von Mabji
Erschöpft richtete ich mich auf und wischte mir mit einem inzwischen sehr dreckigem Lappen über die schweißnasse Stirn. Ich sah mich in dem großen Kerkerraum um.
Im Raum verteilt waren noch drei weiter Schüler, drei Huffelpuffs, die sich angeregt unterhielten, während sie die Wände mit großen Schwämmen abrieben, um den Russ zu entfernen. Zu dumm, dass dies nicht magisch ging, aber Spaß schienen sie trotzdem zu haben.
Den hatte ich für meinen Teil nicht!
Die Ferien hatten vor drei Tagen begonnen, gestern hatten wir mit den Aufräumarbeiten angefangen. Ich tat zur Zeit nicht als lernen, helfen, essen und schlafen.
Seit dem Streit hatte ich nicht mehr mit Severus gesprochen und das ich nun ausgerechnet den Raum säubern musste, in dem ich nach dem Feuer mit Snape ein paar Minuten ausgeruht hatte, brachte meine Gedanken an den Mann sofort zurück. Nicht das ich dies überhaupt verhindern konnte, aber schlimmer wurde es dennoch!
Ich seufzte und setzte mich einen Momentlang auf den Boden, um auszuruhen und nachzudenken, auch wenn ich das in den letzten Tagen schon ausführlich genug getan hatte.
Ich hatte nicht nur nicht mehr mit Severus geredet, seit er wach geworden war, ich hatte auch nicht mehr mit ihm in einem Bett geschlafen.
Kaum war ich aus dem Krankenflügel in meinem Zimmer angekommen, da hatte ich sofort das Passwort der Tür geändert, seine Sachen zusammengepackt und diese einfach vor den Raum gestellt. Okay, das war gelogen! Erst hatte ich eine halbe Stunde lang geheult, bis ich scheinbar kein Wasser mehr entbehren konnte.
War das kindisch? Vielleicht.
Noch am Abend hatte der Lehrer laut gegen das Holz geklopft und nach mir gerufen, doch ich war zu wütend gewesen, hatte mich deshalb einfach im Bad eingeschlossen und dem Rauschen der aufgedrehten Dusche gelauscht.
Irgendwann hatte er dann aufgegeben.
Natürlich hatte ich schon geahnt, dass das seltsam Spiel, welches mich mit dem Mann verband, es nicht freiwillig zulassen würde, dass wir nicht beieinander schliefen, daher hatte ich mich seit dieser Nacht jedes Mal am Bett festbinden müssen, damit ich nicht wieder auf Wanderschaft ging. Meine Handgelenke waren deswegen nun wahnsinnig wund.
Offenbar wehrte sich mein Körper mit aller Kraft gegen die Fesseln, während ich schlief, auch wenn ich selbst davon überhaupt nichts mitbekam.
Gegen das Moss, welches jedes Mal mein Bett überwucherte konnte ich aber nichts tun und auch nicht gegen die Wassermengen, welche aus dem nichts auftauchten und in meine Matratze sickerten, so das die sich jeden Morgen anfühlte, wie ein benutzter Schwamm.
Wenigstens ließen sich diese Dinge schnell beseitigen.
Den Sensenmann hatte ich in meiner Umgebung nicht mehr wahrgenommen, aber schließlich hatte dieser mich auch aus seinem perfiden Spiel entlassen. Ich hoffte nur, dass dies auch der Wahrheit entsprach!
Der Kreis auf meinem Rücken hatte sich inzwischen jedenfalls komplett eingefärbt, selbst die Mitte, doch diese beinhaltete weder einen Diamanten noch eine Gänseblume, sondern lediglich einen Kranz aus schwarzen Federn.
Was auch immer das jetzt wieder bedeuten sollte.
Automatisch hob sich meine Hand und schob sich unter mein Top, um dort dann über die einzelnen Bereiche zu tasten. Es fühlte sich noch immer so lebendig an, wie am Anfang.
Ich hatte mich schon oft gefragt, was jetzt wohl noch die letzte Aufgabe war, die Severus bewältigen musste, aber ich war einfach zu stolz, um ihn zu fragen. Und mit mir hatte es ohnehin nichts mehr zu tun.
