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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Generationen

von Muggelchen

'Willkommen in meinem Haus, Vater!', echote es in der großen Halle von Malfoy Manor wider.

Wie in einem Traum gefangen beĂ€ugte Lucius stillschweigend seinen Sohn, dessen BegrĂŒĂŸung nicht ganz dem entsprach, wie er sie sich nach all der Zeit ausgemalt hatte. Den Satz wiederholte er stĂ€ndig in Gedanken – 'Willkommen in meinem Haus, Vater!'. 'Meinem Haus!'.

Dem strengen vĂ€terlichen Blick beugte sich der junge Mann nicht, stattdessen hielt er das Haupt stolz erhoben und die HĂ€nde hinter dem RĂŒcken verschrĂ€nkt – ganz so, wie ein hochgeborener Hausherr es tun sollte, um Eindruck zu schinden. Zu lange wollte Lucius sich dem Schrecken der Unwissenheit nicht ergeben, welcher Wandel ihn hier wohl erwarten wĂŒrde.

„Ist das eine angemessene Art“, die Oberlippe legte fĂŒr einen Moment die ZĂ€hne frei, „mich nach all den Jahren Daheim willkommen zu heißen?“
„Ja“, erwiderte sein Spross blitzschnell, zuckte dabei nicht einmal mit der Wimper. „Es wird dir sehr bald auffallen, Vater, dass sich einige Situationen geĂ€ndert haben.“
„Die du hoffentlich nicht jetzt alle aufzĂ€hlen möchtest.“
Eine Augenbraue war in dem jugendlichen Gesicht arrogant nach oben gewandert. „NatĂŒrlich nicht. Du kannst dich ein wenig ausruhen, dich frischmachen. Vor dem gemeinsamen Abendessen möchte ich allerdings ein Wort mit dir wechseln. Ich erwarte dich gegen halb sieben im grĂŒnen Salon.“ Lucius bemerkte den Blick, den Draco seiner Mutter zuwarf. Wieder an ihn gewandt sagte sein Sohn: „Du möchtest sicherlich die ersten Stunden in diesem Haus mit Mutter verbringen.“

Seine Augen wanderten zu Narzissa hinĂŒber. Ihr Anblick verschlug ihm die Sprache, so dass er lediglich nickte. Sein Sohn ließ sie allein.

Wie der Anblick eines geliebten Menschen einem mit einem Schlag die Sprache verschlagen konnte, war immer wieder ein erstaunliches Erlebnis fĂŒr Lucius. Doch nicht nur seine Sprache verlor er, sondern erneut sein Herz. Leise, kaum hörbar, hauchte er das Einzige, was sein Atem hergeben konnte.

„Meine Narzissa.“

Mit ausgestreckten Armen wartete er darauf, dass seine Gattin ihn nun inniger begrĂŒĂŸen wĂŒrde und das tat sie. Ihre zarte Gestalt in seinen Armen gab ihm ein Teil von dem zurĂŒck, was er in der letzten Zeit in Askaban, beim Dunklen Lord und spĂ€ter im Mungos verloren hatte. So lange hatte er sich nach ihr gesehnt, nach der weichen Haut mit ihrem sinnlichen Duft, nach den Haaren, die so golden waren, als seien sie aus den Strahlen der Sonne gewebt. Ihre Arme umschlossen ihn. Nur am Rande vernahmen beide das GerĂ€usch des auf den Boden aufschlagenden Gehstocks, der aus Lucius HĂ€nden geglitten war, als er sie an sich drĂŒckte. Ihre Lippen auf den seinen waren das Feuer, nach dem sein Innerstes gedĂŒrstet hatte. Der erste Kuss seit fast acht Jahren, doch in seiner Wirksamkeit dem Elixier des Lebens sehr Ă€hnlich. Lucius wurde springlebendig. Die WĂ€rme ihrer Haut, die Lippen, der salzige Geschmack.

Lucius stutzte und beendete den Kuss langsam, um sie anzuschauen. An ihren Wangen liefen TrÀnen herab. Sie weinte lautlos.

„Nicht doch, meine Liebe, nicht.“ Die Suche nach einem Taschentuch blieb erfolglos, so nutzte er seine KĂŒsse, um ihre TrĂ€nen zu trocknen.

Im ersten Stock hielt sich Draco noch immer am Pfosten des Bettes fest. Mit einer Hand rieb er seine Augen. Susan strich ihm besorgt ĂŒber den RĂŒcken, im anderen Arm hielt sie Charles.

„Draco, ist etwas Schlimmes vorgefallen? Sag schon, wie ist es gelaufen?”
Er atmete zittrig aus, bevor er sich aufs Bett setzte. „Ich weiß nicht. Nachher werde ich mit ihm reden. Ich muss mir noch ein paar Dinge ĂŒberlegen, die ich geklĂ€rt haben will.” Schweiß glitzerte auf seiner Stirn.
„Möchtest du, dass ich dabei bin?”
Resignierend schĂŒttelte er den Kopf. „Manche Dinge muss ich allein machen. Es wĂŒrde einen schlechten Eindruck hinterlassen, wenn du oder Mutter dabei wĂ€rt. Ich muss gegen ihn ankommen. Wenn das erledigt ist, wird das Leben mit ihm nur halb so schwer. Ich werde ihm einen BĂ€ren aufbinden mĂŒssen.”
„Wie meinst du das?”
Trotzdem es nicht zu leugnen war, dass die Situation ihm sehr zusetzte, schnaufte er amĂŒsiert. „Was glaubst du wohl wĂŒrde er tun, wenn ich ihm erzĂ€hle, ich hĂ€tte Harry aus purer Freundschaft zum Paten gemacht? Oder die Heirat mit dir? FĂŒr ihn scheinen GrĂŒnde wie”, er blickte Susan in die Augen, „Liebe nicht zu zĂ€hlen, jedenfalls nicht bei allen anderen Menschen außer ihm.”
„Ich ...” Sie blinzelte einige Male. „Draco, ich verstehe nicht.”
„Ich werde meine gesamte Situation vor ihm offen legen, aber die GrĂŒnde werde ich ein wenig abĂ€ndern. Er soll ruhig wissen, dass ich durchaus noch sein Sohn bin, auch wenn er es sein wird, den ich ein wenig an der Nase herumfĂŒhre und nicht die anderen, wie ich es ihm weismachen werde.”
„Wenn das mal nicht daneben geht.”
„Susan, mal eine ernst gemeinte Frage: Willst du Hausfrieden? Denn wenn ich meine PlĂ€ne nicht umsetze, wird es hier die Hölle werden.”
„Dann schmeiß ihn raus! Bei Merlin, es ist dein Haus und nicht mehr seins. Deine Mutter hat alles auf dich ĂŒberschrieben.”

Nickend stimmte er ihr zu, doch sollte er ihrem Vorschlag nachkommen, wĂŒrde noch etwas ganz anderes geschehen, dessen war er sich sicher.

„Ich möchte nicht, dass Mutter mit ihm geht und sie möchte uns auch nicht zurĂŒcklassen, aber ich weiß, wie sie sich entscheiden wĂŒrde, sollte es so weit kommen. Wir wĂ€ren dann keine Familie mehr. Wir wĂ€ren zwei Familien: das Ehepaar mittleren Alters und die junge Familie mit Kind. Das ist nicht das, was ich mir wĂŒnsche, Susan.”

Eine ganze Weile saßen sie nebeneinander auf dem Bett. Der Einzige, der den Mund nicht halten konnte, war Charles, denn er hatte gerade seinen Speichel als interessantes Spielzeug entdeckt und brabbelte wild drauf los, dass die kleinen BlubberblĂ€schen an seinem Mund nur so platzten. Schmunzelnd betrachtete Draco den fröhlichen Jungen auf Susans Arm.

„Was wird denn das?”, fragte er den Kleinen, sein Tonfall war dabei etliche Oktaven höher.
„Er sammelt Speichel”, warf Susan ein, „um auf seinen Großvater spucken zu können, sollte der ihm Wörter wie 'Schlammblut' an den Ko...” Sie atmete einmal hektisch aus und wieder ein, unterdrĂŒckte ihre TrĂ€nen, die die Wut ihn ihr aufkommen ließen. „Wenn er auch nur ein einziges Mal ...”
„Wird er nicht, Susan, ganz bestimmt nicht. Es mag nicht so gelaufen sein, wie mein Vater es sich fĂŒr mich gewĂŒnscht hat, aber ich werde ihm klarmachen, dass es mich nicht besser hĂ€tte treffen können.”

Um Punkt halb sieben öffnete Lucius die TĂŒr zum Salon. Kaum war er vorhin in seine samtene Garderobe geschlĂŒpft, die nach all den Jahren ein wenig zu groß war, fĂŒhlte er sich wieder wie Zuhaus, als wĂ€re er nie fort gewesen. Er wĂŒrde mehr essen mĂŒssen, hatte Narzissa vorhin im Bett gesagt, dann wĂ€re er wieder ganz der alte. Vom GefĂŒhl her war er das lĂ€ngst. Er war in seiner vertrauten Umgebung, hatte seine Frau an der Seite. Über die kleinen VerĂ€nderungen im Haus konnte Lucius hinwegsehen, auch wenn das bei dem hellen Marmorboden in der Eingangshalle schwerfiel.

„Vater, setzt dich doch.” Sein Sohn bot ihm in seinem eigenen Haus einen Platz an, doch Lucius blaffte ihn nicht an, biss sich stattdessen auf die Zunge. „Ich hoffe, du wirst dich schnell einleben.”

Mit einer Bemerkung hielt sich Lucius zurĂŒck. Er wollte zunĂ€chst hören, was sein Sohn zu sagen hatte. Das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, war er noch in Askaban gewesen und Draco hatte ihm von Miss Bones erzĂ€hlt, dachte Lucius grimmig. Damals hatte er seinem Sohn eine Ohrfeige gegeben, trotzdem er blind gewesen war. Miss Bones und das Balg mĂŒssten hier irgendwo im Haus sein.

