Gedankenverloren lief ich durch die Gänge. Ich war auf dem Weg in mein Zimmer. Der Unterricht war gerade zu Ende und ich wollte mich einfach für einen Moment hinlegen.
Zwei Wochen waren seit dem nächtlichen Brand vergangen.
Eigentlich ging es mir gut, wenn man mal davon absah, dass ich andauernd einen kalten Hauch im Nacken spürte und das Gefühl hatte, dass mir irgendwer hinterher schlich, doch erwischt hatte ich noch niemanden, obwohl ich jedes Mal panisch herum wirbelte!
Ich hatte wirklich das Gefühl paranoid zu werden.
Und dann war da noch die Sache mit Snape!
Eigentlich hatte er noch an dem Tag des Kusses eine neue, eigene Wohnung bekommen, ganz in der Nähe von meinem Zimmer.
Ich war mir auch sicher, dass ich in meinem Bett eingeschlafen war, doch als ich wach wurde, lag ich auf dem Flur, Snape hinter mich gepresst und wieder war mein Bett mit Moss überzogen und sein Bett halb abgebrannt, als wir nachgesehen hatten.
Nachdem uns das drei Nächte hinter einander passiert war, ohne das wir auch nur irgendwas mitbekommen hatten, gab ich auf!
Kein Alarmzauber hatte mich gewarnt und bevor uns noch jemand auf dem Flur fand und es richtig ärger gab, hatte ich ihn gebeten, dass wir es doch mal damit versuchen könnten, im selben Bett zu schlafen.
Wirklich begeistert hatte er mich nicht angesehen.
Ihm war diese Sache ganz klar unangenehm. Es mochte es genau so wenig wie ich, die Kontrolle zu verlieren.
Trotzdem hatte er zugestimmt und es hatte tatsächlich funktioniert. Jetzt schliefen wir immer in meinem Zimmer, mit fest verriegelter Tür. Natürlich hatte er für morgens ein paar Sachen gebraucht und da er als Morgenmuffel nicht immer durch das ganze Schloss rennen wollte, war er jetzt irgendwie bei mir eingezogen!
Das Gästebett war verschwunden und stattdessen gab es jetzt einen zweiten Kleiderschrank und einen zweiten Schreibtisch.
Das war alles mehr als gruselig, gerade nach dem Kuss, doch er hatte ihn nie erwähnt und ich war seinem Beispiel gefolgt.
Auch, wenn uns diese irgendwie erzwungene Nähe unangenehm war, hatte es keinen Zweck zu leugnen, dass wir nun ganz anders miteinander umging, als vor dem Feuer.
In meinem Zimmer redeten wir zwar nie viel, er bemühte sich nur zum schlafen und zum duschen herein zu kommen, doch die Stimmung war immer recht locker.
Er hatte meinen Vornamen einfach beibehalten, auch um Unterreicht duzte er mich und hatte ziemlich wütend ausgesehen, als ich es mit einem Professor probiert hatte, um Unterricht und Freizeit zu trennen.
Seufzend hatte ich aufgegeben und mich seinem Willen gebeugt.
Meine Freundinnen hatten mitbekommen, dass ich dem Lehrer das Leben gerettet hatte, dennoch waren ihnen fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als sich der Mann zu mir an den Ravenclawtisch gesetzt hatte, um meinen verbrannten Arm mit einer Heilsalbe einzureiben.
Gerade, wo ich das auch selbst hätte tun können!
Als ich dann auch noch vor lachen fast unter dem Tisch lag, weil er auch meine verkrusteten Zehen einrieb, waren sie schließlich kopfschüttelnd geflüchtet, was Severus gar nicht interessiert hatte.
Er hatte sich einen Spaß daraus gemacht, mich noch weiter zu reizen, bis ich ihn schließlich angefleht hatte aufzuhören.
Mit einem selbstgefälligen Grinsen hatte er mich entlassen und ich war unter den Blicken der anderen Schüler und Lehrer knallrot angelaufen und schließlich geflüchtet.
Warum musste der Mann es auch so übertreiben?
Tja, so war jetzt also der Stand.