Ich ging wieder auf die Knie, zog meine Strickjacke über den Kopf und warf sie zur Seite. Nachdem ich mir auch kurz die schmerzende linke Hand massiert hatte, machte ich an der Stelle weiter an der ich aufgehört hatte.
Nach einer Weile zog ich meine Zauberstab und spritzte frisches Wasser auf den Stein. Normalerweise hätte ich dafür die Handmagie benutzt, doch die hatte ich immer nur mit links wirken können. Durch die Verstümmelung hatte ich allerdings die Stärke darin beinahe vollständig eingebüßt.
Ich seufzte genervt und drückte dann mit den drei verbliebenen Fingern den Schwamm, bis der dreckige Schaum zwischen ihnen hervor quoll.
Ich merkte erst, dass es ungewöhnlich ruhig geworden war, als bereits ein dunkler Schatten über mich fiel und das Licht, welches ich zum schrubben brauchte, dadurch zu wenig wurde.
Noch bevor ich mich umdrehen konnte, hörte ich eine vertraute Stimme kalt durch den Raum schallen: “Alle bis auf Mandy sofort raus!”
Ich zuckte heftig zusammen, als ich Severus Stimme erkannte und wirbelte herum, meine stützende Hand rutschte weg und ich landete mit dem Hosenboden im Dreckwasser.
Na toll, auch das noch!
Snape blickte mich nicht an, aber dennoch stand unverkennbar Ablehnung und Widerwillen in seinem Gesicht, welches er den Hufflepuffs zugewandt hat.
Kaum waren meine Klassenkameraden aus dem Raum gehuscht, beinahe schon etwas panisch, wie mir schien, da drehte er sich mit einem Ruck an mich und ein düsterer Schatten fiel über seine glatten Gesichtszüge.
Zum ersten Mal in meinem Leben verstand ich, warum es für viele so leicht gewesen war, ihn für einen Todesser zu halten. Er machte mir Angst und ich versuchte mich mit den Beinen weiter von ihm weg zu drücken.
Es flackerte gefährlich in seinen Augen, schon eine Sekunde später hatte er sich über mich gebeugt, meine Schultern gepackt und diese auf den Boden genagelt. Ich konnte mich nicht wehren, selbst wenn ich es gewollte hätte.
Er war eine Übermacht!
Die Kraft, die mir fehlte, hatte er seit seiner Auferstehung offenbar gefunden, er presste seinen Körper auf einschüchternde und harte Weise an meinen. Ich hatte keine Ahnung, was er vor hatte, bis sich seine Lippen auch schon auf meine drückten. Ich konnte nicht anders als in diese Berührung hinein zu keuchen.
Man, für seine Lippenfertigkeiten sollte er einen Waffenschein besitzen.
Es dauerte einen Moment, doch dann würde mir bewusst, was für einen Unsinn ich hier gerade veranstaltete und so presste ich meine dreckigen, nassen Hände gegen sein Gesicht, bis er abrückte.
“Ich will das nicht! Lass mich alleine, Severus!”, flüsterte ich, wand mich unter ihm weg und machte mit schrubben weiter. Ein seufzen war alles, was ich als Antwort bekam. Ich wartete geduldig darauf, dass seine Schritte ertönten und er wieder verschwand, doch stattdessen raschelte nur Stoff und schließlich kniete er auf allen vieren neben mir, einen Schwamm in der rechten und eine kräftige Bürste in der linken Hand.
Verwirrt ließ ich mich wieder auf meine Fersen sinken und starrte ihn an. Ich konnte nicht behaupten, das sein Hintern in dieser Position schlecht aussah.
Himmel, Frau, du bist wütend auf den Mann, also schmachte gefälligst nicht seine Körperteile an!
Ich stand auf, ließ alles fallen, was ich in den Händen hatte, und drehte zu ihm herum.
“Ich gehe und lasse mich für einen anderen Raum einteilen!”
Er schnaufte verächtlich und schmiss die Bürste wütend durch den ganzen Raum. “Was willst du, das ich tue, Mandy? Ich habe mich in meinem ganzen Leben erst ein Mal bei jemandem für einen Fehler entschuldigt und dieser jemand war mir sehr wichtig, trotzdem hat sie danach nie wieder mit mir gesprochen! Egal, wie ehrlich es gemeint habe! Danach habe ich den glauben an Entschuldigungen endgültig verloren!”
