Dieser Ort hatte seine ganz eigene Magie, tief verwurzelt in Stein und Gewässer. Dunkle Magie, sicher, aber damit kannte Regulus sich zur Genüge aus. Zu viel gesehen, zu oft gelitten, um sich jetzt noch zu fürchten. Nur ein weiterer Schatten in der Dunkelheit, die dieser Ort schon so lange beherbergte. Und auf eine furchtbare, erschütternde Weise fühlte es sich an wie nach Hause kommen. So viel richtiger als die Stille im Grimmauldplatz Nr. 12, obwohl es auch hier ruhig war, nur unterbrochen vom Lecken des Wassers an den Felsen und Kreachers unterdrücktem Schluchzen. Fast hätte Regulus sich dazu erweichen lassen, den treuen Diener schon jetzt zu entlassen, ihn gehen zu lassen und ihn nicht noch weiter zu quälen. Aber dann wäre das alles umsonst, er wusste, dass er nicht mehr in der Lage sein würde, das Medaillon auszutauschen, wenn er den Trank geleert hatte. Er hatte genug aus Kreachers angstvollem, zitternden immer wieder vor Entsetzen stockendem Bericht herausgehört, um sich die Qualen vorzustellen, die ihn erwarteten. Zumindest ahnen tat der junge Black, dass er diese dunkle Höhle nie mehr verlassen würde, wollte es auch gar nicht, alles vorbereitet, sein Tod schon jetzt geschrieben. Ermordet, weil er die Todesser verlassen wollte. Irgendwie stimmte es, vor allen Dingen aber würden sie es glauben. Und glauben mussten sie, sonst war alles umsonst gewesen. Nicht umsonst hatte er Kreacher befohlen, für immer über diese eine Nacht zu schweigen. Egal, wer die Fragen stellte. Falls denn jemand fragte.
Einen letzten Blick zurück zum glitzernden Sternenhimmel draußen vor der Höhle. Die falsche Richtung, er wusste das. Warum konnten da keine Wolken sein, die die Sterne verdeckten? Viel zu gut kannte er diesen Anblick, oft hinaufgeschaut in die unendlichen Weiten, zu oft, um jetzt die Muster zu ignorieren, die sich aus ihnen formten. Orion, der Himmelsjäger, strahlend schönes, wenn auch kaltes, blaues Licht, das von ihm ausging. So ähnlich und doch so ganz anders, der eine Stern, derjenige, der alle überstrahlte: Sirius.
Und irgendwo außer Sichtweite auch der Stern, dem er seinen Namen verdankte, nicht so hell wie der Sirius nicht so einprägsam wie der Orion. Nur ein blasses Schimmern im Herz des Löwen.
Nein, keine gute Idee, zurückzusehen. Den Blick vom Himmel dort draußen reißende, wandte Regulus sich wieder der Dunkelheit zu. Still folgte er Kreachers schlürfenden Füßen und dem ängstlichen Gewimmer.
Und dann endete die Dunkelheit abrupt an einem Felsen, mehr noch als der Rest der Höhle durchtränkt von uralter, machtvoll fordernder Magie. Oh ja, spüren tat er sie wie ein Prickeln auf der Haut, spürte den Blutdurst dieses Zaubers als handle es sich um ein lebendes atmendes Wesen.
„Master Regulus, … Ihr … Kreacher kann auch für Euch … “, die Lippen des alten Hauselfs zitterten, nicht zu verlangen wagte er das von seinem Herrn, das edle Blut zu vergießen.
„Untersteh dich, Kreacher“, und der Hauself zuckte zusammen und wimmerte, als Regulus ihn von den spitzen Kanten der Felsen wegzerrte. „Ich werde es selbst tun.“ Nur kurz musste er schlucken, bevor er den Zauberstab hervorzog und die vertrauten Silben murmelte. Nicht lange her, dass er sie das letzte Mal gehört, gesprochen hatte, doch noch nie gegen sich selbst gerichtet. Nur einen Augenblick malte sein Blut dunkle Spuren auf seine sonst so blasse Haut und besänftigte den Zauber. Das Opfer war gebracht und Regulus verachtete sich selbst dafür, dass er kurz zusammenzuckte vor Schmerz. Kein tiefer Schnitt, der schnell wieder verheilen würde. Oder der wieder geheilt wäre, wenn Regulus vorgehabt hätte, diese Höhle je wieder zu verlassen.
Vor ihm teilte sich die eben noch so massiv aussehende Wand und gewährte ihm Einlass in das allerheiligste des Dunklen Lords.
Das erste, was Regulus wahrnahm, war das matte Glühen, das durch die Dunkelheit strahlte und das brackige Wasser des Sees dennoch nicht durchdringen konnte. Die Stelle, an der das Boot, von dem Kreacher erzählt, ach was gestottert hatte er, der arme kleine Kerl, versenkt lag, war nicht schwer zu finden und der Hauself erinnerte sich in jeder grausamen Einzelheit an jene andere Fahrt über diesen See.
Das Wasser schlug gegen den faulen Rumpf des Bootes, das sie zu jener kleinen Insel bringen sollte, von der das gespenstische grüne Licht ausging. Schauckelnd und schwankend brachte es den Zauberer und den Hauself über das brackige Wasser über dem der Geruch des Todes hing.
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