Draco setzte seinen gefĂŒhlskĂ€ltesten Gesichtsausdruck auf. „Meine BegrĂŒĂŸung war angemessen, Vater. Ich möchte kein Geheimnis draus machen: Das Malfoy-Anwesen und alle Verliese unserer Familie gehören mir. Als es Mutter noch nicht so gut ging, hat sie all den Besitz eigenstĂ€ndig an mich abgetreten.”
Jetzt hielt Lucius nichts mehr. „Beschwatzt hast du sie! Wie kannst du es wagen, deiner eigenen Mutter ...?”
„Nein, Vater”, Draco stoppte ihn mit einer Geste seiner Hand, „sie hat mich damit ĂŒberrascht. Frag bei Gringotts nach. Sie war allein dort und hat alles geregelt. Ich wusste von nichts, bis sie mir die Papiere ĂŒberreicht hat.”
Missgelaunt kniff Lucius die Augen zusammen. Seine Lippen verzogen sich, als hĂ€tte er in einen zu sauren Apfel gebissen. „Was willst du mir damit sagen?”
„Was denkst du?”, gab Draco frech zurĂŒck.
„Ich habe keine Lust auf deine Spielchen, mein”, er verzog das Gesicht, „'Sohn'. Willst du mich des Hauses verweisen, dann nur zu, aber ich rate dir, mach mir ja nichts vor.”
„Warum sollte ich dich hinauswerfen? Bisher hast du dir hier nichts zu Schulden kommen lassen und ich verlange”, mit einem einzigen Blick untermalte er die Ernsthaftigkeit seiner Aussage, „dass das auch so bleibt!”
„Ah, verstehe!” Lucius schnaufte wild und ging einen Schritt auf das SchrĂ€nkchen mit den Spirituosen zu, um sich einen krĂ€ftigen Drink einzuschenken. „Willst deinem alten Herrn ein paar Regel auferlegen, liege ich richtig mit der Annahme?”
„Und wenn es so wĂ€re?”, fragte Draco unschuldig.
„Ich kann mir schon gut denken, welche Richtlinien du mir ans Herz legen willst.” Das Glas Feuerwhisky war mit drei Schlucken leer. „Deine Gattin, nicht wahr? Die ehemalige Miss Bones.” VerstĂ€ndnislos schĂŒttelte Lucius den Kopf und flĂŒsterte dabei etwas, was Draco nicht verstehen konnte. Der Feuerwhisy wurde erneut ins Glas eingeschenkt. „Ich verstehe nicht, warum es dir nicht einleuchten wollte, dass eine Hochzeit mit Miss Parkinson gesellschaftlich wie auch finanziell deine Zukunft gesichert hĂ€tte. Glaube mir, Draco, wenn ich sage, dass Zweckehen einen gewissen Vorteil mit sich bringen“, sagte Lucius ausgesprochen kĂŒhl.
„Ich denke, Vater“, begann Draco in einem arroganten Tonfall, „dass ich ohne Familie Parkinson eine viel besser Chance auf all das habe, was du dir von meiner Ehe versprichst.“
„Was willst du damit sagen?“ Über den Tonfall seines Sohnes war er mehr als nur erbost.
Draco behielt seine arrogante Stimme bei und imitierte damit perfekt seinen Vater. „Mrs. Parkinson ist vermisst und deine Lieblingsschwiegertochter war ebenfalls fĂŒr lange Zeit verschollen.“
„Aber das Vermögen ist noch da!“, entgegnete sein Vater trocken, als sei dies Grund genug gewesen, eine Ehe mit Pansy vorzuziehen.
„Da muss ich dich enttĂ€uschen, Vater. Mr. Parkinson liegt seit Jahren im Mungos und ist arm wie eine Kirchenmaus“, erklĂ€rte Draco. „Die Familie, in der ich mich jetzt bewege, hat nicht nur ein unglaublich hohes Ansehen in der Gesellschaft, sondern sie ist darĂŒber hinaus auch noch sehr reich, doch beides ist mir völlig egal, denn fĂŒr die Frau, die ich geheiratet habe, empfinde ich eine so tiefe Zuneigung, dass mir all deine Lehren ĂŒber die Erhaltung der ReinblĂŒtigkeit nichts mehr bedeuten. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es sein muss, mit jemandem in den Stand der Ehe zu treten, den man nicht ausstehen kann, nur weil es dem Geldbeutel und dem Blut gut tun könnte. Du magst das GlĂŒck gehabt haben, die Frau ehelichen zu können, die du begehrt hast oder war das etwa auch eine von Großvater arrangierte Hochzeit gewesen?“

Aufgebracht stĂŒrmte Lucius auf seinen Sohn zu, doch er blieb einen Meter vor ihm stehen, obwohl er ihm fĂŒr dieses dreiste Benehmen unbedingt eine Ohrfeige verpassen wollte. Es war die Furchtlosigkeit, die sein Sohn ihm entgegenbrachte, die ihn innehalten ließ. Draco war erwachsen und er zeigte keine Angst mehr vor seinem Vater, ließ sich nicht einmal mehr einschĂŒchtern.

NatĂŒrlich hatte Draco bemerkt, dass sein Vater ihn fĂŒr diese Frechheit hatte bestrafen wollen. TatsĂ€chlich bereute er, was er gesagt hatte. „Ich weiß, dass du Mutter liebst und sie liebt dich. Es tut mir Leid, dass ich eure Verbundenheit mit der ErwĂ€hnung einer Zwangsehe in den Schmutz gezogen habe.“ Die GesichtszĂŒge seines Vaters zeichneten sich wieder weicher, so dass Draco noch mutig hinzufĂŒgte: „Gerade deshalb dachte ich, du wĂŒrdest meine Entscheidung verstehen, Vater. Susan bedeutet mir genauso viel wie Mutter fĂŒr dich.“

Ein Muskel unter Lucius' linkem Auge zuckte nervös. Mit starrem Blick musterte er seinen Sohn, um ihn zu durchschauen, doch offenbar war Draco viel zu viele Jahre mit Severus zusammengewesen. Sein Junge war fĂŒr ihn kein offenes Buch mehr, sondern eines mit sieben Siegeln.

„Was hast du erwartet, Vater? Das ich mich reumĂŒtig neben dich stelle und zusehe, wie unser Haus weiterhin in den Schmutz gezogen wird? Ist es das, was du erwartet hast?”
„Du bist derjenige, der das Haus besudelt hat, Draco! Musste Harry Potter unbedingt der Pate deines Kindes werden?”
„Ich habe das Haus besudelt? Nun, ich will dieses eine Mal noch versuchen zu erklĂ€ren, warum ich bestimmte Entscheidungen so getroffen habe. Das Haus Malfoy fĂŒhre von jetzt an ich, wie ich es dir bereits zu verstehen gegeben habe. Du kannst dich gern in deine Vergangenheit zurĂŒckziehen, wenn es dir beliebt, aber steh' mir auf keinen Fall im Weg!” Gelassen ging Draco ein paar Schritte auf seinen schockiert dreinschauenden Vater zu, die Arme derweil herrisch vor der Brust verschrĂ€nkt. „Ich bin das, was du aus mir gemacht hast, werde damit fertig. Harry Potter ist der mĂ€chtigste Zauberer unserer Zeit. Er denkt stets an andere zuerst und dann an sich selbst. Sag, Vater, gibt es eine bessere Wahl fĂŒr den Paten meines Sohnes?”
„Aber unsere Familie ... Was werden die Anderen denken?” Sein Sohn war ihm mit einem Male so fremd.
„Welche anderen meinst du? Diejenigen, die in Askaban sitzen und höchstens durch ein StĂŒckchen Tagesprophet etwas von uns erfahren, bevor sie sich damit den Allerwertesten sĂ€ubern? Oder meinst du diejenigen, die denken, dass ich mich geĂ€ndert habe und dass ich ein besserer Mensch geworden bin? Ein besserer, als du es jemals warst! Sie tun genau das, was ich will und sie denken das, was ich möchte. In dieser neuen Welt, mein lieber Vater, gelten deine Ideale nichts mehr, denn es gibt neue Herrscher. Ich schließe BĂŒndnisse mit den neuen Machthabern, um selbst mĂ€chtiger zu werden. GefĂ€llt dir der Gedanke etwa nicht? Dabei dĂŒrfte dir das doch sehr bekannt vorkommen, oder? Meine Methoden mögen andere sein als die deinen, doch das Ziel ist das Gleiche.”

Ganz wohl war Lucius bei dem, was er hören musste, nicht. War das sein Sohn? Hatte er sich wirklich gerade diese Eigenschaften von ihm angenommen? In Lucius' Kopf purzelten viele Fragen auf einmal umher, bis er glaubte, verstanden zu haben.

„Ah, dann ist diese Hochzeit mit dem Halbblut nur ein Vorwand fĂŒr deine wirklichen Absichten? Du kannst dir ja nebenbei eine reinblĂŒtige MĂ€tresse nehmen, um die Schande, die du mir zugefĂŒgt hast, etwas abzumildern.”
„Schande, Vater?” Draco war erbost. „Du sprichst von Schande? Ja, natĂŒrlich”, sein Tonfall wurde sarkastisch, „du hast Recht. Ich hĂ€tte mir auch ein Reinblut nehmen können. Ganz ohne Zweifel wĂ€re ein Kind aus dieser Verbindung gleich mit genetischen Defekten zur Welt gekommen. Es wĂ€re vielleicht blind, wie es ja in unserer Familie zu liegen scheint oder vielleicht sogar ein Squib, aber was macht das schon? Die Hauptsache wĂ€re doch, dein Sohn gibt sich nicht mit einem 'dreckigen Halbblut' ab. Im Übrigen solltest du etwas vorsichtiger mit deinem Urteil ĂŒber HalbblĂŒter sein, Vater, denn immerhin war dein Dunkler Lord ebenfalls eines.”

So einen Fehler vom eigenen Sohn vorgehalten zu bekommen, brachte Lucius zum Kochen, doch Draco wollte noch ein wenig in dieser offenen Wunde stochern.

„Tom Riddle senior war ein Muggel und seine Mutter fast eine Squib. Ich weiß es und weißt du, von wem? Vom Patenonkel meines Kindes! Und nein, es sind keine LĂŒgenmĂ€rchen. Du kannst selbst Nachforschungen anstellen, wenn du mir nicht glaubst.” Mit Beispielen zu HalbblĂŒtern hielt Draco nicht zurĂŒck und zog auch seinen eigenen Patenonkel heran. „Was ist mit Severus? Sag mir nicht, du hĂ€ttest es nicht gewusst, bevor ihr ihn zu meinem Paten bestimmt habt. Der Vater ein Muggel, die Mutter eine Hexe mit dem Namen Prince.”
Um sich zu rechtfertigen, herrschte er seinen Sohn an: „Das war die Idee deiner Mutter!”
„Dann hat sie schon frĂŒher bewiesen, dass es ihr in gewissen Belangen egal ist, welcher Abstammung jemand ist, nicht wahr? Vielleicht dachte sie ĂŒber Severus als Paten genauso, wie ich ĂŒber Harry denke? Zum Wohle des Kindes nur das Beste!”

Das dritte Glas Feuerwhisky wollte gefĂŒllt werden. Durch bebende NasenflĂŒgel atmete Lucius den scharf wĂŒrzigen Geruch ein, bevor er das Glas leerte und erbost auf das Tablett donnerte.

„Es mag sein”, keifte er seinen Sohn an, „dass deine Mutter bei HalbblĂŒtern auch mal ein Auge zudrĂŒcken konnte, je nachdem, wie angesehen der reinblĂŒtige Elternteil war, aber sag mir, Draco, was zum Teufel du mit SchlammblĂŒtern zu schaffen hast?”
„Wie schon erwĂ€hnt schließe ich BĂŒndnisse, um meinen und natĂŒrlich auch den Status meiner Familie neu zu begrĂŒnden und zu festigen. DafĂŒr, dass ich erst vor einem guten halben Jahr damit angefangen habe, ist es mir doch schon ganz gut gelungen, meinst du nicht? Du hast sicher den Artikel von einer Dame namens Luna Lovegood im Tagespropheten gelesen. Auch solche Berichte tragen dazu bei, unsere Familie ins rechte Licht zu rĂŒcken. Ich werde nicht dulden, dass du dies mit deinen veralteten Ansichten zunichtemachst. Auch wenn du es vielleicht nicht gern zugeben möchtest, Vater, sind wir uns doch sehr Ă€hnlich. Viel Ă€hnlicher als mir vielleicht lieb ist. Ich habe das erkannt und ziehe meine Vorteile daraus, allerdings nicht ganz so eigennĂŒtzig wie du.”

So oft wie an diesem Abend war Lucius schon lange nicht mehr drauf und dran, gegen jemanden die Hand zu erheben, doch er hielt sich zurĂŒck. Die Worte seines Sohnes wiederholte er in Gedanken, bis er irritiert die Augen zusammenkniff.

„Dann bist du gar nicht auf deren Seite?”
„Ich bin auf meiner Seite, Vater”, sein Mund umspielte ein freches Grinsen, „aber ich breche auch Lanzen fĂŒr andere, von denen ich das Gleiche erwarten darf.”

Das sollte gereicht haben, dachte Draco, um seinem Vater etwas zum Nachdenken zu geben. Die LoyalitĂ€t zur eigenen Familie, zu der auch Familie Bones gehörte, stand fĂŒr ihn im Vordergrund und das wĂŒrde er sich nicht einmal von Harry nehmen lassen, doch der war sein Freund, ein aufrichtiger noch dazu. Wie es wirklich um sein Herz stand, musste sein Vater nicht wissen. Sicher war er sich jedoch, dass sein Vater sich aus seinen geschĂ€ftlichen Angelegenheiten, die mittlerweile gut anliefen, heraushalten wĂŒrde. Eintracht PfĂŒtzensee gehörte praktisch schon ihm allein. Alte GeschĂ€ftsfreunde seines Vaters hatten sich in den letzten Wochen an Draco gewandt, um Geld zu leihen oder GeschĂ€fte – legale – anzubieten, bei denen einiges an Gewinn herausspringen konnte. Diesen Menschen war egal, ob sie mit Draco oder Lucius Malfoy GeschĂ€fte machten, denn denen waren nur die Galleonen wichtig. Draco hoffte innig, dass sein Vater die Situation so interpretierte, wie er es wĂŒnschte und in Zukunft auch so handeln wĂŒrde, wie er es wollte.

Als er noch vor dem gemeinsamen Abendessen zu Susan ging, sah er sie grĂŒbelnd auf dem Bett liegen. Charles war neben ihr eingeschlafen. Er legte sich neben sie, so dass sie das Kind in die Mitte nahmen. Susan legte ihm ihre Hand auf die Schulter.

„Was hast du Draco?”, fragte sie ihn.
Sein Blick wanderte vom schlafenden Sohn hinauf zu ihren Augen. „Ich fĂŒhle mich schlecht, Susan. Ich habe alles verraten, an das ich glaube. Ich habe ihm gesagt, dass alles, was ich getan habe, nur aus Berechnung geschah. Dich zu ehelichen, Harry zum Paten und Hermine zur Trauzeugin zu machen. Alles.”

Als er den Kopf wieder hĂ€ngen ließ, legte seine Frau eine Hand auf die Wange.

„Also hat er es wirklich geglaubt?”, fragte sie ihn ernst. In seine PlĂ€ne hatte er sie vorhin erst eingeweiht.
„Ich kann sehr ĂŒberzeugend sein”, antwortete er matt.
„Ich weiß. Es war eine gute Taktik, Draco, ganz wie wir es besprochen haben. Du hast selbst gesagt, wir hĂ€tten ansonsten keine ruhige Minute mehr. Vielleicht hast du es geschafft und er setzt fĂŒr den Rest seines Lebens eine Maske auf und wird nach außen hin ein ertrĂ€glicher Mensch?”
„Eine Maske?” Draco seufzte. „Es wĂ€re viel schöner, wenn er die Familie und die Gesamtsituation so annehmen wĂŒrde, weil er es möchte. Er wird schon sehen, dass das Leben schön sein kann, wenn man freundlich zu Menschen ist. Seine Vergangenheit steht ihm aber im Weg, seine Ansichten. Die werde ich ihm nicht austreiben können.”
„Hoffen wir, dass er mit oder ohne Maske der liebenswerte Opa werden wird, den wir in ihm sehen möchten. Jemand, der nicht seine Todesser-Geschichten mit seinem Enkel teilen will, sondern von den schönen Dingen erzĂ€hlt, die er zweifelsohne erlebt haben muss.” Susan dachte an Narzissa und wie sie sich jetzt wohl fĂŒhlen wĂŒrde, ihren Mann nach knapp acht Jahren endlich wieder umarmen zu dĂŒrfen. „Ich werde ihm auf jeden Fall eine vorbildliche Schwiegertochter sein. Was er am Ende wirklich denkt, spielt keine Rolle mehr.”
„Stellst du dir das so einfach vor?”, fragte er ernst.
„Nein.” Diesmal seufzte sie. „Ich will nur keine ZĂ€nkereien haben. Das Haus und die GeschĂ€fte fĂŒhrst du. Dein Kopf muss fĂŒr wichtige Entscheidungen frei sein. Da ist einfach kein Platz fĂŒr Familienstreitigkeiten, die dein Urteilsvermögen trĂŒben und dich belasten”, gab sie ihm sanft zu verstehen und strich mit dem HandrĂŒcken ĂŒber seine Wange.
„Einen Trumpf habe ich noch und zwar denselben, wie schon einmal.”
„Welchen Trumpf, Draco?”
„Mutter! Ich habe keine Ahnung, was fĂŒr PlĂ€ne sie geschmiedet hat, aber ich weiß, dass sie sich in Bezug auf meinen Vater ebenfalls Gedanken gemacht haben muss.”

Gedanken machte sich auch jemand ganz anderes.

Hermine war die gesamte Woche ĂŒber wegen des bevorstehenden Treffens der TrĂ€nkemeister am kommenden Samstag ganz aufgeregt. Am Mittwoch sagte sie zu einem Kunden, seine „Schwachelsteinpastillen” wĂ€ren fertig. Der hatte ĂŒber den Silbenverdreher natĂŒrlich herzhaft gelacht und nannte Hermine humorvoll. Sie hingegen hatte durch die Rede, die sie tĂ€glich ĂŒbte, den Kopf voller Worte, weswegen ihr solche Fehler unterliefen. Solange es nicht auffiel und man ihre Zerstreuung als witzige Absicht deutete, war alles gut.

Dass es sich am Samstag um den Valentinstag handelte, war ihr völlig entfallen, aber wĂŒrde sie daran denken, dĂŒrfte sie sowieso mit keinerlei Aufmerksamkeit rechnen. Die Tage waren vorbei, an denen man ihr jugendlich euphorische LiebesschwĂŒre auf kitschigen KĂ€rtchen zusteckte. Jeden Abend vor dem Zu-Bett-Gehen las sie ihre Rede, mal laut, mal leise. Sogar Ginny musste sich einmal alles anhören, obwohl die nur etwas in der Apotheke kaufen wollte. In Gedanken formulierte sie bereits ausgeklĂŒgelte SĂ€tze, um ihre Arbeit gegen potenzielle Gegner ihrer Theorie zu rechtfertigen. Dank Severus rechnete sie nun ganz fest damit, dass man ihren Farbtrank in der Luft zerreißen wĂŒrde. Je nĂ€her der Samstag kam, desto zittriger wurden ihre Finger, mit denen sie die Pergamente hielt. Vor einer möglichen Ablehnung hatte sie große Angst.

An der TĂŒr ihres GeschĂ€fts hatte sie eine Information angebracht, dass die Apotheke am Samstag geschlossen wĂ€re. Ihre Kunden brachten VerstĂ€ndnis dafĂŒr auf. Viele haben gefragt, warum sie schließen wĂŒrde. Dass Hermine vor der Körperschaft der TrĂ€nkemeister eine Neuheit vorstellen wĂŒrde, hatte Eindruck geschunden. Es war ein schönes GefĂŒhl, dass die Menschen sie wegen ihrer Leistungen achteten, doch andere TrĂ€nkemeister waren ihr gleichgestellt und wĂŒrden sich nicht so leicht beeindrucken lassen. Die wĂŒrden nicht einfach staunend „Ah!” und „Oh!” rufen, sondern ihre Theorie hinterfragen und – wie Severus es nannte – sie ins Kreuzfeuer nehmen.

Eines Morgens war es plötzlich so weit. Es war Samstag. Das GeschĂ€ft war geschlossen. Sie flohte wie abgemacht gegen Mittag zu Harry und Ginny und holte sich ein paar aufmunternde Worte ab. Nebenbei bat sie Ginny darum, die Bilder vom letzten gemeinsamen Urlaub herauszusuchen, denn von denen wollte sie endlich mal AbzĂŒge haben. Gleich darauf ging sie hinunter zu Severus, um mit ihm die letzten Details fĂŒr den Abend durchzugehen.

Hogwarts wiederzusehen war sehr angenehm, obwohl sie nicht einmal lange fort gewesen war. Die SchĂŒler, die sie auf ihrem Weg in die Kerker antraf, waren alle noch die gleichen. Es war ein beruhigendes GefĂŒhl. Bei Severus' privaten RĂ€umlichkeiten angekommen klopfte sie recht zaghaft, doch er hatte sie gehört, denn die TĂŒr wurde aufgerissen.

