalen Beigeschmack.
"Warum könnt ihr nicht einfach glücklich sein?"
So traurig klangen Ginnys Worte, dass Severus sich vorbeugte, um ihr die Hand auf die Schulter zu legen und sie gleichzeitig zu belügen. "Ich bin glücklich, Ginny!", wollte er sagen, doch im gleichen Moment hob auch Harry die Hand, um Ginny fester an sich zu ziehen und ihre Finger berührten sich.
Es war wie ein Stromschlag und plötzlich fiel alle Scheu von ihnen ab. Ihre Blicke trafen sich und beide erkannten das eigene Gefühl in den Augen des anderen.
"Es ist Liebe, und ihr könnt nichts dagegen tun."
Ginnys Stimme war leise, doch ihre Worte dröhnten wie Paukenschläge in den Ohren der Männer. Sie zuckten zurück, starrten sie an, als habe sie den Verstand verloren und wussten doch beide, es war die Wahrheit.
Severus sprang auf, wollte fliehen, doch Ginnys Zauber versperrte die Tür. Er hatte nicht die Kraft, seinen eigenen Zauberstab zu ziehen, lehnte nur verzweifelt die Stirn an die Tür. Es konnte, es durfte nicht sein!
"Es ist nichts Falsches daran." Fast hätte Severus laut aufgelacht, wie konnte sie nur so etwas sagen?
Aber Ginny ließ sich nicht beirren, redete einfach weiter. "Ihr beide seid euch so nah, als wären eure Seelen verbunden, als wärt ihr tatsächlich Vater und Sohn. Und das ist wunderbar, oder nicht?"
Severus erstarrte. Ihre Worte trafen ihn mitten ins Herz. Sie hatte recht!
Auch Harry stieß einen zutiefst erleichterten Seufzer aus. Natürlich, das war es! Nichts anstößiges war an dem Gefühl, das sie beide verband. Da war kein Begehren, kein Fünkchen Lust - nur Liebe und der Wunsch den anderen festzuhalten und zugleich von ihm gehalten zu werden und geborgen zu sein für alle Ewigkeit.
War es nicht genau das, was Vater und Sohn füreinander empfanden? Sie wussten es beide nicht, aber plötzlich war alles andere unwichtig, nur dieses Gefühl zu leben, zählte. Es nicht mehr verstecken, sondern zuzulassen.
Harry stand auf und Severus wandte sich um.
Lange Zeit sahen sie einander nur an, bevor Harry den ersten Schritt machte und dann lagen sie sich in den Armen. Alle Zweifel, alle Unsicherheit war verschwunden, nur eine wundervolle Wärme blieb zurück und tiefer Frieden.
Es war richtig so, egal was andere denken mochten.
Severus löste eine Hand von Harrys Rücken und streckte sie Ginny entgegen. Gefühlte Stunden standen sie so da, eng aneinander geschmiegt, als wären sie miteinander verschmolzen und rührten sich nicht, genossen mit allen Sinnen die Nähe der anderen und wussten, sie gehörten zusammen.
"Fühlt es sich so an, eine Familie zu haben, Ginny?"
Harrys geflüsterte Frage trieb Ginny die Tränen in die Augen. Niemals hatte er die Geborgenheit beschützender Arme erlebt, die einen so zärtlich umfingen, dass man die ganze Welt und allen Kummer vergaß. Sich nie auf Vater oder Mutters Schoß gekuschelt, in dem sicheren Bewusstsein, zu Hause zu sein, ein Heim zu haben, das nichts und niemand zerstören kann.
Ihre eigene Kindheit war voller solcher Momente gewesen. Liebe und Geborgenheit hatten alle Kinder von Molly und Arthur im Überfluss erfahren, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie glücklich sie sich schätzen konnten, solche Eltern zu haben.
Wie war wohl Severus' Kindheit gewesen? Sie erschauderte, kannte sie doch tief im Herzen die Antwort und ihre Arme schlossen sich noch fester um die beiden Männer.
"Ja, Harry, genau so!", murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen und schwor sich im Stillen, ihren eigenen Kindern alle Zärtlichkeit und Liebe zu schenken, derer sie fähig war.
Etwas schob sich zwischen sie und Ginny beugte sich zu Teddy hinunter. Liebevoll hob sie den gähnenden Jungen hoch und drückte ihn fest an sich.
"Ich bring ihn nach oben." Und schon war sie verschwunden.
"Sie ist ein so wundervoller Mensch, Harry. Ich will ihr niemals wehtun."
Severus legte beide Hände auf Harrys Schultern.
"Ich weiß", Harry wich dem intensiven Blick nicht aus, erwiderte ihn. "Davor hatte ich am meisten Angst. Sie verletzen zu müssen, wegen dir."
Severus nickte. "Mir ging's genauso. Als ich wieder zu mir kam, dort im Gerichtssaal", er stockte, zog Harry erneut fest an sich und der spürte den Schauer, der durch Severus' Körper fuhr und strich ihm beruhigend über den Rücken.
"Denk nicht mehr daran. Jetzt ist es endgültig überstanden. Du bist frei, Severus, vollkommen frei!"
Wieder lief ein Zittern durch dessen Körper und Harry hielt ihn noch fester, spürte erneut das tiefe Glück, das Herz und Körper wärmte, stärkte. Ja, Ginny hatte recht, es war Liebe und es war wunderbar.
Jedenfalls für ihn!
Vor Schreck wurde ihm plötzlich ganz flau im Magen. Er ließ Severus los und sank zurück auf das Sofa. Kreidebleich war er.
"Was ist, Harry? Was hast du?" Severus' erschrockene Stimme brachte ihn wieder zur Besinnung.
