von Selina Malfoy
Bis zum Abendessen schien sich die Situation wieder etwas entspannt zu haben.
Zumindest saßen Draco und Pansy, als Hermine hereinkam, wieder in trauter Zweisamkeit auf der einen Seite des langen Tisches. Hermine vermied es die beiden anzusehen, als sie sich auf ihren Platz neben Draco setzte. Außerdem machte sie ein recht leidendes Gesicht dabei, falls Lucius Widererwarten nicht wusste, dass sein Sohn sich um ihre Verletzungen gekümmert hatte.
Plötzlich ertönte von der anderen Seite des Tisches, an der Lucius versteckt hinter dem aktuellen Tagespropheten saß, ironisches Gelächter. „Soviel zur Neutralität der freien Presse.“
Er schlug eine Seite um, legte die Zeitung auf den Tisch, damit seine Frau auch etwas sehen konnte und begann dann mit höhnischer Stimme vorzulesen:
„Der Anfang vom Ende? Todesser wildern in den eigenen Reihen.
Gestern Nacht informierte ein anonymer Augenzeuge das zuständige Aurorenbüro über einen möglichen Überfall von Todessern auf ein Landgut in der Nähe von Derby.
Er habe das Dunkle Mal über einem großen Herrenhaus stehen sehen, berichtete der Mann, der seinen Namen aber nicht nennen wollte. Als die Auroren nur wenig später am Ort des Geschehens eintrafen, stand der große Landsitz bereits in Flammen und tatsächlich war das Dunkle Mal darüber in den Himmel geschrieben worden.
Wie sich bei weiteren Nachforschungen herausstellte, gehörte das Anwesen der Familie Malfoy, die in letzter Zeit vor allem durch Skandale im Zusammenhang mit Sie-wissen-schon-wem ins Licht der Öffentlichkeit gerückt war (wir berichteten).
Trotz eingehender Untersuchungen, waren in dem ausgebrannten Haus keinerlei Spuren zu finden, die auf Überlebende hindeuteten. Ob jemand verletzt oder getötet wurde oder ob das Haus vielleicht leer stand, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Lucius Malfoy, der derzeit eine Haftstrafe in Askaban für seinen Übergriff auf das Ministerium verbüßt (wir berichteten), reagierte auf die Nachricht, die der Minister für Zauberei ihm persönlich überbrachte, mit tiefer Erschütterung.
„Das ist unmöglich! Todesser jagen keine Todesser!“
Nun, das dachten wir bisher auch.
Wer weiß- womöglich gibt es Unstimmigkeiten in den Reihen von Sie-wissen-schon-wem. Zu wünschen wäre es jedenfalls.
Möglicherweise löst sich das Problem Todesser auf diese Weise bald von selbst.“
„Ist es nicht eine große Ehre, dass sich der Minister höchstpersönlich dazu herabgelassen hat mir diese frohe Botschaft zu überbringen?“ fragte Lucius und trotz dem spöttischen Unterton in seiner Stimme, war der Zorn, der in diesen Worte lag, nicht zu überhören.
„Es hat ihm sicher eine diebische Freude bereitet in allen Einzelheiten von den Trümmern meines Lebens zu berichten. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass meine Familie seither vermisst wird.“
„Doch stattdessen war es nur der arme Tropf, der für Sie in dieser Hölle sitzt und sich nun davor fürchtet, dass der Vielsafttrank nicht mehr reicht, bis Sie kommen, um ihn zu holen.“ Hermine sah nicht einmal von ihrem Teller auf, während sie sprach. „Das ist es doch sicher, was Sie ihm versprochen haben, damit er sich darauf einlässt, oder nicht? Das es nur eine Frage der Zeit ist, bis er wieder herauskommt und dann einen Platz ganz nah beim Dunklen Lord innehat. Oder war es vielleicht doch anders… Haben Sie ihm gedroht? Oder seiner Familie? Beides?“
„Granger!“ zischte Draco leise und warf ihr einen warnenden Blick zu. „Hast du völlig den Verstand verloren?“
„Gerade eben wieder gefunden. Danke.“ erwiderte Hermine ruhig, stand auf und wandte sich zu Lucius. Obwohl ihre Augen voller Angst waren, hatte sie ihre Schultern stolz gestrafft und hielt seinem Blick stand.
