von Nerventod
Hi Ihr Lieben,
ich bins mal wieder und dieses Mal habe ich Euch auch ein schön langes chap mitgebracht (19 Seiten!)
Ich danke Euch lieben Reviewern... Ihr spornt mich immer an, schnell weiter zu machen... *euch alle mal wieder knuddel*
Viel Spaß beim Lesen
Nerventod
Severus wurde durch das Geräusch von schwachen, schmerzhaften Wimmern aus der Ohnmacht gezogen. Er richtete sich auf und schwankte zu dem Bett. Harry lag da und hatte einen Anfall. Seine Augen waren geöffnet und mit Tränen gefüllt. Sein Körper verkrampfte sich, als er ihn ansah und ein weiteres Wimmern entkam ihm. Severus rauschte an die Seite des Jungen und berührte sanft dessen Kopf. Harry schrie bei dem Kontakt auf; alles tat weh!
„Es wir alles gut, Harry.“, versprach Severus. „Ich bin gleich zurück. Ich hole ein paar Tränke, damit Du Dich bessert fühlst.“
Er drehte sich um und rannte aus dem Zimmer. Er wusste, was los war. Die Umwandlung war ohne Draco weniger sanft und führte zu Muskelanspannungen und Krämpfen, während Harrys Körper gezwungen war in zügigem Tempo ein Jahr zu altern. Glücklicherweise hatte er Tränke zur Hand, um dabei zu helfen. Er öffnete seinen Schrank, fand die Phiolen, die er brauchte und eilte zurück zu seinem leidenden Kind.
„Hier Harry. Nimm die.“
Der Junge weinte und keuchte, schaffte es aber seinen Mund zu öffnen. Severus flößte ihm die Tränke ein und half ihm sie zu schlucken, indem er sanft seinen Hals massierte. Sobald die Zaubertränke eingenommen waren, entspannte sich Harry und ein schmerzhaftes Seufzen entkam ihm. Severus streichelte sein Haar und murmelte sanft, dass alles in Ordnung war und es vorbei sei.
Es brauchte gute fünfzehn Minuten, ehe Harry sich gut genug fühlte, um seine Arme zu heben und so danach zu fragen, gehalten zu werden. Severus verstand sofort und hob ihn hoch. Harry legte seinen Kopf auf seine Schulter und schlang seine Arme um den Nacken seines Vaters und seine Beine um Severus’ Hüfte. „Lass uns zu Madame Pomfrey gehen.“, sagte Severus und verließ das Zimmer. Er wusste, dass das Flohnetzwerk Harrys Schmerzen nur verschlimmern würde und so ging er mit ihm durch die Gänge Hogwarts. Harry sprach nicht, hatte aber wenigstens aufgehört zu weinen.
„Du bist spät!“, schimpfte Madame Pomfrey, als er den Krankenflügel betrat.
„Es war schwer für ihn.“, erklärte Severus ihr.
Sie nickte wissend und deutete Severus an, den Jungen auf das Bett zu legen. Also tat er es, doch Harry wollte seine Hand nicht loslassen. Der Junge umklammerte sie und versteckte sein Gesicht an dem Unterarm seines Vaters. Madame Pomfrey sprach sanft mit ihm, um den Jungen nicht noch mehr zu erschrecken und machte schnell ihre Tests. Sie schauderte bei den Verletzungen, die sie fand und begann Heilzauber auszuführen, um zu beenden, was die Tränke begonnen hatten.
„So.“, sagte sie zufrieden nach etwa einer halben Stunde. „Er sollte sich so gut wie neu fühlen, obwohl ich mir immer noch Sorgen über sein Gewicht und seine Größe mache. Er liegt immer noch weit unter dem Durchschnitt. Er ist nur fünf Zentimeter gewachsen und nur etwas über ein Kilo schwerer.“
„Wenn er seine Größe und sein Gewicht, das er in diesem Alter hatte, nachmacht, können wir nichts dagegen tun.“, sagte Severus, als er Harry wieder hochhob. „Fühlst Du Dich besser, Harry?“
Der Junge nickte, wobei sein wildes, schwarzes Haar Severus’ Nacken kitzelte.
„Sag Madame Pomfrey Dankeschön.“, befahl er.
Harry hob seinen Kopf und winkte mit einem scheuen Lächeln. Madame Pomfrey akzeptierte die Geste als ausreichend. „Gern geschehen, Harry. Wenn Du sonst noch etwas brauchst, scheu Dich nicht zu mir zu kommen. Hier ist Deine Belohnung, weil Du ein so guter Junge warst.“
Harry akzeptierte die Schokolade, aß sie aber nicht. Severus neigte seinen Kopf und ging dann in ihr Büro, um in seine Räume zurückzuflohen. Remus lag auf der Couch und sah sehr schlecht aus. Der Werwolf lächelte ihnen zu, obwohl seine Augen schmerzvoll verdunkelt waren. Harry keuchte und wand sich, bis Severus ihn hinunter setzte. Der Junge rannte augenblicklich zu dem Werwolf.
„Du bist verletzt.“, sagte Harry sanft, mit besorgten Augen, die hinter seiner Brille versteckt waren.
„Dein Vater wird mich wieder aufpäppeln.“, versicherte Remus dem Jungen und zerstrubbelte ihm das Haar.
„Warum bestellst Du uns nicht Frühstück, Harry, während ich mich um Remus kümmere?“
Harry nickte und rannte in die Küche. Severus ging in sein Labor und kehrte kurz darauf mit einigen Tränken, die Remus schnell trank, zurück, während Severus ihm von Harrys Morgen erzählte. Remus stellte die letzte Phiole ab und seine Augen waren trüb vor Sorge. „Draco muss das Selbe durchgemacht haben. Denkst Du, dass Narzissa…“
„Sie wird ihn medizinisch versorgen.“, fegte Severus diese Sorgen weg. „Aber wir müssen sie finden.“
Remus nickte und stand auf, fiel jedoch schlapp zurück. Seine bernsteinfarbenen Augen richteten sich argwöhnisch auf die des Zaubertränkemeisters. „Ja, Du hast einen leichten Schlaftrank zu Dir genommen. Du wirst Dich besser fühlen, wenn Du aufwachst.“ Remus knurrte, war aber eingeschlafen, bevor er etwas sagen konnte.
„Dad, Frühstück ist fertig.“, sagte Harry vom Türrahmen aus. Severus nickte und ging zum Essen.
Sie hatten halb aufgegessen, ehe Harry wieder sprach. „Wenn Moony schläft, wer wird dann auf mich aufpassen?“
„Du bist jetzt acht. Ich denke, Du wirst gut ein paar Stunden alleine klar kommen. Remus wird vor dem Mittagessen aufwachen.“
„Okay.“, lächelte Harry dankbar darüber, dass er nicht in die Obhut eines Fremden gegeben wurde.
„Wenn Du irgendetwas brauchst, weißt Du, wie man das Flohnetzwerk benutzt. Sag einfach ‚Zaubertränkeklassenzimmer’.“
„Ja, Dad.“
Severus schwang seinen Zauberstab und beschwor ein paar Bücher für ihn. Es waren Anweisungen für die Hauptfächer in Hogwarts: Zaubertränke, Verteidigung, Zauberkunst und Verwandlung. „Fang an, die zu lesen, während Du auf Remus wartest.“
„Das werde ich.“, versprach Harry und nahm die Bücher. „Einen schönen Tag.“
Severus nickte und stand auf. Er war gerade bei der Tür, als er Harrys Stimme vernahm. Sie war sehr leise und traurig. „Dad, wann wird Ray zurückkommen?“
„Ich weiß es nicht. Wir suchen noch nach ihm.“, sagte Severus und ließ ihn mit dem schlafenden Werwolf alleine.
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Harry studierte vor dem Kamin die Bücher. Er wollte ihn nicht verlassen, für den Fall, dass Ray zurückkam. Remus schlief seit Stunden und Harry wurde hungrig, weshalb er in die Küche ging und Mittagessen bestellte. Ray hatte ihm beigebracht, dass, wenn man in der Küche stand und nach einen Hauselfen rief, einer erscheinen würde. Er tat es und bestellte etwas. Er setzte sich allein still an den Tisch und seine Augen starrten auf den Stuhl, auf dem Ray sitzen würde.
Ein großer Schmerz breitete sich in seiner Brust aus. Ray hatte versprochen bei ihm zu bleiben und ihn nie zu verlassen. Harry wusste, dass es nicht Rays Fehler war, dass er von Misses Malfoy weggebracht wurde. Misses Malfoy hat ihn weggebracht, weil Harry ein wertloser Freak war. Die Stimmen der Dursleys erschienen in seinen Gedanken, stichelten und ärgerten ihn. Sein neuer Dad hatte ihm gesagt, dass er gut war, aber was, wenn das nicht stimmte? Was, wenn er nur bis jetzt noch nicht das Böse in ihm gesehen hatte? Vielleicht hatte es letztendlich Misses Malfoy gesehen.
Das Essen erschien und Harry aß die Hälfte davon mechanisch. Jetzt verstand er. Ja, er verstand es endlich. Er war ein wertloser Freak und verdiente es nicht geliebt zu werden. Ray wurde zu seinem eigenen Besten weggebracht. Und sein Dad würde ihn auch verlassen, wenn er die Wahrheit erkennen würde. Er würde wieder allein sein. Vielleicht sogar zu den Dursleys zurückgeschickt werden, wo er hingehörte, wo er bestraft werden würde.
Harry schüttelte seinen Kopf, als Tränen sein blasses Gesicht hinunterliefen. Er wollte es nicht glauben, konnte es aber nicht länger verleugnen. Er rutschte von dem Stuhl, rannte in sein Zimmer und versteckte sich unter dem Bett. Er weinte leise und wünschte sich, sein Dad würde es hinter sich bringen und ihn wegschicken, wünschte sich, er würde nach Hause kommen und ihn beruhigen. Er war so verwirrt. Es tat weh.
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Draco schrie und warf die Klaskugel neben seinem Bett gegen die Wand. Sie zerbrach. Er griff sich an seine Brust und schloss seine Augen, um die Tränen wegzudrücken. Harry brauchte ihn! Er konnte es fühlen! Und seine Mutter würde ihn nicht zurückbringen, bis er all seine Lektionen perfekt gelernt hatte! Er eilte zu dem Bücherregal und griff sich die Bücher dort. Er musste sich beeilen!
„Halt durch, Baby. Ich komme zurück.“, wisperte er und begann sich die Bücher seiner Familiengeschichte und der Politik einzuprägen.
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Severus kam zum Abendessen in seine Quartiere zurück und runzelte die Stirn, als er Remus immer noch schlafend auf der Couch vorfand. „Harry!“, rief er, erhielt jedoch keine Antwort. Sein Herz rutschte ihm in den Magen und er eilte zur Küche und in das Spielzimmer. Harry war nicht dort. Als Nächstes rannte er zum Schlafzimmer, doch erneut konnte er den achtjährigen nicht finden. Er schaute in jeden Raum, hatte aber noch immer kein Zeichen von dem Jungen.
„Severus?“, fragte Remus erschöpft, dadurch aufgeweckt, dass Severus zum Kamin rauschte.
„Wie lange hast Du geschlafen?“. wollte der Zaubertränkemeister wissen, als er sich mit dem Gesicht zu ihm drehte.
„Ich weiß nicht.“, sagte Remus stirnrunzelnd. „Was ist los?“
„Ich kann Harry nicht finden.“
„Was!“ Remus sprang auf seine Füße und schnüffelte mit seiner Nase in der Luft. Severus spottete verärgert über ihn, doch er ignorierte das. „Er ist hier.“
Severus folgte dem Werwolf still und runzelte die Stirn, als er ihn zu dem Schlafzimmer der Jungen führte. „Ich habe bereits hier nachgesehen.“, schnappte er sofort.
Remus öffnete die Tür und trat hinein. Er schnüffelte erneut und ging dann auf Hände und Knie hinunter. „Harry? Komm raus.“
Der Junge krabbelte sofort hervor und stand nun mit unterwürfig gesenktem Kopf vor ihnen. Severus fühlte seinen Ärger verschwinden, als er diese Pose sah. Irgendetwas musste passiert sein, das den gesamten Fortschritt, den sie mit Harry gemacht hatten, ausgelöscht hatte. Er wusste, dass es größtenteils mit Dracos Abwesenheit zu tun hatte, aber Harry hatte sich besser verhalten, als er ihn diesen Morgen verlassen hatte, um zu unterrichten.
„Harry? Warum bist Du nicht raus gekommen, als ich Dich gerufen habe?“, fragte er sanft.
Harry schüttelte nur still seinen Kopf.
„Was ist los, Welpe. Bist Du verletzt?“ Remus reichte nach ihm und Harry wich zurück. Remus zog seine Hände besorgt zurück.
„Hast Du etwas gegessen?“, fragte Severus und testete damit das Kind. Seine Vermutungen erwiesen sich als korrekt, als Harry still blieb. „Harry…“ Er kniete sich hin und reichte langsam nach dem Jungen. Grüne Augen trafen seine und füllten sich mit Tränen, als Harry nach vorn in eine Umarmung gezogen wurde. Der Junge klammerte sich an Severus, wollte aber immer noch nicht sprechen. „Es ist alles gut. Du musst nicht reden, wenn Du nicht willst. Komm. Lass uns alle zusammen essen.“
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Narzissa kam in das Zimmer ihres Sohnes, um ihn ins Bett zu stecken. Draco saß, mit lauter Büchern um ihn herum, auf seinem Bett. Sie seufzte. Sie war zu Tode erschrocken, als er diesen Morgen unter heftigen Schmerzen aufgewacht war. Nicht einmal die Versicherung des Heilers, dass es ihm gut ging, ließ sie sich besser fühlen, deshalb hatte sie den gesamten Unterricht ihres Sohnes für diesen Tag abgesagt, damit er sich ausruhen konnte. Sie war nicht glücklich darüber ihn eifrig lernend vorzufinden und er hatte noch immer nicht damit aufgehört. Wenigstens hatte er gegessen.
„Ja, Mutter?“, fragte Draco mit ausdruckslosem Gesicht.
Sie seufzte. Draco war absolut höflich zu ihr gewesen, seit sie ihn mitgenommen hatte. Er befolgte alle Reinblüter-Etiketten aufs Wort und das tat weh. Sie vermisste sein Lächeln, vermisste, dass seine Augen sich mit Liebe und Temperament aufheizten. Sie wollte, dass ihr Sohn ihr vergab, doch das würde nicht so bald geschehen. Aber sie bereute nicht, was sie getan hatte. Sie würde alles tun, was notwendig war, um ihren Sohn zu beschützen. Und ihm zu erlauben eine ungesunde Bindung und Obsession zu dem Jungen-der-lebte zu haben, war definitiv inakzeptabel.
„Mutter?“, fragte Draco wieder mit Ungeduld in der Stimme.
„Es ist Zeit fürs Bett.“, sagte sie ruhig.
Er nickte einmal. „Sobald ich hiermit fertig bin, gehe ich ins Bett.“
„Jetzt.“, sagte sie ernst.
„Nein.“, antwortete er lässig und richtete seine Augen wieder auf das Buch. „Wenn das alles ist?“
„Ja, Draco. Das ist alles.“, sagte Narzissa müde und überließ ihren Sohn seinen Studien.
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Drei Tage vergingen und Harry sprach nicht ein Wort und wich zurück, wenn ihn jemand berührte. Severus und Remus taten alles, was sie konnten, um dem Jungen zu helfen, doch ohne zu wissen, was los war, war das unmöglich. Severus war so verzweifelt, dass er Legilementik anwenden wollte, doch Harrys mächtige Magie warf ihn sofort hinaus. Der Junge schien sich dessen nicht bewusst zu sein und Severus war froh darüber. Er dachte nicht, dass er es ertragen konnte, wenn sich Harry noch weiter von ihm zurückgezogen hätte.
