von Imobilus
Der Gegenwart dunkles Gesicht
Mit tiefgefurchter Stirn saß ein junger Mann an einem großen, alten Schreibtisch. Vor ihm lag ein ausgerollter Bogen Pergament, auf dem dicht aneinandergereiht Hieroglyphen zu sehen waren. Daneben lag ein weiterer Bogen der wurde allerdings von dem jungen Mann mit Feder und Tinte selbst beschriftet, in englischer Sprache. Licht spendeten ihm dabei eine einfache Schreibtischlampe und ein Computermonitor auf dem ebenfalls Hieroglyphen zu sehen waren mit einer Erklärung in englisch daneben.
Seit Stunden schon saß James Evans an dieser Übersetzung und viel weiter war er noch nicht gekommen. Etwas das ihn Zusehens frustrierte.
Mürrisch warf er die Feder hin und streckte sich erst einmal. Dann stand er auf und trat an das Balkonfenster seiner Wohnung im sechsten und letzten Stock des Mietshauses.
Draußen rieselte lautlos der Schnee vom nachtschwarzen Himmel. Unten wurde das sanfte Licht der Straßenlaternen von der Bereits liegenden und vollkommen unberührten Decke aus weißem Flaum reflektiert und verbreitete eine romantische Atmosphäre. Die nahm allerdings keiner so wirklich wahr. Denn die Vorhänge aller anderen Wohnungen in der Umgebung waren fest geschlossen. Und überhaupt, für Romantik hatte seit Jahren kaum noch einer einen Sinn. Man war einfach froh, wenn mal ein Tag ohne Blutvergießen und Schreckensmeldungen verging. Etwas das eigentlich so gut wie nie vorkam, denn es herrschte Krieg. Ein Krieg mit dem die gewöhnlichen Menschen eigentlich nichts zu tun haben wollten, da er in einer Welt stattfand die sie nicht sehen konnten und auch nicht verstanden. Denn Magie konnte man nicht mit Physik erklären. Aber dennoch, das mussten die Muggel zugeben, gab es sie und diese Welt trug einen Krieg aus. Was die meisten jedoch nicht verstanden war die Tatsache, dass es dabei auch um ihre Welt ging. Um ihr Leben in einer Welt wie sie sie kannten. Ohne Magie, nur mit Dingen die durch die Gesetze der Natur erklärbar waren.
Denn die Schwarzmagier wollten die Muggel, vor allem aber die muggelgeborenen Hexen und Zauberer unterjochen oder loswerden. Und dazu war ihnen jedes Mittel recht. Sogar ein Krieg bei dem viele unschuldige ihr Leben lassen mussten. Sie hatten bewusst in kauf genommen, dass die magische Welt vollends vor den Muggeln aufgedeckt worden war, denn zu viele Morde, Tote und Zerstörungen ließen sich nicht mehr vertuschen, von der Zauberei vor Muggeln einmal ganz abgesehen.
In den Augen der meisten Muggel aber waren alle Zauberer an der Verwüstung ihrer Welt Schuld. Und deswegen wollte auch kaum ein Muggel neben einem Zauberer leben, oder ihn gar in seinem Haus dulden. So kam es zu vielen kleinen, manchmal auch großen Widerstandbewegungen.
Die einen sorgten nur dafür das die Nachbarschaft, oder das Wohnhaus frei von Zauberern war und blieb, andere machten sogar regelrecht jagt auf sie, wann immer sie auf welche trafen.
Sicherlich gab es auch jene die erkannt hatten, dass man nicht die gesamte Zaubererschaft für diesen Krieg verantwortlich machen konnte. Aber die waren dünn gesät und lebten selbst in der Angst entdeckt zu werden. Denn in aller Regel hatten sich diese Muggel Widerstandsbewegungen angeschlossen die sowohl aus Zauberern und auch Muggeln bestanden.
Und dann gab es auch noch jene unverbesserliche die dachten sie könnten ihren eigenen Profit aus dem Krieg schlagen und ein Stück vom Kuchen abbekommen, wenn die Kriegsauslöser gewannen. Sie hatten einen Deal mit den Schwarzmagiern geschlossen. Verpfiffen ihre Weißmagierfreundlichen Mitbürger, boten Schwarzmagiern einen Unterschlupf oder machten den Boten. Dass man sie nach strich und Faden ausnutzte sahen sie nicht mal.
Nur mühsam konnte James sich von diesen betrübenden Gedanken loseisen. Kurz sah er noch mal die Pergamente an, ehe er sie beide mit einem Schlenker aus dem rechten Handgelenk zusammenrollte und dann in seinen Safe teleportierte. Dabei flackerte der Monitor des Computers leicht aufgrund der magischen Schwingungen. Tintenfass und Feder räumte er von Hand weg und auch der Computer wurde ohne Magie abgeschaltet ehe er sein Büro verließ und in den geheimen Trainingsraum ging.
