von Fawkes x3
Sirius hasste dieses Haus. Manchmal fragte er sich, ob es nicht besser gewesen wäre, er würde in Askaban sitzen. All diese toten Hauselfen - oh und besonders der Lebendige! - und die alten Familienerbstücke, die modrigen Wände und das keifende, abscheuliche Portrait seiner Mutter waren viel wirksamer als die Dementoren. Mittlerweile war ihm der Orden fast egal. Er schloss sich lieber bei Seidenschnabel ein, als Snapes Berichten zu lauschen. Und wenn es dann soweit wäre, wenn sie Voldemort wirklich herausfordern würden - dann würde Dumbledore ihn doch niemals rauslassen. Dumbledore! Wegen ihm saß er hier fest...wegen ihm ließ er eine düstere Woche nach der anderen über sich ergehen!
Doch zum Glück war er ja seit den Weihnachtsferien nicht mehr allein hier. Harry, Hermine und die Weasleys waren angekommen. Sie würden hier feiern. Kaum war dieser glückliche Gedanke durch Sirius durchgesickert, da klopfte es auch schon an seiner Zimmertür. Harry trat ein und ein Lächeln trat auf die Züge des Mannes.
“Hey Harry. Setz dich doch.”
“Sirius, wie geht es dir?”, fragte sein Patenkind und klang besorgt, als er sich neben ihm auf das Bett niederließ. “Oh, mir geht es blendend”, entgegnete Sirius mit einem Knurren. “Ich sitze hier rum, höre mir Beleidigungen von Snape an, muss das Haus putzen- aber ich habe viel Zeit zum Nachdenken, weißt du... Ich denke oft an James.”
Er spürte wie sich ein Kloß in seiner Kehle bildete und flüsterte leise noch einmal den Namen seines besten Freundes. Er klang so schön... Harry blickte ihn an - aus seinem Blick konnte man nichts lesen. “Bitte Harry, schließ die Augen.”
Einen Moment lang betrachtete Sirius seinen Gegenüber eingehend. Er hatte die Haare über der Narbe und wenn seine Augen geschlossen waren, sah er genauso aus wie James. Das strubbelige Haar, das hübsche Gesicht, die knubbeleigen Knie - nein, die Brille war eine Andere. Plötzlich schlug Harry die Augen auf und zuckte zurück. Erst jetzt bemerkte Sirius, dass seine Hand an James’ - Harrys Wange lag. “Tut mir Leid.”
“Macht doch nichts”, flüsterte Harry, doch es klang nicht so. “Hast du ihn sehr gemocht?”, eigentlich, so wusste Sirius, war das eine vollkommen überflüssige Frage und Harry wusste das ebenfalls. Dennoch...sollte Harry es wissen...hatte er es erahnen können? War es so offensichtlich gewesen? Sirius’ Magen krampfte sich zusammen, doch er nahm sein Patenkind kaum noch richtig wahr. Die Augen, sie waren gar nicht grün...in seinem Kopf waren sie braun. Rehaugen, meistens weit aufgerissen, wenn er sich über etwas aufgeregt hatte, oder überrascht war. So überrascht wie damals, als Sirius es gewagt hatte.
Sie waren allein im Schlafsaal gewesen und James hatte, eine Wange an die Scheibe gepresst, tief versunken nachgedacht. Sirius hatte lange beobachtet wie sich das Sonnenlicht in seinen schwarzen Haaren fing, bevor er näher trat und sich hinter seinen besten Freund gestellt hatte. Er hatte einen Arm um ihn geschlungen und endlich, nach einer halben Ewigkeit hatte James sich zu ihm umgedreht. Und er hatte seinen Mund leicht geöffnet, als er sich ein wenig gestreckt hatte um ihn auf Sirius’ Lippen zu pressen. Niemand hatten sie davon erzählt, denn sie wussten beide: Es konnte nicht sein. Doch Sirius hatte James nicht aufgegeben...ein paar Mal noch, als sie allein gewesen waren, auch als Lily Evans mit James ging, da waren sie so kurz davor es zu wiederholen. Er dachte an James’ rasenden Herzschlag und an seinen wunderbaren Geruch, der ihn immer wieder an einen Wald erinnerte. Krone...
“Ja...ich habe ihn zu sehr gemocht”, seufzte Sirius endlich und Harry nickte kaum merklich, als hätte er nichts anderes erwartet. Sirius legte plötzlich seine Hand in Harrys - James’ Nacken und zog ihn zu sich heran. Wie damals musste er sich strecken, um an seine Lippen zu kommen, doch es war eher Sirius der ihn zu sich drängte. Wie damals waren seine Lippen geöffnet, vor Überraschung. Sirius’ Körper bebte als er James’ Lippen spürte und seine Zunge bahnte sich gleich darauf einen Weg in seine heiße Mundhöhle. Aber James wich ihm aus! Tatsächlich kam es ihm vor, als wollte sein bester Freund den Kopf wegdrehen, als würde er sich gegen den harten Griff sträuben. Und er hob die Lider und starrte in unglaublich grüne Augen.
Das waren nicht James’ Augen! Harrys Augen waren vor Angst geweitet, er meinte in ihnen Abscheu vor ihm, Sirius, zu sehen. Wie gebannt und ohne zu blinzeln fixierten sie ihn. Sirius sackte zurück, spürte kaum, wie sein Patenkind ihn von sich stieß, von ihm wegsprang und die Tür aufstieß. Immer noch hatte er James’ Geruch in der Nase und seine Zunge kribbelte merkwürdig, als wüsste sie, dass sie etwas Verbotenes getan hatte.
Sirius sprang auf und riss eine Schublade seines Nachttisch auf. Sofort kam ein Foto von ihm und James zum Vorschein. Er holte es raus und betrachtete es lange. Dort stand er neben seinem besten Freund, die Arme eng um ihn geschlungen im Schlafsaal. Das Foto war verknittert, weil es so oft schon in seinen Händen gelegen hatte. Sirius beobachtete, wie die beiden Insassen des Fotos sich verliebte Blicke zuwarfen und sich schlussendlich zärtlich küssten. “Der war gut James”, murmelte Sirius, ohne zu wissen was genau er meinte.
Alles in Allem war es vielleicht gut, dass Dumbledore ihn einsperrte. So war Harry wenigstens vor ihm sicher. Einen Moment überlegte er, ob Harry nachlaufen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Seufzend glitt Sirius mit dem Rücken an der Wand hinunter und holte seinen Zauberstab raus - das Foto immer noch in der anderen Hand. Harry würde ihn vermutlich nie wieder ansehen wollen...was sollte er nur tun?! James’ Kind, verdammt, Sirius!, hörte er eine Stimme tief in sich brüllen und am liebsten hätte er sie schreien lassen, so lange, bis er heiser war und sich befriedigt unter seinem Bett verkriechen konnte...
Entschlossen sprang Sirius auf und ging zur Tür. Das Foto lag neben seinem Zauberstab auf dem Boden: Es war schon fast gänzlich verbrannt. Die beiden Menschen darin ignorierten die Flammen und küssten sich immer noch.
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