Draco hatte eine harte Zeit. Es brauchte all seine Kraft, sich zu konzentrieren, wenn Harrys Angst ihn konstant überflutete, doch er blieb kalt und tat seine Arbeit. Narzissa verzweifelte, als die Wut ihres Sohnes nicht verschwinden wollte. Schließlich hatte sie keine andere Wahl als ihr Versprechen zu halten. Draco hatte all seinen Unterricht perfekt hinter sich gebracht und war nun viel weiter, als er es war, als er das erste Mal acht gewesen war. Narzissa gab sich geschlagen und sagte Draco, dass sie ihn morgen mitnehmen würde, um Dad und Harry zu besuchen.
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Harry aß sein Frühstück, als er hörte, wie die Flammen im Kamin aufflammten. Er ließ seine Gabel fallen und rannte. Er hatte gerade das Wohnzimmer erreicht, als Draco lachend in ihn krachte. Sie fielen mit ineinander verknoteten Beinen hin. Harry war geschockt, als er fühlte, wie sein bester Freund ihn fest umarmte. Er konnte kaum atmen und das hatte nichts mit dem Armen zu tun, die um ihn geschlungen waren. Er war glücklich, verwirrt und traurig. Er liebte Draco und hatte ihn wirklich vermisst. Doch er wusste, dass er es nicht verdiente glücklich zu sein und dass Draco ihn nur wieder verlassen würde.
„Weine nicht, Baby.“, beruhigte ihn Draco, als er sich aufsetzte und Harry gegen seine Brust drückte. Er wiegte den kleineren Jungen langsam hin und her. „Ich bin jetzt hier.“
Harry hob seinen Kopf und fühlte sich schuldig dafür, dass er so sehr wollte, dass der Blonde hier bei ihm blieb. Er schaute zu Misses Malfoy und wusste, dass sie die Wahrheit über ihn erkannt hatte. Das Missfallen auf ihrem Gesicht bewies das. Sie wollte nicht, dass ihr Sohn verdorben wurde.
„Mutter. Warum gehst Du nicht und sprichst mit Moony?“, fragte Draco mit kalter Stimme.
„Ja.“ Remus schüttelte den Schock von sich. „Jungs, warum geht ihr nicht ins Spielzimmer?“
Draco nickte sofort. Er hatte einen Plan und damit dieser funktionierte, musste er allein im Wohnzimmer sein. Nun, er vermutete, dass er einfach nur geduldig sein musste. „Komm, Harry.“
Er stand auf und zog den Jungen an der Hand mit sich. Der kleinere Junge folgte ihm mit unterwürfig gesenktem Kopf. Sie betraten das Spielzimmer. Draco wirbelte herum und griff Harry bei den Schultern.
„Baby, sieh mich an.“ Harry tat es nicht und so nahm er seine Hände von dessen Schultern und legte sie ihm unters Kinn, um seinen Kopf anzuheben. „Ich wollte Dich nicht verlassen. Mutter hat mich mitgenommen. Sie hat mich ausgetrickst. Aber jetzt bin ich zurück und ich werde Dich nicht wieder verlassen. Ich werde dafür sorgen.“
„Du solltest gehen.“, sagte Harry heißer. Seit Tagen hatte er wieder gesprochen. Seine grünen Augen waren mit tiefer Sorge gefüllt und Dracos Atem wurde schwer, als er den Schmerz seines Freundes fühlte. „Du solltest nicht bei mir sein, Ray. Deine Mutter hat Recht.“
„Harry… Baby…“ Draco starrte in die tränenerfüllten Smaragdseen vor ihm und kämpfte gegen seine eigenen Tränen. „Ich liebe Dich. Wir sind beste Freunde. Von Dir weg zu sein ist überhaupt nicht gut. Es macht mich traurig und es tut wirklich sehr weh. Möchtest Du mir wirklich wehtun? Möchtest Du nicht mehr mit mir zusammen sein? Ich hab gesagt, es tut mir Leid.“
„Nein!“ Harry schlang seine Arme um den Blonden und begann zu weinen. „Nein, Ray! Das ist es nicht. Irgendetwas stimmt nicht mit mir und wenn Du bleibst, wirst Du nur auch böse werden. Jeder verlässt mich, Ray. Meine Eltern und dann die Dursleys und dann Du. So muss es sein. Ich verdiene es nicht glücklich zu sein.“
„Das ist alles nicht wahr.“ Draco drückte sich weg und schubste Harry zu Boden. Seine Augen leuchteten vor Wut. „Ich dachte, Du hast gemerkt, dass die Dursleys eine Bande von dicken, fetten Lügnern sind! Dass sie Dir wehgetan haben, egal was Du gemacht hast und das war nicht richtig!“
„Ich weiß nicht.“, schüttelte Harry hilflos seinen Kopf. „Es ist nicht fair, dass sie mich bestrafen, auch wenn ich tue, was sie sagen, aber… Aber vielleicht brauchen sie keinen Grund. Vielleicht muss ich bestraft werden, weil… weil ich böse bin. Nicht für das, was ich tue, sondern für das was… was ich bin.“
„Das ist dumm, Harry!“, spie Draco. „Du bist besser als das!“ Sein Ärger verschwand, als sich Harry zusammenrollte und begann zu weinen. Er spürte Verwirrung und hoffnungslosen Schmerz. Er wollte Harry nicht noch mehr wehtun. Er kniete sich hin und zog Harry zurück in eine Umarmung. „Es tut mir Leid, dass ich Dich verlassen habe. Das war falsch. Ich werde das nicht wieder zulassen, okay? Wir werden das besser zusammen machen.“
„Ich liebe Dich, Ray.“, lächelte Harry und hielt sich an ihm fest. „Ich habe Dich so sehr vermisst.“
„Ich habe Dich auch vermisst.“, grinste Draco. „Lass uns jetzt spielen!“
Harry lächelte und folgte seinem Freund zu der Spielkiste.
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Severus betrat seine Räume mit kalten, ausdruckslosen Gesicht. Er war sprachlos, als Remus ihn durch das Flohnetzwerk gerufen hatte, um ihm zu erzählen, dass Narzissa mit Draco zurückgekommen ist. Er hatte seine Klasse entlassen und war in seine Räume zurückgelaufen, um sich selbst Zeit zum Nachdenken zu geben. So sehr er die Frau schlagen wollte und ihr Gesicht verletzen wollte, musste er doch sicherstellen, dass sie blieb.
„Severus.“, sagte Remus, als er eintrat. Er saß auf der Couch neben Narzissa, die nicht mehr tat, als ihre Kopf wegen seiner Anwesenheit zu neigen.
„Remus.“, antwortete Severus kalt und richtete dann seine harten Augen weg von seinem Freund. „Narzissa.“
„Harry und Draco spielen im Spielzimmer. Vielleicht sollte ich mal nach ihnen sehen?“, bot Remus an.
„Ja, bitte tu das.“, lächelte Severus seidig.
Remus brauchte keinen weiteren Zuspruch und eilte aus dem Raum. Severus starrte Narzissa an. Die Frau starrte zurück. Einige Minuten sprach keiner von ihnen. Severus brach ihren Augenkontakt als Erster und ging zu dem Schrank, in dem Brandy und Gläser standen. Er goss zwei ein und nahm sie mit hinüber zu seiner Freundin. Narzissa akzeptierte den Drink, hob ihn aber nicht an die Lippen. Severus grinste; hatte sie Angst, dass er sie vergiftete?
„Wie schreitet Dracos Unterricht voran?“, fragte er beiläufig.
„Sehr gut.“, antwortete Narzissa leichthin.