Niemand in diesem Haus wusste das er ein Zauberer war. Man würde ihn vermutlich mit Holzküppeln hinausjagen, sollte es heraus kommen. Aber so weit würde James Evans es nicht kommen lassen. Jeder seiner magischen Bekannten wusste, dass er hier nicht einfach so auftauchen durfte. Und bisher hatte sich auch jeder daran gehalten.
Im Trainingsraum schaltete er dann zuerst die Stereoanlage ein und brachte eine CD mit Balladen zum laufen. Dann ließ er sein Flanellhemd achtlos auf den Boden fallen und setzte er sich im Schneidersitz in die Mitte der Matten auf dem Boden und schloss die Augen. Seine Hände ruhten mit den Handflächen nach oben auf seinen Knien, der Rücken war grade und er begann tiefe und ruhige Atemzüge zu nehmen, um sich zu entspannen.
Jeder der dies jetzt gesehen hätte, hätte sicherlich zweifelsfrei behauptet, dass James Evans eigentlich einen markelosen Körper hatte. Glatte, weiche Haut, kaum Körperbeharrung und kräftige Muskeln die man nicht übersehen konnte. Einzig und allein, einige Narben störten das Bild. Große und kleine. Einige waren kaum zu sehen andere fielen einem Sofort ins Auge. Und noch etwas anderes war wirklich nicht zu übersehen. Eine tiefschwarze Tätowierung auf seinem Linken Unterarm. Sie hatte die Form eines Totenschädels aus dessen Mund eine Schlange kroch.
Einige Kilometer Luftlinie von dem Apartment entfernt lag der Grimmauldplatz. Vollkommene Dunkelheit herrschte in dieser Straße denn die meisten Bewohner bevorzugten es, erst gar nicht die Möglichkeit zu haben irgendwelche außergewöhnlichen Geschehnisse in ihrer Straße beobachten zu können. Denn dann konnten sie sich oder auch ihre Familien erst gar nicht in die Gefahr bringen, selbst eine Zielscheibe zu werden.
Dass inmitten unter ihnen eine kleine Gruppe von Leuten lebte, die sowieso schon Zielscheibe seltsamer Dinge waren wusste keiner. Und es würde wohl auch keiner Erfahren. Darauf achtete der Orden des Phönix sehr.
Und deswegen waren auch in ihm alle Fester mit dunklem Stoff verhangen und kaum ein Licht drang nach außen. Und im Moment waren auch nur wenige Zimmer besetzt.
In einem kümmerte sich Hermine um ihren Mann Ron, der beim letzen Aufeinandertreffen mit den Todessern verletzt worden war und nun erst mal etwas ruhe brauchte. Einige Zimmer weiter saß Molly am Bett von Ginny die schon vor mehreren Jahren den Verstand verloren hatte als Lucius Malfoy sie mehrere Stunden in seiner Gewalt gehabt hatte.
Und in der Kellerküche, die nur von zwei Kerzen und dem Kamin erhellt wurde saß Remus Lupin mit einem Whiskeyglas in der Hand und besah sich ein gerahmtes Foto das vor ihm auf dem Tisch stand.
Es zeigte einen schwarzhaarigen, grade mal 16 jährigen Jungen der sich am See von Hogwarts an ihn schmiegte und sich mit Zärtlichkeiten verwöhnen ließ.
Ein Seufzten entkam den Lippen des Werwolfs, als er an diesen Tag dachte, der jetzt schon 9 Jahre zurück lag. Sie waren grade mal 8 Wochen zusammen gewesen und er konnte trotzdem steif und fest behaupten nie zuvor so glücklich gewesen zu sein. Dabei war es gar nicht so einfach gewesen, das er Harry überhaupt hatte Besuchen dürfen.
Flashback / Remus POV/ 31. August 1996
Heute fand die letzte Ordenssitzung der Ferien statt. Morgen um diese Zeit würden die Schüler wieder auf Hogwarts sein und damit in Sicherheit. Zumindest hofften das alle.
Während der ganzen Ferien hatte Albus Dumbledore zusammen mit dem neuen Minister, den Lehrern und dem Orden das Schloss in eine Festung verwandelt und dabei auch unter den Fideliuszauber gestellt. Und heute würden schon mal Ron, Hermine, Ginny und Harry eingeweiht werden, ebenso wie ein Teil des Ordens, falls entgegen aller Erwartungen doch etwas passieren sollte.
Das Remus nicht zu diesen Leuten dazu gehören würde, hatte der sich zwar schon gedacht, aber es nicht gewagt auszusprechen, denn die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt. Und dieser Moment war gekommen an dem der Schulleiter und Geheimniswahrer den Zettel verbrannte, ohne dass der Werwolf ihn gesehen hatte.