„Ah, Miss Granger!”
Sie erstarrte, verzog dann das Gesicht und Ă€ffte ihn nach. „Miss Granger? 'Miss'?” Irritiert schĂŒttelte sie den Kopf, musste aber grinsen. „Was ist aus 'Hermine' geworden?”
Ein verlegenes RĂ€uspern seinerseits, dann die Antwort: „Die steht vor mir und wird gerade hineingebeten.” Mit einer Hand machte er eine einladende Geste, so dass sie eintrat. „Ich habe mir gestattet, von den Hauselfen eine Mahlzeit bringen zu lassen.”
„Ich weiß nicht, ob ich was essen sollte. Nicht dass ich noch Magenprobleme bekomme.”
„Dagegen gibt es TrĂ€nke. Essen Sie was, sonst machen Sie im Laufe des Abends noch schlapp und das wollen wir beide doch wohl nicht.”

Sie gab nach und ließ sich bewirten. Die ganze Woche ĂŒber hatte sie allein essen mĂŒssen und es war langweilig gewesen. Wenn man niemanden hatte, mit dem man zusammensitzen konnte, dann sah man regelmĂ€ĂŸige Mahlzeiten nicht so eng. Es schien nur noch halb so wichtig. FĂŒr sich allein kochte Hermine gar nicht, nicht einmal Spaghetti. Nur selten kaufte sie etwas Warmes von einem Restaurant in London. Den angebotenen Lieferservice konnte sie schwerlich nutzen.

„Wir sollten nachher pĂŒnktlich bei der Veranstaltung erscheinen, um schon im Vorfeld die Lage zu erkunden.”
'Die Lage erkunden?', dachte Hermine. „Severus, das ist keine Spionagesache, wo Sie die Leute beobachten mĂŒssen.”
„NatĂŒrlich nicht, aber es wĂ€re interessant zu erfahren, wer sich alles dort aufhalten wird. Ich werde den einen oder anderen Gast neugierig auf Ihren Beitrag machen und”, er blickte sie an, „Sympathien fĂŒr Sie wecken.”
„Das wollen Sie tun?”
„Habe ich mich so missverstĂ€ndlich ausgedrĂŒckt?”

Sie schenkte ihm ein dankbares LĂ€cheln, das er nicht vergessen wollte. WĂ€hrend des gemeinsamen Essens redeten sie ĂŒber andere Belange, nicht ĂŒber den heutigen Abend, denn Hermine war so schon aufgeregt genug. Ihr war aufgefallen, dass er in der einen Woche, in der sie ihn nicht gesehen hatte, sehr blass geworden war. Sie tippte auf Schlafmangel, verkniff sich aber die Frage nach seinem Wohlbefinden.

„Ich hielt es fĂŒr angemessen”, Severus erhob sich und ging zu einem Schrank hinĂŒber, „Ihnen etwas fĂŒr den heutigen Abend zu geben.” Aus dem Schrank zog er einen BĂŒgel, an dem ein schlichtes, dennoch elegantes Kleid hing.
„Oh mein Gott!” Mehr brachte sie im ersten Moment nicht heraus, als sie das dunkelblaue langĂ€rmelige Kleid betrachtete. Der hoch geschlossene Kragen erinnerte an eines der Kleider, die Minerva so gern trug. Einen Moment spĂ€ter fragte sie: „Was ist an meinen Sachen auszusetzen?”

Nachdem sie aufgestanden war, betrachtete er sie von oben bis unten. Ihre dunkle Stoffhose und die beigefarbene Bluse schienen ihm zu missfallen.

„Die heute Anwesenden sind im Durchschnitt höheren Alters, Hermine. Eine Hose an einer Frau ...”
Barsch unterbrach sie ihn. „Und ich soll schön kuschen und mich so anziehen, wie die es von einer Frau erwarten?”
„Nein, Sie sollen sich so kleiden, wie es sich fĂŒr eine traditionelle Gala gehört”, erklĂ€rte er gelassen.
„Eine Gala?”
„Haben Sie die Einladung ĂŒberhaupt gelesen? Man geht da nicht nur hin, um einen Vortrag zu halten. Anfangs gibt es ein wenig Unterhaltung, auch ein großes Buffet. Nach den VortrĂ€gen wird noch zum Tanz gebeten, aber ich denke, den Punkt können wir getrost auslassen.”
In ihren Augen bemerkte er ein keckes Blitzen. „Tanzen? Es ist eine Art Ball?”
„In gewisser Weise ...”
„Werden Sie mit mir tanzen?”
„Nein.”
„Dann zieh ich das Kleid nicht an”, nörgelte sie bockig.
„Hermine!”, brummte er bedrohlich. „Sie werden die Einzige sein, die eine Hose trĂ€gt!”
„Ist doch egal, wenn ich ja sowieso nicht tanzen werde.”
„Wollen Sie Aufsehen erregen, weil Sie einen bahnbrechenden Trank entwickelt haben oder weil Sie mit Traditionen brechen?”
„Hören Sie auf”, sagte sie weniger ernst, „von 'brechen' zu reden. Mir ist so schon schlecht wegen heute Abend!”

Ihre Anmerkung amĂŒsierte ihn. Dass er lĂ€chelte, war selten genug, aber eben hatte sie es geschafft.

„Bitte tragen Sie das Kleid. Es passt sich Ihrer GrĂ¶ĂŸe an.” Vorsichtig legte er die festliche Kleidung auf die RĂŒckenlehne seiner Couch.
„Es passt sich an?” Sie hob eine Augenbraue und sagte mit Bestimmtheit: „Dann war es sicher teuer.”
„Werden Sie es tragen?”
„Ich muss es aber nicht sofort anziehen oder? Ich möchte es nicht zerknittern.” Obwohl sie nicht mit dem Gedanken spielte sich umzuziehen, fanden ihre HĂ€nde wie von selbst zu dem seidenen Stoff. So ein Ă€hnliches Kleid hatte eine Frau auf der Hochzeit von Draco getragen. Es war sehr stilvoll. Hermine wĂŒrde damit Geschmack beweisen. „Ich werde es tragen, auch wenn ich nicht erleben werde, wie es um meine Beine schwingt, weil ich nicht einmal tanzen werde.”
„Sie werden sicherlich von jemand aufgefordert werden.” Ihrem Blick konnte er entnehmen, dass sie von keinem anderen aufgefordert werden wollte. „Bevor wir nachher losgehen, werde ich noch ein Buch aus der Bibliothek holen. Es ist möglich, dass ich jemanden treffen werde, der Interesse an dem Basiliskengift hat. Ich rechne sogar damit. In der Zwischenzeit können Sie sich hier gern umziehen.”
„In Ordnung.”

Viel Zeit blieb den beiden nicht mehr. WĂ€hrend Hermine sich fĂŒr die Versammlung der Körperschaft der TrĂ€nkemeister zurechtmachte und Severus das Buch ĂŒber die Arbeit von Callidita aus der Bibliothek holte, wanderte Sirius gut gelaunt ĂŒber einen der Höfe Hogwarts'. Bevor er Remus aufsuchte, wollte er eine kleine Runde drehen. Das Schloss weckte Erinnerungen in ihm und die waren ĂŒberwiegend wunderschön.

Da stand an der steinernen Mauer auf dem ĂŒberdachten Schulhofgang eine Gruppe von drei Jungen aus dem Hause Gryffindor um ein hĂŒbsches MĂ€dchen herum, was Sirius schmunzeln ließ. WĂ€re er erst siebzehn, wĂ€re er mit Sicherheit der vierte Junge gewesen, der dem MĂ€dchen den Hof machte. Nach der nĂ€chsten Abzweigung rannte ein SchĂŒler in Sirius hinein. Der Junge hatte den Kopf so tief in einem Buch vergraben, dass er nicht auf den Weg geachtet hatte.

„Entschuldigen Sie bitte, Sir“, sagte der dunkelhaarige und Sirius' Meinung nach nicht gerade gutaussehende SchĂŒler.
„Kein Problem.“

Sirius ging weiter und betrat das Schloss durch die große EingangstĂŒr. Es brannten bereits ĂŒberall Fackeln. Einen Moment an Ort und Stelle verweilend blickte Sirius nach oben. Die Decke war so hoch, dass man sie nicht sehen konnte. Er setzte einen Fuß auf die erste Stufe der gewaltigen Steintreppe, die er als SchĂŒler unzĂ€hlige Male betreten hatte. FĂŒr seinen Weg zu Remus ließ er sich Zeit. Die ganzen GemĂ€lde waren alle noch an dem Platz, an denen sie frĂŒher schon hingen. Manche erkannten ihn sogar wieder, jetzt wo er es nicht eilig hatte und sich interessiert umblickte. Da war auch die niedliche SchĂ€ferin in ihrem Rahmen, mit der er schon frĂŒher gern geflirtet hatte. Keck zwinkerte Sirius ihr zu und erfreute sich daran, wie ihre Wangen rosig wurden.

Im vierten Stock marschierte er viel zielstrebiger zu Remus' RĂ€umen. Sein Freund war ĂŒber den unangekĂŒndigten Besuch erfreut, aber auch erstaunt.

„Sirius? Was machst du denn hier?“ Remus bat ihn herein und fand sich mit einem ĂŒber das ganze Gesicht strahlenden Mann konfrontiert.
„Gute Neuigkeiten!“ Seinen Worten gab er Nachdruck, indem er beide HĂ€nde auf Remus' Schultern legte. FĂŒr einen Moment glaubte Remus, er wĂŒrde gleich umarmt werden.
„Was denn fĂŒr gute Neuigkeiten?“, fragte er seinen Freund verdattert.
„Es gab einen Zwischenfall bei Hermine. Ein Werwolf hatte keinen Pass. Wie es aussieht, hat er Kinder gezeugt, obwohl er schon unter dem Fluch litt. Die Kinder sind okay – kein Fluch! Ich hab mich zu Vollmond selbst davon ĂŒberzeugt. Das bedeutet, es wird nicht vererbt!“

Sirius beförderte Remus zur Couch, denn es schien, als wĂŒrde sein alter Freund sich nicht mehr lange auf den Beinen halten können. Er selbst blieb stehen. Momentan hatte er viel zu viel Energie, die im Sitzen gar nicht die Möglichkeit hĂ€tte, sich zu entfalten.