„Da bin ich froh.“ Er nahm einen Schluck. „Darf ich fragen, warum Du mit Deinem Sohn gegangen bist?“
„Du weißt, warum.“, funkelte Narzissa eisig. „Er ist besessen von dem Jungen. Das ist ungesund und er hat Gewohnheiten angenommen, die sich eines Lord Malfoys nicht gehören.“
„Und er hat sich gebessert?“, fragte Severus mit einem spöttischen Grinsen. Narzissa sagte nichts und das sagte ihm, dass es richtig war, wenn er annahm, dass Draco sich nicht gebessert hatte in seiner Isolation von Harry. Das Geräusch von Dracos fröhlichen Erzählen und Harrys Kichern erreichte ihre Ohren. Remus bestellte Frühstück. Das Geräusch von Besteck auf Essgeschirr unterbrach die fröhliche Unterhaltung. „Würdest Du Dich gern zu Ihnen gesellen?“, fragte Severus die Frau ihm gegenüber.
„Nein.“, sagte Narzissa kurz und nahm einen großen Schluck ihres Drinks. Sie wusste, dass, wenn sie mit ihnen zusammensitzen würde, die glückliche Atmosphäre verschwinden würde.
„Narzissa…“, begann Severus.
„Nein, Severus.“ Sie stellte das Glas hart ab. „Es ist schwer für ihn. Und das ist mein Fehler. Ich hätte mich nicht von Dir überreden lassen sollen, mit ihm hier zu bleiben. Der Junge hier verdreht den Geist meines Sohnes und macht ihn zu einem Sklaven. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Er kann diese Nacht hier bleiben, wir werden morgen früh gehen.“
„Narzissa, Du benimmst Dich dumm.“, sagte Severus in einem sanften Ton. „Draco ist kein Sklave. Und er denkt auch nicht wie einer. Nichts hat sich bei Deinem Sohn verändert, außer, dass er sich sehr um seinen Freund sorgt. Diese Art der Sorge ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.“
„Es ist eine Verwundbarkeit.“, schnappte sie.
„Sie brauchen einander. Sie unterstützen einander.“, korrigierte Snape.
„Das ist nicht wahr.“, lächelte sie grimmig. „Harry braucht Draco, nicht anders herum. Harry tut nichts, außer Draco abzulenken und zu schwächen. Für meinen Sohn dreht sich die Welt um diesen Jungen. Das ist falsch, Severus. Ich werde nicht erlauben, dass mein Sohn benutzt oder gezähmt wird. Und das ist es, was Du tust. Er wird Harrys Abwesenheit in seinem Leben akzeptieren. Es braucht nur etwas Zeit.“
„Du machst einen Fehler und zerstörst diese beiden Jungen.“, spie Severus hasserfüllt. „Ich habe Dich nie für unintelligent und so blind gehalten, Narzissa. Mach Deine Augen auf.“
„Sie sind offen.“, sagte sie kalt. „Ich sehe, was Du tust, mein alter Freund.“
„Und was ist das?“, schnappte er.
„Du opferst meinen Sohn für Harry. Und während ich die Kraft der Liebe, die ein Elternteil für sein Kind empfindet verstehen kann, werde ich nicht erlauben, dass Du Draco brichst, damit Harry überlebt. Schreckliche Dinge sind ihm passiert. Das sollte nicht passieren, aber wir können die Vergangenheit nicht ändern. Harry ist tot, Severus. Du ziehst seinen Tod nur in die Länge und verletzt Dich dabei selbst. Ich werde nicht erlauben, dass Draco da genauso hinuntergezogen wird.“
„Verschwinde.“ Severus stand auf. In seiner Wut schien Dunkelheit von ihm auszugehen. „Jetzt, Narzissa.“
„Nein. Ich werde meinen Sohn nicht verlassen.“, antwortete sie ruhig. „Wenn Du wirklich willst, dass ich gehe, werde ich Draco mitnehmen. Du möchtest doch nicht, dass ich Dracos Besuch bei Harry abbreche, oder?“
Ihre Gläser explodierten und der Spion für Voldemort sagte in einer Stimme die sie entsetzte: „Das wirst Du bereuen.“ Er drehte sich um und rauschte, die Tür hinter sich zuwerfend, aus seinen Quartieren. Narzissa atmete zitternd ein und faltete ihre kalten Hände in ihrem Schoß zusammen. Sie wusste, sie war zu weit gegangen als sie Harrys Tod voraussagte, aber es war die Wahrheit.
Der Junge war vergewaltigt worden. Ihre Augen schlossen sich vor Abscheu an diesen Gedanken. Sie war nicht gefühllos, doch es gab nichts, was sie oder irgendjemand sonst tun konnten. Es gab keine Heilung von einer solchen Vergewaltigung oder Tortour. Harrys Leben wurde ihm genommen und wenn sie nicht irgendetwas tat, würde Draco an der Seite des Jungen-der-einst-lebte sterben.
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„Dad!“, schrie Draco und rannte zu Severus, der gerade die Küche betrat.
Severus legte seine Hände um die Schultern des Jungen und presste ihn an seine Brust. Der Kopf des Jungen war etwa zehn oder zwölf Zentimeter über seiner Hüfte. Er war viel größer, als Harry. „Hallo, Draco.“
„Was gibt’s zum Abendessen?“, grinste er den Mann an. „Irgendwas, um meine Rückkehr zu feiern?“
„Natürlich“, grinste Severus und schob den Jungen zurück zu seinem Stuhl neben Harry. „Ich habe bereits mit den Elfen geredet.“
Draco lachte und Harrys Lippen zogen sich zu einem sanften Lächeln. Severus fühlte, wie Erleichterung und Glück ihn bei dem Ausdruck auf dem Gesicht des kleineren Jungen durchflutete. Es war so lange her, dass Harry so entspannt und fröhlich aussah. Er schaute zu Narzissa, um zu sehen, ob dieser Fortschritt beider Jungen ihre Entscheidung schwächen würde, doch sie saß still neben Remus und ignorierte jeden so, wie sie von ihnen ignoriert wurde.
Severus nahm platz und hörte den Jungen zu, wie sie glücklich über ein Spiel redeten, das Draco gemacht hatte. Harrys Stimme war zurückgekommen und Severus fühlte, wie sich sein Entschluss erhärtete. Er konnte Narzissa nicht ihren Sohn mitnehmen lassen. Remus fing seinen Blick auf und teilte ihm mit, dass er zustimmte und helfen würde. Severus nickte einmal.
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„Bist Du bereit?“, flüsterte Draco.
„Ja.“, antwortete Harry und schielte zu der Kugel neben ihrem Bett. „Denke ich jedenfalls.“
Es war sein Job sich darum zu kümmern, dass der Alarm, der Severus und Narzissa mitteilte, wenn sie wach waren, in ihrem Raum nicht länger funktionierte. Harry hatte in dem Buch ‚Magische Theorie’ gelesen, hatte aber keine praktische Erfahrung damit. Er hoffte einfach nur, dass es ausreichte, ganz fest daran zu denken so, wie er es gemacht hatte, als er Draco seinen Nachtisch gegeben hatte. Der Blonde nickte ihm zu und öffnete die Tür. Der Gang war ruhig. Jeder war im Bett und schlief. Der Trick war, an Remus vorbei zu kommen, der im Wohnzimmer war.
Draco schlich langsam durch die Küche und stockte im Türrahmen. Harry krallte sich an das Shirt an seinem kleinen Rücken fest und Draco spürte, wie er nervös wurde. Er konnte das tun. Für Harry. Er fühlte, wie ein Lächeln seine Lippen umspielte, froh darüber, dass sein bester Freund ihm genug vertraute, um bei seinem Plan mitzumachen. Es hatte ihn ein bisschen Überzeugungsarbeit gekostete, denn Harry wollte ihren Daddy nicht verlassen, doch Draco hatte ihm versprochen, dass sie Severus bald wieder sehen würden. Sie mussten nur von seiner Mutter wegkommen, dann konnte ihr Dad zu ihnen kommen und ihnen helfen von ihr wegzukommen.