Und niemand schien davon wirklich überrascht zu sein. Niemand außer Harry. „Was ist mit Remus?“
Der Schulleiter begegnete ihm mit dem, wegen den Sorgen um die Zukunft, mittlerweile selten gewordenen freundlichen Blick. Etwas das Remus für eher unpassend hielt, bedachte man das Harry alles andere als gut auf den Schulleiter zu sprechen war. Der Gryffindor roch, dass man ihm etwas Wichtiges verschwieg. Und nach Sirius tot fand Harry das noch unpassender als vorher. Vor allem aber Gefährlicher.
„Die Schüler sollen sich wohl fühlen und vor allem in Sicherheit wissen, Harry“, bekam der Junge erklärt. „Du weißt doch das Remus Krankheit allen bekannt ist und einem Werwolf den Zutritt zur Schule zu gewährten ist alles andere als Vertrauens erweckend.“
Ein kleiner Teil von Remus Verstandes schäumte über vor Wut, ein weiterer Teil fühlte sich zutiefst verletzt, aber der größte Teil dachte rational und stimmte dem Schulleiter zu, auch wenn Harry das wohl vollkommen anders sehen würde. Immerhin waren die beiden sich in der Zwischenzeit sehr nahe kommen. Viel näher als sie es je geglaubt hätten, hätte man es ihnen vorher gesagt. Und von dieser Tatsache wusste der Orden nichts.
„Sie trauen Remus nicht mehr“, sagte Harry ruhig, aber irgendwie kühl. „So wie sie schon einmal dem Falschen misstraut haben. Und dieses eine Mal hat meinen Eltern das Leben gekostet und meinen Paten ins Gefängnis gebracht.“
Remus war leicht überrascht über diese Aussage. Nie hatte er ihm gesagt, dass man ihn damals in Verdacht gehabt hatte ein Spion zu sein. Und er war sich sicher dass keiner der Anwesenden ihm das gesagt hatte.
„Das ist nicht wahr Harry“, erklärte Dumbledore nun doch ernst und unterbrach damit Remus Überlegungen woher Harry diese Information hatte. „Ich vertraue Remus. Nur das kannst du nicht von den Schülern erwarten. Sie kennen in nicht Privat.“
Harrys Blick sprachen Bände von Unglauben und Wut. Er war eindeutig dabei erwachsen zu werden und probierte seine Grenzen in jede Richtung aus. Und heute schien Dumbledore das Ziel zu sein.
Schon so einige Male hatte er selbst Harrys Sturkopf selber zu spüren gekommen. Und er startete keinen Versuch etwas dagegen zu unternehmen, denn bei Harry funktionierten die Mittel, die man bei James hatte einsetzen können, nicht.
„Der Orden wird für einen Notfall eingeweiht. Für mich sieht es so aus als gehöre Remus nicht mehr dazu. Und das kann eigentlich nur an mangelndem Vertrauen liegen“, sagte Harry scharf.
„Potter!“, fauchte Severus plötzlich. „Hören sie auf mit diesem Kinderkram. Es wird keinen Notfall geben und damit braucht der Werwolf auch nicht eingeweiht werden.“
Von fast jedem lag der Blick auf Severus Snape. Nur der von Remus ruhte auf Harry, denn er wusste, dass der Gryffindor einen ziemlichen Hass gegen seinen Zaubertanklehrer entwickelt hatte. Denn in den Augen des Gryfindors trug auch er eine Mitschuld an Sirius tot den Harry immer noch nicht richtig verkraftet hatte. Und dem fiel es merklich schwer die Ruhe zu bewahren.
„Wenn es zu keinem Zwischenfall kommt, erfährt niemals jemand das Remus eingeweiht wurde. Wo liegt das Problem?“ erkundigte Harry sich, doch recht provozierend in Snapes Richtung.
„Verschwinden sie auf ihr Zimmer, Potter. Sie wissen eh alles was sie wissen müssen und wir Erwachsene können weiter arbeiten“, war der einzige Kommentar des Lehrers und Remus war sofort klar dass das die falsche Antwort und der falsche Ton gewesen war.
„Sie“, sagte Harry und stand auf, „haben mir gar nichts zu sagen.“
Remus erwartete die aggressive Reaktion des Lehrers der schon ein Schulkamerad gewesen war und traf dabei auch auf den Hilfesuchenden Blick von Minerva McGonagall. Doch er war auch der Ansicht das Snape grade weit über seine Befugnisse hinaus schoss, deswegen würde er sich darauf beschränken Schaden von Harry abzuwenden.