„Hermine hat den Mann ĂŒberredet, sich an unsere Initiative zu wenden; genauer gesagt an mich. Ich werde der Vermittler zwischen ihm und Kingsley sein. Weißt du, was das bedeutet?“
„Die Gesetze ...“ Remus brachte kein weiteres Wort hinaus.
„Genau! Mann kann nun getrost die Gesetze fĂŒr die Werwölfe Ă€ndern. Sie dĂŒrfen heiraten und“, er machte eine unanstĂ€ndige Bewegung mit seinem Becken, „Kinder machen!“
„Tonks ...“
Sirius legte den Kopf schrĂ€g und grinste frech. „Dachte ich mir, dass du gleich an sie denkst. Ich kann's dir nicht verĂŒbeln. Das Heiraten kann auch warten.“

Sein GlĂŒck konnte Remus kaum fassen. Er war ĂŒberwĂ€ltigt. Erfreulicherweise drĂŒckte Sirius ihm ein Glas mit Weinbrand in die Hand, den er in einem Zug leerte. Erst danach hatte er wieder einen einigermaßen klaren Kopf. Er betrachtete Sirius, der sich genauso sehr ĂŒber diese positive Entwicklung zu freuen schien.

„Weiß du, was das bedeutet, Sirius?“
„NatĂŒrlich weiß ich das. Das bedeutet, dass du spitz bist!“ Das freche und von frĂŒher bekannte LausbubenlĂ€cheln war zurĂŒck im Gesicht des einst so ausgelaugten Ex-HĂ€ftlings.
„Sirius!“ Remus' vorwurfsvoller Tonfall wurde von seinem eigenen Grinsen entschĂ€rft.
„Komm schon, reit im Ministerium ein, greif dir Tonks und dann ab nachhause!“
Unmerklich wich die Freude aus Remus' Gesicht. „Tonks ist bei ihren Eltern. Sie hat eine schwere Zeit hinter sich. Ich weiß nicht, ob sie im Moment fĂŒr so eine Nachricht in Stimmung wĂ€re.“
„Oh.“ Hinter dieser so kurzen Aussage steckte jede Menge VerstĂ€ndnis. „Na ja, vielleicht auch besser so. Ihr mĂŒsst euch noch etwas gedulden, die Gesetze sind ja noch nicht durch.“
„Wann wird es sie geben?“
„Ich schĂ€tze, noch vor Juni. Ich weiß, das sind noch ein paar Monate, aber dann, Remus, erwarte ich von dir, dass du der erste Werwolf bist, der nach den neuen Gesetzen heiraten wird UND all seine wichtigen Körperteile bei sich behalten darf.“

Vor wenigen Minuten noch hĂ€tte Remus ihn wegen so einer Bemerkung zurechtgewiesen. Diesmal konnte er nur darĂŒber lachen. Sein Herz war mit einem Schlag entlastet worden. Seine Zukunft sah endlich rosig aus. Mit einem Mal hatte er ĂŒberhaupt eine Zukunft, die auch die vielen schönen Dinge beinhaltete, die Tonks und er sich ersehnten. Tonks. Schon nur an ihren Namen zu denken entfachte in ihm eine enorme, selige Hingabe. Sie war die wegweisende Fackel in der Lichtlosigkeit seines Fluchs.

„Kommst du noch mit zu Harry?“

Erst beim zweiten Mal hörte Remus die Frage seines Freundes und stimmte zu.

Im Flur des vierten Stocks wurden sie von Severus ĂŒberholt. Er war gerade aus der Bibliothek gekommen und schien es eilig zu haben. Er hatte ein Buch unter dem Arm geklemmt und – aus Versehen oder absichtlich – mit dem Ellenbogen Sirius angestoßen.

„Hey, pass auf!“, meckerte Sirius hinterher. Abrupt blieb Severus stehen und drehte sich um. Sein Gesicht war blass. Er sah aus, als hĂ€tte er schlecht oder gar nicht geschlafen und das schon ein paar Tage lang.
„Oder was?“ Severus' Angriffslust vertrieb sogar die Graue Dame, die gerade in den Gang schweben wollte.
„Pass nur auf, wo du hinlĂ€ufst!“
„Sirius“, flĂŒsterte Remus, „lass es gut sein.“
„Warum?“, fragte Sirius bockig zurĂŒck. „Er kann sich gefĂ€lligst entschuldigen.“
Severus plusterte sich mit Hilfe seines weiten schwarzen Umhangs wie ein Kampfhahn auf. „Ich werde nichts dergleichen tun!“ Schon drehte er sich um und verschwand.
Die Stirn runzelnd fragte Sirius: „Was ist denn mit dem los?“
„Er ist ein wenig, Ă€hm, ungehalten, seit ...“
Die Pause war Sirius definitiv zu lang. „Seit wann?“, hakte er nach.
„Seit Hermine nicht mehr hier wohnt.“

Erschrocken dachte Remus, seinem Freund wĂŒrden gleich die Augen rausfallen, so weit hatte Sirius sie aufgerissen. Dann, als der Satz gesackt war, brach er in GelĂ€chter aus.

„Das ist nicht dein Ernst?“ Sirius konnte sich kaum beruhigen. Das Lachen blieb ihm jedoch im Hals stecken, als er Remus' herbe Miene sah. „Das ist dein Ernst? Oh mein Gott! Das ist ...“ Sirius schĂŒttelte den Kopf und wiederholte verdattert: „Oh mein Gott!“
„Reiß dich zusammen. Ich hĂ€tte das gar nicht sagen sollen“, schalt sich Remus selbst.
„Was sagen? Dass Severus eines seiner rabenschwarzen Augen auf unsere liebe Hermine geworfen haben soll? Das ist abartig! Weiß sie Bescheid?“ Sirius schien einen Moment zu ĂŒberlegen. „Wir sollten sie warnen!“
„Du wirst nichts tun!“
Remus ging bereits weiter, um Harry die gute Nachricht von der anstehenden GesetzesĂ€nderung mitzuteilen, da rief Sirius verdattert hinterher: „Das kannst du doch nicht gutheißen?“ Er holte auf, um neben Remus zu laufen.
„Ich hĂ€tte gar nicht sagen sollen“, warf sich Remus erneut vor. Er ahnte Böses, weswegen er Sirius gegenĂŒber sehr deutlich wurde. „Du wirst nichts tun, verstanden? Nichts! Einmal in deinem Leben solltest du dich aus den Angelegenheiten anderer raushalten!“
„Remus?“ Sirius war wie vor den Kopf geschlagen. „Remus? Was lĂ€uft da?“
„Nichts, was nicht heißt, dass du ... Vergiss es einfach, okay?“
„Du kannst das nicht wollen. Das glaub ich nicht! Dieser“, seine HĂ€nde gestikulierten wild umher, „'böse schwarze Mann' und unser liebes Minchen? Nein!“

Sirius lachte auf und zwar auf eine Art und Weise, die Remus kannte; von frĂŒher kannte, wenn sein alter Freund sich etwas HinterhĂ€ltiges ausgedacht hatte. Ihm platzte der Kragen und er drĂŒckte Sirius an die Wand. Trotzdem Remus lĂ€chelte, war die Ernsthaftigkeit der Lage nicht zu leugnen.

„Mein lieber Sirius, wenn du es wagen solltest, irgendeinen ĂŒblen Streich zu spielen, dann ...!“
„Oha, was ist hier passiert? Bist du von einem Vergissmich besucht worden? Gerade du mĂŒsstest wissen, was damals ...“
Remus schnitt ihm das Wort ab. „Ja, gerade ich! Wie Recht du doch hast! Meinst du nicht, es ist langsam mal vorbei? Werd' erwachsen, Sirius! Ich bin es auch geworden.“
„Ah, verstehe. Er ist dein Kollege und du willst keinen Ärger. Brauchst dich nicht zu sorgen. Mir kann es gleich sein. Wir sind alle erwachsen.“ Nach dieser Aussage wurde er von Remus skeptisch beĂ€ugt, weswegen er versicherte: „Ja, selbst ich! Und soll ich dir was sagen?“
„Was?“
„Wenn du und Tonks was Kleines in die Welt setzt“, seine Augen glĂ€nzten, „dann machen Anne und ich mit – versprochen! Euer MĂ€dchen soll doch jemanden zum Spielen haben.“ Sirius schlug ihm freundschaftlich auf den RĂŒcken und forderte damit gleichermaßen auf, den Weg fortzusetzen.
Stolpernden Schrittes fragte Remus: „Unser MĂ€dchen?“
„Ich wette 100 Galleonen, dass ihr ein MĂ€dchen bekommt.“
„Warum?“
„Remus“, Sirius benutzte scherzhaft seine vĂ€terliche Stimme, als wollte er einem Kind die Welt erklĂ€ren, „du bist ein Frauenversteher. Da kann nur ein MĂ€dchen bei rauskommen!“
„Ach, meinst du?“ Remus hatte arge Schwierigkeiten, ernst zu bleiben.
„Ja, meine ich und jetzt lass uns zu Harry gehen.“

Das Klopfen an der TĂŒr beantwortete Wobbel, denn Harry und Ginny saßen gemĂŒtlich auf der Couch beieinander und schauten sich Fotos an. Fotos von Reisen in ferne LĂ€nder. Harry wollte auch gern mit Ginny und Nicholas weit weg. Dorthin, wo ihn niemand kannte. Auf einem der Fotos betrachtete er Hermine, die mit Gabrielle, Fleurs Schwester, Beauxbatons besichtigte. Die Stimme seines Paten ließ ihn aufblicken.

„Sirius, Remus“, grĂŒĂŸte Harry ein wenig zurĂŒckhaltend. Ginny und er hatten ein wenig unter einer Decke gekuschelt, vielleicht auch etwas mehr. Der ĂŒberraschende Besuch war ihm unangenehm. Aufstehen wollte er lieber nicht.

Sirius setzte sich ungefragt neben Harry, wĂ€hrend Remus auf dem Sessel Platz nahm und mit einem abwesend glĂŒcklichen LĂ€cheln zu den dreien hinĂŒbersah. Aufgrund Harrys konfusen Gesichtsausdruck sah sich Sirius dazu animiert, Remus' beglĂŒckten Zustand zu erklĂ€ren. Er benutzte fast die gleichen Worte wie bei Remus, als er von dem Werwolf erzĂ€hlte, der den Beweis dafĂŒr erbracht hatte, dass der Fluch nicht erblich ĂŒbertragbar war. Harrys Augen wurden immer grĂ¶ĂŸer, sein LĂ€cheln ebenfalls.