„Wünsch Dir, dass er schläft.“, flüsterte er und Harry verzog gehorchend sein Gesicht vor Anstrengung. Draco lachte leise, da er fand, dass Harry so albern aussah. Der grünäugige Junge streckte seinem Freund die Zunge heraus und grinste zurück. Draco griff sich seine Hand. „Gut. Lass uns gehen.“
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„Warum denkst Du, ist Draco zurück?“, fragte Goyle, nachdem er von Ron diese Neuigkeiten vernommen hatte.
„Ich weiß es nicht.“, zuckte der rothaarige Gryffindor mit seinen Schultern. Er wollte gerade die Karte löschen, als ihn Crabbe aufhielt.
„Warte! Sieh!“
„Was machen sie?“ Goyle runzelte die Stirn, als er die beiden Punkte aus dem Schlafzimmer schleichen sah, durch die Küche und dann langsam durch das Wohnzimmer.
„Sieht so aus, als würden sie Snapes Räume verlassen.“ Crabbe war schockiert. Das war gefährlich.
„Vielleicht haben sie Hunger.“, schüttelte Ron seinen Kopf mit einem Lächeln. „Ich bin nicht überrascht, dass sie sogar in diesem Alter Ärger machen.“
„Kommt! Wir müssen zu ihnen.“ Goyle bewegte sich bereits zur Tür. „Es ist gefährlich für sie hier herum zu laufen. Wer weiß, wer sie sieht oder was sie tun werden.“
„Ja.“ Ron eilte ihm hinterher. „Und es könnte vielleicht jemand Harry in seinem geschrumpften Zustand entdecken.“
„Er ist nicht geschrumpft, nur jünger.“, sagte Crabbe.
„Was auch immer!“, rollte Ron mit den Augen. „Geh schneller, Du großer Trampel.“
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„Bist Du Dir sicher, dass Du weißt, wo wir sind?“, fragte Harry sanft. Da war keine Sorge in seiner Stimme. Die Angst konnte ihm nichts anhaben, solange der Blonde seine Hand hielt.
„Ich denke schon. Es ist so dunkel.“ Draco pustete sein Haar aus seinem Gesicht und starrte in den Korridor. Er war sich sicher, dass dies der Weg zur Eingangshalle war. Harry kicherte über ihn und hob sein Hände, um mit seinen Finger die langen blonden Strähnen zu entwirren. Sein Haar wurde weich und gekämmt und fasste sich zu einem losen, simplen Knoten zusammen. Draco lächelte und ergriff erneut Harrys Hand. „Danke.“
Harry öffnete seine Mund, um etwas zu sagen, doch kein Wort drang hervor, als seine grünen Augen an Draco vorbeischauten und sich ängstlich weiteten. Draco wirbelte herum und versteckte seinen kleineren Freund hinter sich. Große Schatten tauchten vor ihnen auf und er öffnete seinen Mund, um zu schreien, war aber so erschrocken, dass seine Kehle wie zugeschnürt war.
„Draco.“, rief eine tiefe Stimme. „Bist Du in Ordnung? Was machst Du hier draußen?“
Ein großer, muskulöser Blonder trat ins Licht der Fackel, die über seinem und Harrys Kopf hing. Draco entspannte sich, da er ihn erkannte. Er war einer der Slytherins, die er getroffen hatte, um ihnen zu versichern, dass er okay war. Und er war einer derjenigen, die ihm so familiär und sicher erschienen. „Du hast mich erschreckt! Mach das nächste Mal ein Geräusch!“, schnappte er zu dem älteren, größeren Jungen.
Doch seine kleinere Größe schien nicht seine Fähigkeit zu behindern, den Slytherins zu befehlen. „Tut mir Leid, Draco.“
„Harry!“ Ron kam näher, kniete sich vor Draco und richtete seine Aufmerksamkeit auf den kleineren Jungen, der hinter dessen Rücken versteckt war. „Bist Du okay? Warum hast Du Snapes Räume verlassen?“, er streckte sich nach seinem Freund, um ihn zu sehen, doch Harry wich zurück und wimmerte.
„Lass ihn in Ruhe!“, ordnete Draco scharf an und schnarrte dann: „Offensichtlich möchte er nicht, dass Du ihn anfasst.“
Ron blickte finster und öffnete seinen Mund, doch Crabbe legte eine Hand auf seine Schulter und schüttelte seinen Kopf. Das hätte den Rothaarigen noch mehr aufgeregt, es sei denn, die Slytherins hätten es nicht als Befehl gemeint. Es war nur ein Rat. Grummelnd stand er auf und erlaubte den Slytherins mit ihrem Prinzen zu reden, doch sein Blick verließ nie Harry.
„Was machst Du, Draco?“, fragte Crabbe.
„Abhauen. Meine Mutter ist schwierig. Wir verschwinden von hier und lassen dann nur Daddy wissen, wo wir sind. Vielleicht auch Moony. Ihr werdet uns helfen, indem Ihr uns die Eingangshalle zeigt und dann werdet Ihr niemandem erzählen, dass Ihr uns gesehen habt.“
„Dad?“, schnaubte Ron lachend. Crabbe und Goyle ignorierten ihn.
„Es ist gefährlich…“, begann Goyle.
„Wir werden vorsichtig sein.“, sagte Draco. „Ich muss etwas tun, oder sie wird mich wieder von Harry wegbringen.“
„Ich bin überrascht, dass Du Dich so sehr sorgst, Malfoy.“, funkelte Ron das Kind an.
„Wer bist Du?“, fragte Draco eisig. „Was machst Du hier? Es ist offensichtlich, dass Dich niemand hier haben will.“
„Halts Maul! Harry möchte mich da haben! Er ist mein bester Kumpel!“, schrie Ron erhitzt.
„Er ist meiner.“, schrie Draco wütend. „Sag’s ihm, Baby! Sag ihm, dass Du möchtest, dass er geht!“
Harry war still. All das Geschreie und die Fremden - zwei davon, die ihn an seinen Onkel erinnerten - waren zu viel für ihn und seine Stimme war verloren. Aber er wollte, dass die Fremden gingen und wenn er einen davon dazu bringen könnte zu gehen, würde er es tun. Es gab keine Chance, dass er mit dem rothaarigen Fremden mitgehen wollte. Er wollte Draco! So lehnte sich Harry weit genug nach vorn, um Draco auf die Wange zu küssen und versteckte sich dann wieder hinter ihm. Draco grinste triumphierend.
„Bye, bye.“, winkte er dem Gryffindor zu.
Crabbe griff sanft nach Rons Arm und zog ihn ein Stückchen weg, während Goyle die Details für Dracos kleinen Ausbruch ausarbeitete.
„Ich werde Euch beide nicht mit Harry alleine lassen!“, sagte Ron erhitzt.
„Ich weiß.“, entgegnete Crabbe. „Ich habe nur gedacht, dass Du, da Harry sich nicht an Dich erinnert, ruhig bleiben solltest. Du beunruhigst ihn nur und Du willst doch nicht, dass seine ersten Erinnerungen an Dich böse sind.“
„Wie kommt es, das Malfoy Euch beide kennt?“
„Wir haben Dir doch erzählt, dass Snape und Misses Malfoy ihn zu uns gebracht haben, bevor sie vortäuschten, dass er die Schule verlassen hatte. Wir wurden ihm vorgestellt.“
Ron verschränkte seine Arme gereizt, nickte aber, dass er still sein würde. Crabbe schenke ihm ein kleines Lächeln und ging dann zurück zu seinem Freund und Anführer. Goyle nickte und Draco gab Anweisungen. Crabbe schüttelte seinen Kopf kläglich. Einige Dinge veränderten sich nie. Dann glitten seine Augen zu dem offensichtlich erschreckten Kind, das Draco beschützte. Vielleicht änderten sich doch einige Dinge. Er hatte nie gedacht, diesen verletzlichen und hilflosen Ausdruck auf Harry Potters Gesicht zu sehen.
„Nun? Auf was wartet ihr? Bewegt Euch!“, sagte Draco hochmütig mit nach oben gestreckter Nase.
