von Tonx
Es herrschte allgemein große Unruhe in den nächsten Tagen, da immer wieder Ordensmitglieder ein- und ausgingen. Zudem geschah es äußerst oft, dass man, wenn man um eine Ecke bog auf einmal einen Zauberstab vor dem Gesicht hatte, wenn die Person, die auf der andern Seite der Ecke stand, etwas schreckhaft oder ängstlich war. Es wurde im Großen und Ganzen wenig geredet und wenn doch, dann über nichtige Themen, wie das Wetter, Essen oder Quidditsch. Desto ungewöhnlicher war das Gespräch, das Ron und Hermine ungewollt mitbekamen, als sie sich zu zweit in einer Besenkammer im Keller beschäftigten. Da sie schlecht einfach zu zweit aus diesem herausplatzen konnten (das wäre doch ein bisschen unangenehm gewesen), waren sie sozusagen gezwungen, den Worten, die unmittelbar vor ihrem Versteck gesprochen wurden, zu lauschen.
„Haben sie unter den Wehrwölfen irgendetwas erfahren können, ob Sie- Wissen- Schon- Wer unseren Standort bereits kennt?“, hörten die beiden Professor McGonagalls Stimme.
„Wie Sie sehr gut wissen, Minerva, können Wehrwölfe in ihrer verwandelten Form nicht in einer menschenähnlichen Sprache kommunizieren…“, antwortete ihr Lupin mit ruhiger Stimme.
„Nein, Remus, Sie irren sich! Man weiß nicht, ob sie kommunizieren können… Die meisten erinnern sich nur nicht daran, nachdem sie zurückverwandelt sind!“, fuhr McGonagall dazwischen. Ron und Hermine hörten Lupin leise lachen.
„Ich habe noch mit keinem Wehrwolf geredet, der dazu im Stande war“, beruhigte Lupin sein Gegenüber. „Der einzige, der dazu eventuell im Stande sein könnte, wäre Greyback. Bei dem ist man sich sowieso nicht sicher, wann er verwandelt ist und wann nicht.“ Als Lupin geendet hatte, lachte er kurz und trocken auf.
„Ich komme nicht darauf, was Sie daran komisch finden“, bellte McGonagall im Flüsterton.
„Verzeihen sie mir Minerva… Man verändert sich bei einer solchen Arbeit, sie wissen das sicher selbst…“, gab Lupin nun wieder in ernsterem Ton zurück. Dann konnten die beiden im Schrank nur noch hören, wie sich zwei paar Füße die Treppe hoch entfernten.
„Meinst du wirklich, dass Wehrwölfe sich untereinander verständigen können, wenn sie verwandelt sind?“, fragte Ron Hermine. Sie saßen mit Harry im Zimmer der Jungs und Hermine hatte gerade ihre Erzählung geendet, der Harry aufmerksam gefolgt war.
„Ich weiß es nicht… Alles was ich gelesen habe, war in etwa das, was Lupin und McGonagall gesagt haben…“, antwortete sie in Gedanken versunken.
„Mal was anderes, Harry“, erwachte Hermine nach einigen Sekunden des Schweigens aus ihrer Denkstarre. „Weist du wie es um Hogwarts steht? Hatt McGonagall dir gegenüber etwas erwähnt?“
Harry schüttelte traurig den Kopf.
„Aber ihr wisst, ich werde nicht eher…“, sagte er ernst.
„Ja, wissen wir“, fiel ihm Ron ins Wort, der diese bedrückenden Worte nicht ausgesprochen hören wollte.
„Uns fehlt noch etwas von Griffindor und Voldemords Schlange Nagini. Diese wird wohl am schwierigsten werden… Sie hält sich immer in seiner Nähe auf, soweit wir informiert sind. Jedenfalls hat das auch… Dumbledore gesagt“, stellte Harry fest, wobei seine Stimme gegen Ende des Satzes etwas zittrig wurde.
„Und, schon eine Spur?“, hakte Hermine übertrieben neugierig nach und Harry sah sie kurz dankbar an, dafür dass sie seine Unsicherheit einfach übergangen hatte.
„Nein, das einzige, was er zurückgelassen hat, ist in Hogwarts… Sein Schwert…“, antwortete er und verfiel ins Grübeln.
Die Anspannung im Haus wurde immer dann automatisch größer, sobald die Dunkelheit hereinbrach und mit ihr die Ungewissheit und Unsicherheit jeden Bewohner übermannte. Im Dunkeln war es noch schwieriger irgendetwas frühzeitig wahrzunehmen und sich zurechtzufinden, außerdem waren die Todesser des Nachts bekanntermaßen viel aktiver, als wenn es hell war.