„Das ist ja fantastisch!“ Harry blickt zu Remus hinĂŒber und lĂ€chelte verschmitzt. „Wann ist die Hochzeit?“
„Erst einmal braucht Tonks ein wenig Ruhe. Ich werde sie wohl ĂŒberreden mĂŒssen, ein paar Tage Urlaub zu nehmen und hier bei mir zu wohnen.“
Davon war Ginny besonders begeistert. „Oh, das wird lustig werden!“

WĂ€hrend die drei sich unterhielten, nahm Sirius den Stapel Bilder aus Harrys Hand. Die Fotos waren beweglich. Auf einem war Hermine zu sehen, die mit Madam Maxime sprach und sich dabei fast den Kopf ausrenkte, als sie nach oben schaute. Nur nebenher lauschte Sirius den PlĂ€nen, die sich Remus ausmalte, wĂ€hrend er das nĂ€chste Bild betrachtete. Hier war ebenfalls Hermine zu sehen. Sie saß auf den Stufen eines Korbflechters und schaute todunglĂŒcklich drein. Ginny bemerkte das Foto und beugte sich zu Sirius hinĂŒber.

„Herrje, ist das Bild immer noch dabei? Hermine wollte, dass ich es wegwerfe.“
„Aber warum denn?“, fragte Sirius.
„Weil ihr da jemand kurz vorher auf den Fuß getreten ist, deswegen guckt sie so belĂ€mmert. Das nĂ€chste Bild ist besser geworden.“

Sirius nahm das vermeintlich nicht gelungene Bild vom Stapel und hielt es zum Vergleich gegen das zweite, auf welchem Hermine lÀchelte und in die Kamera winkte.

„Darf ich's haben?”

Ginny war ĂŒber Sirius' Frage zwar erstaunt, nickte jedoch zustimmen, bevor sie sich wieder den anderen widmete. Sirius steckte das Bild, welches weggeworfen werden sollte, unauffĂ€llig in seinen Umhang. Vielleicht hing er zu sehr an der Vergangenheit, dass er nicht mit ansehen konnte, wie das Bild einer guten Freundin im MĂŒll landete. Vielleicht tat er es aber auch aus einem Impuls heraus. Im Moment konnte er sich sein Handeln selbst nicht erklĂ€ren. Eines wusste er jedoch: Das Bild war zu schade, um es wegzuwerfen.

„Weiß man denn offiziell schon, welche Todesser festgenommen worden wurden?“, hörte Sirius Harry fragen. Offenbar hatte man das GesprĂ€chsthema gewechselt, ohne dass er es bemerkt hatte.
„Ja, unter anderem Rodolphus Lestrange, auch Rookwood und noch unzĂ€hlige neue Todesser, von denen ich kaum was gehört habe.“
„Das wird aber auch Zeit!“, warf Ginny ein. „Tonks und Kingsley sind super Auroren. FrĂŒher oder spĂ€ter musste es passieren, dass sie die alten Hasen endlich einsacken. Ich wette, dass Alastor nicht weit war, wenn man da schon die beiden Lestrange-BrĂŒder vermutet hat.“

Das GesprÀch wechselte einige Male das Thema und irgendwann waren sie bei Hermine gelandet. Sirius hörte aufmerksam zu.

„Ich hoffe“, begann Harry, „dass Hermine heute Erfolg haben wird. Sie war vorhin hier und wir haben ihr noch viel GlĂŒck gewĂŒnscht.“
„Warum? Wo ist sie heute?“, fragte Sirius.
Ginny ĂŒbernahm es, die Geschichte zu schildern. „Sie hat doch den Trank erfunden, der Magie sichtbar macht.“ Sirius nickte, denn er erinnerte sich daran, dass Anne eines von Hermines Testobjekten gewesen war. „Heute ist ihr großer Tag! Die Vorstellung ihres Trankes vor der Körperschaft der ZaubertrĂ€nkemeister. Wenn sie da Interesse weckt, dann wird man ihre Forschung sponsern.“
Erstaunt hob Sirius die Augenbrauen. „Wow, das wusste ich gar nicht.“
„Doch, doch“, versicherte Harry, „Severus hat sie dazu gebracht. Er hat es ihr sogar abgenommen, fĂŒr den Trank ein Patent anzumelden.“

Hier wanderten Sirius' Augenbrauen noch ein StĂŒckchen höher. Ein Blick hinĂŒber zu Remus bestĂ€tigte ihm, was er sich nun selbst denken konnte. Normalerweise waren Severus die Menschen um ihn herum egal. Bei Hermine schien das anders zu sein.

„Hermine hat fĂŒr heute sogar eine Rede geschrieben, die sie halten wird“, sagte Remus, doch Ginny verbesserte.
„Nein, die hat Snape geschrieben. Sie hat sie mehrmals laut gelesen. Ich musste mir ihre Rede auch einmal anhören, obwohl ich nur was bei ihr kaufen wollte. Habe zwar kaum etwas von dem Fachchinesisch verstanden, aber sie hat sich wenigstens nicht ein einziges Mal versprochen. Ich denke, sie wird heute Abend mĂ€chtig Eindruck schinden.“ Ginny ließ ihren Blick schweifen und da bemerkte sie unter einer Fototasche, die auf dem Tisch lag, einen flachen, hölzernen Kasten. Sie sog erschrocken Luft ein, weswegen sich Harry zu ihr drehte.
„Was ist?“
„Hermines Schreibfederset! Das sucht sie seit dem Umzug. Es war zwischen den vielen Fotos, die ich fĂŒr sie nachmachen lassen soll. Ich hoffe, sie braucht das heute nicht.“
„Ach, wenn sie was zu Schreiben braucht, wird man ihr bestimmt eine Feder geben.“

Das Thema wanderte erneut in eine andere Richtung, doch Sirius war noch immer mit seinen Gedanken bei Severus. Er war durchaus schon so erwachsen, dass er Severus sein GlĂŒck gönnte, aber er fragte sich, ob es unbedingt mit Hermine sein musste.

Severus hingegen wĂŒnschte Hermine fĂŒr heute Abend alles GlĂŒck der Welt. Auf seinem RĂŒckweg von der Bibliothek hielt er bei dem Gedanken an die GlĂŒckwĂŒnsche plötzlich inne und machte kehrt, um seinen persönlichen Vorratsschrank zu betreten. Albernes Zauberstabgefuchtel gab es bei ihm in Zusammenhang mit ZaubertrĂ€nken nicht, also stieg er auf die Leiter und holte vom vorletzten Regal ein kleines FlĂ€schchen mit einer goldenen FlĂŒssigkeit, das er in der Innentasche seines Umhangs verstaute. Erst dann machte er sich auf den Weg zu Hermine, die sich bereits in seinen RĂ€umen das Kleid angezogen hatte und nur noch auf ihn wartete. Bei ihrem Anblick setzte sein Herz einen Schlag aus. Er schien ein schwer zu deutendes Gesicht zu machen, weshalb sie ihn ansprach.

„Stimmt was nicht?” Kritisch schaute sie an sich hinunter, strich mit einer Hand ĂŒber den seidenen Stoff.
„Nein, alles bestens. Kommen Sie?” Er deutete auf den Kamin und ließ ihr den Vortritt.

Das Erste, was Hermine ins Auge stach, nachdem sie den Kamin wieder verlassen hatte, war der beigefarbene Boden aus Kalkstein. Das Murmeln vieler Stimmen hallte durch den hohen Raum. Sie blickte auf und sah zwischen reich verzierten RundsĂ€ulen mit kanneliertem Schaft unzĂ€hlige Menschen aus aller Herren LĂ€nder, die in GrĂŒppchen zusammengefunden hatten und sich bereits angeregt ĂŒber das bevorstehende Programm unterhielten. Viele der geladenen ZaubertrĂ€nkemeister und -meisterinnen hatten offenbar die gleiche Idee und waren ĂŒberpĂŒnktlich zur Versammlung erschienen.

Mit wachem Auge ĂŒberflog Severus die anwesenden GĂ€ste, wĂ€hrend er unbewusst seine Hand an ihren Oberarm fĂŒhrte. Bei so vielen Menschen bekam Hermine auf einmal wieder Versagensangst. Severus hingegen blieb ruhig und fĂŒhrte sie in eine schattige Ecke.

„Dort”, er nickte in eine Richtung, „der Herr in dem purpurfarbenen Gewand.” Hermine kniff die Augen zusammen und tatsĂ€chlich konnte sie die gesuchte Person besser ausmachen. Es war ...
„Mr. Heed?” Der Ladeninhaber von „Phantasmplantare”.
Über ihr Erstaunen amĂŒsiert fragte Severus: „Wussten Sie nicht, dass auch er ein TrĂ€nkemeister ist?”
„Nein.” Hermine machte es Severus gleich und beobachtete die Menschen. Bisher war ihr niemand aufgefallen, den sie kannte, bis plötzlich ein Mann in Severus' Alter mit einer Dame am Arm durch die Menge in ihr Sichtfeld trat. „Da, Severus.”
„Sie mĂŒssen schon genauer werden. Wo?”
„Auf 9 Uhr!”, machte sie deutlicher, doch Severus schien nicht zu verstehen.
„Es ist gerade mal ...”
„Nein”, sie stieß ihn spielerisch mit dem Ellenbogen an, „ich meine links. Der Mann in dem dunkelgrauen Popeline-Umhang.” Severus hatte den Mann im Visier, aber ihm fiel kein Name ein, so dass sie ihm auf die SprĂŒnge half: „Das ist Georgi Popovich, Ihr ehemaliger MitschĂŒler. Er hat mich geprĂŒft.”
„Ah”, war der einzige Kommentar. Hermine bemerkte, dass Severus sich versteifte.
„Er ist nett, wirklich. Außerdem ist er mir sympathisch, weil”, sie lĂ€chelte Severus an, „er viel von Ihnen zu halten scheint.”
Leise, als wĂŒrde Severus eigentlich gar nicht sagen wollen, erklĂ€rte er: „Wir teilen das gleiche Schicksal.”
„Wie soll ich das verstehen?”

Fragend schaute sie ihn an, doch weil er mit sich zu ringen schien, blickte sie wieder in die Menge und beobachtete die Leute. Sie hatte schon nicht mehr mit einer ErklÀrung gerechnet, da hörte sie Severus' ruhige Stimme.

„Georgi war mit einer SchĂŒlerin namens Pamela zum Weihnachtsball verabredet. Mr. Black war so frei, ihm die Begleitung auszuspannen und meine gleich noch mit dazu.”