Im Gegensatz zu Draco wussten die drei Teenager, dass die Schutzwälle es melden würden, wenn sie die Hogwartsgründe verlassen würden. Aber nicht dann, wenn sie einen der unterirdischen Gänge benutzen würden. Goyle hatte sie oft genug auf der Karte gesehen, um zu wissen, dass da welche waren und konsultierte leise Ron. Sie beschlossen den zu nehmen, der in den ‚Honigtopf’ führte.
Die fünf gingen leise zu der buckligen, einäugigen Hexe. Ron sagte das Passwort und sie stiegen in den dunklen Gang. Harry wimmerte und Draco funkelte Crabbe an, bis dieser Licht machte. Harry entspannte sich, sobald er etwas sehen konnte und folgte Draco dicht auf den Fersen. Er wollte niemandem der drei Fremden erlauben hinter ihm zu gehen und so war er der letzte und die drei Teenager führten die beiden den Weg entlang.
Der Honigtopfbesitzer wachte nicht auf, als die Jugendlichen aus seinem Keller in das Geschäft schlichen. Die Teenager erstarrten, als sie bemerkten, dass sie in eine Sackgasse geraten waren. Sie konnten die Ladentür nicht öffnen, ohne den Alarm auszulösen und einen Zauber zu sprechen, der diesen Unterbrechen sollte würde ihn ebenfalls losgehen lassen. Sie schauten einander an und fühlten sich dumm, dass sie nicht vorausgedacht hatten.
„Was hält uns denn auf?“, verlangte Draco laut zu wissen.
Ron funkelte ihn an, doch es war Goyle, der sprach. „Es gibt einen Alarm an der Tür. Wir können nicht raus.“
„Kein Problem.“, sagte Draco ärgerlich und drehte sich erwartungsvoll zu Harry um.
Crabbe öffnete seinen Mund, um ihn davor zu warnen Magie auszuführen, wurde aber sprachlos, als er sah, wie der kleine Junge die Augen schloss. Magie schlängelte sich aus ihm. Sie war so stark und rein, dass die drei Jugendlichen fühlen konnten, wie sie durch sie hindurchging wie ein Schwall eiskaltes Wasser. Es ging schnell vorbei und die Tür öffnete sich leise. Grüne Augen öffneten sich und Harry lehnte sich müde in Dracos Umarmung.
„Wir müssen irgendwohin, um uns auszuruhen.“, entschied Draco und schaute Goyle fragend an. Doch die Jugendlichen waren immer noch sprachlos und konnten sich nicht bewegen. Draco schnaufte verachtend und half Harry aus dem Laden. Sobald die zwei Kinder außer Sicht waren, kamen die Jungendlichen zu sich und eilten ihnen hinterher.
„Du wirst hier überall erkannt werden.“, erklärte Crabbe Draco mit einem Stirnrunzeln.
„Dort ist die ‚Heulende Hütte’.“, bot Ron an. „Sie ist leer.“
„Gut.“, nickte Draco abwesend. Seine Aufmerksamkeit lag bei seinem Freund, der vor Erschöpfung anfing zu stolpern.
„Ich werde ihn tragen.“, bot Goyle an und reichte nach dem kleinen Jungen. Sobald seine Hände Harrys Schultern berührten, zuckte der Junge mir einem erschreckten Schrei zurück. Draco schubste die Hände des Slytherin weg und kauerte sich an Harry.
„Bist Du in Ordnung, Baby?“, fragte er sanft und strich ihm sein seidiges Haar zurück.
Harry versteckte zur Antwort seinen Kopf an Dracos Brust.
„Wir müssen von der Straße runter.“, sagte Crabbe unwohl. Ron schoss mörderische Blicke in den Rücken des Blonden.
„Kannst Du gehen, Harry? Ich werde sie Dich nicht wieder anfassen lassen. Es tut mir Leid.“, redete er Harry gut zu. Der Junge schaffte es zu laufen, jedoch nur in langsamem Tempo. Trotzdem sagte keiner etwas dazu.
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Die Jugendlichen fühlten sich unwohl dabei, die beiden Jungen alleine in der Hütte zu lassen, doch sie hatten keine andere Wahl. Der Plan war, zurück zur Schule zu gehen und sich so zu benehmen, als wäre alles normal. Diesen Samstag war ironischerweise Hogsmeade-Wochenende, doch Greg würde nicht mitgehen. Stattdessen würde er im Schloss bleiben und, wenn er eine Möglichkeit sah entweder Professor Snape oder Mister Lupin Bescheid zu geben, wo die beiden Ausreißer waren, würde er es tun. Er hatte kein Glück. Keinen der Männer konnte er finden.
Währenddessen führte Ron seine Freunde zu der Hütte, während Vincent mit Pansy ging. Die zwei Gruppen trafen sich außerhalb der Hütte und gerieten in einen großen Kampf. Ron war wütend, dass Vince Pansy vertraute, da sie offensichtlich Ärger bedeutete. Hermine und Ginny schrieen Ron an, dass er es den Slytherins zuerst erzählt hatte. Neville sah dem hilflos zu und als er bemerkte, dass sie zuviel Aufmerksamkeit erregten, schaffte er es einen Waffenstillstand herbeizuführen und sie außer Sicht und in die Hütte zu führen.
„Wo sind die und was tun sie hier?“, verlangte Draco mit verschränkten Armen zu wissen, sobald sie eingetreten waren.
„Das sind Harrys Freunde.“, sagte Vince sofort.
„Du kennst sie, Harry?“, fragte Draco und schaute über seine Schulter zu dem Jungen hinter ihm. Harry schüttelte seinen Kopf. „Ihr habt ihn gehört. Verschwindet.“ Er richtete seine Aufmerksamkeit zu dem blonden Mädchen. „Hallo, Pansy.“ Und dann zurück zu Vince. „Hast Du etwas zu essen und Wasser mitgebracht?“
„Harry, bist Du in Ordnung?“, fragte Hermine tränenüberströmt.
Ginny kniete sich hin. „Ihr zwei seid soooo süß!“
Das fing Dracos Aufmerksamkeit und er grinste sie an. „Natürlich bin ich das.“
„Hier.“ Vince vergrößerte eine Tasche mit Essen und gab sie Draco.
Nachdem sie durcheinander gesprochen hatten und herummanövriert waren, saßen sie schließlich in einem Halbkreis auf dem Boden. Harry saß am Ende, mit Draco zwischen sich und den Fremden. Er saß so nah an dem Blonden, dass er praktisch auf dessen Schoß saß. Draco hatte einen Arm um seine Schultern gelegt und rieb ihm, obwohl seine Aufmerksamkeit bei den anderen lag, gelegentlich über den Rücken, um ihn zu beruhigen. Keiner sprach laut, nachdem Harry sich zu einem wimmernden Ball zusammengerollt hatte, nachdem Ron und Pansy begonnen hatten, sich laut anzuschreien.
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Severus rauschte in sein Wohnzimmer. Narzissa war ihm auf den Fersen. Remus war ein paar Schritte hinter ihnen. Die Luft um sie herum war dick vor Anspannung. Als Narzissa bemerkt hatte, dass ihr Sohn gegangen war, hatte sie sofort Severus die Schuld dafür gegeben und gesagt, er würde die Jungen verstecken. Sie hörte ihm nicht zu, als er versicherte, dass das nicht der Fall war und sie anschrie, sie solle ihm aus dem Weg gehen.
Remus war beinahe vor Sorge in Stücke gebrochen. Wo konnten die Jungs hingegangen sein? Sie hatten das ganze Schloss abgesucht und hatten sie nicht gefunden. Dumbledore hatte ihnen versichert, dass die Schutzbanne nicht registriert hätten, dass sie die Hogwartsgründe verlassen hatten. Remus hatte das Gefühl, dass sie etwas vergessen hätten. Es dämmerte ihm und er keuchte auf. Die Geheimwege! Wo war nur sein Kopf? Er war einfach so besorgt… egal, er erinnerte sich jetzt. Er drehte sich um und verließ Severus und Narzissa, die eisige Drohungen austauschten.
