von Lilienblüte
“Nächstes Jahr ist Harry sicher wieder bei uns.“
„Ich vermisse ihn sehr.“
Narzissa und Sirius deckten den Tisch für das Weihnachtsfest im Grimmauld Place. Alles war weihnachtlich geschmückt und Narzissa erkannte das düstere Haus, was es einmal gewesen war, kaum mehr wieder. Das Haus glitzerte und glänzte an allen Ecken, nicht zuletzt dank Kreacher. Sirius war in den letzten Tagen ein wenig freundlicher zu Kreacher geworden und das sehr schlechte Verhältnis zwischen den beiden hatte sich ein wenig entspannt. Nur wenn Kreacher Remus „Halbmensch“ nannte, bekam er von Sirius noch was zu hören. Trotzdem - der Hauself verrichtete seine Arbeit lieber und sorgfältiger als zuvor und Sirius war angenehm überrascht davon, was ein wenig Freundlichkeit schon ausmachen konnte. Eigentlich hatte er nur aufgehört, so abscheulich gegenüber Kreacher zu sein, weil er Narzissa beweisen wollte, dass sowas rein gar nichts veränderte.
Narzissa wusste, dass Sirius am heutigen Tage jemand fehlte. Er hätte diese Weihnacht, die dunkelste überhaupt, gerne mit dem Jungen gefeiert, der für ihn wie ein Sohn war. Aber Harry war nicht hier. Narzissa wusste nicht genau, was er tat, es gehörte zu den Dingen, die Sirius ihr nicht gesagt hatte. Es schien etwas sehr Wichtiges zu sein, etwas, was den Krieg entscheiden würde. Die meisten der Ordensmitglieder wussten auch nicht, wo Harry war und was er tat, daher nahm Narzissa es Sirius nicht übel, dass er mit ihr nicht darüber redete. Nur in ihrem Unterbewusstsein wurmte es sie doch. Wenn er ihr wirklich vollkommen vertrauen würde, dann könnte er ihr das doch erzählen, oder? Dass er nichts sagte, bedeutete, dass er ihr noch immer nicht ganz vertraute, dass er noch immer einen Restzweifel hatte, ob sie nicht doch noch ihre Koffer packen und zu Lucius zurückkehren würde.
„Das ist Quatsch“, meinte Remus dazu nur. Mit ihm verstand Narzissa sich von allen Ordensleuten am Besten. „Ich weiß auch nicht, worum es bei Harrys Mission geht, ich weiß nur, dass er einen Auftrag von Dumbledore erfüllt und das es sehr wichtig ist. So wichtig, dass es gefährlicher wird, je mehr Leute davon wissen.“
„Sirius weiß davon.“
„Er ist der Einzige. Ansonsten hat Harry nur seine beiden besten Freunde eingeweiht. Also hör jetzt bitte auf, dir deswegen Sorgen zu machen. Sirius vertraut dir wirklich. Ganz sicher.“
Andromeda kam auch am Abend vorbei. Narzissa war total entsetzt gewesen, als sie erfahren hatte, dass die neuen Zaubererblutgesetze auch ihren Schwager betroffen hatten. Ted Tonks war auf der Flucht vor den neuen Gesetzen, denn jeder Muggelstämmige war lebensgefährdet.
Bill und Fleur waren an diesem Weihnachtsabend nicht da, sie feierten mit Molly, die als Witwe noch nicht klar kam. Tonks war darüber sehr froh, denn so oft wie Fleur in der letzten Zeit hier gewesen war, hatten die beiden schon so manchen Streit erlebt. Immer wenn Tonks mal wieder etwas umgestoßen hatte, hatte Fleur lautstark Gespräche über „ungeschickte ‘exen“ begonnen und immer wenn Fleur etwas in ihrem französischen Akzent gesagt hatte, hatte Tonks einen Anfall bekommen, weil sie diesen Akzent gar nicht mehr aushalten konnte.
So wurde es nur eine kleine gemütliche Runde, mit Narzissa und Sirius, Draco, Tonks und Remus, natürlich Al und Andromeda, die den ganzen Abend sehr bedrückt war.
Sie waren gerade beim Nachtisch, als Alastor Moody reinplatzte: „Ich - Andromeda, sie haben Teds Leiche gefunden.“
Andromeda wurde blass und Tränen stiegen ihr in die Augen. Narzissa umarmte ihre Schwester sofort, aber die schien es gar nicht zu bemerken. Ihr Blick war starr auf Moody gerichtet und stammelnd fragte sie: „W-w-wie … ?“
„Wissen wir nicht. Wir haben nur seine Leiche in einem Wald nahe Oxford gefunden. Es tut mir so Leid für dich.“
Alastor Moody brachte Andromeda nach Hause und wahrscheinlich blieb er auch bei ihr, die beiden waren alte Freunde, wie Narzissa inzwischen erfahren hatte. Doch nachdem die beiden gegangen waren, wurde die Stimmung sehr gedrückt. Wie viele Menschen mussten noch sterben, bevor dieser Krieg endlich vorbei war?
Sogar die immer fröhliche Tonks streichelte traurig über ihren Bauch. „Soll Kinyu in eine Welt geboren werden, in der es nur noch Gewalt und Tod gibt?“, fragte sie.
Sirius blickte in die schwarze Nacht hinaus: „Unsere Hoffnungen ruhen auf Harry. Er wird es schaffen.“
***
Bellatrix hatte mit den Beschwerden einer schwangeren Frau zu kämpfen - morgendliche Übelkeit, Gewichtszunahme, Heißhunger.
„Für niemand anderen würde ich das ertragen!“, schimpfte sie, als sie zum dritten Mal an diesem Abend aus dem Bad kam.
„Von mir würdest du keine Kinder austragen?“, fragte Rodolphus schneidend. Bellatrix erschrak. Sie hatte nicht bemerkt, dass Rodolphus im Flur stand. Er hatte mit ihr kaum ein Wort gewechselt, seit sie angefangen hatte, mit dem dunklen Lord zu schlafen. Bellatrix nervte es, denn auch wenn sie ihn nie wirklich geliebt hatte, waren sie doch sehr eng miteinander befreundet gewesen, aber jetzt war Rodolphus nicht mehr zum Aushalten. Bellatrix nervte es, immerhin war Rodolphus der einzige mit dem sie wirklich reden konnte. Und so beschloss sie was an dieser Situation zu ändern und mit ihm über alles zu reden.
„So war das nicht gemeint, Rod, du weißt, dass wir es auch schon mal überlegt hatten und ich durchaus bereit war, dafür eine Schwangerschaft zu ertragen.“
„Schläfst du jetzt immer noch mit ihm?“ Bellatrix wäre beinahe rot geworden. Rodolphus wusste gar nicht, wie Recht er damit hatte. Tatsächlich hatten die beiden nicht aufgehört miteinander zu schlafen und Bellatrix machte sich dadurch Hoffnungen, dass es tatsächlich eine Zukunft für sie beide gab. Wieso sollte er sonst noch mit ihr schlafen, obwohl sein Kind längst gezeugt war? Aber daran durfte sie jetzt nicht denken. Sie wollte ihre Ehe mit Rodolphus retten.
„Können wir nicht nochmal über alles reden? Wir sind doch zwei erwachsene Menschen. Und wir sind verheiratet.“
„Hat unsere Ehe jemals wirklich existiert?“
„Rodolphus, du bist mir wichtig. Wirklich wichtig. Ich würde mir so wünschen, dass wir wieder normal miteinander umgehen können.“
„Dann hör auf, mit ihm zu schlafen. Er nutzt dich doch nur aus?“
„Er nutzt mich nicht aus!“ Bellatrix wurde nun selber wütend. In ihrem Innern wusste sie natürlich, dass er Recht hatte, aber sie liebte den dunklen Lord einfach viel zu sehr, als dass sie sich das eingestanden hätte. So sagte sie dann nur kühl zu ihrem Ehemann: „Weiß der dunkle Lord, dass du so darüber denkst?“
„Vielleicht solltest du es ihm sagen. Damit er mich wieder foltert.“
Bella wurde in diesem Moment plötzlich schwindelig und Rodolphus fing sie auf, bevor sie zu Boden fiel. Bellatrix schloss die Augen. Ihr war furchtbar schlecht. „Ich schaffe diese Schwangerschaft nicht ohne dich, Rod. Sei bitte nicht mehr sauer.“
„Ich muss mich um dich kümmern, Bella, sonst bekomme ich Ärger mit dem dunklen Lord. Aber ich tue das nicht, weil mir noch etwas an dir liegt, denn mit dir habe ich abgeschlossen!“ Bellatrix hatte ihn noch nie so abweisend erlebt. Als sie wieder im Badezimmer verschwand fühlte sie sich mies. Sie hatte seine Liebe offenbar verloren, sie hatte den letzten Mensch, der sie noch liebte verloren. Ein bisher unbekanntes Gefühl der Einsamkeit stieg in ihr hoch und Bellatrix wünschte sich, Narzissa wäre jetzt noch hier. Narzissa hätte zu ihr gehalten und ihr Mut gemacht. Mühsam unterdrückte sie den Kloß, den sie in ihrem Hals spürte.
„Das liegt alles an dieser verdammten Schwangerschaft!“, murmelte sie. Warum sonst spürte sie, Bellatrix Lestrange, solche Gefühle?
Andromeda war gerade auch nicht glücklicher als ihre ältere Schwester. Weinend lag sie in den Armen von Alastor Moody, der sie irgendwie zu beruhigen versuchte. Aber alles, was er sagte, klang unecht. Es gab nichts, womit er Andromeda trösten konnte. Ihm tat Andromeda leid und der Tod Teds schockte ihn, weil die Toten mit jeder Woche mehr wurden. Aber er konnte auch nicht so tun, als wäre er tief getroffen von diesem Tod. Er und Ted hatten sich immer nur gestritten. Beide hatten sie vor langer Zeit um Andromeda gekämpft und er hatte damals verloren. Andromeda war mit Ted weggegangen und als sie wieder gekommen waren, waren die beiden verheiratet gewesen und hatten ein Kind bekommen.
„Ich habe mit ihm eine Lüge gelebt, Mad, ich fühle mich so schuldig!“
„Eine Lüge?“
Andromeda nickte: „Ich wollte es ihm immer sagen. Aber ich konnte nie. Und jetzt ist er tot. Ich habe ihn mit einer Lüge gehen lassen.“
„Was für eine Lüge, Andromeda?“
Andromeda schwieg und Moody sagte sanft: „Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht magst. Aber wenn es dein Gewissen erleichtert, dann rede mit mir darüber.“
Andromeda wurde wieder von einem Weinkrampf geschüttelt und dann schluchzte sie: „Ted ist nicht Nymphadoras Vater.“
Moody starrte Andromeda an. Er war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen: „Ted… ist nicht …?“ Und dann begriff er. Alles ergab plötzlich einen Sinn. Warum Andromeda damals verschwunden war: Weil sie nicht gewollt hatte, dass er nachrechnete und feststellen würde, dass auch er ein möglicher Vater war, warum Nymphadora ein Metamorphmagus war, obwohl es noch niemanden davon in Andromedas oder Teds Familie gegeben hatte (eine der Großmütter Alastors war ein Metamorphmagus gewesen).
„Ich bin Nymphadoras Vater?“
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