Ich wurde von irgendwas unsichtbarem verfolgt, oder bildete es mir wenigstens ein, hatte einen neuen Mitbewohner/Lehrer/Freund und mit dem Symbol waren wir überhaupt nicht weiter gekommen.
Naja, ich hatte auch nicht viel Zeit zum nachforschen gehabt, wenn ich ehrlich war. Das hatte ich Severus überlassen, doch immer, wenn ich ihn nach Neuigkeiten fragte, schüttelte er nur den Kopf und wechselte dann das Thema.
Ich ging um eine Ecke und keuchte erschrocken, als ich die Schulleiterin mit einem Mal vor mir hatte.
“Merlin… Verzeihung, Professor! Ich war in Gedanken!”, nuschelte ich schnell und wollte schon weiter gehen, da wurde ich aufgehalten.
“Nicht der Rede wert, Mandy, aber es ist gut, dass ich sie hier treffe! Ich war ohnehin auf der Suche nach ihnen. Würden sie bitte mit ins Lehrerzimmer kommen? Es gibt einiges zu besprechen und die Schulsprecher sollten auch anwesend sein.”, sagte die strenge Frau und führte mich schon am Ellbogen die Gänge entlang, ohne überhaupt auf eine Antwort zu warten. Ich beschränkte mich daher auf ein Nicken.
Der Weg war nicht weit, doch im Lehrerzimmer angekommen musste ich feststellen, dass noch kaum jemand da war.
Severus saß schon in einem Stuhl am Ende des langen Tisches und blätterte in einem kleinen, schwarzen Buch. Hagrid war auch da, doch er machte sich noch einen Tee.
“Setzten sie sich einfach irgendwo hin, Mandy!”
Ich lächelte dankbar und setzte mich dann gegenüber von Snape, der bei meinem Namen überrascht aufgesehen hatte. Ich grinste ihm kurz zu und las dann den Titel des Buches: “Games of tue Reaper - Wenn das Leben zum Spielzeug wird”.
Beunruhigender Titel!
“Was liest du da, Severus?”, fragte ich automatisch und streckte eine Hand aus, doch er klappte das Buch, welches im übrigen schwarze Seiten hat, sofort zu und versteckte es in seinen Umhang.
“Das geht dich nichts an, Mandy!”, zischte er drohend.
Ich hatte mich inzwischen schon daran gewöhnt, dass er plötzliche Stimmungsschwankungen hat. Meist dann, wenn er sich irgendwie bedroht fühlte, also zuckte ich nur die Schultern.
“Gut, dann eben nicht!”
“Mandy!”
“Hagrid?”
“Erzähl mal, was du nach der Schule machen willst, solange die anderen noch nicht da sind. Interessiert mich schon lang!”, sagte der Wildhüter und sank auf den vergrößerten Stuhl neben mir.
Grüblerisch verzog ich das Gesicht. “Das ist sehr schwierig. Ich habe früher immer gedacht, dass ich mal Heilerin werden will, aber dann kam der Krieg. Du weiß ja, die drei Jahre, die ich nicht zur Schule gegangen bin, habe ich meiner Mutter und meinem Bruder im St. Mungos ausgeholfen. Die Ausbildung zu Pflegerin habe ich fertig. Es hat auch Spaß gemacht, aber es sind auch so viele Menschen gestorben! Ich würde immer noch gerne Heilerin werden, aber ich kann es nicht ertragen, wenn Menschen sterben, ohne das ich ihnen helfen kann!”, erläuterte ich leise.
Inzwischen hat sich auch die Schulleiterin hingesetzt und hört zu.
“Ich fände es schön, so zu arbeiten, wie Madam Pomfrey. Junge Patienten, nicht unbedingt tödliche Verletzungen. Das Problem ist nur, dass St. Mungos der einzige Ausbilder für Heiler in England ist und wie gesagt, vom Tod habe ich genug. Eine Alternative ist mir noch nicht eingefallen.”
Ein bedrücktes Schweigen entstand, nur unterbrochen von Hagrid, der in seiner Tasse rührte und dabei gegen das Porzellan klimperte.
“Aber können wir da nicht was tun?”, fragte plötzlich Severus. “Poppy ist eine exzellente Heilerin. Könnte sie Mandy nicht ausbilden?”