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Die Jugendlichen wurden still, als Harry seinen Kopf hob. Er hatte friedlich auf Dracos Schulter gelegen, seit sie ihr Mittagessen beendet hatten. Das Gesicht des Jungen begann zu lächeln und seine Augen ruhten auf dem Schatten im hinteren Teil der Hütte. Die Jugendlichen sprangen mit gezogenen Zauberstäben auf. Draco schnaubte und lächelte dann, als Remus aus dem Schatten trat, die die Geheimtür verbarg. Harry stand auf und rannte zu ihm.
„Ich war vor Sorge ganz krank, Welpe.“, schimpfte er, den Jungen fest an sich drückend. „Obwohl ich sehe, dass ihr gut beschützt werdet.“, fügte er mit Blick auf die sechs Jugendlichen und deren Zauberstäbe hinzu.
Draco funkelte ihn an und stand auf. „Ich würde nicht zulassen, dass irgendjemand Harry verletzt.“
„Ich weiß, dass Du das nicht würdest.“, beruhigte ihn Remus. „Aber dort draußen sind böse Menschen.“
„Ich weiß das!“, stampfte Draco mit seinem Fuß auf. „Aber wir mussten wegrennen oder Mutter hätte mich wieder weggebracht!“
Remus lächelte und entließ Harry. Der Junge drehte sich um und streckte sich nach Draco. Der Blonde kam nur widerstrebend zu ihm, doch seine Missfallen verflog, als der kleinere Junge seine Hand nahm.
„Darf ich fragen, was ihr alle hier macht?“, fragte Remus die Teenager. Die Gryffindors sahen betreten aus und die Gesichter der Slytherins waren ausdruckslos. „Severus wird wütend sein.“, sagte Remus mit einem sympathischen Lächeln.
„Daddy ist böse auf mich?“, sprach Harry zum ersten Mal in seiner dünnen, hohen Stimme. Die Gryffindors keuchten und fielen beinahe in Ohnmacht, dass Harry ihre verhassten Zaubertränkelehrer Daddy nannte.
Remus schaute zu ihm hinunter und ignorierte die anderen. „Ich fürchte, er könnte es sein. Er liebt Euch und Ihr habt ihn wirklich, wirklich erschreckt, indem Ihr verschwunden seid. Er denkt, dass jemand Böses Euch hat und Euch wehtut.“
„Aber wir konnten es ihm nicht erzählen bevor wir gegangen sind, denn dann wäre Mutter misstrauisch geworden.“, verteidigte Draco seinen Plan, als er spürte, wie Harrys Angst und Sorge ihn überrollten. „Er wird nicht mehr böse sein, wenn er sieht, dass wir okay sind und ich ihm erklärt habe, warum wir weg sind.“
„Das hoffe ich.“ Remus schüttelte seinen Kopf und zog sie dann beide ein weiteres Mal an seine Brust. „Merlin, ich bin so froh, dass ihr beide in Sicherheit seid.“
„Sir? Was geht hier vor?“, fragte Hermine. „Warum nennen Harry und Draco Professor Snape Dad?“
„Und warum nennt Draco Harry Baby?“, funkelte Ron.
Remus seufzte und straffte sich dann, währen seine Hände noch immer auf dem Rücken der beiden Kinder ruhten. „Ich bedaure, aber da müsst Ihr den Direktor oder Severus fragen.“
„Aber Professor!“, protestierten Ginny und Hermine.
„Nein.“, schüttelte Draco seinen Kopf. „Ihr seid Harrys Freunde, doch das bedeutet nicht, dass ihr alles wissen müsst. Ihr solltet Euch besser darum kümmern, was das Beste für Harry ist und nicht darum, was ihr wollt. Ich werde Eure Frage nicht beantworten.“
Die geschockte Stille wurde durch eine samtene Stimme unterbrochen. „Ich bin beeindruckt, Wolf. Ich hätte nicht gedacht, dass Du es in Dir hättest.“
„Dad!“, keuchte Draco und wirbelte herum, um in den Schatten zu sehen.
„Severus.“ Remus war genauso erschrocken. Der Raum war zu staubig für ihn, um die Anwesenheit des Mannes zu riechen und das Reden der anderen und die Hütte hatten das Geräusch der leisen Schritte verdeckt.
Die dunklen Augen ignorierten die Jugendlichen in dem Raum und blickten von dem einen Kind zu dem anderen. Draco hatte keine Angst. Er war überzeugt, dass das, was er getan hatte, richtig und notwenig war. Harry war nicht so ruhig. Seine Augen waren weit vor Angst und sein Gesicht war blass. Severus schaute dann zu dem Wolf. Draco stand dicht bei ihm; Harry war an seine Beine gepresst. Der Werwolf beruhigte die zweifellos mit seinen Händen auf ihren Rücken. Das Gesicht war müde, doch sein Körper war stark und seine Augen leuchteten erleichtert. Er sah gut aus, mit den Kindern. Severus schüttelte scharf seinen Kopf, um sich selbst von den seltsamen Gedanken zu befreien.
„Was geht hier vor?“, fragte Severus und sein Blick fiel auf Draco, da er wusste, dass die Antwort von ihm kommen würde.
Und der Blonde erklärte wieder, warum er den Plan wegzulaufen entwickelt hatte und alles, was seit letzter Nacht passiert war. Als er wieder still wurde, wartete der ganze Raum angespannt auf Severus’ Reaktion. Harrys Gesichtsausdruck war der Intensivste. Er sah aus, als wartete er darauf, dass die Axt fiel. Da war keine Hoffnung in seinen smaragdfarbenen Seen und die Intensität seiner Verzweiflung ließ Draco erzittern und sich schützend an Remus’ Beine drücken.
„Ich kann Deine Entscheidung, Harry zu beschützen, respektieren. Ich glaube, Du hast ehrlich die Konsequenzen Deines Tuns und die Konsequenzen, wenn Du nicht handelst, abgewogen und Dich dann entschieden zu handeln. Ich vertraue Dir, Harry zu beschützen. Aber es war unentschuldbar mich nicht über Deinen Plan zu informieren. Ich hätte helfen können und, wenn ich es für nötig gehalten hätte, auch deine Mutter darin getäuscht, dass ich nichts von Eurer Flucht weiß. Ich bin zu einer solchen Täuschung durchaus fähig.“
„Tut mir Leid, Dad.“, senkte Draco seine Augen.
„Ich hoffe, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert.“
„Nein, Dad.“, antwortete Draco sofort.
„Euch beiden ist vergeben, aber ihr werdet drei Tage lang keinen Nachtisch bekommen, um Euch daran zu erinnern, wie falsch Euer Handeln war.“
Harry keuchte. Doch es war nicht vor Angst. Es war vor Überraschung. Er schluchzte und Tränen traten ihm in die Augen. Sein ganzer Körper zitterte stark. Draco reichte zu ihm hinüber und grinste ihm zu. Harry klatschte mit seiner Hand in Dracos, doch seine Augen verließen nie seinen Dad. „Du meinst… Du liebst mich noch?“
„Kommt her.“, sagte Severus streng, doch Harry und Draco konnten hinter der Äußerung Erleichterung und Sorge in seinen Augen erkennen. Die Jungs rannten vorwärts und Severus kniete sich hin, so dass er beide umarmen konnte. „Natürlich tue ich das. Nichts wird das ändern. Nichts.“
Ginny sank auf die Knie und nur Neville konnte verhindern, dass sie mit dem Kopf aufschlug, als sie beinahe vor Schock ohnmächtig geworden wäre. Rons Mund klappte auf, während Hermine zum ersten Mal in ihrem Leben dümmlich blinzelte. Die Slytherins starrten ein wenig benommen, doch man konnte die bloße Anstrengung und den absoluten Willen, ihre Gesichter ausdruckslos zu halten, erkennen. Remus wusste, dass Severus das Publikum oder Kommentare der Schüler nicht schätzen würde und trat vor, um ihre Aufmerksamkeit zu ihm zu bringen, während Severus seinen Moment mit den Jungs hatte.