Ich hörte ihm zu und versuchte mir mein Entsetzten nicht anmerken zu lassen.
“Was muss ich also tun, damit du wieder mit mir sprichst? Ich bin nicht in der Lage mich noch weiter von dir fern zu halten, nicht nachdem ich gerade erst wieder einen Menschen gefunden habe, der mich offenbar so versteht, wie ich bin. Sag mir, was ich tun soll?”, flehte er schon beinahe und ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. “Bitte! Ich tue alles, wenn du nur wieder mit mir redest!”
“Ich möchte eine ehrliche Entschuldigung, dann eine Umarmung und wenn endlich alles vorbei ist, gehst du mit mir zu Dalibor und lernst ihn kennen!”, sagte ich leise und hielt ihm eine Hand hin, um ihm auf zu helfen. Ich konnte es einfach nicht mit ansehen, wie dieser stolze Mann mit seinen guten Sachen im Dreck hockte und betteln stand ihm auch überhaupt gar nicht.
Verwunderung schimmerte in seinen Augen, als er meine Hand ergriff. Doch er ließ sich nicht auf die Beine ziehen, sonder zog mich wieder zu sich runter, so dass ich sehr unelegant in seinen Armen landete.
“Meine falschen Anschuldigungen tun mir wirklich sehr leid, Mandy. Du bist keine Hure, du hast mir vier Mal völlig uneigennützig das Leben gerettet, du hast deine eigene körperliche Unversehrtheit für mich aufgegeben und wenn Poppy mich nicht angelogen hat, dann hast du es sogar riskiert eingesperrt zu werden, nur damit ich Leben kann…”, sagte er, seine Stimme war immer brüchiger und leiser geworden.
Inzwischen presste er mich so fest an seine Brust, dass ich kaum noch Luft bekam.
Sachte erwiderte ich die Umarmung, schmiegte mein Gesicht an seinen Hals und lächelte. “Danke! Ich nehme die Entschuldigung an und alles ist wieder beim alten.”, sagte ich, nur um es noch deutlicher zu machen.
Was es falsch von mir, mich ihm gegenüber so zu verhalten? War es falsch, dass ich von ihm respektiert werden wollte, wo er doch eigentlich mein Lehrer war und damit den höheren Rang hatte?
Es mochte gut möglich sein, aber ich konnte auch nicht so tun, als wäre ich nicht Stolz darüber, dass Severus Snape, der Schülerschreck, sich ausgerechnet mir gegenüber öffnete und das ich ihm offenbar so wichtig war, dass er sogar auf Knien vor mir im Dreck hockte.
Niemand würde es mir glauben, wenn ich ihm davon erzählen würde, war dies doch so ziemlich das untypischste Verhalten für Snape, dass es nur geben konnte.
Naja, noch untypischer wäre es wohl nur, wenn er plötzlich anfangen würde die Gryffindors zu bevorteilen oder am Valentinstag Süßigkeiten zu verteilen.
Als mir klar wurde, dass ich immer noch in seinen Armen lag und seinem Herzschlag am Hals lauschte, räusperte ich mich und entwand mich seinen Armen.
“Ich denke, wir sollten weiter machen, sonst wird das hier nie fertig!”, sagte ich leise und tat, weshalb ich hier war.
Die ganze Situation war anormal!
Vor dem Streit hatten wir gerade erst angefangen uns näher zu kommen. Es hatte sich ganz langsam mehr als Freundschaft entwickelt. Nach McGonagalls Erlaubnis hatte ich sogar darüber nachgedacht mit ihm zu schlafen.
Aber irgendwie waren nun alle Gefühle, die ich gehabt hatte oder gerade entwickelte, von Peinlichkeit und Vorsicht überschattet. Auch wenn ich wusste, dass er sein Verhalten bereute, so war es doch nicht leicht wieder zu dem kribbeligen Gefühl zurückzukehren, welches ich vorher bei seinem Anblick empfunden hatte.
Es hatte sich wieder eine Distanz aufgebaut und ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob dass vielleicht irgendwas mit dem schwarzen Federkranz auf meinem Rücken zu tun hatte.
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