Harry und Ginny waren mittlerweile zu der stillen Vereinbarung gekommen, möglichst normal miteinander umzugehen, was Hermine besonders erleichterte, da sie nun wieder mit allen drei ihrer Freunde etwas machen konnte ohne Streit zu befürchten. Es machte sie aber trotzdem äußerst traurig die beiden getrennt zu sehen und sie merkte es nicht nur bei Ginny, die immer mal wieder noch mit roten Augen anzutreffen war, dass sie sich die Beziehung wieder zurückwünschte – nein, auch bei Harry merkte sie, dass es nicht leicht für ihn war. Hermine hatte mit ihrer Freundin auch nicht mehr über die Sache mit Malfoy geredet und nagte oft noch an der Frage herum, ob er sie nun wirklich vergewaltigt hatte oder nicht. Sie wollte Ginny aber auch nicht darauf ansprechen, da die allgemeine Situation im Haus schon alle Nerven forderte und deswegen alle weiblichen Wesen sehr sensibel und emotional geworden waren, während alle männlichen Bewohner eher schnell aufbrausten.
Als endlich einmal wieder Professor McGonagall im Fuchsbau zum Abendessen bei ihnen war, wurde sie sofort von allen anwesenden Hogwartsschülern bestürmt mit der Frage, ob ihre Schule wieder pünktlich zum eigentlichen Unterrichtsbeginn in einer Woche geöffnet werden würde oder nicht.
„Es tut mir wirklich leid, ich werde morgen Eulen an alle Familien der Schüler schicken und ihnen mitteilen, dass der Beginn des Schuljahres erst einmal um einen Monat verschoben wird…“, antwortete ihre Schulleiterin mit ungewöhnlich kratziger Stimme und sah sie traurig an. Hermine konnte nicht anders, sie hatte Tränen in den Augen.
„Das is‘ nich’ fair…“, murmelte sie leise und ließ sich von Ron in den Arm nehmen. McGonagall kniff ihre Lippen zusammen, sodass sie gar nicht mehr zu sehen waren und legte Hermine einen flüchtigen Moment die Hand auf die Schulter, dann setzte sie sich ein paar Meter weiter auf einen freien Stuhl neben Lupin und verfiel mit ihm in angeregtes Flüstern. Als Hermine sich, ihm ein kleines Lächeln schenkend, aus Rons Umarmung löste, sah sie Harry einen Moment an, dessen Mine sich verfinstert hatte.
„Nicht mehr lange, dann haben wir ihn…“, grummelte er und sie spürte plötzlich eine Kraft, die ihren Freund umströmte, die sie sonst nur von Dumbledore gekannt hatte. An den erstaunten Blicken von Ginny und Ron erkannte sie, dass auch ihre beiden Freunde diese Ausstrahlung wahrnahmen und als Harry Ginny direkt in die Augen schaute, wurde die Kraft noch größer. Harry lachte über die verwirrten Gesichter seiner Freunde und fragte verwundert: „Was ist denn in euch gefahren? Wächst mir irgendwas aus der Nase?“
Die drei schüttelten, immer noch wie im Bann von dem eben Gefühlten, den Kopf und wechselten schnell das Thema. Harry wirkte kurz noch etwas verdutzt, ging aber dann auf die Frage, die ihm Hermine gestellt hatte, ohne Umschweife ein.
Als die Nacht hereinbrach, wurde es wieder unruhiger im Haus. Um sich nicht von der allgemeinen Hektik anstecken zu lassen, gingen Harry, Ginny, Ron und Hermine nach dem Essen in den Garten hinaus und setzten sich im hinteren Teil auf eine Mini- Lichtung zwischen ein paar Büschen, um sich die Sterne am glasklaren, dunklen Himmels anzusehen. Sie saßen so eine Weile schweigend beieinander, bis Harry plötzlich aufsprang.
„Er kommt! Er weiß es, er kommt hier her!“, flüsterte er in die Nacht hinaus.
Seine Freunde schauten ihn verwirrt und ängstlich an.
„Bist du… bist du dir sicher?“, fragte Ron und er klang etwas panisch.
„Ja!“ Hermine konnte im Licht der Sterne Harrys Konturen klar erkennen und sie sah, wie sich sein Gesicht zu einem Lächeln verzog.
„Harry, warum… warum lachst du?“ Ginny sah ihn aus aufgerissenen Augen an.
„Das war nicht ich“, antwortete er leise, doch Hermine konnte wieder die Kraft spüren, die er auf einmal ausstrahlte. Harry blickte jedem seiner Freunde einmal kurz und eindringlich in die Augen, da hörten sie auch schon Schreie vom Haus her und Harry rannte gefolgt von Ginny, Ron und Hermine in Richtung des Fuchsbaus davon.
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