von severina
16) Ein riskanter Entschluss
Als Draco sich jedoch bücken wollte, um es auszuprobieren, hielt sein Hauslehrer ihn wie in einem Schraubstock gefangen. Anschließend ließ Snape mit einer lockeren Zauberstabbewegung den Becher und die Flüssigkeit verschwinden, sodass Poppy nicht auf den Gedanken kam, es zu untersuchen und somit das Giftattentat aufdeckte, flüsterte sein Patenonkel ihm leise ins Ohr.
„Minerva, ist es Ihnen recht, wenn ich Mr. Malfoy über das Wochenende zu seinen Eltern bringe. Der Schock ist ihm in die Knochen gefahren und ich denke seine Mutter kann ihm am ehesten helfen.“, erkundigte sich Severus ganz in seiner Rolle als sorgender Hauslehrer aufgehend, „kommen Sie, Draco. Beruhigen Sie sich erst einmal, Sie können überhaupt nichts dafür. Albus war ein alter Mann und eine Schule zu leiten ist ein aufreibender Job. Dann noch der Krieg … sein Herz hat wohl nicht mehr mitgemacht …“ Mit diesen fürsorglichen Worten packte er seinen Schüler, „acciote“ seinen Umhang und führte ihn aus den Räumen. Auf dem Weg, raus aus dem Schloss, zog er dem jungen Mann, wie einem Kleinkind, seinen wärmenden Umhang an und führte ihn dann weiter über die Ländereien. An der Appariergrenze angekommen, fragte er ihn leise, und da sie alleine waren, auch nicht so distanziert wie normalerweise in der Schule: „Geht es wieder? Draco bitte, schau´ mich an. Gut so. Du hast deinen Auftrag erfüllt! Deine Familie und der Lord werden sehr stolz auf dich sein. Ich weiß, wie du dich fühlst, denn auch mir liegt das Morden nicht und ich wurde schon oft bestraft, dafür, dass ich mich davor drückte andere einfach zu töten. Aber darum geht es jetzt nicht. Du musst dich zusammenreißen. Ich erwarte keine Freudentänze, aber wenn du nicht doch noch den Unmut des dunklen Lord erregen willst, darfst du deine Gefühle nicht zeigen! Versteck sie in deinem tiefsten Inneren und setz eine Maske aus Arroganz auf, die alles verbirgt. Nur so kannst du dieses Wochenende überleben und auch deiner Familie nicht schaden. Du willst doch nicht, dass der Lord seinen Zorn über dich an deiner Mutter und deinem Vater auslässt?“
Verstört schüttelte der verzweifelte Junge seinen Kopf und warf sich dann einfach ohne nachzudenken an den Hals seines Lehrers. Obwohl Berührungen, seit die fünf Todesser über den Älteren hergefallen waren, noch viel unerträglicher als früher für ihn waren, konnte er das momentan vollkommen ausblenden. Snape nahm Draco tatsächlich in den Arm, denn er war einfach froh darüber, dass der Malfoysproß so litt, denn das hieß, dass er nicht vollkommen verrottet war und vielleicht auch noch eine Chance hatte aus dem Ganzen heraus zu kommen, denn immerhin hatte er Albus ja nicht wirklich getötet. Severus musste es nur schaffen, den jungen Dummkopf vom Lord und seinen Anhängern fernzuhalten bis der Krieg vorbei war. Dann konnte der Bub erfahren, dass er kein kaltblütiger Killer war und vielleicht ein normales Leben führen. Aber jetzt musste er es zuerst schaffen, dass der vermeintliche Mörder sich beruhigte, damit er dieses Wochenende überlebte – denn noch durfte dieser die Wahrheit nicht erfahren.
