von severina
A/N: Heute erfährt Harry so einiges über seinen Professor …
4) Harry
Missmutig lief Harry auf Hogwarts Gelände herum. Seit dieser dummen Ordenssitzung, wo seine Ginny, sich bereit erklärt hatte, sich von Snape anfassen zu lassen, war es zwischen ihnen nicht mehr so wir vorher. Es ist zwar nicht dazu gekommen. Aber sie hatten ständig Streit deswegen. Sie warf ihm vor, er sei nur eifersüchtig und das ganz ohne Grund und überhaupt führe er sich lächerlich und furchtbar kindisch auf. Dabei fand er es überhaupt nicht zum Lachen, dass seine Freundin bereit war, sich von diesem perversen Widerling anfassen zu lassen. Wie konnte sie das nur wollen?
Gerade erst haben sie wieder gestritten und er war wutentbrannt raus gelaufen, weil er frische Luft brauchte, um sich abzukühlen. Der Regen beruhigte ihn zusätzlich. Ja vielleicht war er wirklich eifersüchtig, aber war das ein Wunder? Immerhin, hat das Mädchen, welches er liebt, vorgeschlagen, mit einem anderen Mann zu schlafen. Egal aus welchem Grund … sie war bereit ihre Jungfräulichkeit seinem verhassten Professor zu schenken, statt ihm, der sie über alles liebte. Wie konnte sie ihm vorwerfen kindisch zu sein, weil er das nicht verstehen konnte und wollte.
Während er so ziellos herumlief, stolperte er über etwas, dass er anfangs für eine Wurzel hielt.
Aber seit wann stöhnten Baumwurzeln schmerzvoll auf, wenn man über sie stolperte?
Mit gezücktem Zauberstab sprach er einen Lumos und erschrak nicht wenig, als er die Gestalt im Dreck liegen sah. Er erkannte seinen verhassten Lehrer sofort. Einen Augenblick war er wirklich in Versuchung ihn einfach zu ignorieren, aber sein Gewissen war lauter als sein Herz.
Mit grimmiger Genugtuung stellte er fest, dass es dem Mann schlecht ging. Als er ihn jedoch näher untersuchte und entdeckte, wie schlecht sein Zustand war, verschwand seine Zufriedenheit schnell. „Freuen sie sich nicht zu früh, Potter. Noch lebe ich!“, zischte sein Zaubertrankprofessor ihn an. Als er vorsichtig versuchen wollte, dem Verwundeten aufzuhelfen, fauchte dieser ihn erbost an: „Lassen sie das und verschwinden sie. Ich brauche ihre Hilfe nicht. Ich brauche überhaupt keine Hilfe. Ich schaff´ das alleine.“ Gegen Ende waren seine Worte nur mehr ein heißeres Flüstern. Severus musste sich innerlich ernsthaft Fragen, wen er hier versuchte an zu lügen, ob Harry oder sich selbst. Der Junge jedoch entschied sich, die Einwände des Erwachsenen einfach zu ignorieren und ihm ungebeten unter die Arme zu greifen.
Snape wusste nicht, was ihn mehr schmerzte, ob sein geschundener Körper oder die Tatsache, dass Potter ihm half. Ausgerechnet Potter, der Sohn seines Erzfeindes zu seiner eigenen Schulzeit. Schlimm genug, dass Harry ihn in so einem geschwächten Zustand überhaupt gesehen hat, aber nein, die Demütigung kann da natürlich noch nicht enden, jetzt ist er wirklich so kraftlos, dass er es sich gefallen lassen muss, dass der Junge ihm aufhilft.
Es war zum Heulen.
Mehr schlecht als recht, schaffte Harry es den großen, verletzten Mann ins Schloss zu schleppen, aber als er auf die Stufen zusteuerte um ihn rauf auf die Krankenstation zu bringen, blieb Severus abrupt stehen und quälte sich einen Dank ab: „Ist in Ordnung Potter, ab hier kann ich alleine weiter. Sie sollten ins Bett. Es ist schon spät. Achten sie darauf, dass Filch sie nicht erwischt.“ Die Worte kamen ihm nur sehr stockend über die Lippen, doch dass merkte er selbst gar nicht.
Harry war zu verblüfft, dass Snape es tatsächlich schaffte, sich aus seinen Armen zu winden, um zu verhindern, dass dieser Richtung der Treppe, abwärts in die Kerker mehr oder weniger hin stolperte. Doch der gemarterte Körper seines Lehrers hatte noch keine drei Schritte gemacht, als dessen Knie, trotz all seiner Anstrengung, unter seinem Gewicht umknickte.
Bevor er jedoch auf den Boden knallen konnte, fing sein Sargnagel ihn auf.
Warum nur, warum musste er sich vor James Sohn so erbärmlich aufführen. Wie durch Watte hörte er die Stimme, des Jünglings, dass er ihn jetzt zu Madam Pomfrey bringen werde, aber mit aller letzter Kraft, schaffte er es seinen Mund zu öffnen: „Nein … meine Räume ...“. Widerwillig gehorchte der Schüler, einfach, weil er echt keinen Nerv mehr hatte, mit seinem Professor auch noch zu streiten und sich sowieso völlig überfordert fühlte mit dieser ganzen Situation. Er würde den Verletzten jetzt in dessen Gemächer führen und dann Dumbledore und Poppy holen und die sollten sich dann doch mit diesem sturen, eigensinnigen Idioten rumschlagen.
Mit Hilfe des von Severus so leise gemurmelten Passworts, dass Harry es unmöglich hätte hören können, drang der Junge-der-lebte in das Heiligtum des düsteren Mannes. Wahrscheinlich war hier noch nie zuvor irgendein Schüler gewesen oder ein anderer Lehrer oder sonst irgendwer – höchstens der Schulleiter vielleicht. Neugierig blickte er sich um, nachdem er den Herren dieser Gemächer vorsichtig auf dem dunklen Sofa platziert hatte. Die Einrichtung war geschmackvoll. Seine Wände zierten bis an die Decke gehende, dunkle, dezent verschnörkelte Holzregale voll mit Büchern – von denen einige uralt aussahen, andere immens wertvoll, aber auf alle Fälle alle sehr „gelesen“. Das mehr als bequem ausschauende, vor dem gemütlichem, offenen Kamin stehende Sofa, auf dem der erschöpfte Mann gekrümmt lag, dominierte den Raum. Ansonsten gab es drei schön geschnitzte Holztüren, die wahrscheinlich zum Schlafzimmer, Privatlabor und Bad oder Küche führen.
Mehrere durch die Luft fliegende Phiolen lenkten seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart. Snape hatte sich Tränke mit Hilfe eines unausgesprochenen Zauberspruchs gerufen. Geübt versorgte der stark geschwächte Mann sich trotz sichtbarer großen Schmerzen. Entsetzt betrachtete der Junge, mit welcher Routine sein personifizierter Alptraum sich versorgte und es wurde ihm zum ersten Mal bewusst, was dieser Mann, den alle Schüler hassten und fast alle Ordensmitglieder verachteten, alles durch machen musste, um ihnen allen als Spion bei den brutalen Schwarzmagiern zu dienen. Trotzdem ihm keiner dankte, außer vielleicht Dumbledore, riskierte dieser düstere, geheimnisvolle, sarkastische, arrogante Scheißkerl jedes Mal sein Leben und büßte, wie es schien des Öfteren seine Gesundheit ein.
Er selber, der eigentlich nichts weiter getan hat – denn es war seine Mutter, die sich heldenhaft für ihn geopfert hat - wird als Held gefeiert und von allen geliebt, aber der, der sich wahrhaft heldenhaft für alle opfert, den respektiert keiner, den mag kein Mensch – nicht einmal er, der Junge-der-überlebt-hat … bis jetzt. Denn er hat soeben beschlossen, dies zu ändern. Jemand, der das alles auf sich nimmt, kann nicht so ein Arschloch sein, wie sich Snape immer gibt. Vielleicht war sein Verhalten eine Art Schutzschild, dachte der Junge mit der blitzförmigen Narbe. Snape setzte diese Maske auf, um alle auf Distanz zu halten, denn wenn er jemanden an sich ran lassen würde, könnte er dieses Leben wahrscheinlich nicht mehr weiterführen. Aber wenn er alle vergraulte, dann musste er sich nicht mit seiner Gefühlswelt auseinandersetzen und konnte sicher auch leichter vortäuschen, immer noch ein Todesser zu sein. Hätte er Freunde, könnte er dies möglicherweise nur schwer vor Voldemort verbergen. Abgesehen davon, dass jeder der mit ihm befreundet wäre, in ständiger Gefahr schweben würde, dass die Schwarzmagier ihn als Druckmittel gegen Snape verwenden könnten, wenn sie herausfanden, auf welcher Seite er wirklich steht. Sie würden seine Freunde, wenn er welche hätte, dann gefangen nehmen und foltern, um ihn zu zwingen, dass zu tun, was der dunkle Lord von ihm verlangt, aber auch um ihn zu bestrafen, wenn er mitansehen muss, wie Menschen die ihm was bedeuten zu Tode gequält werden.
Trotzdem Harry sich all dessen bewusst war, hatte er die Entscheidung für sich getroffen, alles in seiner Macht stehende zu tun, um den Menschen Severus Snape kennen zu lernen und wenn möglich ihm ein Freund zu werden. In dem Augenblick, erinnerte sich der Schüler an den Streit mit seiner Freundin und es kam ihm wieder zum Bewusstsein, dass der Mann, über den er gerade so positiv nachdachte, der Mann ist, der sein Mädchen verführen sollte und dem sich seine große Liebe auch noch so bereitwillig hingeben wollte, dass der den er sich gedanklich schon zum Freund gemacht hat, der Grund war für seine ständigen Streitereien mit seiner zukünftigen Frau – naja, jedenfalls, wenn es nach ihm ging.
Es kamen Zweifel auf bei ihm, ob er sich tatsächlich, mit diesem Mann anfreunden würde können …
tbc
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A/N: Glaubt ihr, dass Harry es schaffen könnte, trotz der ganzen Situation, eine Beziehung zu Snape aufzubauen? Findet ihr Harrys Eifersucht auch so kindisch wie Ginny? Oder könnt ihr genauso wenig wie Harry verstehen, dass sie das machen will? Wird Harrys Freundin wirklich etwas mit ihrem Lehrer anfangen? Was könnten sie sonst tun? Wie könnte es weitergehen? …
Nächstes Mal erfährt Harry noch weitaus mehr über seinen Professor …
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