„Ich durchschaue Sie, Malfoy. Ich habe Sie die ganze Zeit durchschaut. Ich habe mir gedacht, dass Sie wahrscheinlich auf diese Art und Weise aus Askaban entkommen sind. Der Artikel ist der Beweis. Ich weiß auch, was Sie mit mir vorhaben, warum sie mich entführt haben. Aber es wird nicht funktionieren. Ich liefere ihnen Harry nicht aus, egal was sie mit mir machen und wie sehr sie mich noch quälen.“
Ein Zittern ging durch ihren Körper und sie schaffte es nicht länger ihm noch in die Augen zu sehen. „Ich komme hier sowieso nicht mehr lebend raus- habe ich Recht? Bringen Sie es hinter sich. Ich würde mich eher selbst umbringen, als Harry zu verraten.“
„Das stellen Sie gerade eindrucksvoll unter Beweis.“ bemerkte Lucius kalt und nahm einen tiefen Schluck von seinem Wein. Dabei ließ er sie nicht eine Sekunde aus den Augen. „Sehnen Sie sich nach dem Tod, Miss Granger?“ Wieder erschien dieses Lächeln auf seinem Gesicht, das ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er stand langsam auf und zog ohne Hast seinen Zauberstab.
„Ich will nicht sterben.“ Hermine schluckte und ließ seinen Zauberstab nicht eine Sekunde aus den Augen. „Doch es gibt für mich lebend keinen Weg hier raus und jedes Lehrbuch sagt der Avada Kedavra sei schnell und schmerzlos. Also tun sie's. Es macht keinen Unterschied.“
„Sie sind mutiger als ich gedacht habe- oder vielleicht doch nur unglaublich dumm?“ Lucius legte den Kopf schief und wog seinen Zauberstab abwägend in der Hand.
„Avada Kedavra? Das ist so… schmucklos. Es gibt so viele andere Möglichkeiten. Vielleicht quäle ich Sie einfach bis sie vor Schmerzen sterben. Wie gefiele Ihnen das?“
„Das würden Sie nicht tun.“ erwiderte Hermine, doch ihre Stimme strafte die Sicherheit ihrer Worte Lügen. „Sie sind wie eine Schlange. Heimlich und hinterrücks. Mit einem einfachen Fluch zu töten fällt ihnen leicht. Doch jemanden langsam umzubringen und zuzusehen, wie das Licht in seinen Augen erlischt, das können Sie nicht. Das erfordert einen Mut, die Ihnen fehlt.“
Das selbstgefällige Lächeln auf Lucius Gesicht erstarb. Hermines Blick huschte kurz zu Draco, der nur fassungslos den Kopf schüttelte. „Manch einer kann überhaupt nicht töten…“
Draco erstarrte bei ihren Worten, doch auf Lucius schienen sie die gegenteilige Wirkung zu haben. Bevor Hermine wusste wie ihr geschah, war er schon bei ihr und hatte sie gewaltsam am Kragen gepackt.
„Langsam habe ich genug von dir.“ zischte er und seine Augen hatten das gleiche gefährliche Funkeln, wie einige Stunden zuvor, bevor er sie besinnungslos geschlagen hatte. „Du glaubst der Tod wird dir willkommen sein, wenn es soweit ist?“ Er schüttelte kurz den Kopf und stieß sie von sich. Hermine verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Als sie aufsah, stand er über ihr und hielt den Zauberstab auf sie gerichtet.
„Crucio!“
Der Schmerz, der Hermine durchfuhr, war kaum zu beschreiben. Es war als würde sie von innen verbrennen. Sie schrie und wand sich in Krämpfen, während das Blut laut in ihren Ohren rauschte und ihr Herz schmerzhaft in ihrer Brust hämmerte. Und dann plötzlich, als sie schon dachte, dass nur noch der Tod die Macht hatte diesen Qualen ein Ende zu bereiten, hörte es auf. Lucius stand einfach nur über ihr und betrachtete sie teilnahmslos. Die anderen hatten ihre Blicke gesenkt.
„Man sagt die Qualen des Cruciatus Fluches kommen dem Gefühl eines Todeskampfes sehr nahe. Ich werde Sie nicht töten… Noch nicht. Ich gebe Ihnen Zeit, Ihre Einstellung dem Tod gegenüber noch einmal zu überdenken.“ Er steckte seinen Zauberstab wieder weg und setzte sich zurück an seinen Platz.
„Draco, hilf ihr auf und bring sie auf ihr Zimmer. Danach kommst du in mein Arbeitszimmer…“
Sein Blick wanderte kurz zu Pansy, die nur mit bleichem Gesicht da saß und auf ihren Teller starrte. „Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen.“
„Ja…“ Ohne ein Wort der Widerrede erhob sich Draco, half Hermine vorsichtig auf die Beine und stützte sie auf dem Weg nach draußen. Und obwohl ihr Blick immer noch getrübt war, entging ihr nicht der gequälte Ausdruck auf seinem Gesicht.
Sie fragte sich, was in diesem Haus hinter verschlossenen Türen noch vor sich ging.
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