„Geht es wieder?“, fragte der Ältere, für seine Begriffe regelrecht zärtlich. Betrübt nickt der Junge an seiner Schulter. „Bitte entschuldige meine Entgleisung“, schniefte Draco, wohlerzogen wie er war, als er sich endlich langsam von seinem Lehrer und Patenonkel löste. Noch war er zu aufgewühlt, als dass ihm die Situation peinlich gewesen wäre, aber wenn er so darüber nachdachte, wusste er, dass er bald einfach nur im Boden versinken würde wollen … aber im Moment war die Angst größer, denn langsam wurde ihm bewusst, dass er Schwäche vor einem der höchsten Todesser überhaupt gezeigt hatte und dass der dunkle Lord sicher nicht begeistert sein würde, das zu erfahren. Aber wenn er den Gedanken zu Ende führte, dann war er fast schon wieder froh, denn dann würde das Monster ihn töten und er müsste nicht mehr mit der Schuld weiterleben, einem Menschen sein Leben geraubt zu haben. Da Snape ein extrem einfühlsamer Mann war – auch wenn er dies meist meisterhaft verbergen konnte – spürte er sofort die Sorge des Jüngeren und beschwichtigte: „Du musst dir keine Sorgen machen, mein Junge! Keiner wird hiervon erfahren! Keiner! Du kannst mir vertrauen … glaube mir, … ich werde versuchen, immer für dich da zu sein!“
Der Malfoyerbe konnte es gar nicht glauben, aber gleichzeitig wusste er in seinem Innersten, dass er seinem Paten wahrhaft vertrauen konnte, obwohl das eigentlich, durch seine Position bei den Anhängern des dunklen Lords, nicht ratsam war. „Ich hasse und verachte mich, Sir … für das, was ich getan habe … ich weiß, … ich sollte stolz sein, … den Auftrag meines Meisters ausgeführt zu haben … aber ich kann es nicht …“, flüsterte der bleiche, junge Mann, gegen Ende immer leiser werdend. Blitzschnell entschied sich der Spion, auf volles Risiko zu spielen, während er seinem Schüler die Hände auf die Schultern legte und drückte, sagte er fest: „Das ist gut so, mein Junge! Denn das heißt, du bist noch nicht verloren! Deine Seele ist noch intakt. Lass nicht zu, dass sie zerreißt, indem du dich der dunklen Seite wahrhaftig anschließt. Ich habe diese Entscheidung vor langer Zeit getroffen und muss mit ihr bis an mein Ende leben, aber du hast noch die Chance …“. Automatisch griff Draco sich an den linken Unterarm – wie stolz war er gewesen, als Voldemort ihn gekennzeichnet hatte, als einen seiner Getreuen … wie verdammt blöd er doch gewesen war. „Du hast einen Fehler gemacht …“, sprach Severus besonnen weiter, wurde jedoch hitzig von dem Jüngeren unterbrochen: „Ich habe jemanden umgebracht! Verdammt noch mal!“
Verzweifelt krallte er sich in dem Umhang seines Lehrers fest. „Ja! Doch Fehler sind dazu da, aus ihnen zu lernen und alles daran zu setzen, sie wieder gut zu machen.“ Fassungslos hauchte der Bursche: „Wie soll man so was denn wieder gut machen???“
„Nun … das wird sich weisen … momentan ist es das Wichtigste am Leben zu bleiben! Glaubst du, dass du es schaffst, dich zusammenzureißen? Und wenn du es schon nicht schaffst, so zu tun, als seiest du froh über deine Tat, dann doch wenigstens, als wärest du stolz darauf, deinen Lord zufrieden zu stellen?!“, fragte der Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, sich sehr bewusst, auf was für einer gefährlichen Oberfläche er sich befand, denn der Sohn seines Freundes könnte ihn an die Todesser verraten und damit sein Schicksal besiegeln. Der junge Malfoy überlegte eine Weile, aber dann festigte sich sein Blick und er nickte zuversichtlich: „Ja, Sir!“
Auch wenn Severus bald Vater wurde und daher einen echten Grund hatte am Leben zu bleiben, musste er einfach dieses Risiko eingehen, denn er würde es sich nie verzeihen, wenn er schuld war, dass auch Draco sein Leben wegwarf, weil er als Kind eine falsche Entscheidung getroffen hatte – er musste einfach alles tun, was in seiner Macht stand, um seinen Schüler zu retten. Nicht nur wegen dem Jungen, sondern auch, weil seine Eltern für ihn tatsächlich Freunde waren, auch wenn er sie hinterging, weil sie nun einmal einfach auf der falschen Seite standen. Vielleicht schaffte er es ja auch Narzissa und Lucius zu überzeugen, sich für den richtigen Weg zu entscheiden … Würde er diesen Versuch überleben? Denn bei ihnen war es weitaus riskanter, dass sie ihn als Verräter demaskierten, wenn er zu viel von sich preisgab und sie nicht dazu brachte die Seiten zu wechseln …
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„Du??? Du hast wahrhaftig den großen Albus Dumbledore umgebracht?“, fragte Lucius mehr als ungläubig. Sein Sohn nickte nur kurz. Sein Gesicht war vollkommen ernst, also konnte das wohl kein Scherz sein. Auch Severus blickte emotionslos in die Runde. Narzissa schluchzte auf, einerseits vor Freude, dass ihr Sohn nicht mehr Gefahr lief, von ihrem Herrn bestrafft zu werden, weil er versagte, andererseits, weil ihr Kind ihr furchtbar leid tat, dass er gezwungen war etwas so Schreckliches zu tun.
Der Vater und Todesser wusste nicht genau, was er jetzt sagen oder tun sollte … denn es ging ihm ähnlich wie seiner Frau. Sein Sohn war gerettet! Sie waren gerettet, denn seit seinem eigenen Versagen im Ministerium, war er beim Lord unten durch … vielleicht änderte sich dies ja jetzt … der dunkle Lord wäre sicher froh darüber, dass sein stärkster Widersacher endlich weg vom Fenster war … und es war sein Kind, der das geschafft hatte … er war stolz auf seinen Sprößling! Ja, dass konnte er auch sein. Sein Nachkomme hat den Auftrag seines Herrn zu seiner Zufriedenheit ausgeführt. Sein Baby hatte … einen Mord begangen … Sch*** …wie ging es ihm wohl? Er konnte ihn jetzt nicht fragen – nicht vor Severus. Wer weiß, was der dem dunklen Lord erzählte.