„Harry“, mischte sich Albus wieder ein. „Wenn es zu einer Notsituation kommen sollte, wird selbstverständlich auch Remus eingeweiht.“
„Und warum nicht jetzt? Desto eher kann Remus auch helfen“, meinte Harry fordernd.
„Nein! Und nun genug!“ antwortete der Schulleiter dann streng und mit einem entgültigen Tonfall, aber Harry ließ sich davon nicht beeindrucken. Und Remus zaghafter Versuch, den er nun doch startete, verklang im nichts.
„Solang Remus nicht eingeweiht ist, werde ich nicht mal in die Nähe von Hogwarts oder auch nur dem Schulzug kommen!“ Seine grünen Augen funkelten bei diesen Worten angriffslustig und Remus wusste dass Harry es mit dieser Sache absolut ernst war.
„Mr. Potter!“, empörte sich Minerva und Kingsley bemerkte: „Nun übertreiben sie aber.“
Ebenso sahen Ron und Hermine entsetzt aus und Molly hatte es wohl auch die Sprache verschlagen.
Severus erhob sich statt eines garstigen Kommentars, den Remus eigentlich erwartet hatte und trat um den Tisch herum, um Harry fest am Handgelenk zu packen. Das jedoch überschritt bei dem Werwolf die Grenze die er anderen durchgehen ließ und richtete seinen gezogenen Stab auf Snapes Gesicht. „Lass ihn los, wenn du dich nicht mit mir anlegen willst“, erklärte der Werwolf ruhig aber fest.
Der Ausdruck in den Augen des Mannes sagte alles. Er würde liebend gern die Gelegenheit nutzen, um den Werwolf ins nächste Jahrhundert zu fluchen. Aber ehe er auch nur etwas sagen konnte, schritt der Schuleiter ein und Snape war gezwungen Harry loszulassen.
„Würdest du uns bitte erkläre warum ich Remus jetzt einweihen soll, Harry?“ fragte er dann ruhig.
Der gemeinte sah zu Remus rüber und der konnte die stumme Frage und die Nervosität praktisch spüren. Er schenkte Harry ein aufmunterndes lächeln und leichtes Nicken.
Harry nickte ebenfalls kurz und wand sich dann an den Schulleiter. Und trotz der zitternden Hände, war seine Stimme absolut ruhig. „Mein fast nicht vorhandenes Privatleben geht sie ja eigentlich nichts an, aber wenn das einzige Weg ist hab ich wohl kaum eine andere Wahl?!
Ich will das sie Remus einweihen, weil ich mich nicht bis Weihnachten von dem Menschen trennen lasse, den ich Liebe. Von niemandem hier! Eher werde ich die Schule nicht mehr betreten.“
Das hatte eingeschlagen wie eine Bombe, musste Remus gestehen. Nach einem kurzen aufkeuchen einiger war es totenstill. Minerva, Alastor und Tonks waren sichtlich überrascht. Kingsley, Molly und Arthur geschockt und Harrys Freunden stand der Mund offen. Albus Dumbledore schien dagegen das ganze völlig emotionslos aufzunehmen und Severus setzte sich angewidert auf seinen Platz.
Als letztes fand Remus zwei grüne Augen die ihm scheue Blicke zuwarfen und leise um etwas Unterstützung flehten, war die Liebe zwischen ihnen doch noch sehr Jung und Harry nicht selten besorgt darum etwas so sehr falsch zu machen, dass Remus ihn allein lassen würde.
Deswegen trat Remus jetzt auch an Harry heran und zog ihn von hinten in den Arm. „Wir hatten gehofft uns während des Jahres sehen zu können. Heimlich auf dem Schlossgelände“, erklärte er.
„Werwolf und Schwuchtel in einem. Ihre Auswahl muss ja wirklich sehr beschränkt sein“, sagte Severus abfällig und sah sich im nächsten Moment schon einem Zauberstab gegenüber, der leicht vibrierte.
„Halten sie den Mund, Snape. Ich werde dieses Mal sicher nicht zusehen wie sie einen Menschen fertig machen der mir etwas bedeutet“, knurrte Harry bedrohlich, aber Snape meinte nur abwertend „Von ihnen hab ich keine Angst.“
„Hört auf ihr zwei“, schritt Dumbledore ein, und Harry steckte mit Remus zutun seinen Stab auch wieder ein. Und dann bekam der Werwolf ein Stück Pergament gereicht mit den Worten: „Passt auf das euch jemand sieht.“
Flashback Ende
„Wo bist du Harry?“ flüsterte Remus heiser und eine Träne rollte über seine Wange. „Ich vermiss dich so.“ Dann stürzte er mit einem Zug den Inhalt des Glases runter, ehe er es in einem Anfall von ohnmächtiger Wut auf sich und die Welt gegen die Wand schmetterte wo es zerbarst.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel