von Xaveria
Sie wusste nicht vor was sie flohen oder warum, aber es war egal. Sie ließ alle Anti-Apparationsschütze von dem Schloss fallen und mit einem Knall waren sie verschwunden.
Minervas Ring lag glitzernd, rot, golden und schwer im Schein der Wintersonne.
-------------------------
Finite Incantatem, dachte er und mit einem Schrei sank Hermine zu Boden.
Neben sie auf seine Knie fallend, den Schmerz, der in sein Bein fuhr, ignorierend, zwang er sich sie anzusehen.
„Nein“, stöhnte sie, „Minerva.“ Und sie umklammerte mit blassen Händen seine Knie, ihren Kopf gesenkt, ihre Schultern hoben und senkten sich, als sie versuchte ihre Atmung zu kontrollieren.
Nach einem langen Moment der Stille erreichte ein Geräusch sein Ohr, die hohe, dünne Totenklage eines gefangenen und zerbrochenen Tieres, welches auf den Stoß wartete, um den Stoß bettelte, welcher ihn befreien würde.
Er kannte dieses Geräusch; hatte sein Flehen gehört.
Er würde diesen Stoß nicht ausführen.
Er wartete, seine Augen verdeckt, seltsam glitzernd, bis sie erschöpft in seinem Schoß lag.
Nur dann konnte er ihrer Qual trotzen, strich seine Hand über ihr Haar, über die Spuren ihrer Tränen auf ihrem Gesicht, die in der schneidenden Luft abkühlten.
+++++++
Als Poppy in atemloser Tüchtigkeit in die Große Halle eilte, lag diese im Chaos.
Sie würde sich ihre Tränen für später aufbewahren.
Jetzt gab es Protokolle zu befolgen.
Und selbst, als ihr Herz auf ein sprachloses Ausmaß des Verlustes anschwoll, würde sie sie befolgen.
Es war ihre Pflicht.
Sie zauberte eine Trage herbei.
Sie schickte einen ihrer Kollegen los, damit dieser eine Eule an das Direktorium und das Ministerium schicken konnte.
Und sie reparierte die Schutzzauber.
Nur als sie sich nach vorne beugte, um den Ring aufzuheben, verrieten sie ihre Hände.
Er war einige Nummern größer als noch zuvor, selbst als an diesem Morgen. Ihre Hand schloss sich darum und sie lehnte sich schwer gegen das Podium.
„Madam Pomfrey?“
Die Stimme der Bibliothekarin zog sie aus ihrem kurzen Tagtraum.
„Madam Pomfrey... waren... waren 'sie' es?“ Der Blick der Bibliothekarin war wild.
„'Sie'?“, wiederholte sie, ihre Stimme nur ein dumpfes Echo ihres sonst so ruhigen Tones.
„Haben... sie sie umgebracht?“ Hannahs Stimme war flehend, schon fast so als würde sie um etwas betteln.
„Niemand hat sie umgebracht, Madam Abbot. Ihr Herz war schwach. Das war es bereits seit Jahren gewesen.“
Hannah klammerte sich an die Hand der Heilerin, der Schrecken offenkundig auf ihrem Gesicht.
„Was ist los, Hannah?“, fragte Poppy, ein professionelles Mitgefühl legte sich aus langer Gewohnheit in ihre Stimme. „Wer macht Ihnen solch eine Angst?“
„Die Professoren“, sagte Hannah, ihr Griff schmerzhaft fest.
Mit geübter Eile befreite Poppy ihre Hand aus Hannahs, tätschelte sie mütterlich. Wirklich, die Bibliothekarin war vollkommen hysterisch. „Was haben sie getan, Liebes?“
„Sie haben...“ Aber Hannah konnte nicht genau sagen, was sie getan haben und sie blinzelte. „Er hat sie geküsst“, beendete sie lahm den Satz und kam sich bereits töricht vor, genau wie ihr Verstand darauf bestand, dass etwas geschehen war, was das Schloss hat erbeben lassen.
„Niemand so stark wie Minerva-“, schluckte Poppy hart und schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Niemand ist bisher daran gestorben, nur weil er einen Kuss beobachtet hat, Madam Abbott“
Hannah nickte, aber etwas in ihr war nicht ganz überzeugt.
Nachdem Poppy einen Beruhigungszauber auf die jüngere Frau gelegt hatte, verließ sie die Halle und ging mit langen, langsamen Schritten zu dem jetzt leerstehenden Büro der Schulleiterin von Hogwarts.
Es gab noch immer Protokolle.
Sie würde sie befolgen.
++++++++++
„Wo sind wir?“, murmelte Hermine schließlich, als sie sich aufsetzte und ihre Hände kleine Abdrücke in den Schnee schmolzen.
„In meinem Garten“, sagte Severus sanft.