Narzissa warf sich ihrem Sohn an den Hals und Lucius nahm beide in den Arm. Egal, was kommen würde, sie waren zusammen. Sie waren eine Familie und keiner konnte ihnen etwas anhaben.
„Bevor wir unserem Meister Bericht erstatten, bitte ich dich, Narzissa, den unbrechbaren Schwur von mir zu nehmen“, unterbrach Severus die innige Umarmung der Malfoys nach einer Weile. Lucius blickte verwirrt zwischen seiner Frau und seinem Freund hin und her, aber auch sie schien verwirrt: „Wieso? Er hat sich doch erübrigt, jetzt, wo Draco den Auftrag selbst ausgeführt hat. Du hast doch nur geschworen ihn zu beschützen, während er ihn ausführt und ihn zu unterstützen und dich verpflichtet, ihn an seiner statt auszuführen, falls er es nicht schafft, damit der Lord zufrieden gestellt wird. Das heißt doch, der Schwur hat sich jetzt aufgelöst, wo mein Sohn dem Lord selbst gehorcht hat. Oder?“ Lucius, der nichts von dem unbrechbaren Schwur seines Freundes wusste, aber sehr wohl wusste, dass sein Freund mit so etwas sein Leben riskiert hatte, um seinem Sohn beizustehen, war gerührt, dass dieser dazu bereit gewesen war.
„Natürlich, Cissa, aber da wir den Schwur ja etwas vage gehalten haben, da wir den Auftrag nicht konkret in Worte fassen konnten, weil er noch geheim war, weiß ich nicht genau, ob die Magie des Schwures jetzt bei jedem Auftrag, denn unser Meister deinem Kind überträgt, wieder aufflackert … und daher bitte ich dich den Schwur aufzulösen, um sicher zu sein, dass er nicht mehr auf mir liegt. Ich werde Draco immer zur Seite stehen, auch ohne Schwur!“
Die Malfoys nahmen, da ihnen die Argumentation des Slytherins logisch erschien, ohne große weitere Überredungskunst, den Schwur von ihrem Freund. Dann machten sie sich auf den Weg zu Voldemort, um ihn auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen, indem sie ihr Mahl mit ihren Zauberstäben berührten und somit quasi um Erlaubnis baten. Es dauerte eine Weile, die für sie schmerzhaft war, bis die dunkle Magie des Mahls sie auf das momentane Anwesen dem-dessen-Namen-nicht-genannt-werden-darf apparierte, ohne dass sie wussten, wo das war. „Was wollt ihr hier? Unser Herr und Meister hat euch nicht gerufen!“, fuhr Pettigrew die Malfoys und Severus an, als sie den Salon des dunklen Lords, ohne dessen Befehl betraten.
„Sei doch nicht so unhöflich zu unseren Gästen, Wurmschwanz“, meinte Riddle gönnerhaft, erlaubte dann den vor ihm Knienden aufzustehen und forderte zu erfahren, was los war. Draco trat vor, verbeugte sich noch einmal tief, hob dann arrogant seinen Kopf und sagte: „Ich freue mich Herr, Ihnen meine Treue beweisen zu können, indem ich ihnen gehorcht habe. Dumbledore ist tot, Mylord.“ Er betonte den Namen seines ehemaligen Direktors, als sei er ein unwürdiges Insekt. Voldemort wandte seinen fragenden Blick zu seinem Giftmischer, der darauf folgsam seinen Kopf kurz neigte und zu berichten begann: „Ja, Meister, Euer junger Diener hat sich gut geschlagen, nach einigen Fehlversuchen, hat er dem alten Tatargreis vor einer guten Stunde, sehr geschickt, ein Gift untergejubelt und bei der ganzen Aufregung auch perfekt alle Spuren beseitigt. Der Trank ist so gut wie nicht nachweisbar und hinterlässt den Eindruck, dass der Vergiftete an einem natürlichen Herzanfall gestorben ist. Da dies passierte als wir bei Dracos Geburtstagsfeier auf ihn anstießen, tat der Junge ganz zerknirscht und geschockt, sodass ich eine gute Entschuldigung hatte, ihn über das Wochenende nach Hause zu bringen, damit seine Eltern ihm helfen, diesen Schock zu überwinden.“ Mit einem überheblichen Lächeln bei diesen Worten beendete er seine Erzählung und verneigte sich erneut.
Wohlwollend klatschte der größte Schwarzmagier in seine Hände und lächelte diabolisch zu seinem Giftmischer: „Das klingt aber mehr nach einem genialen Plan von dir, mein lieber Freund, als von diesem Kind?“
tbc
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