Als Hermine zu ihm aufblickte wirkte es so, als hĂ€tte er eben gar nicht gesprochen, denn er schaute sich aufmerksam um und schien sie nicht zu beachten. Mutig hakte sie sich bei ihm unter und fĂŒhrte die andere Hand an seinen Oberarm. Irritiert betrachtete er ihre Arme, die sich besitzergreifend um den seinen gelegt hatten. Er konnte sich nicht dazu ĂŒberwinden, ihr in die Augen zu schauen, doch er war noch weniger gewillt, sie von sich zu stoßen, also reagierte er gar nicht und ließ ihre AnnĂ€herung im stummen EinverstĂ€ndnis zu.

„Das gibt es doch nicht, da ist auch Professor Puddle! Bei ihm hatte ich im Mungos Unterricht.” Sie krĂ€uselte die Nase. „Er ist etwas seltsam.” Aus dem Staunen kam sie kaum heraus, als sie noch andere bekannte Gesichter bemerkte. „Professor Junot! Sie ist unter anderem die Leichenbeschauerin. Bei ihr hatte ich das Fach 'Inaugenscheinnahme'.”
„Was fĂŒr ein Fach war das?”, wollte er wissen, doch als ihm eine Ahnung ĂŒberkam, stoppte er sie. „Nein, erzĂ€hlen Sie es nicht, ich kann es mir denken.”

Diesmal hatte Severus wieder jemanden entdeckt, doch anstatt den Namen zu nennen, stöhnte er nur.

„Was haben Sie?”
Er atmete einmal tief durch. „Professor Slughorn! Ich hĂ€tte wissen mĂŒssen, dass auch er hierher kommen wird. Gar nicht mal wegen der vorgestellten Neuerungen, sondern lediglich, um seine Kontakte aufzufrischen.”
„Na, dann kann er doch gleich bei mir anfangen”, sagte sie ĂŒbermĂŒtig. „Sagen Sie mal, Severus: Wie viele Leute sind heute eigentlich hier?”
„Der Veranstalter rechnet mit an die 600 Personen. FrĂŒher waren es mehr, bis zu 2.500 aus aller Welt, aber nach dem Krieg ...”
„Ja, ich verstehe. Waren Sie oft bei einer dieser Versammlungen?”, fragte sie neugierig.
„Nein, es ist mein erstes Mal.”
Wie in Zeitlupe entgleisten ihr die GesichtszĂŒge. Dann der Vorwurf ihrerseits. „Ihr erstes Mal? Warum schleppen Sie mich dann hierher, wenn Sie gar nicht wissen, wie das hier ablaufen wird?”
„Beruhigen Sie sich. Ich habe diese Veranstaltungen immer verfolgt, Hermine. Ich erhalte regelmĂ€ĂŸig das Fachblatt der Körperschaft. Nach diesem Treffen wird es eine Sonderausgabe geben, in der auch Sie ErwĂ€hnung finden werden.”
Mit einer Hand an ihrer Brust versuchte sie, ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen. „Ich bin so aufgeregt, Severus. Ich werde mich lĂ€cherlich machen.”
„Unsinn!”

Noch immer hielt sie sich an seinem Arm fest und es war nicht von der Hand zu weisen, dass sie diesen Halt dringend benötigte. Er hĂ€tte ihr gern Mut machend eine Hand auf die Schulter gelegt, aber die Position ließ das nicht zu. So tĂ€tschelte er einfach eine ihrer zitternden HĂ€nde, die auf seinem Unterarm ruhte. Ihre Atmung normalisierte sich wieder, auch wenn ihre Gesichtsfarbe von dem Stress zeugte, dem sie momentan ausgesetzt war.

„Die werden mich zerreißen”, winselte sie.
„Das ist Unfug und das wissen Sie, Hermine. Warum halten Sie von Ihrer Arbeit so wenig, obwohl sie selbst mich ĂŒberzeugt hat?”
Mit großen Augen blickte sie zu ihm auf. „Das haben Sie nie so gesagt.”
„Ich dachte, es wĂ€re ersichtlich. Nun denn, wir sind hier und ich werde es allein Ihnen ĂŒberlassen, ob Sie die Rede halten oder nicht. Ich wĂŒrde es allerdings begrĂŒĂŸen, wenn der Abend so ablaufen wĂŒrde, wie wir es geplant haben.”

„Professor Snape!”, hörten beide die Stimme eines Ă€lteren Mannes sagen. Hermine und Severus blickten auf einen kleinen Herrn in einem edlen Kimono. Die Enden seines weißen Oberlippenbarts kreuzten sich unterm Kinn, der Kopf hingegen war kahl. Der Mann musste ĂŒber neunzig Jahre alt sein. Seine Begleitung, eine Ă€ltere Dame in einem aufwĂ€ndigen Gewand, das an eine Jūnihitoe aus dem japanischen Kaiserhaus erinnerte, folgte ihm mit kleinen Schritten. „Professor Snape”, wiederholte der kleine Mann, der Hermine gerade mal bis zur Brust reichte und seine geringe KörpergrĂ¶ĂŸe auch als Ausrede zu nehmen schien, ihr auf dieselbe zu starren.
Severus streckte seine Hand aus. „Professor Takeda.” Er schĂŒttelte die Hand des japanischen TrĂ€nkemeisters und stellte gleich darauf vor: „Hermine, darf ich vorstellen: Professor KĂŽji Takeda. Professor, das ist Miss Hermine Granger.”
„Ah ja, die junge Dame, die Sie mir empfohlen haben.” Der alte Mann gab ihr einen Kuss auf den HandrĂŒcken. Sein Bart kitzelte sie. Nach der BegrĂŒĂŸung schlang sie ihren Arm sofort wieder um Severus' Unterarm, was Takeda nicht entgangen war. „Nun verstehe ich gut, warum kein Ausbildungsvertrag zischen uns zustande kam.”

Severus folgte seinem Blick und wollte sich rechtfertigen, da ergriff Professor Takeda erneut das Wort und stellte die Dame an seiner Seite als seine HaushÀlterin vor. 'Wer's glaubt?', dachte Hermine.

Das schattige PlĂ€tzchen war nicht lĂ€nger ein sicheres Versteck vor aufdringlichen Blicken. Hermine und Severus ließen sich von Takeda einigen TrĂ€nkemeistern vorstellen. Es dauerte gar nicht lange, da hatte Slughorn sie entdeckt. Der krĂ€ftig gebaute Mann begrĂŒĂŸte die beiden lautstark, so dass auch andere mitbekamen, um wen es sich bei der hĂŒbschen jungen Frau und dem dunkel gekleideten Mann handelte.

„Severus”, grĂŒĂŸte Slughorn sehr vertraut. Das Privileg, Kollegen in Hogwarts beim Vornamen nennen zu dĂŒrfen, hatte Slughorn auf ehemalige Kollegen ausgeweitet. „Wie geht es? Ich habe gehört, dass du das Problem im Mungos lösen konntest. Sag, woher hast du Basiliskengift?” Slughorn schlug ihm etwas zu heftig auf das Schulterblatt, bevor er lachte. „Hast du dich endlich zu einem Haustier durchgerungen?” Die umstehenden Menschen lachten ĂŒber den mittelmĂ€ĂŸigen Scherz. Durch das Thema aufmerksam geworden gesellten sich zwei Herren aus dem Mungos zu Severus, Hermine und Slughorn. Einer von ihnen hielt Severus die Hand entgegen.

„Mein Name ist Puddle. Es ist möglich, dass wir uns im Fall Parkinson kurz im Krankenhaus ĂŒber den Weg gelaufen sind.”

Die entgegengehaltene Hand schĂŒttelte Severus nur kurz, denn er erinnerte sich noch gut daran, wie man Hermine und ihn ignoriert hatte, obwohl sie den metallenen Splitter aus Pansys Schulter entfernt und die Wirkung von „Schlafes Bruder” somit aufgehoben hatten.

An Hermine gewandt erkannte Puddle ganz richtig: „Miss Granger! Wie geht es Ihnen?”
„Danke der Nachfrage, es könnte nicht besser gehen.”
„Wo arbeiten Sie jetzt? Ich habe damit gerechnet, dass Sie im Mungos vorstellig werden.”
Severus konnte Puddles schleimige Art nicht ausstehen und hielt dem Professor daher vor Augen: „Miss Granger war offenbar zu gut fĂŒr ihr Haus. Sie wurde abgelehnt.”
Mit erstauntem Gesichtsausdruck fragte der Heiler nach: „Ist das wahr, Miss Granger? Das tut mir Leid! Wenn Sie möchten, könnte ich mit dem Personalbeauftragten ein Wörtchen ...”
„Nicht nötig”, unterbrach Severus, „Miss Granger steht auf eigenen Beinen.”

Mit einer Hand zog Severus etwas aus der Innentasche seines Umhangs und hielt es Puddle entgegen. Es war ein Werbe-Prospekt von der Granger-Apotheke, das Puddle neugierig annahm. Andere waren ebenfalls darauf aufmerksam geworden und fragten unverblĂŒmt, ob Severus noch eins hĂ€tte.

Nachdem einige versorgt waren, sagte Hermine Respekt zollend: „Dass Sie daran gedacht haben!”
„Sie waren so sehr von Zweifeln geplagt, dass Sie nicht auch nur einen Gedanken daran verschwendet haben, was fĂŒr eine perfekte Werbeplattform diese Veranstaltung sein könnte.”
„DafĂŒr habe ich ja Sie!” Sie schenkte ihm ein breites LĂ€cheln und umgriff erneut seinen Arm, um ihn zu sich zu ziehen. „Danke, Severus.”
„Professor Snape!” Wieder eine Stimme von jemand, der den ZaubertrĂ€nkelehrer Hogwarts' kannte.
„Mr. Worple, das ist eine Überraschung. Mit Ihnen habe ich nicht gerechnet.” Diesen Mann begrĂŒĂŸte Severus gern. Er war genau genommen ein GeschĂ€ftspartner, mit dessen Hilfe er in Zukunft ein eigenes Projekt vor der Körperschaft vorstellen könnte.
„Oh, ich bin nicht regelmĂ€ĂŸig hier, aber dann und wann ...” Der freundliche Autor blickte sich mit einem breiten LĂ€cheln um. Die Versammlung schien ihm sehr zu gefallen. „Ich habe nicht allzu viel mit ZaubertrĂ€nken am Hut, habe damals aber meinen Meister gemacht, um ein besseres VerstĂ€ndnis fĂŒr Ihre Arbeit aufbringen zu können. Sie verstehen schon ...” Der Bluttrank wurde angesprochen. „Ich darf Ihnen, Professor Snape, an dieser Stelle versichern, dass alles bestens lĂ€uft, ganz hervorragend sogar. Mr. Sanguini lĂ€sst Sie grĂŒĂŸen.”
„Gut zu hören.” Severus nickte Worple zu, der sich daraufhin Hermine zuwandte.
„Und Sie, Miss Granger, sind das erste Mal hier? Wann ist Ihre Ausbildung bei Professor Snape beendet?”
„Die ist schon beendet.”
Worple machte ganz große Augen. „Das ging aber fix. Sie sind offensichtlich eine mehr als nur gute SchĂŒlerin gewesen.”
„Ja”, stimmte Severus zu, „davon können Sie ausgehen. Miss Granger wird hier auch etwas vorstellen.”
„TatsĂ€chlich?” Der rundliche Vampir-Experte fummelte das Programmheft aus seiner Jackentasche und schlug es auf. „Wann?”
„Um halb elf”, antwortete Severus wie aus der Pistole geschossen. Er wusste genau, wann Hermines Auftritt war.
„Halb elf, sagen Sie.” Mit einem Finger fuhr er ĂŒber die Spalten mit den verschiedenen VortrĂ€gen. „Ein Farbtrank, der Magie sichtbar macht? Das hört sich interessant an! Dann werde ich doch lĂ€nger bleiben, als ich es vorgesehen hatte.”
„Miss Granger hat sich ĂŒbrigens mit einer Apotheke selbststĂ€ndig gemacht.” Mit Sicherheit nicht zum letzten Mal an diesem Abend zĂŒckte Severus ein Prospekt aus seiner Innentasche und reichte es Worple. „Falls Sie Wert auf QualitĂ€t legen oder eine spezielle Mixtur benötigen ...”
„Oh, vielen Dank!”

Worple wurde von einem anderen Gast gerufen, so dass er sich bei den beiden vorerst verabschiedete, Hermine aber noch alles Gute wĂŒnschte, bevor er die beiden verließ. Es dauerte nicht lange, da hatte sich Slughorn erneut zu ihnen gesellt. Er zog eine Traube geltungssĂŒchtiger Bewunderer hinter sich her.

Ohne Vorwarnung umarmte er Hermine einmal und sagte dann voller Stolz zu der Gruppe von Fans: „Miss Granger verkehrte wĂ€hrend ihrer Schulzeit auch in meinem Kreis.” Slughorn vermied das Wort „Slug-Club”, vielleicht weil es vor den ganzen Erwachsenen albern schien. „Sie war schon mit sechzehn ein sehr kluger Kopf, hat immer alles korrekt angepackt.” Er wandte sich an Hermine. „Ich hörte, Sie stellen hier eine Neuheit vor?”
„Ja, ich habe einen Trank entwickelt, der ...”
„Fantastisch, fantastisch!”, unterbrach er euphorisch, um sein Desinteresse zu ĂŒberspielen. „Ich bin schon gespannt.” Slughorns Blick schweifte ĂŒber die Menge und erspĂ€hte jemanden. „Oh, wenn das nicht ein guter, alter Freund ist. Ich darf mich verabschieden, möchte Ihnen aber fĂŒr Ihre Rede alles Gute wĂŒnschen. Meinen Zuspruch haben Sie, Miss Granger!”

Slughorn stolzierte hinĂŒber zu einer Person, die man aufgrund der vielen Menschen, die er wie ein Magnet hinter sich herzog, nicht erkennen konnte.

„Das war ja leicht.” Hermine war jetzt, wo Slughorn vor so vielen Menschen seine wohl gesinnte Begeisterung fĂŒr ihre Arbeit kundgetan hatte, entspannt. Das war es, was Severus vorhin mit „Sympathien wecken” meinte. Wenn jemand einen bereits persönlich kannte, dann war die objektive Meinung ĂŒber eine Sache lĂ€ngst Vergangenheit.
„Hermine, Severus!” Von hinten hörten sie die ihnen bekannte Frauenstimme.
„Poppy?”

Es war ein ungewohnter Anblick, die Heilerin des KrankenflĂŒgels in Hogwarts mal ganz ohne ihre Berufstracht zu erleben. Sie trug ein schickes Kleid, welches wesentlich teurer als das von Hermine zu sein schien. Ihre Haare waren nicht streng zu einem Knoten gesteckt, sondern zu einer ĂŒppigen Hochsteckfrisur gezaubert.

„Sie beide”, sagte sie fröhlich, „habe ich schon erwartet. Albus hat neulich verlauten lassen, dass Sie, Hermine, heute etwas vorstellen wĂŒrden?” Hermine nickte. „Wunderbar! Ich bin gespannt darauf, was etwas frisches Blut in diesem alten Haufen von TrĂ€nkemeistern ...” Sie korrigierte schnell: „Lehrer von Hogwarts ausgeschlossen. Nein wirklich, ich bin sehr neugierig, was Sie fĂŒr Gedanken und Ideen vorstellen werden.” Poppy blickte sich in dem großen Saal um. „Oh, Miss Junot. Eine alte Bekannte. Ich habe sie ewig nicht gesehen. Wenn Sie mich entschuldigen wĂŒrden?”

Schon war Poppy verschwunden.

„Wie Sie bemerken, Hermine, wird diese Versammlung nicht nur dazu genutzt, neue Theorien an den Mann zu bringen, sondern in erster Linie, um alte Kontakte aufzufrischen oder neue zu knĂŒpfen.”

Das war es auch, was Hermine mit Severus' Hilfe den ganzen Abend ĂŒber machte: Kontakte knĂŒpfen. Es gab kaum jemanden, der ihr unsympathisch war und sie hoffte innig, dass die anderen Menschen sie ebenfalls mochten. Es gab allerdings einen Herrn, der nicht sehr davon angetan war, Severus auf dieser Veranstaltung zu sehen. Was ein Todesser hier zu suchen hĂ€tte, hatten sie ihn erbost fragen hören. Die zwei anderen Herren, allesamt an die hundert Jahre alt, stimmten ihrem Freund loyal zu und ließen weitere, abfĂ€llige Bemerkungen ĂŒber den schwarz gekleideten TrĂ€nkemeister fallen, der sehr wohl jedes einzelne Wort verstand. Hermine Ă€ußerte sich nicht zu den hörbaren Verleumdungen, sondern hakte sich bei Severus unter, um dieses Mal ihm Halt zu geben.

Irgendwann hatte Severus keine Prospekte mehr in der Tasche, was ein gutes Zeichen war. Er hatte sie nur denen gegeben, die wirkliches Interesse gezeigt hatten.

Die VortrĂ€ge begannen sehr spĂ€t, was daran lag, dass es nicht sehr viele TrĂ€nkemeister gab, die eine nie dagewesene Theorie, einen neuen Trank oder etwas anderes Bahnbrechendes vorstellten. Hermine und Severus saßen vorn, ganz an der Seite der Stuhlreihen und hörten sich die Thesen der anderen an. Keiner von ihnen hatte eine Rede vorbereitet, die so gut ausgearbeitet war wie die von Severus. Das Interesse der anwesenden GĂ€ste konzentrierte sich eher auf das Buffet, so dass die meisten PlĂ€tze im Vortragsraum leer blieben.

„So viel Wind”, flĂŒsterte Hermine, „fĂŒr so wenig Zuhörer. Wir haben uns viel zu viel MĂŒhe gegeben.” Sie schaute sich um. Von den knapp 600 Besuchern saßen zwischen dreißig und sechzig Meistern im Raum – je nachdem, wie sehr der Hunger oder die Langeweile sie zur angerichteten Verköstigung trieb.
„Sie sind nach dem Herrn dran. Wir sollten hinter die BĂŒhne gehen.”

Severus stand auf und hielt ihr die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Sie ergriff die Hand und ließ nicht mehr los, wĂ€hrend er sie hinter sich herziehend durch eine NebentĂŒr hinter die BĂŒhne brachte. Dort wartete bereits ein Herr, der den Veranstaltungsplan zu koordinieren schien.

„Miss Granger?”, fragte der Mann. Sie nickte und bekam daraufhin die Anweisung: „Auf mein Zeichen gehen Sie raus, aber es dauert noch ein paar Minuten.”

Auch hinter der BĂŒhne gab es einige Leckereien, von denen Hermine die Finger ließ. FĂŒr ihre Rede waren zwanzig Minuten eingeplant, was in ihren Augen viel zu viel war. Sie hatte immer zehn Minuten am StĂŒck geredet, wenn sie geĂŒbt hatte und das war schon lang. Severus schenkte sich ein Glas aus einer Flasche Feuerwhisky ein. Die goldene Farbe deutete auf einen edlen und auch teuren Tropfen hin, den er genĂŒsslich zu sich nahm. Hermine hatte auf einen Drink keine Lust. Sie war voll und ganz mit dem Mann beschĂ€ftigt, der auf der BĂŒhne stand und gegen die MĂŒdigkeit der Zuhörer anzukĂ€mpfen versuchte. Der Veranstaltungshelfer warf Hermine einen Blick zu und bedeutete ihr, dass sie jeden Moment dran sein wĂŒrde.

„Hermine?”
„Nicht jetzt, Severus. Ich bin gleich dran!” Ihre Aufregung hatte ihren Tonfall harsch gemacht.
„Hermine”, kam es viel sanfter von ihm. „Nehmen Sie einen Schluck.”
Erst jetzt drehte sie sich um. Severus hielt ihr ein Glas mit einem winzigen Schluck goldfarbener FlĂŒssigkeit entgegen. „Einen Schluck. Es wird Sie beruhigen.”
„Miss Granger, noch 30 Sekunden”, sagte der Koordinator, der eine magische Sanduhr im Auge behielt.
„Hermine, trinken Sie.”

Sie atmete einmal tief durch, nahm das Glas und trank den Schluck auf ex. WĂ€hrend sie ihm das Glas zurĂŒckgab, dafĂŒr die Pergamente mit ihrer Rede von ihm in die Hand gedrĂŒckt bekam, funkte ihre Zunge bestimmte Erkennungsmerkmale des Geschmacks an ihr Großhirn.

„Miss Granger, auf die BĂŒhne, wenn ich bitten darf.”
Den Koordinator ĂŒberhörend fragte Hermine echauffiert: „Was haben Sie mir da gegeben, Severus?”

Severus schob sie von sich weg, gab ihr einen leichten Stoß in Richtung Koordinator, der sie am Oberarm packte und bis zum Vorhang fĂŒhrte, den sie nun allein passieren musste.

Der Geschmack auf ihrer Zunge war eindeutig. Es schmeckte nach GlĂŒck.


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