„Danke, dass ihr den Jungs Essen und anderes hergebracht habt.“, sagte er ihnen und schaute dann zu Ron und Vince. „Und danke, dass ihr sichergestellt habt, dass sie hier sicher sind. Wir werden dafür sorgen, dass sie sicher zurück ins Schloss kommen, aber ich finde, es ist Zeit für Euch selbst zurück zu gehen. Wir wollen doch niemanden aufmerksam machen.“
„Natürlich.“, sagte Pansy und ging ohne ein weiteres Wort. Vince eilte ihr nach.
„Harry geht es besser. Es braucht alles nur ein wenig Zeit.“, erklärte Remus den Gryffindors, als er sich aus der Tür scheuchte. „Es geht sicher, dass ihr Dumbledore alle Fragen stellt. Er wird Euch erzählen, was er kann, aber denkt daran, dass einige Dinge noch für eine Weile geheim bleiben müssen. Vertraut mir, dass wir Euch sagen werden, wenn wir Eure Hilfe brauchen.“
„O-Okay.“, stotterte Hermine.
„Auf Wiedersehen, Professor.“, lächelte Neville Remus zu. Er war derjenige, den die Szene in der Hütte am wenigsten gestört hatte.
„Pass auf sie auf.“, winkte Remus ihnen mit einem Lächeln hinterher. Neville lachte und führte seine Freunde fort.
Der Werwolf wartete bis die Sechstklässler außer Sicht waren, ehe er wieder in die Hütte zurückging. Severus saß auf dem Fußboden. Harry war auf seinem Schoß und Draco an seiner Seite. Er erzählte ihm alles von seinem Unterricht und wie wütend er auf seine Mutter war. Severus schaute nicht auf, als Remus eintrat. Er hielt seine Aufmerksamkeit mit ausdruckslosem Gesicht auf Draco und nickte alle paar Minuten. Harry lächelte Remus an und lehnte sich dann zurück an Severus’ Brust. Der Zaubertränkelehre hob zur Antwort seine Hand und fuhr damit beruhigend durch Harrys wildes Haar. Remus lächelte und setzte sich ihnen gegenüber.
„… und ich weiß nicht, warum ich diesen ganzen Krempel lernen muss. Deshalb haben wir doch Zaubereranwälte! Ich würde viel lieber was über Magie lernen. Wo ist mein Zauberstab, Dad? Mutter sagt, sie gibt ihn mir wieder, wenn ich älter bin, aber das ist lächerlich. Ich werde mir nicht selbst wehtun.“ Der Blonde verschränkte wütend seine Arme.
„Ich werde sehen, was ich tun kann.“, erklärte Severus ihm und richtete schließlich seine Augen nach oben, um die des Werwolfs ihm gegenüber anzutreffen. Er hoffte, dass nichts von seiner Verlegenheit in seinen Augen zu sehen war. Was machten diese beiden Kinder nur mit ihm! „Narzissa wird uns bereits erwarten.“
Remus nickte verstehend, doch seine bernsteinfarbenen Augen glitten besorgt zu den Jungen. „Ich komme zurück, wenn ihr beiden schlafen geht.“
„Wir können Draco nicht so lange von ihr fern halten.“, seufzte Severus und blickte den Blonden scharf an, der seinen Mund wütend öffnete. „Ich möchte Dich hier und Harry braucht Dich. Aber sie ist Deine Mutter und wird mehr Schaden verursachen, wenn wir versuchen vorzugeben, dass wir nicht wüssten, wo ihr seid.“
„Vielleicht wird sie nachgeben, wenn wir ihr erzählen, was Draco tun wollte, um hier zu bleiben?“, fragte Remus hoffnungsvoll.
„Zweifelhaft.“, seufzte Severus und stand auf.
Harry wollte nicht heruntergelassen werden, drehte sich und schlang seine Beine um die Hüfte seines Dads und seine Arme um den Hals des Mannes. Severus glich und balancierte ihn automatisch aus. Draco fühlte sich vernachlässigt und hob sein Arme arrogant zu Remus. Der Werwolf lachte und hievte das größere Kind auf seine Hüften. Draco streckte Harry die Zunge raus und der Junge kicherte an Severus’ Schulter.
„Wie bringen sie zurück?“, fragte Remus.
Severus starrte den Mann ausdruckslos an, doch dahinter nahm er die Situation, in der sie waren, auf. Remus hielt so natürlich den achtjährigen Lord der Malfoy-Familie. Dessen fast bis zur Hüfte reichendes Haar fiel über Remus’ Schulter. Das Gewicht von Harry in seinen Armen, die Wärme des Kindes an ihm, das seidige schwarze Haar, das sich mit ebenholzfarbene Strähnen mischte. Das musste ein Traum sein. Sicher war das nicht real.
„Dad?“, fragte Draco aus Remus’ Armen. Ein wissendes Lächeln umspielte Lupins Lippen und Severus zwinkerte, um sich von den glühenden, bersteinfarbenen Augen loszureißen.
„Wir werden sie zu dem Direktor bringen.“ Er drehte sich um und ging zielgerichtet zum Tunneleingang. „Seine Hauptsorge gilt Harry. Er versteht, dass Draco bei ihm sein muss, bis sie sicher getrennt werden können. Ich werde vorgeben, noch immer nicht zu wissen, wo die Jungs sind. Genauso wie Du. Draco ist letzte Nacht mit Harry zu Albus gerannt und war bis jetzt dort. Albus wird es natürlich möglich sein, sich gegen Narzissa zu wehren, wenn sie Dracos Aufenthaltsort herausfindet.
„Sehr Slytherin von Dir, Severus.“, gluckste Remus warm. „Nicht nur, dass Du die Jungen in Reichweite hältst, du hast auch noch Misses Malfoys Wut abgelenkt.“
Severus blickte ihn finster an und die Jungen lachten.
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Severus hatte Dumbledore richtig eingeschätzt. Der ältere Direktor war überglücklich die Jungen von Narzissa fern zu halten. Harry war sehr vorsichtig in seiner Nähe und wich von ihm zurück und blieb still, doch er lächelte, aß und saß entspannt da, solange Draco an seiner Seite war. Draco genoss die Gesellschaft des Direktors, nachdem er seinen Ärger überwunden hatte, dass dieser Mann einst seinem Baby wehgetan hatte. Der alte Mann gab ihm Süßigkeiten und er wusste, dass er höflich sein musste, da Dumbledore ihn von seiner Mutter abschirmte.
Narzissa begann wirklich zu glauben, dass Severus nicht wusste, wo die Jungen waren. Ihre Wut wandelte sich in Angst. Die Jungen waren Freitagnacht verschwunden und Sonntagabend, war sie außer sich. Die Jungen würden altern und sie hatte Angst, dass sie verwundet werden könnten oder verletzbar gemacht wurden. Remus mochte die Frau nicht unbedingt, konnte aber nicht zulassen, dass sie solche Angst durchlebte und bohrte seine Augen in die von Severus, bis dieser nachgab.
Er sagte ihr, dass er nicht wüsste, wo die Jungen waren, es aber der Direktor wüsste. Angeblich hatte Draco ihn einen Eid schwören lassen und bis Draco das Gefühl hatte, dass er hier bleiben dürfte, würden er und Harry dort bleiben, wo immer sie waren. Narzissa wütete, doch Severus wütete zurück und sagte, dass es ihre Schuld sei, warum er nicht zu Harry durfte. Das ließ sie ruhig werden und sie zog sich in ihren Raum zurück. Remus nahm diese Zeit, um die Jungen zu besuchen. Severus wünschte, er könnte das Selbe tun, doch er wusste nicht, ob er die Jungen beschützen könnte.
So endete die Woche. Remus kam in ihre Quartiere zurück und lag die ganze Nacht wach, während oben im Büro des Direktors zwei achtjährige Jungen langsam neun wurden. Narzissa schritt auf und ab und Dumbledore saß bewusstlos da. Aber die beiden Jungen schliefen friedlich - mit einem dünnen Lächeln auf ihren Gesichtern.
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