“Poppy hätte da sicher nichts gegen, aber das müsste man mit dem Ministerium absprechen und du vergisst, dass Poppy die Heiltränke schon Jahrzehnte nicht mehr selber braut. Das ist aber ein wichtiger Punkt der Ausbildung!”, schoss McGonagall zurück.
“Ich bin ein Tränkemeister! Ich kann ihr alles über Heiltränke beibringen, was sie wissen muss!”
Gebannt lauschte ich dem Schlagabtausch meiner Lehrer und konnte es gar nicht richtig verarbeiten, dass Severus sich gerade dafür einsetzte mich noch drei weitere Jahre an dieser Schule zu behalten.
“Stimmt wohl, Severus. Ich denke, ich könnte mich zumindest mal schlau machen, ob Poppy einverstanden wäre und was das Ministerium dazu sagt, doch wir reden hier ohne Substanz. Mandy, hätten sie überhaupt Lust dazu, ihre Ausbildung hier fortzusetzen?”, fragte die Frau an mich gerichtet.
“Natürlich hat sie!”, sagte Severus an meiner Stelle, doch ich nickte energisch, als McGonagall ihrem Kollegen einen strengen Blick schenkte.
“Wenn ich so dreist seien darf, dann würde ich in dem Punkt gerne auf den Wunsch zurückkommen, denn sie mir freigestellt haben!”, sagte ich vorsichtig und erstaunen trat in ihre Augen.
“Wirklich? Nun gut, Mandy. Ich werde sehen, was sich tun lässt.”
Hagrid klopfte mir zufrieden auf die Schulter, wodurch ich fasst mit dem Kinn auf den Tisch schlug. Als ich mich gerade wieder mit verzogenem Gesicht aufsetzte, spürte ich erneut etwas und wirbelte in meinem Sitz herum. Wirklich, ich könnte schwören, dass mir gerade jemand kalte Finger in den Nacken gelegt hatte!
Ich fuhr mit der Hand automatisch über die Stelle, spürte aber nur die Flammen von dem Tattoo brennen. Als ich mich wieder umdrehte, bemerkte ich, wie Severus mich mit erhobener Augenbraue musterte.
“Was treibst du da?”
Ich schüttelte genervt den Kopf. “Ich könnte schwören, dass mich gerade jemand angefasst hat! Da war eine kalte Hand in meinem Nacken!”
“Vielleicht Peeves, der sich einen Spaß erlaubt hat.”
Ich wiederholte die Kopfbewegung. “Peeves würde das vielleicht ein, zwei oder auch drei Mal machen, aber das geht jetzt schon seit zwei Wochen so!”
Überrascht sah ich, wie Severus die Augen aufriss und sich vorbeugt. “Seit wann genau? Erzähl mir alles!”
“Naja, seit dem Feuer oder eigentlich schon während des Feuers. Ich hab schon überlegt, ob ich mir den Kopf gestoßen habe, aber wir waren die ganze Zeit zusammen, wenn ich mir eine Gehirnerschütterung zugezogen hätte, wäre dir das sicher aufgefallen, oder?”, fragte ich verwirrt und sah ihn nicken. “Und es ist nicht nur das Berühren. Ich habe auch ständig das Gefühl beobachtet zu werden, aber da ist nie jemand! Ich habe es schon mit Zaubern überprüft! Weißt du dazu irgendwas, Severus?”
Er sah mir in die Augen und ich konnte dabei zusehen, wie er seine Gedanken hinter einer undurchdringlichen Mauer wegsperrte, bevor er mir gelassen ins Gesicht sah und sagte: ”Nein, ich weiß gar nichts! Vergiss den Scheiß einfach, ignorier es. Das ist nur Peeves!”
“Ich weiß, dass du lügst!”, gab ich ruhig, aber anklagend, zurück und konnte sehen, wie McGonagall uns eindringlich musterte.
Ganz eindeutig wechselte sie einen intensiven Blick mit Snape, doch auch sie sagte mir nichts, sondern stand auf, als sich die Tür öffnete und die anderen Lehrer hinein kamen.
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Ich glaube, man hätte mich für geisteskrank erklärt, wenn ich mit all dem gerechnet hätte. Wer konnte das vorausahnen? Niemand. Ich jedenfalls nicht...