"Ich hab nur an mich gedacht.", murmelte er fast unhörbar. "Für dich muss das furchtbar sein. Du wolltest das bestimmt gar nicht, dieses Gefühl ..."
"Harry", Severus setzte sich neben ihn und ergriff seine Hände, "bitte, sieh mich an!"
Zögernd hob Harry den Kopf. Behutsam strich Severus die vorwitzige Haarsträhne aus Harrys Stirn und sah ihm mit tiefem Ernst in die Augen.
"Du kennst mich besser, als jeder andere Mensch, Harry. Glaubst du wirklich, es ist schrecklich für mich, endlich einmal glücklich zu sein?"
Harrys ungläubiger Blick entlockte ihm ein zärtliches Lächeln.
"Ich danke Merlin für dieses Wunder oder was immer es sonst gewesen sein mag. Das wollte ich dir vorhin sagen. Aber die Erinnerung war plötzlich so lebendig. Nicht an den Schrecken oder die Angst, sondern an das, was ich niemals vergessen werde, solange ich lebe." Er erschauderte leicht.
"Die Wärme und Geborgenheit, die mich durchströmte als ich dich sah, Harry. Als ich deine Arme fühlte, die mich festhielten, beschützten. Ich hab die unsägliche Erleichterung in deinen Augen gesehen und plötzlich existierte nichts anderes mehr, nur noch du und ich. So stark war der Wunsch, dich zu berühren, dass ich nicht anders konnte, als ihm nachzugeben. Niemals zuvor hab ich etwas Vergleichbares empfunden, Harry. Ich bin zutiefst erschrocken über die Intensität dieses Gefühls und zugleich hab ich es so sehr genossen, dass es beinahe unerträglich schmerzte, als Fawkes Kreischen mich in die Realität zurückholte."
Harry konnte nur nicken, genauso war es ihm selbst ergangen.
"Ich kann es genauso wenig erklären wie du, Harry. Aber wenn ...", Severus zögerte kurz, wie nur sollte er in Worte fassen, was doch unbeschreiblich war.
Harrys Blick nahm ihm jede Scheu. Der Junge war ebenso verunsichert wie er selbst. "Wenn du mich berührst, verliert alles andere an Bedeutung. Alle Anspannung, alle Zweifel sind wie fortgewischt, nur Ruhe und Frieden bleiben zurück und Dankbarkeit für dieses herrliche Gefühl. Ist das Liebe, Harry? Und was ist das, was ich für Teddy empfinde? Verdammt, Junge, ich bin so durcheinander!"
Fast zornig klang der letzte Satz und Harry musste grinsen. Gefühle waren eben komplizierter als die schwierigsten Zaubertränke, aber er war sich seiner eigenen jetzt völlig sicher. Er liebte diesen Mann von ganzem Herzen, ganz anders als Ginny aber nicht weniger stark,
Und plötzlich hätte er jubeln mögen und die ganze Welt umarmen, so wunderbar war das Wissen, dass beide seine Gefühle erwiderten.
Severus ging ähnliches durch den Kopf und mit einem Mal war es wieder da, das tiefe Glücksgefühl, dass jeden anderen Gedanken vertrieb. Er war nicht mehr allein, würde es nie wieder sein und das Leben war wahrhaft das größte Geschenk, das es gab.
Ginny hatte vollkommen recht gehabt. Auch wenn es etwas gab, das noch wichtiger war - lieben zu können und wieder geliebt zu werden.
Harry und Teddy gehörten zu ihm, als wären sie sein eigen Fleisch und Blut und er würde für sie da sein, solange die beiden ihn brauchten. Endlich hatte sein Leben einen wirklichen Sinn.
"Du träumst!" Harrys verschmitzte Worte ließen ihn zusammen zucken. Ernst schüttelte er den Kopf.
"Nein, Harry, im Gegenteil, ich bin endlich aufgewacht."
Er legte dem Jungen den Arm um die Schultern und Harry lehnte sich an ihn. So saßen sie noch, als Ginny zurückkam.
Der Anblick der schlafenden Männer entlockte ihr ein liebevolles Lächeln. Sie wusste, ab heute gehörte Harry ihr nicht mehr allein und doch war sie glücklicher als jemals zuvor.
Severus war so anders als Sirius, den sie im Grunde ihres Herzens nie wirklich gemocht hatte. Er erwiderte Harrys tiefe Zuneigung und auch seine Gefühle für Teddy waren ehrlich und echt. Auf ihn würden die beiden sich zeitlebens verlassen können, da war sie sich sicher und auch sie selbst vertraute ihm ebenso wie ihren eigenen Eltern.
Nichts wünschte sie in diesem Augenblick mehr, als dass er bei ihnen bleiben möge, aber natürlich ging das Leben weiter.
Sie selbst würde nach Hogwarts zurückkehren, ihr stand noch ein Schuljahr bevor. Auch wenn sie sich so viel älter fühlte, sie war doch erst sechzehn und noch nicht einmal volljährig. Nach allem, was in den letzten Wochen geschehen war, kam sie sich so erwachsen vor.
Es würde merkwürdig sein, wieder unter kichernden Mädchen zu sitzen, deren einziges Interesse den Jungs am Nachbartisch galt. Sie lächelte wehmütig und kuschelte sich in einen der Sessel, ohne den Blick von Harry und Severus abzuwenden. Dieses Bild würde sie tief in ihrem Herzen verschließen.
Während sie so über die Zukunft nachgrübelte, wurden auch ihre Lider schwer und als Kreacher lautlos erschien, um das Feuer zu löschen, schlummerten alle drei ebenso friedlich wie der Knabe oben im Bett.
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