Hermine schüttelte ihren Kopf als ob sie ihn auslüften wollte. „Wie...?“ Aber sie hatte nicht die Kraft die Frage zu beenden.
„Legilimentik, denke ich. Du hast nach dem Ort der größten Sicherheit gegriffen. Den Ort hast du, ohne jeden Zweifel, aus meinen Gedanken.“ Und sie hat meine gewählt, dachte er, weil sie keinen eigenen hat.
Er stand auf und zog sie aus dem Schnee.
Wo sie zusammengebrochen war, lag der Schnee zusammengedrückt in einem fast perfekten Kreis und er schnappte nach Luft, als er sich an die leuchtende Form, die vor ihnen schwebte, für die er Hermines Willen instinktiv gebrochen hatte, erinnerte.
„Komm“, sagte er angespannt, zog sie sanft an sich heran und führte sie in das Haus.
+++++++++++
Minervas Portrait blinzelte verwirrt, als sich ihre Augen an die Sonne gewöhnten, die durch das Fenster schien. Automatisch nach ihrem Ring greifend, nur um seine Abwesenheit festzustellen, lächelte sie müde.
„Endlich“, sagte sie.
„So ist das manchmal, nicht wahr?“, driftete eine leise, angenehme, weibliche Stimme von irgendwo oben herab. „Willkommen, Schwester.“
Minerva begutachtete ihr Portrait. Ein niedriger, gemütlicher Armsessel stand vor einem freudigen Feuer und sie fand, dass es perfekt zu ihr passte. Seufzend legte sie ihre Füße auf einen abgenutzten Polsterhocker, der einst mal ihrer Mutter gehört hatte. Aus der Ecke ihre Rahmens, erschien eine kleine, schwarze Katze und sprang schnurrend auf ihren Schoß.
„Hecate“, lächelte sie. „Ich habe dich ja seit Jahren nicht mehr gesehen.“
Hecate rollte sich zu einem Ball zusammen und blinzelte ernst die ehemalige Schulleiterin an.
Minerva seufzte erneut. Sie hatte sich seit Jahren nicht mehr so warm gefühlt. Irgendwo aus der Ferne meinte sie Dudelsäcke zu hören.
++++++++++
Hermine war sich kaum darüber bewusst, das Haus betreten zu haben, fühlte kaum seine Hand auf ihrem Kragen, seine sanfte Führung sich zu setzen, wie er ihr die Schuhe auszog, die seltsam sanfte Fürsorge mit der er sie mit etwas zudeckte, was schwach nach Wind roch.
Sie war bereits eingeschlafen, bevor er die schweren Vorhänge zuziehen konnte.
Nachdem er einen Stuhl an das Bett gezogen hatte, stützte er einen Arm auf die Armlehne und beobachtete sie beim Schlafen, sein Blick fuhr von ihrem Haar zu ihren Augenbrauen, zu den weichen Linien, die ihre Augen zierten, weiter hinunter zu ihrer Hand, die in der Luft, gerade über der Matratze, ruhte.
Das Buch der Hermine Granger war für ihn geöffnet, so wie es schon immer gewesen war.
Aber die nächste Seite war leer.
Wie immer.
Sein Blick glitt von ihrer Hand zu ihrer Brust, zu dem sanften Heben und Senken ihrer Atmung.
Der Verlust von Minerva verletzte Hermines Verstand und der hohle Schauer am Grundstein des Schlosses – selbst die Perfektion von Minervas freier Seele – war nichts im Gegensatz zu der innigen, perfekten Stille von einer schlafenden Hermine in seinem Bett.
Er schloss seine Augen und lauschte ihrer Atmung.
Er erinnerte sich an ihren Atem auf seiner Haut, die dringende Darbietung ihres Mundes auf dem seinen, das Gefühl von ihr unter ihrem Gewandt und er spürte sein Herz schlagen.
„Wie haben Sie Ihren Zauberstab zerbrochen?“
„Ich bin gefallen.“
„Die Wahrheit, wenn ich bitten darf.“
„Es ist eine verdammte Metapher.“
Als eine Metapher für Glück, darbietend, um ihre eigene Dunkelheit mit der seinen zu beherrschen, um die Bewegungen ihres Körpers den seinen anzupassen – seine Handfläche wurde warm – nein, gar keine schlechte Metapher für Glück.
Das Übereinkommen würde passen.
Recht ordentlich.
Sein Blick fiel auf die Haarsträhne, die immer ihrem straffen Zopf entfloh und sein Hals schnürte sich zu.
Vielleicht doch nicht so ordentlich.
Als die Schatten länger wurden, die Stunden die Abgrenzungen in unförmige, gemischte Dämmerung lösten, ertappte er sich dabei, wie er auf ihre Hand starrte, die noch immer in der Luft über der Kante der Matratze lag.
Er hatte keine Ahnung, wie es dazu gekommen war, dass seine Hand die ihre hielt.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel